Titel: | Ueber Versuche zur Klarstellung des Wirkungsgrades des Locomotivkessels; von Prof. H. Gollner in Prag. |
Autor: | H. Gollner |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 494 |
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Ueber Versuche zur Klarstellung des
Wirkungsgrades des Locomotivkessels; von Prof. H. Gollner in Prag.
(Fortsetzung des Berichtes S. 448 d.
Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
1 und 2.
Gollner, Klarstellung des Wirkungsgrades des
Locomotivkessels.
Die zweite in Betracht kommende Temperaturgröſse Tp ist als jene mittlere Temperatur
aufzufassen, welche zu Beginn der indirekten Verdampffläche Fi herrscht, ist also jene kleinste Temperatur, welche im Feuerraume in
Folge des Effectes der direkten Heizfläche Fd, indem diese die dargebotene Wärme (G . c T0
) sowohl durch Strahlung als durch Leitung aufnimmt,
entstehen kann. Tp
hängt sowohl von der Initialtemperatur T0 als auch von der Gröſse und Form, wie Lage der
direkten Heizfläche ab und kann derzeit auf rechnungsmäſsigem Wege nicht ermittelt
werden, nachdem die an den verschiedenen Stellen des Feuerraumes eintretenden
effectiven Temperaturen unbekannt sind, weil ferner auch die Gesetze betreffend die
Leitungsverhältnisse von speciell geformten und gelegten Heizflächen durch die
einschlägigen Erfahrungen noch nicht erprobt sind. Es wurde daher die mittlere
Temperatur Tp im Versuchswege ermittelt. Die Durchführung dieses
Versuches hatte mit Rücksicht auf den vorliegenden speciellen Fall der Construction
des Dampfkessels und seiner Feuerung bedeutende Schwierigkeiten, welche nicht
vollends überwunden werden konnten, obschon das empfindlichste und derzeit
verläſslichste Pyrometer von Siemens in Anwendung kam.
Die erste Schwierigkeit ergab sich schon bei der Einführung des bezeichneten
Instrumentes in die Feuerbox; dieselbe erschien durch die entsprechend vorbereitete
Heizthür möglich, und muſste diese Methode
schlieſslich als die relativ beste angenommen werden, obschon nicht geleugnet werden
kann, daſs dieselbe nicht frei von Nachtheilen ist, deren wesentlichster in dem
Umstände begründet ist, daſs das Instrument während der Aufgabsperiode für das
Brennmaterial aus dem Feuerraum gezogen werden muſste. Die hierdurch unvermeidlich
gewordene Störung wurde durch folgende Maſsnahmen und Umstände auf das äuſserste
Minimum zu reduciren gesucht. Zunächst ergaben mehrfache Vorversuche, daſs eine merkliche Abkühlung
des im pyrometrischen Beharrungszustande befindlichen Glühstabes des bezeichneten
Pyrometers in Folge seiner Construction sehr geraume Zeit erfordert, daſs derart ein
Sinken der augenblicklich bestehenden Temperatur von 770° C. auf 690° entschieden
mehr Zeit erforderte, als die Aufgabsperioden für das Brennmaterial durchschnittlich
dauerten, daſs ferner ein Temperaturfall von 150° in freier Luft längere Zeit als
die Durchführung von zwei Temperaturbestimmungen erforderte. Auf Grund der an Ort
und Stelle gemachten Specialerfahrungen konnte sogar von der vorsichtshalber
vorbereiteten Methode, den Glühstab während der Periode des Heizens in einen mit
lebhaft glühenden Kohlen gefüllten Topf zu versenken, Umgang genommen werden, und
zwar um so mehr, als die Temperaturbestimmungen (9 solche für eine Versuchsfahrt in
etwa 60 bis 70 Minuten) erst einige Zeit nach Schluſs der Heizthüre und Einführung
des Instrumentes gemacht wurden. Trotz dieser Vorsichten sind Störungen in der
Benutzung des bezeichneten Instrumentes anzunehmen, obschon der Einfluſs derselben
bei der hochentwickelten Empfindlichkeit des Instrumentes, welche in sehr kurzer
Zeit die Winderherstellung des Beharrungszustandes sichert, auf die erlangten
Schluſsresultate durchaus kein wesentlicher sein wird. Die weitere Schwierigkeit
ergab sich durch die Nothwendigkeit, das Instrument auch an die richtige Stelle des
Feuerraumes zu bringen, um den wahrscheinlichsten Werth von Tp zu erhalten. Auch diese
Theilaufgabe konnte nicht vollständig und durchaus befriedigend, und zwar trotz der
Vorbereitungen an der Heizthüre und am Conus des Glühstabes, der mit Asbestfäden gut
isolirt wurde, gelöst werden, zumal bei Verwendung der Nepilly-Feuerung auch der Feuerschirm hinderlich wurde. Hiernach muſs
constatirt werden, daſs der eigentliche Glühstab nicht
zunächst der Rohrwand der Feuerbox disponirt werden konnte, daſs also möglicher
Weise die gefundene Temperatur wenig höher ist als jene, welche der gesuchten
Anfangstemperatur (Tp)
in Wahrheit entspricht. Es ergab sich aber im Zuge der mehrfachen Vorversuche die
Unmöglichkeit, bei den gegebenen Umständen eine vermeintlich günstigere Disposition
des angedeuteten Instrumentes zu erreichen.
Werden die Hauptdimensionen der Feuerbox, ferner ihr Rauminhalt der Gröſse nach
beurtheilt, wird ferner in Erwägung gezogen, daſs die Initialtemperatur T0 in und zunächst der
brennenden Brennstoffschichte herrscht, daſs weiter für die Wärmeabgabe durch
Strahlung und Leitung an die Wandungen der Feuerbox in Folge ihrer Form und Gröſse
sehr günstige Verhältnisse bestehen, daſs endlich Sorge getragen war, die
Verbrennungsumstände für die einzelnen Flächentheile des Rostes möglichst gleich zu
stellen und durch gleichmäſsige Auflage des frischen Brennstoffes, Erhaltung der
Brennstoffschichte und Klarmachung der Kostfläche zu erhalten, so erscheint die
Voraussetzung bezieh. die Annähme nicht unbegründet, daſs zunächst die Temperaturen, welche
jene Verbrennungsproducte nachweisen, die sich in einem
Horizontalschnitte durch die Feuerbox augenblicklich befinden, nicht wesentlich
verschieden sein werden, daſs hingegen eine Abnahme der Temperaturen mit der
Entfernung der beweglichen Gaselemente von der eigentlichen Feuerstelle stattfinden
wird.
Hiernach wird mit Rücksicht auf die getroffenen Einrichtungen und die gewählte
Disposition des Pyrometers die Voraussetzung, daſs die thatsächlich gefundenen
Temperaturen den mittleren Temperaturen Tp der Verbrennungsgase
zunächst dem Beginne der indirekten Heizfläche nahe kommen, um so mehr den
thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, als die in die folgende Rechnung
eingeführten Temperaturgröſse Tp wieder der Mittelwerth aus 9 Einzelbestimmungen ist.
Ueber die Ergebnisse dieser Eizelbestimmungen geben nunmehr die Fig. 1 und 2 Taf. 2 näheren
Aufschluſs, welche auch geeignet sind, die während der Versuchsfahrten A und C
eingetretenen Schwankungen bezieh. Störungen der Temperaturen Tp zu veranschaulichen,
welche zum allergröſsten Theile in den unvermeidlichen, schwankenden
Betriebsverhältnissen des Locomotivkessels, bei derselben Bruttolast und Strecke,
aber für verschiedene Feuerungen und Brennstoffe, begründet sind.
Nach den bezüglichen Figuren wurden wieder für die Versuchsfahrt A die günstigsten
Verhältnisse, d.i. die geringsten Schwankungen der Temperaturen in der Feuerbox bei
dem vortheilhaftesten mittleren Werthe derselben (Tp = 731,3°) erzielt. Bei Verfeuerung der
Mittelkohle I und Anwendung der Nepilly-Feuerung, Fahrt
B, treten entschieden gröſsere Schwankungen in den Temperaturen unter übrigens
gleichen äuſseren Verhältnissen, bei etwas ungünstigerem mittlerem Werthe (Tp = 700,2°) derselben
auf. Bei der Versuchsfahrt C (Nuſs-kohle II, Planfeuerung) entwickelten sich
betreffend die Differenzgröſsen zwischen den einzelnen Beobachtungsgröſsen wieder
bessere Verhältnisse, während die absolute Höhe der mittleren Temperatur (Tp = 646,8°) tief
unter jener liegt, welche für die Versuchsfahrt A ermittelt werden konnte. Die
bezüglichen Versuchsergebnisse für die Fahrten A und C
sind so wie für B und D nach der schon bezeichneten Grundlage vergleichbar.
Die relativ ungünstigsten Ergebnisse wurden – wie vorauszusehen – für die
Versuchsfahrt D (Mittelkohle I, Planfeuerung) erzielt (Tp = 650,0°) die bezügliche Figur weist die
gröſsten Temperaturschwankungen nach. Die Feuerung muſste wiederholt heftigst
forcirt, das Brennmaterial sehr ungleichmäſsig aufgegeben werden, nachdem sich die
Schwankungen in der Höhe der Dampfspannung (10at
bis 8at,5) nicht mehr vermeiden lieſsen. Die
folgende Tabelle XV enthält nunmehr die Zusammenstellung der mutieren Versuchsergebnisse betreffend Tp für eine Reihe von Versuchsfahrten, aus
welchen hervorgeht, daſs a) eine wesentliche Differenz in den für die wichtigsten
Fälle der Feuerungsanordnungen ermittelten Werthen von Tp nicht besteht, daſs b) die praktische
Anfangstemperatur Tp
für die indirekte Verdampffläche Fi bei Ausnutzung der Braunkohle (Nuſs- und Mittelkohle) zwischen
den Grenzen 625° und 731° (ΔTp = 106°) liegt.
Tabelle XV.
Fahrt
Verwendeter Brennstoff
Art der Feuerung
Mittelwerthe Tpin Graden Cels.
I
Nuſskohle II von
Nepilly
670,7
I1
Herbertzeche
„
716,7
VIII
Nuſskohle II von
„
731,3
VIII1
Herbertzeche
„
728,4
X
Mittelkohle I von
„
700,2
XIII
Johannaschacht
Gew. Planfeuerung
650,0
XI
Nuſskohle II von
„ „
646,8
XI1
Herbertzeche
„ „
625,3
Nach Gleichung VIII) ist u.A. zur Bestimmung der Initialtemperatur T0 der Werth C = W3
+ W4
+ W5 erforderlich; die
Glieder W3 und W4, welche eine
Function von Tp, und
von T0 unabhängig sind,
können nach Ermittelung des Werthes Tp für die Versuchsfahrten A bis D
ausgedrückt werden.
Der Wärmeverlust W5 in
Folge Erzeugung und unbenutzter Abgabe von CO in den
Rauchgasen, berechnet sich, wenn COk die durch Verbrennung von 1k Brennstoff erzeugte Gewichtsmenge Kohlenoxydgas
und c1 dessen
specifische Wärme mit Rücksicht auf die Temperatur T2 bezeichnet, nach
VIII) W5
= (CO . c1).
Tabelle XVI.
Art der Feuerung
Nepilly-Feuerung
Gewöhnliche Plan-feuerung
Zeichen der Versuchsfahrt
A
B
C
D
Hilfs-Gröſsen
\frac{R_a}{B}
\frac{R_b}{B}
\frac{R_r}{B}
0,012330,00880,0137
0,02150,01860,0137
0,01440,00520,0243
0,02140,01350,0286
Hilfs-Gröſsen
φ
μ
ν
0,67200,1024249,6661
0,68050,1093248,1443
0,68910,1121247,1787
0,73190,1132247,6351
Gewichtsmenge Rauchgas für 1k Brennstoff
G
9,5072
9,0462
8,7410
8,2205
Specifische Wärme
c
0,255
0,257
0,257
0,255
Hilfs-Groſsen
C
C
1
C
2
1077,9 1107,80,003
1635,5 1684,40,007
1655,8 1719,430,0036
1881,8 1954,00,007
Initialtemperatur
T
0
1360,3
1377,1
1239,4
1251,6
Initialtemperatur nach Ver- such
Tp
731,3
700,2
646,8
650,0
Auf Grund der nunmehr berechneten und in der vorstehenden
Tabelle XVI eingetragenen zahlreichen Hilfsgröſsen konnte endlich auch der Werth T0 für die
Versuchsfahrten A bis D rechnungsmäſsig bestimmt werden.
Nachdem für die 4 Versuchsfahrten A bis D die Temperaturen T0 und Tp nach den vorangegebenen Methoden
festgestellt waren, konnte weiter die sogen. Charakteristik
(s) des Feuerraumes ermittelt werden, um zu einem Controlwerthe für den auf
dem Wege des Versuches gefundenen Werth Tp zu gelangen.
Wird der Werth T0 und
Tp als gegeben
vorausgesetzt, ferner mit s ein Verhältniſswerth
bezeichnet, welcher von der Einrichtung, dem Strahlungs- und Leitungsvermögen des
ganzen Feuerraumes abhängig ist, so ergibt sich zunächst:
IX)
s=\frac{T_0-T_p}{T_0}=\left[1-\frac{T_p}{T_0}\right].
Mit Rücksicht auf die Bedeutung von s bestimmt sich
ferner rechnungsmäſsig die Anfangstemperatur Tp aus:
X) T_p=\eta_f.\frac{H\,(1-s)}{G.c},
wobei ηf den Wirkungsgrad der Feuerungsanlage bedeutet und nach früherem
aus [H – (W1 + W2
+ W3
+ W4 + W5)] : H zu bestimmen ist. Hiernach kann nach Gleichung X)
eine Controle des Rechnungswertes Tp, welcher von ηf abhängig ist, mit dem Versuchswerthe Tp, welcher unmittelbar
mittels des Elektropyrometers aus 8, auch 9 Einzelbestimmungen gefunden wurde,
durchgeführt werden. Der beobachtete Werth von Tp liefert nach obiger Gleichung IX) einen
bestimmten Werth von s, welcher der Gleichung X) zu
genügen hat, d.h. der aus dieser Gleichung ermittelte Werth von Tp muſs mit dem
Versuchswerthe Tp
übereinstimmen, wenn dieser richtig bestimmt wurde. Die Resultate dieser wichtigen
Einzelberechnungen sind in der Tabelle XVII übersichtlich zusammengestellt und
lauten:
Tabelle XVII.
Art der Feuerung
Nepilly-Feuerung
Gewöhnliche Plan-feuerung
Zeichen der Versuchsfahrt
A
B
C
D
Charakteristik des Feuer- raumes (Gl. IX)
s
0,462
0,492
0,478
0,480
Wirkungsgrad desselben
ηf
0,745
0,651
0,615
0,567
Gerechnete Temperaturen (Gl. X)
Tp°
722,3
691,4
640,2
638,9
Beobachtete Temperaturen
Tp°
731,3
700,2
646,8
650,0
Mittlere Differenz derselben
ΔTp°
9,0
8,8
6,6
11,1
Die mittleren Initialtemperaturen T0 der Verbrennungsproducte für die Versuchsfahrten A
bis D liegen nach den Angaben der Tabelle XV zwischen 1377,1 und 1239,4° C. und sind
für die aus Kupfer hergestellte Feuerbox zulässig; diese günstigen Temperaturen sind
auf den nachgewiesenen geringen Luftüberschuſs für die Verbrennung zurückzuführen und mit Rücksicht auf
die auſserordentliche Leistungsfähigkeit der Feuerbox, deren Wandungen eine direkte
Verdampffläche von 9qm,0 repräsentiren, von
besonderem Werthe für die bezüglichen Wirkungsgrade der indirekten Verdampffläche
(Fi). Es ist noch
zu bemerken, daſs die Initialtemperaturen T0 bei Verwendung der Nepilly-Feuerung um rund 10 Proc. höher liegen, als jene, die bei der
Verwendung der gewöhnlichen Planfeuerung erzielt wurden, daſs sie endlich für die
Fahrt B den günstigsten, für die Fahrt C den ungünstigsten Werth erreichte. Die
Differenz derselben Temperaturen für die Versuchsfahrten A und B bezieh. C und D ist
ganz unerheblich.
Die Anfangstemperatur Tp
(n. Versuch) schwankt zwischen 731,3 und 646,80 C. und läſst den lebhaften Einfluſs
der nothwendiger Weise so reichlich entwickelten direkten Verdampffläche Fa auf Wärmeemission und Transmission, sowie auf die
Verdampfung erkennen. Eine Folge der Werthe T0 und Tp ist die Charakteristik des Feuerraumes
(s) im Werthe von 0,462 bis 0,492. Dieser Werth ist
für die Braunkohlenteuerungen bei Locomotiven von entscheidender Bedeutung und muſs
sachgemäſs von dem analogen Werthe bei Koks- und Steinkohlenfeuerungen wesentlich
abweichen. Die gefundenen Temperaturen Tp an sich, sind für den Wirkungsgrad der
indirekten Verdampffläche (Fi) nicht vortheilhaft, nachdem die Endtemperatur derselben
Rauchgase beim Verlassen der Vorwärmfläche T2 etwa 3000 C. beträgt, Der Locomotivkessel
erscheint hiernach wegen der Verfeuerung der Braunkohle auch hinsichtlich der direkten Verdampffläche (Fd) nicht vortheilhaft gebaut.
Vergleicht man die durch Versuch und Rechnung gefundenen Werthe von Tp, so ergibt sich eine
sehr befriedigende Uebereinstimmung, welche den Nachweis liefert, daſs die vorher
beschriebene Methode für die experimentelle Bestimmung von Tp richtig ist und zu unbedingt
brauchbaren Versuchswerthen führt. Dieses Ergebniſs ist um so bemerkenswerther, als
die Bestimmung der Werthe von Tp (n. Versuch) und ηf völlig unabhängig von einander erfolgte, daher auch die Controle von Tp mittels der
Gleichung X) gestattet ist. Der den Wirkungsgrad der Feuerungsanlage messende Werth
ηf schwankt für die
4 Versuchsfahrten zwischen 0,745 (im günstigsten Falle: Nepilly-Feuerung, Nuſskohle II) und 0,567
(gewöhnliche Planfeuerung, Mittelkohle I); auch in dieser Richtung wirkt – wie der
Vergleich der Ergebnisse für die Fahrten A und C mit jenen der Fahrten B und D
ergibt – die Nepilly-Feuerung in jedem Falle, also für
Nuſs- und Mittelkohle, vortheilhaft auf die Verbrennungsverhältnisse ein. Die
unvortheilhaftesten Werthe von ηf für die gewöhnliche Planfeuerung sind hauptsächlich auf den
groſsen Wärmeverlust in Folge „Auswurfes“ zurückzuführen, welcher z.B. für
die Fahrten C und D bezieh. 1472,5 Cal. und 1622,7 Cal. für je 1k Brennstoff erreichte.
Der nachgewiesene Versuchswerth von Tp bildet die Grundlage für die pyro- und
calorimetrische Untersuchung der indirekten Verdampffläche Fi und Vorwärmfläche Fv der Locomotivkessel,
daher ihre zuverlässige Bestimmung von besonderem Werthe erscheint.
Nach dem bisher dargestellten Versuchs- und Rechnungsmateriale können die speciellen
Werthe der Wärmeverluste W1 bis einschlieſslich W5 für die 4 Versuchsfahrten A bis D berechnet
werden. Die Ergebnisse dieser Rechnungen werden in der am Schlusse der Abhandlung
gelieferten Haupttabelle XXII zusammengestellt und einer eingehenden Kritik
unterzogen.
Die Berechnung des nun folgenden Wärmeverlustes W6 setzt voraus:
1) Die Kenntniſs des Werthes
XI) G = ceμ . v + H2
O = αL0
+ 1 – (R + A) + H2
O =
(CO2
+ CO + N + L) + H2
O,
wobei H2
O die Gewichtsmenge Wasserdampf bezeichnet, welche die
Rauchgase in Folge Verbrennung des in der Gewichtseinheit Brennstoff enthaltenen
Wasserstoffes, ferner wegen des hygroskopischen Zustandes des Brennmateriales und
der Verbrennungsluft, aufnehmen.
2) Die Ermittelung der specifischen Wärme der erzeugten Rauchgase (c Cal. für 1k
Rauchgas), wobei die Temperatur T2 derselben zu berücksichtigen ist.
3) Die (bekannte) Temperatur T2 der Rauchgase in Folge des Wirkungsgrades der Heizfläche beim Verlassen
derselben.
Der Wärmeverlust W6,
Essenverlust genannt, erfährt eine sehr bescheidene Verminderung bei
Berücksichtigung jener Wärmemenge, welche der mittleren Temperatur der zugeführten
Verbrennungsluft (t) entspricht. Für 1k Brennstoff wird dieser Wärmegewinn erreichen:
αL0
ce . t Cal., wenn ce = 0,2375 die
specifische Wärme (für 1k) der atmosphärischen
Luft bedeutet. Es berechnet sich daher:
XII) W6
= (G . cT2
– αL1
cet) Cal.
Die Tabelle XVIII auf S. 501 bringt jene maſsgebenden Specialwerthe, soweit sie
bisher noch nicht bekannt gegeben wurden.
Der Wärmeverlust W7in Folge Wärmestrahlung seitens der gesammten
Kesseloberfläche nach auſsen, hängt von einer Reihe von Umständen ab, welche im
Folgenden hervorgehoben sind.
Bezeichnet Oqm die
strahlende Kesseloberfläche (mit 30qm91
ermittelt), Tb in
Stunden die Bruttofahrzeit des Probezuges,
Δ = w – t die
Temperaturdifferenz zwischen Kesseldampf (Wasser) und äuſserer Luft,
Ks Cal. den für den
vorliegenden Fall der Ausführung der Kesselumhüllung resultirenden
Wärmedurchgangscoefficienten für Tb = 1, O = 1, Δ = 1, so berechnet sich:
XIII) W_7=\frac{O.K_s.T_b.\Delta}{B} und
der Correctionsfactor ξs für den resultirenden Wirkungsgrad der
Kesselanlage in Folge der schädlichen Wärmestrahlung der Kesseloberfläche
XIV)
\xi_e=\left[1-\frac{O.K_s.T_b.\Delta}{G.c.T_0.B}\right].
Tabelle XVIII.
Textabbildung Bd. 268, S. 501Art der Feuerung; Nepilly-Feuerung; Gewöhnliche Plan-feuerung;
Zeichen der Versuchsfahrt; A; B; C; D; Gewichtsmenge Rauchgas, erzeugt
durch; Verbrennung von 1k Brennstoff incl.
Wasserdampf; Mittlere Zusammensetzung der Rauchgase in Folge Verbrennung von
1k Brennstoff; Summe; Mittlere Abgangstemperatur der Rauchgase während der
freien Fahrt (nach direkten Beobachtungen); Brenstoff erzeugt bei α Luftüberschuſs folgende Gewichtsmengen
Rauchgas incl. WasserdampfNachdem die Gröſsen O, Tb und A durch Rechnung und
Beobachtung ermittelt sind, so handelt es sich noch um den Werth der rölse Ks, welche als ein
Wärmedurchgangscoefficient aufzufassen ist, der denselben Gesammtwärmeverlust für
Tb = 1, Δ = 1 und für O = 1
hervorzurufen im Stande ist, als die mehrfach wirksamen specifischen Strahlungs- und
Leitungscoefficienten unter Rücksichtnahme auf die thatsächliche Ausführung der
Kesselumhüllung. Diese besteht in dem vorliegenden Falle aus einer 2mm starken Blechhülle (auſsen gestrichen und
lakirt), welche in der Entfernung von 22mm von der
äuſseren Oberfläche der Kesselwandung angeordnet ist. zwischen welchen sich eine
stagnirende Luftschicht befindet.
Der Werth von Ks konnte
im Versuchswege nicht ermittelt werden, obschon die maſsgebenden Temperaturen zur
Ermittelung des Strahlungs- und Leitungsverlustes für die Kesselwand, stagnirende
Luftschicht und Verschalung durch direkte Beobachtungen gefunden wurden.
Für die thatsächlich angeordnete Umhüllung des Dampfkessels ergibt sich ein
dreifacher Leitungs- und ein vierfacher Strahlungsverlust; die ersteren Verluste ergaben sich durch die Kesselwand (δ = 15mm,0), die stagnirende
Luftschicht und durch die Verschalung selbst (δ = 2mm,0); die letzteren Verluste sind eigentliche
Emissionsverluste in Folge Strahlung und Berührung mit stagnirender und freier Luft.
Bei Berechnung dieser Einzelverluste wurden mit Rücksicht auf das gegebene Material
und die Stärke der Wandungen, sowie auf die Lage der Emissionsflächen die speciellen
Leitungs- und Emissionscoefficienten nach Peclet
verwerthet und aus den resultirenden Wärmeverlusten nach obiger Gleichung der
Durchgangscoefficient Ks berechnet, auf Grund dessen wieder der Correctionsfactor ξs bestimmt werden
konnte. Es braucht wohl nicht näher begründet zu werden, daſs es sich lediglich um
eine näherungsweise richtige analytische Ermittelung von W7 handeln konnte, nachdem der Versuch,
den in Rede stehenden Wärmeverlust im Versuchswege zu bestimmen, völlig
versagte.
Von den gefundenen Leitungsverlusten ist jener für die Kesselwandung am gröſsten und
schwankt für die 4 Versuchsfahrten zwischen 65 und 95 Cal. für 1k Brennmaterial; desgleichen erreicht der
Leitungsverlust durch die äuſsere Blechverschalung 52 bis 62 Cal. für denselben
Durchgangscoefficienten K = 28 Cal.; der
Leitungsverlust durch die stagnirende Luftschicht, für welche ein
Durchgangscoefficient von K = 0,04 (nach Peclet) angenommen wurde, schwankt zwischen 5,2 und 7,5
Cal. für 1k Brennstoff und erscheint daher der
Einfluſs der angeordneten Luftschicht auf die schlieſsliche Wärmereservation des
Kessels als ein bedeutender; die ermittelten 4
Strahlungsverluste ergeben durchaus geringe Werthe, reducirt auf die Gewichtseinheit
Brennstoff und Bruttofahrzeit. Der totale Wärmeverlust durch Strahlung nach auſsen
(W7), beträgt für
die unter sehr günstigen äuſseren Umständen durchgeführten Versuchsfahrten mit
Rücksicht auf die durchaus inneren Feuerzüge, ferner wegen der vorzüglich erhaltenen
äuſseren Kesselumhüllung unter Ausnutzung der stagnirenden Luftschicht zwischen
Kesselwand und Verschalung, ferner wegen der geringen Fahrgeschwindigkeit nur 3 bis
3,5 Proc., also weniger als bei gut eingemauerten mit äuſseren Feuerzügen versehenen
stationären Einzelkesseln.
Der Wärmeverlust W7 ist
derjenige, welcher mit der relativ geringsten Zuverlässigkeit bestimmt werden
konnte, nachdem die thermo-metrischen Untersuchungen mit sehr groſsen
Schwierigkeiten verbunden waren und eine Supercontrole der Resultate nicht mehr
möglich wurde.
Wärmeverlust W8in Folge Dampfnässe. Die specifische Nässe des
Kesseldampfes ist eine Function der Wärmestrahlung nach auſsen seitens der
Kesseloberfläche und der Verdampfungsziffer (Mn : B) welche
durch den Betrieb der Kesselanlage erreicht wird und derart auch eine mittelbare
Function des Wirkungsgrades der letzteren. Die specifische Dampfnässe ist daher auch
von der Dampfmenge abhängig, welche in der Zeiteinheit für 1qm Heizfläche und für 1qrn Wasserspiegel entsteigt. Die specifische
Dampfnässe muſs also bei forcirtem Betriebe von Kesseln mit gering entwickelter
Wasseroberfläche, und hierher gehören auch die Locomotivkessel, besonders
wahrnehmbar werden. Der durch die specifische Dampfnässe, d.i. durch den Wasserdunst
xk für 1k Kesseldampf verursachte Wärmeverlust rührt von
der Entführung einer Wärmemenge x . qw für 1k Dampf her und kann nur durch gute
Wärmereservation, durch constante Dampfspannung (pkat) bei
mäſsiger Anstrengung der Heizfläche und des Wasserspiegels im Allgemeinen
erniedrigt, allein bei Locomotivkesseln niemals
beseitigt werden.
Die Bestimmung des Werthes W8 auf experimentellem Wege ist derzeit wegen der Unvollkommenheit der
bezüglichen Versuchsmethoden nicht möglich. So verschieden auch die Grundlagen für
die in Rede stehenden Versuchsmethoden sind, welche sich als calorimetrische,
Condensations- und Expansions-Methoden, ferner als sogen. chemische Methoden,
endlich als calorische Methode einzuführen versuchten, so unvollkommen und
unverläſslich sind jene Ergebnisse, welche bisher erzielt wurden. Am meisten scheint
unter gewissen Bedingungen betreffend die Construction und Benutzung des bezüglichen
Apparates die Condensationsmethode sowie die Methode nach Prof. Brauer Aussicht auf Vervollkommnung und Sicherung der
Resultate zu bieten. Nachdem die Versuchsmethoden derzeit noch versagen, so soll
versucht werden, eine analytische Methode zu entwerfen, nach welcher es möglich ist,
einen Näherungswerth für x zu erhalten, der wenigstens
zur Orientirung über die Nässe Verhältnisse des Dampfes aus Locomotivkesseln dienen
soll Es handelt sich hierbei um die Ermittelung des Werthes Mtk
, d.h. der Gewichtsmenge trockenen Kesseldampfes,
welche in den Mnk Speisewasser, das dem Kessel für 1
Bruttofahrzeit behufs effectiver Verdampfung zugeführt wurde, enthalten ist; nach
Kenntniſs der Werthe Mt
und Mn würde sich
sofort ergeben:
M_t=(1-x)\,M_n und
x=\left(1-\frac{M_t}{M_n}\right).
Bei der Feststellung der Rechnungsgrundlage für W7 wurde nämlich der Werth gefunden:
XIV)
\xi_s=\left(1-\frac{O.T_b.K_s.\Delta}{G.c.T_0.B}\right)
Die Gröſse ξs hat die Bedeutung des Wirkungsgrades der gesammten Heizfläche
Ft in Hinsicht
ihrer mittelbaren Strahlwirkung nach auſsen. In der
Wärmeemission und Transmission der angeordneten Gesammtheizfläche Ft durch das
Kesselwasser hindurch bis zur Kesseloberfläche (O)
einerseits, in der unvollkommenen Wärmereservation derselben Oberfläche und ihrer
Umhüllungen andererseits sind eben die Erscheinungen der schädlichen Wärmeabführung
seitens der Heizfläche mittelbar nach auſsen, begründet. Nur jene Heizfläche (Ft), welche die ihr
dargebotene Wärmemenge (B . G . c . T0) vollständig zum Zwecke der Dampfbildung abgibt
und für welche selbst ein mittelbarer Wärmeverlust durch Strahlung nicht eintreten
kann, würde die Charakteristik ξs = 1 erhalten können.
Nachdem der obige Werth ξs das Verhältniſs der effectiv
zurückgebliebenen, d.h. für die Verdampfung des Kesselwassers verwertheten
Wärmemenge, nämlich (H . B. ηf – O . Tb . Ks . Δ) zur dargebotenen Wärmemenge BH ηf ausdrückt, und
weiter die Wärmeverluste in Folge der unvollkommenen Verbrennung u.s.w. schon früher
ihre Berücksichtigung gefunden haben, so kann der Werth ξs noch in folgende Form gebracht
werden:
Bezeichnet nämlich Mn in Kilogramm die für jede Versuchsfahrt
erzeugte Gesammtdampfmenge von der specifischen Nässe x
bezieh. die dem Kessel zugeführte Speisewassermenge, ferner Mt' die mit Mn hinsichtlich des Wärmeaufwandes
äquivalente Gewichtsmenge trockenen Dampfes, so besteht folgende Beziehung zwischen
Mn und Mt':
Mn[(1 – x) (λ – q0) + x (qw – q0)] = Mt' . (λ – q0);
daher
M'_t=\left[(1-x)+x\,\left(\frac{q_w-q_0}{\lambda-q_0}\right)\right].M_n
Wenn weiter mit T0 und T2 die Initial- und Endtemperatur der Rauchgase für
die gesammte Heizfläche (Ft) bezeichnet werden, so wird, wenn nach (B .
G . c. T0
) die von Bk Brennstoff
für jede Versuchsfahrt producirten Rauchgasen ursprünglich innewohnende Wärmemenge
ausdrückt, der effective Wirkungsgrad der Gesammtheizfläche ηF betragen:
XV)
\eta_F=\frac{M'_t\,(\lambda-q_0)}{B.G.c.T_0}=\left(\frac{T_0-T_2}{T_0}\right).\frac{M'_t\,(\lambda-q^0)}{B.G.c.(T_0-T_2)}=\left(\frac{T_0-T_2}{T_0}\right).\xi_F.
In diesem Ausdrucke bedeutet der Werth Mt' (λ –
q0) : B . G . c . (T0 – T2) = ξF gleichfalls den Werth des Verhältnisses
der Wärmemenge, welche zur Erzeugung von Mt'k
trockenen Kesseldampfes verwerthet wurde, zu jener für die Dauer der Einwirkung der
Rauchgase auf die Heizfläche verschwundenen Wärmemenge: B .
G . c .(T0 – T2); sind diese beiden Wärmemengen gleich,
so hat kein Wärmeverlust durch Strahlung nach auſsen stattgefunden und der durch das
Verhältniſs derselben aasgedrückte Correctionsfactor ξF wird gleich der Einheit sein müssen. Nun
ist klar, daſs:
XV a)
\xi_s=\left[1-\frac{O.T_b.K_s.\Delta}{G.c.B.T_0}\right]=\frac{M'_t\,(\lambda-q_0)}{B.G.c.(T_0-T_2)}=\xi_F
sein muſs, wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, am
jenen Strahlungsverlust handelt, der in Folge der Anordnung der Gesammtheizfläche
und ihrer Wirkung, sowie in Folge der mangelhaften Wärmedichtheit, d.h. in Folge des
Wärmeemissions- und Transmissionsvermögens des Kesselwassers und der Kesselwandungen
sowie deren Umhüllungen unvermeidlich entstehen muſs.
Obwohl schon an früherer Stelle die Definition für die Gröſsen Mt und Mt' gegeben wurde, so
erscheint es doch nothwendig, die Bedeutung derselben besonders hervorzuheben.
Wegen Mt = Mn
(1 – x) ist diese Gröſse maſsgebend 1) für die
Berechnung des absoluten Wirkungsgrades der Kesselanlage (ηt) und 2) für die Bestimmung
derjenigen Verdampfungsziffer (Vp – Mt : B), welche die Leistungsfähigkeit der Gewichtseinheit des Brennstoffes für
den effectiven Betrieb der Locomotive ausdrückt.
Die Gröſse Mt' kann einerseits zur Bestimmung des Correctionscoefficienten
ξs wegen
schädlicher Strahlung des Kessels nacli auſsen dienen, aber auch andererseits zur
Berechnung einer Verdampfungsziffer (Mt' : B)
verwerthet werden, welcher Verhältniſswerth das Mais der Leistungsfähigkeit der
Gewichtseinheit des Brennstoffes ohne Rücksicht auf den effectiven Betrieb der
Locomotive ausdrückt, daher nicht als Grundlage zur Berechnung der Betriebskosten
derselben genommen werden darf. Die Werthe ξs und ξF müssen der vorigen Gleichung (XV a)
genügen und wird deren vollständige Uebereinstimmung erzielt werden können, sobald
eine genauere Methode zur Bestimmung von Ks und x
gefunden ist. Die für die 4 Versuchsfahrten berechneten Werthe ξs und ξF stimmen aber als
Näherungswerthe nicht überein und wurde der kleinere der beiden gefundenen Werthe,
und zwar ξs als der
wahrscheinlichere Werth bei den folgenden Berechnungen berücksichtigt.
Aus der Gleichung:
M'_t=M_n\,\left[(1-x)+x\,\left(\frac{q_w-q_0}{\lambda-q_0}\right)\right]
bestimmt sich weiter:
\frac{M'_t}{M_n}=\left[(1-x)+x\,\left(\frac{q_w-q_0}{\lambda-q_0}\right)\right]
und wegen
\frac{M_t}{M_n}=(1-x)
endlich
XVI)
\frac{M'_t}{M_t}=\frac{\left[1-x\,\left(\frac{\lambda-q_w}{\lambda-q_0}\right)\right]}{1-x}\,>\,1
eine Beziehung, durch welche auch das Verhältniſs der
Leistungsfähigkeit der Gewichtseinheit des Brennstoffes ohne und mit Berücksichtigung des effectiven
Betriebes der Locomotive ausgedrückt ist (vgl. Tabelle XIX).
(Schluſs folgt.)