Titel: | Lewandowski's und Pürthner's Vorrichtung zur Erzeugung gleichgerichteter galvanometrisch messbarer Inductionsströme. |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 511 |
Download: | XML |
Lewandowski's und Pürthner's Vorrichtung zur
Erzeugung gleichgerichteter galvanometrisch meſsbarer Inductionsströme.
Mit Abbildungen.
Vorrichtung zur Erzeugung gleichgerichteter
Inductionsströme.
Für ärztliche Zwecke hat es einen Werth, daſs die verwendeten Inductionsströme
gleiche Richtung besitzen. Der ursprüngliche, von E. du
Bois-Reymond angegebene Schlitteninductor liefert nicht nur Wechselströme,
sondern die Schlieſsungs- und die Oeffnungsströme haben auch verschiedene Dauer und
Stärke und überdies ist eine nur annähernd genaue Bestimmung der Stärke solcher
Inductionsströme sehr schwer. Die Aenderung in der Schaltungsweise an dem mit zu
benutzenden Wagner'schen Hammer, welche von Helmholtz in Vorschlag gebracht hat, macht die
Ströme weder in ihrer Stärke, noch in ihrem zeitlichen Verlaufe ganz gleich (vgl.
Wiener Medicinische Presse, 1888 Nr. 9). 1884 hat
Prof. Dr. Rudolph Lewandowski in Wien die Grundsätze
für die Herstellung von Inductionsapparaten für ärztliche Zwecke erörtert (vgl. Zeitschrift für Elektrotechnik, 1885 * S. 214). Der bei
dieser Gelegenheit gemachte Vorschlag zur annähernden Messung der Stromstärken
bewährte sich bei Versuchen nicht; daher hat Lewandowski die Sache weiter verfolgt.
Die Erzeugung gleichgerichteter Ströme kann entweder, unter Benützung beider Ströme,
mittels eines Stromwenders (Commutators) angestrebt werden, oder durch alleinige
Benutzung der Ströme der einen Art und Abbrechung des Stromweges (mittels eines
Disjunctors) für die Ströme der anderen Art. Beide Wege sind in der Heilkunde
mehrfach eingeschlagen worden, und sowohl die Stromwender wie die Abbrecher des Stromweges hat man
bald auf Drehbewegung, bald mit einem schwingenden Theile eingerichtet. Die
Abbrechung des Stromweges wird von den Physiologen vorzugsweise durch Herstellung
eines Nebenschlusses von möglichst kleinem Widerstände bewirkt, was sich in ganz
bequemer Weise am Wagner'schen Hammer selbst
durchführen läſst.
Prof. Lewandowski hat in der Wiener Medicinischen Presse, 1888 Nr. 9, die in Fig. 1 abgebildete Anordnung zur Unterdrückung der Schlieſsungsströme der
Secundärspirale II angegeben. M ist der Hammerelektromagnet, uv der Wagner'sche Hammer, H sein
Anker und A der Stander für seine Achse, s die den Contact zwischen der kleinen Abreiſsfeder f und der Contactschraube C herbeiführende Spiralfeder, I die
Primärspirale, II die Secundärspirale, P und P1 die Polklemmen für die Nutzleitung, e und d die Pole des
Elementes E.
Fig. 1., Bd. 268, S. 511
Der inducirende Hauptstrom kreist von e über lmAfCnghrt und d zum Elemente zurück; die beiden Enden i und
k des Drahtes der Secundärspirale sind mit den
Polklemmen der Nutzleitung P und P1 leitend verbunden.
Ohne jede weitere Einrichtung würde der von diesen Polklemmen abgeleitete
Inductionsstrom bekanntlich ein Wechselstrom sein; um hier den
Schlieſsungsinductionsstrom zu unterdrücken, wurde unter dem freien Ende v des Hebels des Wagner'schen Hammers uv ein Ständer B mit einer regulirbaren Platincontactspitze a angebracht, die Unterseite des Hebels v mit einem Platinplättchen versehen und dieser Ständer
B mit dem einen Drahtende k der Secundärspirale in leitende Verbindung gesetzt, während von dem
anderen Pole der i Secundärspirale eine metallische
Verbindung zum Gabelständer A des Wagner'schen Hammers führt. Die Contactschraube a wird, nachdem das Spiel des Wagner'schen Hammer vorher durch entsprechende Spannung der Spiralfeder
s, sowie durch Einstellung der Contactschraube C regulirt worden ist, so weit nach aufwärts
geschraubt, bis sie in der Ruhelage des Wagner'schen
Hammers (d.h., wenn f mit C Contact besitzt) das Platinplättchen an der Unterseite des Hebelendes
v berührt. Ist dies geschehen, so verlaufen
zwischen den Polklemmen der Nutzleitung P und P1 nur noch die Oeffnungsströme, während die
Schlieſsungsinductionsströme der Secundärspirale sich von i über AvaB und k durch die Windungen der Secundärspirale II
abgleichen. Schaltet man in die Nutzleitung zwischen P
und P1 ein hinreichend
empfindliches Galvanometer ein und schlieſst sodann diese Nutzleitung kurz, so wird
man, so lange zwischen a und v kein Contact hergestellt ist, somit in der Nutzleitung nur Wechselströme
circuliren, keine Veränderung der Stellung der Magnetnadel wahrnehmen; nun schraube
man die Stellschraube a (gleich einer
Mikrometerschraube) allmählich nach aufwärts und beobachte gleichzeitig das
Galvanometer, so wird ein Ausschlag der Magnetnadel den hergestellten Contact
zwischen a und v sofort
anzeigen; ein geringes Vor- oder Zurückdrehen der Schraube a wird leicht nach der gröſsten Ablenkung der Magnetnadel die richtige
Einstellung beurtheilen lassen. Der Arzt hat somit diese Schraube gerade so wie die
Mikrometerschraube am Mikroskope zur feinen Einstellung zu benutzen und wird
dieselbe hier gerade so wie dort – unter Controle der gröſsten Ablenkung der
Magnetnadel – nach Bedarf um Bruchtheile eines Schraubenganges nach rechts oder
links drehen.
Sollen die Schlieſsungsströme ausgenutzt, die Oeffnungsströme dagegen unterdrückt
werden, so wird einfach k wie in Fig. 1 mit der Polklemme P1 verbunden, von i dagegen ein Draht nach B und von A ein Draht nach P
geführt. Bei der Anziehung des Ankers wird dann zugleich zwischen v und a die Nutzleitung
eBAPP1
unterbrochen.
Der in Fig. 2 abgebildete Stöpselumschalter gestattet
nach Belieben die Benutzung der Schlieſsungsströme, der Oeffnungsströme, der
Wechselströme der Secundärrolle II und der Extraströme
der Primärrolle I. Die beigesetzten Buchstaben geben
an, mit welchen Theilen des in Fig. 1 abgebildeten
Instrumentes die 7 Schienen des Umschalters verbunden sind. Stöpselt man im Loch 3, so wird der Schlieſsungskreis PP1 (z.B. ein zwischen
P und P1 eingeschaltetes empfindliches Galvanometer – etwa
das groſse Edelmann'sche Einheitsgalvanometer) von
Wechselströmen durchlaufen.
Fig. 2., Bd. 268, S. 512Stöpselt man in den Löchern 3 und 4, so laufen im Schlieſsungsbogen PP1 nur die
Oeffnungsströme. Denn bei abgerissenem Anker H ist bei
va die Nebenschlieſsung i3BavA4k zu der Nutzleitung iPP1
k geschlossen.
Wird nur ein Stöpsel in das Loch 2 gesteckt, so treten
in die Nutzleitung PP1
nur die Schlieſsungsströme ein, weil von P nur ein Weg
über AvaB nach i vorhanden
ist.
Sollen endlich die Extraströme der Primärrolle / benutzt werden, so ist in den
Löchern 1 und 5 zu
stöpseln; für die Extraströme bietet sich dann der Stromweg Ig1PP1
5hI. Da bekanntlich der Schlieſsungsextrastrom sich
durch die Windungen der Primärspirale ergieſst und in der Nutzleitung nur der
Oeffnungsextrastrom auftritt, so besitzen die Extraströme ebenfalls gleiche
Richtung, sind ebenfalls von gleichem zeitlichen Verlaufe und gleicher Stärke und
lassen sich ebenfalls durch die bekannten Mittel (Verschieben des Eisenkernes,
Anwendung eines Moderators, Benutzung eines Rheostates u.s.w.) in ihrer Stärke
verändern, was durch die Anzeige des Galvanometers durch das Gefühl bei Einschaltung
des menschlichen Körpers, sowie durch die chemische Action, wie vorher angegeben,
nachgewiesen werden kann.
Die Umschaltungen werden dadurch erleichtert und das Gedächtniſs entlastet, daſs
neben die Löcher 1 und 5
der Buchstabe E gesetzt, das Loch 2 mit S, das Loch 4 mit Ö und das Loch 3 mit Ö und W bezeichnet wird.
Wenn der Wagner'sche Hammer an Stelle des in Fig. 1 gezeichneten, in einem gabelförmigen Ständer
A gelagerten starren Ankerhebels uv mit Abreifsfeder s
einfacher und leichter regulirbar, auch in dem Lager nicht unter Umständen einen
beträchtlichen Widerstand bietend eine federnde Spange erhalten soll, die an dem
einen Ende den Anker H trägt, an dem anderen aber in
dem Ständer A festgeklemmt ist, so wird die in der
Säule B angebrachte zweite Contactschraube a neben der Contactschraube C auf der oberen Seite des Ankerhebels angebracht und nach der erfolgten
Einstellung der Schraube C und Herstellung des
regelmäſsigen Ganges des Apparates so weit herabgeschraubt, daſs sie ebenfalls mit
der Feder f Contact macht; die Verbindungen und der
Umschalter bleiben dabei die nämlichen wie früher. Lewandowski hält diese letztere Anordnung des Apparates für die
zweckmäſsigste.
Beliebige andere Inductionsapparate, auch Tascheninductoren, lassen sich leicht in
der vorbesprochenen Weise umändern. Lewandowski hat
diese seine Apparatanordnungen am 29. Februar 1888 im Wiener
elektrotechnischen Vereine vorgeführt. Am Schlusse ihrer Beschreibung in
der Wiener Medicinischen Presse werden noch einige
ältere verwandte Apparate kurz berührt. Auf etwas anderem Wege hat der
Bürgerschullehrer Johann Carl Pürthner in Wien die
Aufgabe zu lösen versucht. Derselbe erhielt am 14. August 1885 für
Oesterreich-Ungarn ein Patent auf ein Verfahren zur Erzeugung gleichgerichteter
Ströme, bei dem er eine bessere Ausnutzung der inducirenden Stromquelle dadurch
anstrebt, daſs er zwei Primärstromleitungen anordnet, welche der galvanische Strom
abwechselnd durchflieſst; in dem Momente, wo die eine dieser Leitungen unterbrochen
wird, wird die andere geschlossen und umgekehrt (vgl. Zeitschrift für Elektrotechnik, 1887 * S. 117). Die Umschaltungen
vermittelt eine beständig umlaufende Metallscheibe, welche auf ihrer Mantelfläche
mit gleich langen, abwechselnd leitenden und nicht leitenden Feldern besetzt ist.
Für ärztliche Zwecke stellte Pürthner, nach einer Hindeutung des Prof. Lewandowski auf den Werth gleichgerichteter Ströme für
den Arzt, einen Apparat her, dessen Umschalter ein schwingender Hebel war (vgl. Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888 * S. 142);
derselbe ist in Oesterreich-Ungarn unterm 22. Januar 1887 patentirt worden. Der
Grundgedanke dieses Apparates ist, daſs mit dem Ankerhebel des Wagner'schen Hammers noch ein zweiter Hebel verbunden
ist, der aus zwei gegen einander isolirten Theilen besteht und in gewöhnlicher Weise
die Rolle eines Stromwenders spielt, und daſs überdies noch ein zweiter
Elektromagnet verwendet wird, welcher einen kleinen Anker, der sich an einer Feder
am Stromwenderhebel befindet, anzieht und so lange festhält, bis der Wagner'sche Hammer sicher Contact erhalten hat, in
welchem Falle erst durch eine Abreiſsfeder dieser kleine Anker von dem zweiten
Elektromagnete entfernt wird. Einfacher wird der Apparat, wenn bloſs die eine Art
der erzeugten Inductionsströme, z.B. die Schlieſsungsströme, der Nutzleitung
zugeführt werden; der Stromwender fällt dann weg, allein es sind auch an diesem
Apparate noch zwei Hebel in Verwendung und sind für den Unterbrecher allein zwei
regulirbare Contacte nöthig, da nicht nur der Contact mit der Leitung von dem einen
Pole der Secundärspirale, sondern auch die Stellung der Abreiſsfeder am Unterbrecher
für rasche und langsam erfolgende Stromunterbrechungen regulirt werden muſs.
Eine neuere Anordnung beschreibt Pürthner in der Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888 * S. 178 wie
folgt: In dem früheren Apparate erfolgte die Oeffnung der Primärstromleitung erst,
nachdem die Inductionsstromleitung bereits sicher unterbrochen war.
Läſst man den zu diesem Zwecke angewendeten Hilfselektromagnet, wie von anderer Seite
vorgeschlagen, weg, so wird die Construction des Apparates allerdings einfacher,
aber es ist eine sehr genaue Einstellung der Contactstifte nothwendig, damit die
Schlieſsung, bezieh. Unterbrechung der Primär- und Inductionsstromleitung möglichst
gleichzeitig zu Stande komme. Ein anderer Nachtheil ist noch der, daſs man die
Schlieſsungsströme nicht allein erhalten kann.
Soll nämlich der menschliche Körper oder sonst ein Leiter nur von Schlieſsungsströmen
durchflössen werden, so wird derselbe in die Inductionsstromleitung durch den Hebel
und Contactstift geschaltet. Da aber bei Verwendung der Schlieſsungsströme keine
Nebenschlieſsung vorhanden ist, so wäre bei der Oeffnung der Primärstromleitung,
wobei gleichzeitig die Inductionsstromleitung unterbrochen wird, für die
Oeffnungsströme keine Schlieſsung, und es findet daher von dem mit der
Inductionsspule verbundenen Contactstift zum Hebel eine Funkenentladung statt,
wodurch die Oeffnungsströme mit den Schlieſsungsströmen diese Leitung durchflieſsen.
Durch die früher beschriebene Vorrichtung läſst sich dies aber vermeiden, und es ist
daher die Weglassung derselben keine Verbesserung, abgesehen davon, daſs es eine
Patentverletzung ist.
Soll aber das Bestreben auf Vereinfachung allein gerichtet sein, so läſst sich dieses
Ziel noch besser auf eine andere Weise erreichen.
Anstatt einen Hebel mit zwei isolirten genau einzustellenden Contactstiften zu
verwenden, kann auch die Anordnung die umgekehrte sein, indem zwei isolirte
Stromleitungen (Hebel oder Federn) mit einem Contactstifte angewendet werden.
Die eine Primärstromleitung ist der Hebel A (Fig. 3), welcher mit dem einen Ende i2 der Inductionsspule
J verbunden werden kann- anstatt eines zweiten
Hebels ist auf A isolirt eine Feder B angebracht, welche durch einen spiralig gewundenen
Draht s mit dem einen Polende der Primärstromquelle E verbunden ist. Diese Feder ist möglichst nahe dem
Hebel angebracht; ihre Einstellung wird ein ftir allemal in der Fabrik gemacht.
Fig. 3., Bd. 268, S. 515Da schon zwei getrennte Stromleitungen vorhanden sind, braucht nur ein
Contactstift a angewendet zu werden, welcher sowohl die
Schlieſsung der Primärstromleitung durch den Elektromagnet M und die Primärspule P bewirkt, als auch mit
dem anderen Ende i der Inductionsspule verbunden
ist.
Bei der durch die Abreiſsfeder F bewirkten Bewegung
kommt der Contactstift mit B in Berührung, wodurch der
Primärstrom geschlossen wird. Indem die Feder B
eingedrückt wird, erfolgt fast gleichzeitig die Schlieſsung der
Inductionsstromleitung durch den Hebel A, welche
Leitung von den Schliſsungsströmen durchflossen wird.
Zieht der Elektromagnet M den Anker an, und erfolgt so
die entgegengesetzte Bewegung, so entfernt sich zuerst die Feder B von A, was die
Unterbrechung der Inductionsstromleitung durch den Hebel zur Folge hat. Verlässt
fast gleichzeitig die Feder B den Contactstift, so
erfolgt die Unterbrechung des Primärstromes, und wenn eine Nebenschlieſsung zur
Leitung durch den Hebel angeordnet ist, so wird dieselbe nur von Oeffnungsströmen
durchflössen, ohne daſs an der Unterbrechungstelle durch den secundären
Inductionsstrom eine Funkenbildung stattfindet.
Durch eine einfache Umschaltung lassen sich, wie schon an dem früheren Apparate,
zwischen den Klemmen 2 und 3 nach Belieben Oeffnungs- oder Wechselströme erhalten; bei der in Fig. 3 gezeichneten Stellung der Umschalterkurbel U erhält man zwischen 2
und 3 Wechselströme, sollen daselbst Oeffnungsströme
erhalten werden, so muſs für die Schlieſsungsströme ein kurzer Schluſs hergestellt
werden, indem man durch die Umschalterkurbel U 1 mit
2 verbindet. Die Schlieſsungsströme erhält man
zwischen 1 und 2, während
U von 2 entfernt ist,
wie in Fig. 3.
Da auch bei diesem Apparate der eine Induetionsstrom in der Leitung durch den Hebel
und Contactstift, der andere in einer Nebenschlieſsung zu dieser Leitung erhalten
wird, so ist dieser durch das erwähnte Patent vom Januar 1887 gesetzlich
geschützt.