Titel: | Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | C. J. Lintner |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 78 |
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Fortschritte in der Bierbrauerei.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes Bd. 268
S. 564.)
Mit Abbildungen auf Tafel
5.
Lintner, über Fortschritte in der Bierbrauerei.
II. Würze.
Ein Sudverfahren mit Laufenlassen der Maische über Feuer
zwischen 50 bis 72° c. bespricht Dr. Albert
Schnell in Lochbach (Schweiz) in der Allgemeinen
Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1888 Bd. 16 S. 85.
Die Sudeinrichtung besteht: I. Aus einem Maischbottich, der zugleich als
Läuterbottich dient und mit einer Lipps'schen
Aufhackmaschine versehen ist. II. Einer Centrifugalpumpe. III. Einer Haubenpfanne
mit Kettenrührer. Die Heizung besteht aus einem Pultfeuer mit geneigter Rostfläche
oder doppeltem Ringzug (Patent Krudewig). Die Bedienung
besorgen zwei Mann, welche nicht einmal gelernte Brauer sein müssen, da sie nach
einem bestimmten Stundenplan (s. d. Orig.) zu arbeiten haben.
Der Sudprozeſs gestaltet sich nun wie folgt: Ungefähr 1000 bis 1200k Malz werden mit 4500l Wasser von 50° C. eingemaischt, nach ¼stündiger Maischung wird die Pumpe
angelassen und die Pfanne ungefähr zur Hälfte gefüllt, worauf der Pfannen Wechsel so
weit geöffnet wird, daſs fortwährend gleichviel Maische in den Bottich
zurückflieſst, als die Pumpe in die Pfanne schöpft. Unterdessen wird das Pult mit
Kohle beschickt und mit Feuern begonnen; man sorgt nun dafür, daſs Maischmaschine,
Pumpe und Pfannenrührer ganz gleichmäſsig arbeiten, hiermit hat das continuirliche
Maischen begonnen und wird damit, wie untenstehende Zahlen zeigen, die Temperatur
des Maischgutes ganz allmählich von 40° R. auf 58° R. erhöht:
Zeit
5/20
5/25
5/30
5/35
5/40
5/45
5/50
5/55
6
6/5
6/10
6/15
6/20
6/25
6/30
6/35
6/40
6/45
6/50
6/55
7
7/5
Temp.
40,5
41
42
43
44
45
46
47
47,5
48
48,5
49
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
Nach 1¾ Stunden ist die Temperatur von 58° erreicht, welche Zeit zur völligen
Aufschlieſsung und Umwandlung der Stärke genügt.
Dabei wird die denkbar innigste Mischung und Reibung zwischen Malz und Wasser
erzielt, indem während dieser Zeit das ganze Maischgut 8- bis 10 mal durch die
Centrifugalpumpe getrieben wird. Diesem Umstände ist es zu verdanken, daſs eine
feine Schrotung mit all ihren Nachtheilen überflüssig wird. Es genügt vollkommen,
jedem Korn nur je einen Bruch in der Hülse beizubringen, um eine völlig
zufriedenstellende technische Ausbeute von etwa 64 bis 65 Proc. zu erzielen. Durch
die heftige Circulation in der Pumpe wird eine Art nasser Schrotung erzeugt, bei
welcher die Hülsentheile sehr wenig verletzt werden. Es verläuft daher auch das
Abläutern ungemein leicht und rasch.
Nachdem nun die Temperatur von 58° R. erreicht ist, wird die Pumpe ausgerückt und die Maische
aus der Pfanne bis auf etwa 10cm Höhe in den
Bottich abgelassen, der Wechsel geschlossen und die Maischmaschine abgestellt; nach
5 Minuten wird alles Dünne aus dem Bottich zu Lautermaische aufgepumpt: die Kochung
geschieht wie gewöhnlich; das Feuer wird verstärkt und bis zu gutem Bruch
unterhalten; ist derselbe erreicht, so ist auch gleichzeitig das Feuer abgebrannt
und wird nun mit etwa 64° R. abgemaischt.
Den übrigen Verlauf des Sudprozesses ersieht man aus dem der Originalarbeit
beigefügten Stundenplan. Der Einfachheit wegen wird die fertige Würze zur
Absonderung des Hopfens in den mittlerweile gereinigten Maischbottich und von da
sofort durch die Läuterhähne in den Grund abgelassen und aus demselben in den
Sammelbottich gepumpt, von wo sie unmittelbar auf den Berieselungsapparat flieſst.
Auf diese Weise dauert der ganze Sudprozeſs einschlieſslich Kühlung 12 Stunden. Schnell sieht einen besonderen Vortheil darin, die
Würze so heiſs als möglich auf den Kühlapparat zu bringen, so daſs sie in kürzester
Zeit von 70° R. auf 3° R. heruntergekühlt wird. Hierbei findet eine äuſserst
lebhafte Einwirkung des Sauerstoffes der Luft auf die dünne Flüssigkeitsschicht und
dadurch eine kräftige Reinigung derselben statt, welche sich später durch einen
ausgezeichneten Glanz des erzeugten Bieres kundgibt.
Schnell hat nach diesem Verfahren seit 5 Jahren durchaus
günstige Resultate erzielt (vgl. Wochenschrift für
Brauerei, 1888 Bd. 5 S. 215 und S. 252).
Auf Gefahr bringende Umgebungen der Kühlschiffe weist Otto
Reinke (Wochenschrift für Brauerei, 1888 Bd. 5
S. 5) hin. Die Brauer sichern die Würze auf der Kühle hauptsächlich gegen Gersten-
und Malzstaub, welche ungemein reich an Mikroorganismen sind, gegen atmosphärischen
Staub u.s.w. Es wird daher auch nicht mehr lange dauern, bis man sich allgemein der
geschlossenen Kühlapparate mit geeigneten Lüftungsvorrichtungen bedient.
Auch Gase, von fauligen Zersetzungen herrührend, können unter Umständen schädlich auf
die im Kühlschiff ruhende Würze einwirken (vgl. a. a. O. S. 178).
Anlage zum Sterilisiren und Kühlen der Bierwürze von C.
Hoffmann in Steudach bei Eisfeld, Thüringen, und Lorenz Ebert in Scheibe bei Eisfeld, Thüringen (*D. R. P. Nr. 41960 vom 3.
März 1887). Die Anlage besteht aus dem Würze-Sterilisir- und Filtrirapparat A (Fig. 12 Taf. 5) in
Verbindung mit der Kühlapparat-Ummantelung B und dem
Kühlapparat C und einer Luftkühl-, Trocken- und
Filtrireinrichtung in Verbindung mit der Luftzufuhr- und Vertheilungseinrichtung D1.
1) Der Sterilisir- und Filtrirapparat A besteht aus
einem cylinderförmigen, luftdicht schlieſsenden Gefäſs von Eisen oder Kupfer,
welches 3 bis 4at Druck aushält (je nach Bedarf);
der Boden ist conisch, der Aufsatz oben halbkugelförmig. Im Inneren befinden sich über dem conischen Boden
zwei über einander liegende Filterböden b, deren
Zwischenraum mit sterilisirtem Filtermaterial (Holzwollenhäcksel) gefüllt wird, eine
Dampfschlange und die Ueberschwängbrause f. Auſsen am
Apparat befindet sich ein Dunstschlot c mit
Ventilverschluſs a, ferner die Abläuterungsvorrichtung
g, bei welcher die Einmündungen der Läuterrohre
mindestens 5cm innen über dem Boden des Apparates
vorstehen und mit Ueberdachung versehen sind. Die Armatur besteht aus den
erforderlichen Hähnen, Röhren, Bierstandsanzeiger, Thermometer, Mannloch und
Luftfilterhahn u.s.w.
2) Die Kühlapparatummantelung B oder J (Fig. 12 bis 14) besteht
aus einem auf 3 bis 4at Druck gearbeiteten,
luftdicht schlieſsenden Mantel von Eisen oder Kupfer, welcher dem
Flächenberieselungsapparate C je nach Gröſse und Form,
jedoch stets mit 50 bis 60cm Abstand angepaſst
wird.
Der Mantel besitzt an der Auſsenseite den Dunstschlot c1 mit regulirbarem Ventilverschluſs a1. Die Armatur besteht
aus den nöthigen Ab- und Zuleitungsrohren, Hähnen, Thermometern u.s.w.
Sämmtliche Rohrleitungen, welche in den Apparat münden, sind innerhalb und auſserhalb
des Mantels mit Verschraubungen e e e abgedichtet.
3) Die Luftkühl-, Trocken- und Filtereinrichtung (Fig. 12) besteht aus
einem Roots-Blower (Gebläse) Z), welcher die Luft erst
durch das Baumwollfilter x, dann durch den Luftkühler
F und den mit geglühter Holzkohle gefüllten
Lufttrockner E saugt. Die Luft wird ferner durch das
Hauptfilter H (Patent Dr. Moeller) bezieh. die von den Erfindern hierzu construirte
Filterummantelung G gedrückt und strömt alsdann
vollständig bakterienfrei nach dem Apparat A oder in
die Luftzuführungs- und Vertheilungsvorrichtung D1, welche letztere sich in der
Kühlapparatummantelung B oder J befindet; sie kommt hier durch die düsenförmigen Ausmündungen zur
Vertheilung.
Das Kühl verfahren verläuft der Hauptsache nach folgendermaſsen: Die fertig gekochte
Bierwürze wird von dem kochenden Braukessel aus sammt dem Hopfen mittels
sterilisirter Rohrleitung n in den zuvor ebenfalls
sterilisirten Apparat A geleitet, gleichzeitig wird
durch das Luftzuführungsgebläse d keimfreie Luft in den
Apparat geblasen und dadurch die Bierwürze zur Verdunstung gebracht und der Dampf
durch den Dunstschlot c mittels des Ventiles a nach Bedarf abgeführt. Die Bierwürze kann durch die
Dampfschlange q nochmals gekocht und der Ruhe
überlassen werden. Der Hopfen legt sich auf den oberen Läuterboden, und nach
1stündiger Ruhe wird die Bierwürze durch den Hopfen und durch das zwischen den
beiden Läuterböden b befindliche sterilisirte
Filtermaterial abfiltrirt. Durch die Abläuterungsvorrichtung g wird die Bierwürze mittels des schwanenhalsähnlichen Heberrohres h aus dem Apparat gezogen und durch das damit verbundene
Leitungsrohr durch die luftdicht schlieſsende Ummantelung B oder J auf den Berieselungsapparat, welcher
vorher ebenfalls sterilisirt wurde, geleitet.
Während des Kühlens wird durch die Luftzuführungs- und Vertheilungsvorrichtung
keimfreie Luft in den Mantel B oder J geführt und gleichmäſsig vertheilt, wodurch der
Bierwürze der zur Gährung nothwendige Sauerstoff zugeführt und die Verdunstung unter
Benutzung des Dunstschlotes c1 nach Belieben bewirkt wird. Das Condensationswasser flieſst einestheils
in den Dunstschlot c1,
anderentheils nach dem Boden der Ummantelung ab.
Die so behandelte Bierwürze aber läuft trubfrei, sowie frei von Bakterien und Keimen
in die Gährbottiche.
Krandauer macht in der Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1888 Bd. 11 S. 134, Mittheilungen aus
der Versuchs- und Staatsbrauerei Weihenstephan, welche eine Reihe
werthvoller Angaben über Verarbeitung slovakischer Gerste vom Jahrgange 1886 und
bayerischer enthält, ferner über Düngungsversuche bei Gersten, bei denen sich im
Wesentlichen ergab, daſs die gedüngten (mit Chilisalpeter und Guanosuperphosphat)
Parzellen gegenüber den ungedüngten zwar ein durchweg höheres Gesammterträgniſs
lieferten, daſs dieser Mehrertrag jedoch meist auf die producirte Strohmenge
entfiel, während das Mehrerträgniſs an Körnern nur bei der Frankengerste (es kamen
Chevalier-, Franken- und Halletgerste zum Anbau) wesentlich gesteigert erschien.
Durch die angewandte Düngung hat eine wesentliche Steigerung des Stickstoffgehaltes
der Gerste nicht stattgefunden, was wohl damit zu erklären ist, daſs in Folge des
trockenen Sommers im vergangenen Jahre der Chilisalpeter nicht zur Wirkung gelangt
ist.
Es folgen dann Angaben über den Darr- und Sudprozeſs u.s.w., die Thätigkeit in der
Versuchsbrauerei. Es kamen in der Versuchsbrauerei wie alljährlich die verschiedenen
gebräuchlichsten Maischverfahren zur Anwendung: 1) Gewöhnliches Dickmaischverfahren.
2) Infusionsmethode. 3) Gemischtes Verfahren. 4) Kesselmaischverfahren.
Letzteres wurde folgendermaſsen ausgeführt:
Das Malzschrot – 5hl – wurde, nachdem das Wasser in
der Pfanne 34° R. erreicht hatte, langsam eingerührt und diese Temperatur 20 Minuten
eingehalten. Hierauf wurde die Temperatur der Maische innerhalb 45 Minuten auf 52°
R. erhöht. Die Maische blieb abermals bei dieser Temperatur 30 Minuten stehen.
Hernach wurde etwas mehr als die Hälfte der Maische etwas dünn beschaffen in den mit
heiſsem Wasser gut vorgewärmten Maischbottich abgelassen. Der Rest der Maische in
der Pfanne wurde zunächst langsam auf 60° R. erwärmt, sodann zum Kochen gebracht und
30 Minuten stark gekocht. Nun schritt man zum Abmaischen, wobei darauf gesehen
wurde, daſs man die Temperatur von 58° R. erreichte, während fleiſsig gemaischt und
die Maische aus dem
Kessel vorsichtig zuflieſsen gelassen wurde. Nach ½stündiger Ruhe wurde in der
üblichen Weise abgeläutert.
Die bei diesem Verfahren erhaltene Würze zeichnete sich nach dem Hopfenkochen durch
besonders guten, groſsflockigen Bruch und feurigen Glanz aus.
Bei einem Sude wurde auch Weizenmalz verwendet.
C. J. Lintner.
(Fortsetzung folgt.)