Titel: | Der Bau von elektrischen Leitungen aus Siliciumbronzedraht. |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 404 |
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Der Bau von elektrischen Leitungen aus
Siliciumbronzedraht.
Mit Abbildungen.
Bau elektrischer Leitungen aus Siliciumbronzedraht.
Im Anschluſs an die früheren Mittheilungen über zwei von J.B.
Grief in Wien angegebene, beim Bau von elektrischen Leitungen aus
Siliciumbronzedraht zu benutzende Werkzeuge (1887 266 *
498; die ebenda S. 499 abgebildete kurzhalsige Zwickzange stammt aus England oder
Amerika und ist von Pacher nur in Oesterreich
eingeführt worden und wird jetzt von ihm erzeugt) folgen hier weitere Angaben über
die Ausführung solcher Leitungen und die dabei zu verwendenden Werkzeuge.
1) Spannen des Leitungsdrahtes. Bei der geringen
DickeL. Weiller's Siliciumbronzedraht wird übrigens
nur von 1mm bis höchstens 3mm Durchmesser blank im Freien angewandt.
Wo für starken Strom ein gröſserer Querschnitt des Leiters erforderlich ist,
sind entsprechende Seile aus dünneren Drähten vorzuziehen. des
Siliciumbronzedrahtes sind umständliche Spannvorrichtungen nicht erforderlich. Bei
mittleren Einzelleitungen genügt eine gewöhnliche Flachzange bezieh. ein kleiner
Feilkloben zum Anziehen des Drahtes; besser ist Grief's
Leitungsbauzange (1887 266 * 498). Für Linien mit
mehreren Leitungen auf denselben Trägern und ganzen, z.B. über die Dächer
hinzuführenden Leitungsgruppen, wobei alle Drähte nothwendig gleiche Spannung
erhalten müssen, sind, anstatt der massiven, Spannklemmen in Vorschlag gebracht
worden, welche nach Art eines Kniehebels wirken. Wurde aber in diesen der Draht in
zwei rauh gemachten Nuthen festgehalten, so fand er über eine gewisse Spannung
hinaus keinen sicheren Halt mehr. Es wurde daher bei den in Fig. 1 bis 4 abgebildeten Klemmen in der
aus Fig. 2 ersichtlichen Weise nur die kleine,
bewegliche Backe an der Innenkante mit einer – hier nicht gerauhten – im Querschnitt
⋁-förmigen, Nuth versehen; dieser gegenüber befindet
sich innen am Kniehebel eine in die Nuth eingreifende glatte Leiste. Es wird nicht
nur stärkerer, sondern auch recht dünner Draht auf diese Weise gut festgehalten,
denn der Draht wird, je stärker er angezogen wird, um so fester durch die Leiste in
die Nuth hineingepreſst, kann aber dabei durch die glatten Flächen beider nicht
beschädigt werden.
Fig. 1., Bd. 268, S. 404Die in Fig. 1 abgebildete Klemme hat einen
Handgriff'; bei Fig. 3 ist in dessen Gabel noch eine
Rolle eingefügt; über letztere wird eine Schnur ab gelegt, welche an
dem einen Ende festgebunden ist und beim Spannen angezogen wird.
Fig. 2., Bd. 268, S. 405Fig. 3., Bd. 268, S. 405An der in Fig. 4 dargestellten Klemme wird
ein Lederriemen befestigt, welcher zum Zweck des Anziehens durch einen Bügel gezogen
wird; der Bügel aber sitzt drehbar an einem Haken, der entweder in den
Isölatorträger oder in eine um die Telegraphensäule gelegte Draht- oder
Schnurschleife eingehängt wird. Nach Herstellung des richtigen Durchhanges wird bei
der Einrichtung nach Fig. 3 die Schnur angebunden
bezieh. bei der Ausrüstung Fig. 4 der Riemen an einer
nahe neben der Klemme befindlichen Schnalle festgeschnallt, wonach der Draht in
beiden Fällen bequem aufgebunden werden kann.
Fig. 4., Bd. 268, S. 405Beim Spannen langer Linien wird manchmal auch ein Dynamometer benutzt, und
zwar in Verbindung mit der eben beschriebenen Klemme und einem kleinen Flaschenzuge.
Damit kann die Spannung gleich über mehrere Stützpunkte (sofern in gerader Richtung
und gleicher Höhe befindlich) auf einmal gegeben werden.
2) Reguliren des Durchhanges. Die Gröſse des
erforderlichen Durchhanges und die davon abhängige Spannung zwischen 2 Stützpunkten
wird in bekannter Weise berechnet, unter Berücksichtigung des Gewichtes und der
Festigkeit des verwendeten Drahtes, der Spannweite, dann der bei Vornahme dieser
Arbeiten herrschenden und in betreffender Gegend überhaupt zu gewärtigenden
niedrigsten Temperatur. Die höchste Spannung, welche im Drahte zu Folge der
Verminderung seiner Länge in der gröſsten Kälte auftritt, darf seine absolute
Festigkeit nur bis zu einem gewissen Bruchtheile in Anspruch nehmen. Für die Wahl
des Sicherheitscoefficienten sind die gesammten Witterungsverhältnisse und die
vorherrschenden Winde maſsgebend.
Die österreichische Staatstelegraphen-Verwaltung hat für die Durchhangs- und
Spannungs-Regulirung der Siliciumbronze-Leitungen Tabellen aufgestellt. Der
Durchhang in Centimetern wird nach der Näherungsformel
d=\sqrt{0,0000353\,e^4+0,0645\,e^2\,t} berechnet, die
Spannung in Kilogramm bei 1mm,25 Drahtdicke nach
der Formel s = 0,001366 e2 : d, bei
1mm,5 Dicke dagegen nach der Formel s = 0,001969 e2 : d. Hierin
ist:
e = Spannweite,
d = Durchhang,
s = Spannung,
t = Temperaturerhöhung über – 20° C.;
bei + 30° C. ist demnach z.B. t = 50, bei – 20° C. ist
t = 0.
Es ist der
Ausdehnungscoefficient
für
Kupfer
a = 0,000 0172
„ „
„
Eisen
a = 0,000 0120
„ „
„
Stahl
a = 0,000 0108.
Hiernach erhält manAusführlichere Tabellen für Spannweiten bis 300m sind in der Zeitschrift für
Elektrotechnik, 1888 S. 137, mitgetheilt. Für den 2mm dicken Siliciumbronze-Telegraphendraht
A und A extra sind die mittels des Dynamometers zu gebenden Spannungen in
der Elektrotechnischen Zeitschrift, 1888 S. 85,
abgedruckt. z.B. für Spannweiten für 50 und 100m folgende Durchhänge d und Spannungen s1 für 1mm,25 dicken und s2 für 1mm,5 dicken Draht:
– 20°
– 15°
– 10°
– 5°
0°
+ 50
+ 100
+ 150
+ 200
+ 25°
+ 30°
Spann-weite
d
1559
3282
4399
51115
59128
65140
71151
77161
82171
87180
91189
50m100m
s
1
2323
10,716,7
8,013,8
6,611,9
5,810,7
5,3 9,8
4,8 9,1
4,4 8,5
4,1 8,0
3,9 7,6
3,8 7,6
50m100m
s
2
3333
15,424,0
11,619,9
9,617,1
8,315,4
7,614,0
6,913,1
6,412,3
6,011,5
5,710,9
5,410,4
50m100m
3) Befestigung des Leitungsdrahtes an den Isolatoren.
Nach Herstellung des entsprechenden Durchhanges wird der Draht vorläufig festgelegt
und dann festgebunden und zwar meistens seitlich am Isolatorkopfe.
Fig. 5., Bd. 268, S. 406Fig. 6., Bd. 268, S. 406Fig. 7., Bd. 268, S. 406Fig. 9., Bd. 268, S. 406Fig. 10., Bd. 268, S. 406Fig. 11., Bd. 268, S. 406Dabei darf der Leitungsdraht nicht durch den Bindedraht eingebogen oder
eingeschnürt werden, sondern muſs, wenngleich unbeweglich Zum Aufbinden der
Siliciumbronze-Leitungen eignet sich am besten Siliciumbronze-Telegraphendraht
Qualität A 1mm bis 1mm,5 stark.
Bei Herstellung des seither meistentheils verwendeten Kreuzbundes wird, je nach der Stärke des Leitungsdrahtes, ein Drahtstück
von 0,75 bis 1m Länge gebraucht. Dasselbe wird
zunächst quer über den Leitungsdraht gelegt, wie es in Fig.
5 durch den Pfeil angedeutet ist; dann werden beide Enden gleichzeitig, im
Drahtlager, um den Isolatorkopf wieder nach vorn gezogen, wie Fig. 5 sehen läſst; beide Enden kreuzen dann vorn
nochmals den Leitungsdraht (Fig. 6) und werden
zuletzt nach entgegengesetzten Richtungen hin in etwa 10 dichte Windungen gewickelt,
so daſs der ganze Bund für sich allein bezieh. am Isolator so aussieht, wie es in
Fig. 7 bezieh. Fig.
8 dargestellt ist.
Dieser leicht zu machende und keine Biegungen des Leitungsdrahtes veranlassende Bund
bietet aber für den dünnen glatten Siliciumbronzedraht nicht immer die nöthige
dauernd haltbare Befestigung, läſst vielmehr solche Leitungen früher oder später
durchgleiten. Besser ist Grief's Isolatorbund, zu welchem ebenfalls nur ein einziges
Drahtstück nöthig ist. Mit diesem Bindedraht werden zunächst – von dessen Mitte
ausgehend – (nach Fig. 9) so viele Windungen um den
Leitungsdraht gemacht, daſs die Länge der daraus entstehenden Spirale ungefähr dem
halben äuſseren Durchmesser des Isolatorkopfes gleichkommt.
Fig. 8, Bd. 268, S. 407Fig. 12., Bd. 268, S. 407Die freien Bindedrahtenden werden hiernach um den Isolatorkopf herumgelegt
und wieder nach vorn gebracht, wobei das eine Ende immer oberhalb, das andere
unterhalb des Leitungsdrahtes bleibt, wie aus Fig. 9
klar wird. Dann wird das obere Ende b quer nach unten,
das untere a in derselben Richtung daneben nach oben
auf die andere Seite des Leitungsdrahtes geführt (Fig.
10) und dort zehnmal um diesen herumgewickelt. Auch bei der Herstellung
dieses Bundes, den Fig. 11 fertig, aber für sich,
Fig. 12 dagegen am Isolator zeigt, wird immer mit beiden Enden des
Bindedrahtes zugleich und unter fortwährendem starken Anziehen derselben
hantirt.
Dieser Bund besitzt folgende Vorzüge:
Die mittlere Spirale, welche nicht länger und nicht kürzer sein darf, als sie ohne
sonderliche Biegung des Leitungsdrahtes diesen am Isolator festdrückt, schlieſst
sich beim Anziehen sehr fest und dauernd um den zu haltenden Draht, diesen
gleichzeitig versteifend und schützend. Die zweifache Kreuzung vorn am Leitungsdraht
und die Endspiralen erhöhen dann noch die Haltbarkeit und Sicherheit dieses
Bundes.
Zu berücksichtigen wäre aber, daſs bei diesem Bunde das manchmal später vorgenommene
Nachspannen der Leitung erst nach Lösung des Bindedrahtes möglich sein würde; doch
ist bei diesem Bunde, weil ja der Draht nicht durch ihn hindurchgleiten kann, ein
Nachspannen überhaupt nicht nöthig. Beim Kreuzbunde dagegen kann ein Nachspannen
ohne Lösung des Bindedrahtes bewirkt werden, allein es wird bei ihm auch ein
Nachspannen nöthig, da der Leitungsdraht eben auch durch den Bund hindurchzugleiten
vermag.
4) Herstellung der Drahtwindungen. Will man die Spiralen
beim Isolatorbund, wie auch bei den früher (1887 266 *
500) beschriebenen Verbindungen der Leitungsdrahtadern unter einander recht fest und
dicht anbringen, so bedient man sich dazu der Leitungsbauzange (1887 266 * 498).
Deren Spannring wird dazu in der Mitte mit einem ungefähr 2mm starken Loche versehen, dessen Ränder
abgestumpft sind. Mit dem in eine senkrechte Lage gegen den Leitungsdraht gebrachten
Wickeldraht werden um ersteren zunächst einige Windungen ohne Werkzeug begonnen.
Während dann das kürzere Ende des Wickeldrahtes festgehalten wird, ist dessen
längeres Ende durch das am Spannring befindliche Führungsloch zu ziehen, und zwar
bei schwächerem Drahte wie in Fig. 13, bei stärkerem
Drahte wie in Fig. 14.
Fig. 13., Bd. 268, S. 408Fig. 14., Bd. 268, S. 408Die Zange liegt dabei, wie aus den Abbildungen ersichtlich wird, fest an
und wird nun mit dem aufzuwickelnden Drahtende um den Leitungsdraht herumgeführt,
wodurch sich um letzteren die Windungen unter entsprechendem Zuge ganz dicht an
einander schlieſsen.