Titel: | Ueber ein Erdöl aus Argentinien; von C. Engler und G. Otten. |
Autor: | C. Engler, G. Otten |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 375 |
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Ueber ein Erdöl aus Argentinien; von C. Engler
und G. Otten.
Engler und Otten, über Erdöl aus Argentinien.
Bereits in den sechziger Jahren hat man in Peru und in den oberen Provinzen der
Argentinischen Republik, sowie in Bolivia Erdöllager gefunden und zwar im
letztgenannten Staate, nach dem Berichte des Bergingenieurs F. HurſsWagner, Jahresberichte, 1868 Bd. 14 S.
728., in ebenso mächtiger Fülle wie in Pennsylvanien.
Die drei Hauptquellen Boliviens finden sich bei Cuarazuti, Plata und Piguiracada
(zwischen Oran und Pilcomayo) in einem Umkreise von 14 Leguas1 Legua = 3687m,24. und bilden
einen Oelbach von etwa 6 Zoll Tiefe und 7 Fuſs freite. Die Masse Erdöl, welche aus
diesen drei Quellen ausströmt, ist so bedeutend, daſs Hurſs alles Bohren für überflüssig hält. Im selben Gebiet fand er auſser
jenen drei laufenden Quellen noch acht andere, die ebenso reichhaltig waren wie die
von Cuarazuti. Auch im Glimmerschiefer bei Punta del Anagu am Golf von Cariaco wurden Erdölquellen
vorgefunden.
Die Oelfelder in Peru, welche schon nach Ueberlieferung der spanischen Eroberer seit
verschiedenen Jahrhunderten bekannt gewesen sein sollen, finden sich in der
Küstengegend des pacifischen Oceans und erstrecken sich von Kap Blanco bis zum
Tumbez-Fluſs, eine Entfernung von ungefähr 120 Meilen. Im J. 1867 wurden zuerst
unweit Zorritos in einer Tiefe von 146 Fuſs Oel angebohrt und seit diesem Erfolge
das Erdöl in gröſserem Maſsstabe ausgebeutet.
In Argentinien wurden kleine Erdölquellen und bituminöser Schiefer in der Provinz
Selta bei Mendoza vorgefunden. Ferner findet sich ein reiches Erdölvorkommen in der
Provinz Jujuy, 26 Leguas östlich von Jujuy am Cerro de Caeleato, 70 Leguas von
Mendoza am Wege von Planchon nach Chile zu, verbreitet in dem mit Klüften und
unterirdischen Wasserquellen erfüllten gebirgigen Terrain. Auch 10 Leguas von
Mendoza wurde ein ähnliches aber unbedeutenderes Oelvorkommen nachgewiesen. Nach Ochsenius findet sich auch Erdöl im Distrikt der Laguna
de la Brea de San Miguel im Westen der Sierra de Santa Barbara. Bituminöser Schiefer
ist ferner noch in den älteren Formationen in verschiedenen Theilen der Cordilleren
der Provinz Mendoza bei Panamillo entdeckt worden.
Das von uns untersuchte Erdöl stammt aus einem durch Herrn Carlos Fader neu erschlossenen Oelfelde in Argentinien, und zwar speciell
bei Mendoza in der Provinz Selta gelegen. Die Stadt (12000 Einwohner 1868) steigt
aus einer blühenden Oase auf und wird von der einen Seite von Pampas, von der
anderen von den Cordilleren begrenzt. Die Gegend ist fruchtbar und wohl angebaut.
37km,5 bergauf von Mendoza liegt das Oelfeld
(1600m ü.M.), welches nach dem gleichnamigen
vulkanischen Gebirge Cacheuta genannt wird, und nach Stelzner der rhätischen Formation angehört. Das Vorkommen von Erdöl in
dieser Formation ist ziemlich selten und war bis jetzt nur auf ein Vorkommniſs bei
Sehnde in Hannover, im Thon, beschränkt.
Da das Oel nicht wie in Bolivia aus den Oelquellen frei austritt, wurden hier
Bohrungen vorgenommen und ergaben 4 Bohrlöcher in einer Tiefe von ± 200m Springquellen. Das erste lieferte wenig Oel,
seit einem Jahr 5 Faſs täglich, das zweite fast gar nichts, das dritte wenig dickes
Oel, bereits bei 77m 60 Faſs im Tag und das vierte
bei 115m eine gröſsere Masse gutes Oel mit einer
Ausbeute von 300 Faſs täglich. Wenig über 100m
gaben bereits alle Bohrlöcher Oel mit Sand gemischt, nur beim dritten trat mit dem
Oel zu gleicher Zeit Thonschlamm zu Tage.
Die Verhältnisse der Raffination sind an Ort und Stelle ungünstig, da in Folge
Kohlenmangels mit Erdöl gefeuert werden muſs. Eine Röhrenleitung nach Mendoza wäre
jedoch, da das Oelfeld um 700m
höher liegt, bequem und
mit geringen Kosten anzulegen und ist auch beabsichtigt.
Im Gegensatze zu der in der Technologie der Mineralöle von Dr. C. Schaedler angegebenen Thatsache, daſs die
südamerikanischen Oele im Allgemeinen stinkender sind, als die der Vereinigten
Staaten von Nordamerika, der asiatischen und der europäischen Länder, möchten wir
darauf hinweisen, daſs das von uns untersuchte Mendozaöl aas Bohrloch 4 im
Gegentheil einen nicht unangenehmen, den Essenzen eigenthümlichen Geruch besitzt,
was vielleicht auf einen geringen Gehalt an Schwefelkohlenwasserstoffverbindungen
schlieſsen läſst.
Physikalische und chemische Eigenschaften des Erdöles.
Das zu den folgenden Versuchen verwendete Erdöl, aus Mendoza in Argentinien stammend,
zeigt bei auffallendem Lichte eine schwach grünliche Fluorescenz, bei durchfallendem
Lichte in dünnen Schichten eine schwarzbraune Farbe und besitzt einen nicht
unangenehmen, den Essenzen eigenthümlichen Geruch. Bei 17° ist es zähflüssig und
wurde die ViscositätEngler's Apparat, 1885 258 * 126. zu 9 Minuten 10 Secunden, bei 35° (direkte
Ausfluſsgeschwindigkeit) bestimmt. Der Gefrierpunkt lag bei 0°, indem das Oel
schmalzartig ohne Ausscheidung von Paraffin erstarrte und war auch bei niederer
Temperatur eine Paraffinausscheidung nicht zu beobachten. In Petroläther ist es ohne
Rückstand löslich. Der Entflammungspunkt liegt bei 45° und der Brennpunkt bei 90°;
die Bestimmung des specifischen Gewichtes mittels des Piknometers ergab 0,9032 bei
17°. Der Siedepunkt fiel mit dem Entflammungspunkt bei 45° zusammen.
Zur Feststellung der in dem Rohöl enthaltenen Componenten (leichte Essenzen, Brennöl,
Schmieröl, Paraffin, Koks) bedienten wir uns des von dem Einen von unsEngler, Chemiker-Zeitung, 1886 S.
1238. beschriebenen Apparates unter Fractionirung von 25° zu 25° und
gibt nachstehende Tabelle über die erhaltenen Resultate Aufschluſs:
Normaldestillation des Rohöles.
Anfang des Siedens: 45°.
100cc Rohöl ergaben:
Dest. I
II
125°
3,6cc
1,88g
3,6cc
2,27g
125°
bis
150°
2,8
1,80
2,8
1,45
150°
„
175°
3,8
2,30
4,0
2,42
175°
„
200°
3,8
2,55
3,8
2,87
200°
„
225°
3,2
2,07
3,3
2,52
225°
„
250°
3,8
2,61
4,4
3,10
250°
„
275°
5,0
3,92
5,0
3,32
275°
„
300°
3,6
2,70
3,6
2,70
300°
„
310°
4,4
3,65
4,6
3,55
Daraus berechnet sich:
I
II
Vol-Proc.
Gew.-Proc.
Vol-Proc.
Gew.-Proc.
Essenzen (bis zu 150°)
6,4
4,07
6,4
4,11
Brennöl (150° bis 310°)
27,6
21,98
28,7
22,67
Rückstand
66,00
73,95
64,9
73,22
Im Vergleich mit den unter gleichen Bedingungen untersuchten verschiedenen
RohölenVerhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbefleißes, 1887 Novemberheft (1888 267 512). steht es dem Erdöl von Pechelbronn (Elsaſs)
Bohrloch 213 am nächsten.
Ein von J. KyleUnited States Consular Reports. Washington
1884. untersuchtes argentinisches Oel aus der Provinz
Jujuy ergab folgende Resultate:
Essenzen
6
Proc.
Brennöl
29
„
Schwere Oele
53
„
Koks
10
„
Gase
2
„
Wie aus späteren Ausführungen hervorgeht, bestanden die über 310° siedenden
Bestandtheile aus:
auf Rückstandberechnete Proc.
auf Rohölberechnete Proc.
Mischöl (Solaröl und Gasöl)
20,00
14,8
Stark Paraffin haltige Schweröle
70,00
51,8
Rückstand
10,00
7,4
Die Schweröle zeigten salbenartige Consistenz, das Paraffin trat in den Vorlagen in
krystallinischen Schuppen auf.
Lichtbrechungsvermögen.
Zur Bestimmung des mit Dichte und Siedepunkt correspondirenden
Lichtbrechungsvermögens des Erdöles bedienten wir uns eines kleinen Abbe'schen Refractometers und stellten damit die
Brechungsindices folgender Fractionen fest:
Fraction
Brechungsindex
100°
bis
120°
1,4220
120°
„
140°
1,4290
140°
„
160°
1,4350
160°
„
180°
1,4430
180°
„
200°
1,4490
200°
„
220°
1,4550
220°
„
240°
1,4670
240°
„
260°
1,4730
260°
„
280°
1,4790
280°
„
300°
1,4840
Brechungsexponenten des mit Schwefelsäure
behandelten Oeles.
Fraction
Brechungsexponent
100°
bis
120°
1,4230
120°
„
140°
1,4360
140°
„
160°
1,4400
160°
„
180°
1,4500
180°
„
200°
1,4570
200°
„
220°
1,4660
220°
„
240°
1,4710
240°
„
260°
1,4730
260°
„
280°
–
280°
„
300°
–
Schon aus diesen Resultaten läſst sich der Schluſs ziehen, daſs das Mendozaöl der
Hauptmenge nach aus Kohlenwasserstoffen der Reihe CnH2n besteht, was sich durch die weiter
unten angeführten Versuche bestätigt.
Specifisches Gewicht.
Die specifischen Gewichte der verschiedenen Fractionen wurden Mit einer
hydrostatischen Waage von Westphal bestimmt und ergaben
für die Fractionen zwischen 150° und 310°, zu je 25° abdestillirt, folgende
Werthe:
spec. Gew.
spec. Gew.
bis
150°
0,724
150°
bis
175°
0,736
von
150°
bis
200°
0,752
175°
„
200°
0,758
„
150°
„
225°
0,769
200°
„
225°
0,7845
„
150°
„
250°
0,779
225°
„
250°
0,803
„
150°
„
275°
0,787
250°
„
275°
0,816
„
150°
„
300°
0,797
275°
„
300°
0,835
„
150°
„
310°
0,803
300°
„
310°
0,847
Um Aufschluſs über die Verwerthbarkeit der bis 310° überdestillirten leichteren
Theile des Oeles zu erhalten, wurden diese einer weiteren fractionirten Destillation
von 25° zu 25° unterworfen.
Die folgende Zusammenstellung enthält die dabei erhaltenen Resultate:
Normal-Destillation des Essenzen- und
Brennöl-Gemisches.
Anfang des Siedens 72°.
100cc ergaben:
I.
II.
I.
II.
cc
cc
g
g
bis
100°
8,8
8,6
5,27
5,51
100°
bis
125°
7,8
8,0
6,02
5,60
125°
„
150°
14,3
14,3
10,21
10,67
150°
„
175°
15,8
15,3
11,87
11,75
175°
„
200°
10,4
10,2
8,43
8,28
200°
„
225°
13,8
13,7
10,53
11,18
225°
„
250°
17,4
16,7
14,32
13,93
250°
„
275°
10,3
10,4
7,88
8,62
275°
„
300°
3,2
2,2
2,77
1,77
300°
„
310°
–
–
–
–
Die chemische Natur der Kohlenwasserstoffe des
Mendozaöles.
Zur Bestimmung der differenten bezieh. auch der indifferenten Kohlenwasserstoffe
benutzten wir in bekannter Weise das Verhalten des Oeles gegen Schwefelsäure, indem
die Volumabnahme eines mit Schwefelsäure geschüttelten abgemessenen Quantums des
Oeles festgestellt wurde. In einer Glashahnbürette wurden 40cc Schwefelsäure (20cc engl.+ 20cc rauch. Schwefelsäure) mit
10cc Oel von der genannten bis 310° siedenden
Fraction tüchtig durchgeschüttelt und dann nach dem Absitzen die von der Säure nicht
gelöste Schicht direkt abgelesen. Wie Säure wurde darauf abgezogen und zu dem
restirenden Oel eine neue Portion Schwefelsäure gegeben, mit der wiederum kräftig durchgeschüttelt
wurde, nachdem vorher die Mischung erst langsam auf 30 bis 40° im Luftbad erwärmt
war. Es ergaben dabei zwei Proben die folgenden Zahlen:
I
II
Fraction
spec. Gew.
nach
der
1.
Ablesung
1,55cc
1,45cc
45/310°
0,803
„
„
2.
„
0,5 „
0,55 „
–––––––––––––
Somit waren in die Schwefelsäure gelöst
2,0cc
2,00cc,
woraus sich ein Gehalt ergibt:
von 20 Proc. Olefinen, aromatischen und anderen ungesättigten
Kohlenwasserstoffen,
und 80 Proc. Grenzkohlen Wasserstoffen, Hexahydrüren bezieh.
Naphtenen.
Von der Fraction 200° bis 240°, welche vorher mittels Schwefelsäure, Natronlauge und
Wasser gereinigt und nochmals über Chlorcalcium destillirt worden war, wurden
Elementaranalysen mit folgendem Ergebnisse ausgeführt:
I.
Angewandte Substanz
0,1532g
Gewicht der gefundenen CO2
0,4847g
dies entspricht
0,13218g C.
oder in Procenten
86,28 Proc. C.
Gewicht des gefundenen Wassers
0,1913g
dies entspricht
0,02126g H.
oder in Procenten
13,88 Proc. H.
II.
Angewandte Substanz
0,1591g
Gewicht der gefundenen Kohlensäure
0,5040g
dies entspricht
0,13746g C.
oder in Procenten
86,39 Proc. C.
Gewicht des gefundenen Wassers
0,1963g
dies entspricht
0,02181g H.
oder in Procenten
13,71 Proc. H.
Da ein Kohlenwasserstoff von der Reihe CnH2n z.B. Tridecylen C13H26, bei 232° siedend 85,71 Proc.
Kohlenstoff und 14,29 Proc. Wasserstoff enthält, so ist durch diese Elementaranalyse
der, bei der Bestimmung der Brechungsindices gezogene Schluſs auf eine überwiegende
Anwesenheit von Kohlenwasserstoffen der Reihe CnH2n als bestätigt anzusehen. Es dürfte sogar der
weitere Schluſs nicht unberechtigt sein, daſs selbst Kohlenwasserstoffe noch
wasserstoffärmerer Reihen (CnH2n–2 u.s.w.) anwesend sind, wie solches z.B. schon
für das Erdöl von Baku nachgewiesen ist. (Markownikoff.)
Die Anwesenheit aromatischer Kohlenwasserstoffe im
Erdöle von Mendoza wurde nach der von EnglerBerichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 18. 2234 (1888 267
562). angegebenen Methode nachgewiesen. 20cc der. zwischen 150° bis 180° siedenden Fraction
des rohen Erdöles wurden über ein Gemisch von 66cc
concentrirter englischer Schwefelsäure und 33cc
concentrirter Salpetersäure (spec. Gew. 1,45) geschichtet. Das entstandene
Nitroproduct wurde entsprechend gereinigt und zeigte nach mehrmaligem
Umkrystallisiren aus absolutem Alkohol den constanten Schmelzpunkt 232°, was
beweist, daſs hier Trinitromesitylen vorliegt.
Somit wäre auch in diesem neuen amerikanischen Erdöle die Anwesenheit des Cumols als
Trinitromesitylen und somit der aromatischen Kohlenwasserstoffe überhaupt
nachgewiesen. Dieses Resultat ist, in sofern von gewisser Bedeutung, als die
Anwesenheit aromatischer Kohlenwasserstoffe in sämmtlichen bis jetzt im hiesigen
Laboratorium untersuchten Erdölen (amerikanischen, russischen, galizischen,
italienischen, elsässischen, hannoverschen, Tegernsee-Erdöle) auf die Mitwirkung
höherer Temperaturgrade bei der Bildung des Erdöles schlieſsen läſst.
Auffallend ist, daſs es uns nicht gelang, die von Engler
und BockJ. Bock, Inaugural-Dissertation, Freiburg
1880. in einer groſsen Zahl von natürlichen Mineralölen
durch Einwirkung von Salpeter-Schwefelsäure erhaltene, bei 167° constant schmelzende
Doppelverbindung von Trinitromesitylen und Trinitropseudocumol aus dem
argentinischen Erdöl zu isoliren. Immer resultirte bei den dahin gerichteten
Versuchen Trinitromesitylen, so daſs wir es dahingestellt sein lassen müssen, ob
überhaupt Pseudocumol vorhanden ist oder nicht.
(Fortsetzung folgt.)