Titel: Ueber Neuerungen an Nähmaschinen.
Autor: v.G.
Fundstelle: Band 268, Jahrgang 1888, S. 385
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Ueber Neuerungen an Nähmaschinen. (Patentklasse 52. Fortsetzung des Berichtes Bd. 267 S. 577.) Mit Abbildungen auf Tafel 22. Ueber Neuerungen an Nähmaschinen. Doppelsteppstich-Nähmaschinen mit kreisendem oder schwingendem Schiffchen bezieh. Greifer. Schiffchen mit groſser Unterfadenspule erfordern zufolge ihres vermehrten Gewichtes und durch die damit zusammenhängende Trägheit eine entsprechende Kraft zur Bewegung, so daſs der Schiffchentreiber derart am Schiffchen anliegt, daſs der Faden nicht mit der erforderlichen Leichtigkeit zwischen Treiber und Schiffchen durchschlüpfen kann oder wohl auch hängen bleibt. J. Wertheim in Frankfurt a.M. (* D.R.P. Nr. 41138 vom 19. April 1887) hat deshalb einen Schiffchenreiber construirt, welcher das Schiffchen zur bestimmten Zeit vorzueilen veranlaſst. Schiffchen, Schiffchenbahn und Treiber haben im Allgemeinen die von Junker und Ruh (1887 264 * 61) ausgeführte Einrichtung. Die Stirnfläche der Treiberwelle a (Fig. 1 und 2 Taf. 22) trägt eine kleine Platte b, welche sich um den Stift c dreht und von der Feder d niedergehalten wird. Auf der Platte b ist ein Arm f befestigt, so daſs im Ruhezustand derselbe weit genug vom Schiffchenkörper absteht, um den Fadendurchgang zu gestatten. Die bewegliche Platte b enthält auf der Rückseite einen Ansatz e, welcher kurz vor dem Moment, wo die Fadenschleife von dem Schiffchen bei x abgleiten soll, einen Vorsprung g des Wellenlagers berührt und hierdurch den Arm f veranlaſst, dem Schiffchen eine voreilende Bewegung zu ertheilen, so daſs die Fadenschleife die bereits zwischen dem Arme f und dem Schiffchenkörper durchgegangen ist, ungehindert das Schiffchen verlassen kann. Noch einfacher wird diese Einrichtung bei geradlinig hin und her geführten Schiffchen (Fig. 3 Taf. 22). Hier ist ein kleiner Winkelhebel h so am Treiber i drehbar befestigt, daſs der eine Schenkel, beeinfluſst durch eine Feder k, in einer Rinne l der Schiffchentreiberbahn gleitet, während der andere Schenkel im gehörigen Augenblicke seitlich gegen das Schiffchen stöſst und dadurch letzteres beschleunigt, um der Fadenschleife den freien Durchgang; zwischen Schiffchen und Treiber zu gestatten. Zum demselben Zweck hat man auch den Schiffchentreiber rotirender Schiffchen excentrisch zur Schiffchenbahn gelagert, wie z.B.J. A. Döring (1887 264 * 65) und N. Wheeler (1887 264 * 370). Letzterer hat den Antrieb des Schiffchens seiner Doppelsteppstich-Nähmaschine noch dadurch vervollkommnet (* D.R.P. Nr. 39650 vom 28. September 1886), daſs er einen Schiffchentreiber a (Fig. 4 Taf. 22) anwendet, welcher an seinem abgebogenen Ende zwei Ansätze b und c trägt. Diese Ansätze greifen abwechselnd in die Vertiefungen d oder e (Fig. 5) des Schiffchens, dessen Spule in dieser Figur als abgehoben gezeichnet ist und deren Einrichtung bereits an oben angegebener Stelle dieses Journales beschrieben wurde. Ist nun der Greifer des Schiffchens im Begriffe, in die Fadenschlinge zu treten, so befindet sich der innere Ansatz c des Treibers in der Vertiefung d, hat sich aber die Greiferspitze um 180° gedreht, so ist dieser Ansatz in Folge der excentrischen Lage des Treibers aus der Vertiefung d getreten, während der äuſsere Ansatz b in die Vertiefung e eingetreten ist. Hierdurch wird die Schiffchendrehung nicht unterbrochen und die Fadenschleife kann ungehindert um das Schiffchen gleiten. Um dem Schiffchen eine Drehung von 180° zu ertheilen, verwendet F. Hensel in Berlin (* D.R.P. Nr. 42249 vom 19. Mai 1887) folgenden Schiffchenantrieb: In die Curvennuth einer auf der Antriebwelle sitzenden Scheibe a (Fig. 6 Taf. 22) greift das Ende des Winkelhebels b. Das andere Ende führt sich in einem Schlitze des Armes c, welcher gleichzeitig den Zapfen der an der Treiberwelle befestigten Kurbel d aufnimmt. Wie durch die punktirte Stellung der Theile angegeben ist, gestattet diese Einrichtung dem Schiffchen einen Halbkreis zu beschreiben (vgl. die Schiffchenantriebe von Schmidt sowie Neidlinger 1887 264 * 263.* 264). Ein bemerkenswerther Antrieb für rotirende Schiffchen wurde von E. Brünckner in Sieglar (* D.R.P. Nr. 37472 vom 31. Oktober 1885) angegeben. Die Achse a (Fig. 7 Taf. 22) des rotirenden Stichbildungswerkzeuges liegt schräg gegen die Antrieb welle 6, welche von der im Maschinenarme gelagerten Hauptwelle umgedreht wird. Als Vermittelung der Drehbewegung der letztgenannten Wellen wählt Brünckner die der groſsen Reibung wegen wohl kaum praktisch verwendbaren, sowohl auf der Hauptwelle als auch auf der Schiffchentriebwelle sitzenden doppelten und unter 90° gestellten Kreisexcenter zz, welche unmittelbar durch Zugstangen verbunden sind. Diese Bewegungsübertragung hat zwar Brünckner ebenfalls patentirt erhalten, jedoch liegt das Wesentliche der Erfindung in der Verbindungsweise der Achse a mit der Antriebwelle b. Hierzu ist das Ende der Welle b mit einer Kurbel c versehen, deren Zapfen nach dem Durchschnittspunkt o der beiden Wellen a und b gerichtet ist. Dieser Zapfen greift in ein Führungsstück d, welches in einer aus dem Mittelpunkte o construirten Kreiscoulisse e gleitet, so daſs das Stichbildungswerkzeug eine variable Drehbewegung erhält, ähnlich wie man dies durch eine Doppelkurbel oder mittels verschiebbarem Hebel erreichen kann (vgl. 1887 264 * 263. * 265). Die Bewegungsart kann man sich durch folgende Construction klarlegen: Ist fg (Fig. 8) die Greiferachse, ig die Coulisse und i der Kurbelzapfen der Antriebwelle kl, so beschreibt der Kurbelzapfen die Linie in bezieh. den Kreis p. Um nun die Drehbewegung der Achse fg zu erhalten, theilt man den Kreis p in eine beliebige Anzahl Theile, z.B. 8, und zieht von den Schnittpunkten 1, 2, 3 u.s.w. die Parallelen zu kl bis an die Linie in und von hier parallel zur Achse fg, zieht eine Normale s11 und macht q2 = q1 21 u.s.w., so erhält man durch Verbindung mit dem Punkte s die den Winkeln α entsprechenden Drehungswinkel γ. Man findet, daſs bei der angenommenen Lage der Wellen zu einander die Welle hl sich von 4 bis 6, d.i. ¼ Umdrehung, bewegt, während die Achse fg sich von x bis y, also ½ Drehung, zurücklegt. Die Bewegung dieser Achse folgt der Formel: \frac{r\,sin\,\alpha}{(r\,cos\,\alpha\,\pm\,m)\,sin\,(\beta-90)=tg.\gamma}, woraus sich ergibt, daſs man durch Veränderung des Neigungswinkels s und der Entfernung m der beiden Achsen die Bewegung in bestimmten Grenzen verändern kann. Die Nähmaschinenfabrik vormals Frister und Roſsmann in Berlin (* D.R.P. Nr. 39834 vom 14. November 1886) hat ihre Führung oscillirender Schiffchen mit senkrechter Schiffchenbahn (vgl. 1887 264 * 377) dadurch verbessert, daſs das Schiffchen a (Fig. 9 und 10 Taf. 22) behufs seiner Führung in der Schiffchenbahn an seiner Gleitfläche einen ringförmigen Flansch erhält, welcher auf seiner inneren, der Nadel zugekehrten Seite mit einer Nuth b versehen ist. Der Form dieses Flansches entsprechend ist auch die Schiffchenbahn ausgedreht, so daſs das Schiffchen mit seinem Flansch in den Ring c der Schiffchenbahn eingreifen bezieh. eingehängt werden kann. Die vorgeschraubten Ringstücke dd halten das Schiffchen in seiner Bahn, so daſs dasselbe ohne jede weitere Unterstützung kreisförmig bewegt werden kann. Demzufolge liegt aber das Schiffchen nicht mehr auf seinem Mitnehmer e auf und der Faden kann ungehindert zwischen Mitnehmer und Schiffchenkörper durchgleiten, was bei dem verhältniſsmäſsig groſsen Schiffchen und der früheren Construction nur schwer erfolgte. F. Engel in Hamburg (* D.R.P. Nr. 41010 vom 5. April 1887) stellt die berechtigte Behauptung auf, daſs die nicht nachstellbaren Führungen der Ringschiffchen den Uebelstand besitzen, daſs das von dem Treiber in Rotation gebrachte Schiffchen, seiner unregelmäſsigen Form wegen, sich einseitig gegen den Innenrand der Nuth drängt, sich unregelmäſsig abnutzt und bald den ruhigen, sicheren Gang verliert, ohne daſs es möglich wäre, dies zu ändern. Engel bringt daher eine neue Lagerung für Nähmaschinen-Ringschiffchen an, die darin besteht, daſs das Schiffchen a (Fig. 11 und 12 Taf. 22) nur zwischen den zwei ringförmigen Flachen b und c, nicht aber in einer Nuth geführt wird. Die centrale Lagerung erfolgt durch einen am Treiber oder an der Treiberwelle angebrachten Korb d, welcher derart geformt ist, daſs dem Faden der freie Durchgang gelassen wird. Da Treiber und Schiffchen sich gleich schnell umdrehen, so fällt jede Reibung an der Auſsenwand des Schiffchens fort und es verbleibt nur die Reibung zwischen den Flächen. Hier läſst sich aber eine Abnutzung ausbessern durch Nachspannen des äuſseren Deckringes c, welcher auf federnden Unterlagen e ruht. Das Ringschiffchen von J. Bühr in Hamburg (* D.R.P. Nr. 39176 vom 22. Mai 1886) weicht dadurch von anderen Ringschiffchen ab, daſs es an dem rückwärts gebogenen Theile bei a (Fig. 13 und 14 Taf. 22) einen Vorsprung hat, an welchem sich die durch das Schiffchen erweiterte Schlinge des Oberfadens fängt, bis die Nadel den tiefsten Punkt erreicht hat und die Spitze b des Schiffchens wieder in die neue Schleife eingetreten ist; sobald dies geschehen, hat sich der Vorsprung a so viel seitwärts bewegt, daſs die Schleife von dem Vorsprunge abgleitet. Der Stich wird bei der nun folgenden Schleifenbildung angezogen. Der Schiffchentreiber c trägt einen Stift, auf welchem die Spule d mit Kapsel e (Fig. 15 und 16) lose sitzt. Um zu erzielen, daſs der von der Spule d abgezogene Faden bei der Schiffchendrehung stets gleiche Länge behält, daſs er sich nicht drillt und nicht festklemmt, ist in der Kapsel e eine centrale Bohrung f angebracht, aus welcher der Unterfaden austritt. Eine Brille g (Fig. 14) in Verbindung mit einem Röllchen h drücken die Kapsel gegen den Treiber. Das Röllchen h greift in einen seitlich auf der Kapsel angebrachten Ausschnitt t, um das Gehäuse am Drehen zu hindern. Eine regulirbare Feder k drückt das Röllchen an. Letzteres läſst den Faden leicht durch, indem es sich dreht, sobald der Faden durchschlüpft, und gestattet zugleich, die Brille ganz schwach drückend anzubringen. Die Doppelsteppstich-Nähmaschine mit schwingendem Schiffchen von A.F. Wileman in Ealing, England (* D.R.P. Nr. 41243 vom 9. November 1886) ist sehr einfach und leicht construirt und eignet sich deshalb zum Gebrauch auf Reisen. Das Zahnrad a (Fig. 17 und 18 Taf. 22) steht mit den beiden gleichgroſsen Rädern b und c im Eingriff, von denen das Rad b die im oberen Theile des Gestelles liegende Welle d umdreht, während das Rad c mit seinem Kurbelzapfen e in den Langschlitz des Armes f eingreift, um die Welle g in Schwingungen zu versetzen. Der Handgriff des Triebrades ist bei h gegliedert, so daſs derselbe beim Verpacken der Maschine gegen das Rad umgeklappt werden kann; ein aufgesteckter Ring gibt dem Griff beim Gebrauche die erforderliche Steifigkeit. In dem oberen Theile der Maschine ist an der Vorderseite der Welle d die Kurbelscheibe h befestigt, deren Zapfen in die Curvennuth des Nadelschlittens k eingreift. Dieser Schlitten stöſst mit einem Stift i an den Fadenhebel l. Drückerfuſs und Fadenklemme sind auf gewöhnliche Weise am Kopfe der Maschine angebracht. Auf der im unteren Theile liegenden Welle g sitzt der kurze Arm m, welcher mit einem Bolzen in den Schiffchentreiber n eingreift. Da der Kurbelzapfen e des Armes f bei seiner Bewegung in wechselnder Entfernung von der Mitte der Wendewelle g zu liegen kommt, so erfolgt der Schiffchenvorgang mit gröſserer Geschwindigkeit als der Rückgang, so daſs zur Ausbildung des Stiches die gehörige Zeit bleibt. Soll das Schiffchen aus seinem Treiber entfernt werden, so wird der Arm n zurückgezogen, also der Wirkung der Feder o entgegen, dadurch kommt er auſser Eingriff mit seinem Bolzen und läſst sich so weit zur Seite drehen, daſs das Schiffchen ungehindert herausgenommen werden kann. Der Stoffschieber p ist mit dem vertikalen Hebel q drehbar verbunden, letzterer hat in seinem mittleren Theile einen Schlitz und ebenso ist der feste Steg r mit einem solchen versehen. Durch beide Schlitze geht eine Schraube, deren veränderliche Höhenlage die Stichgröſse bedingt. Am unteren Ende des Armes q befindet sich der Schlitz ss1 in welchen ein Stift des Armes m eingreift. Befinden sich die Theile in der durch Fig. 18 dargestellten Lage und bewegt sich der Arm n in Richtung des Pfeiles, so befindet sich der Stift in der Nuth s, da sich aber der Stift nach rechts in einem Bogen bewegt, so wird der Stoffschieber p nach oben gedrückt, während er sich gleichzeitig nach links verschiebt und so den Stoffvorrückt; wenn sich hingegen der Arm m nach links bewegt, so löst er sich aus der Nuth s und die Feder t zieht den Hebel q und somit auch den Stoffschieber nach unten. Die Schiffchenspulen u klemmt man zwischen das Ende der Welle d und eine Feder v, um sie mit Faden zu bewickeln. Wileman hat auch für dieselbe Maschine eine Transportvorrichtung construirt (* D.R.P. Nr. 41255 vom 9. November 1886), welche von oben auf den Stoff einwirkt, jedoch wenig Bemerkenswerthes aufweist. v.G.

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