Titel: | Carron's Girard-Turbine. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 113 |
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Carron's Girard-Turbine.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 7.
Carron's Girard-Turbine.
Im Portefeuille économique des machines, 1888 Bd. 13 *
S. 8, ist Zeichnung und Beschreibung einer Girard-Turbine vorhanden, welche nach den Entwürfen des Direktors Carron der Papierfabriken von Pont-de-Claix (Isère) in
der Werkstätte von Brenier und Comp. zu Grenoble gebaut
wurde. Bisher sind zwei Stück davon in Betrieb gesetzt worden; die beschriebene
Turbine besitzt eine Leistungsfähigkeit von 80 , während die zweite nur etwa
halb so stark ist.
Die Turbine ist nur theilweise beaufschlagt (Partialturbine) und die Leistung
derselben kann durch einen kreisringförmigen Schieber geregelt werden, welcher je
nach seiner Stellung mehr oder weniger Leitschaufeln öffnet. Der wesentlichste
Unterschied von anderen Turbinen aber besteht in der Anordnung des Zufluſsrohres und
der Leitschaufelschütze, durch welche die einzelnen Wasserfäden in richtiger Weise
geführt werden sollen. Auſserdem aber macht die ganze Anordnung alle Theile leicht
zugänglich für Untersuchung und Schmierung.
Um der Bedingung zu genügen, daſs jedes Wassertheilchen möglichst mit der dem Gefälle
entsprechenden Geschwindigkeit v=\sqrt{2\,g\,.\,h} aus den
Leitschaufeln ausflieſst, und dazu durch stetige Zunahme der Geschwindigkeit, ohne
plötzliche Richtungsänderung gelange, wurde der gewöhnliche Wasserkasten durch ein
Zufluſsrohr ersetzt, welches im Wesentlichen eine conische Gestalt hat und in Folge
seiner Krümmung über etwa den halben Turbinenumfang die Form einer Schnecke annimmt.
Der abgewickelte Längsdurchschnitt (Fig. 7 Taf. 7) und der
Grundriſs (Fig.
8) lassen die Form dieses Zuführungsrohres deutlich hervortreten, Die
Achse der Zufluſsleitung fällt mit der Achse des Kegels zusammen, und die Gestalt
der Leitschaufeln, welche nur um einen kleinen Winkel von dieser Richtung abweichen,
ist völlig geradlinig gehalten.
Der Regulirschützen G ist ein vollständiges Rad von
kreisförmiger Gestalt, und besitzt etwa auf der Hälfte seines Umfanges eine
Durchlaſsöffnung, deren kreisförmige Seiten wände nur durch einige Leitschaufeln
verbunden sind, welche als Fortsetzung von je der dritten Schaufel des Leitrades
erscheinen. Der übrige Theil des Schützens bildet eine ebene, kreisringförmige
Platte, welche kein Wasser durchgehen läſst. Nach oben wird der Schützen von einer
flachen Platte – dem Radteller – bedeckt, welche mit dem Leitrade zusammen eine Art
ringförmiger Büchse bildet, in welcher sich der Schützen bewegt. Das Leitrad trägt
in der Mitte das untere Zapfenlager für die Turbinenwelle; um das runde Gehäuse
dieses Lagers greift der Schützen mit seiner Nabe herum und erhält so die nöthige
Mittelpunktsführung. An seinem Umfange besitzt er eine Verzahnung, in welche das
Getriebe einer
senkrechten Welle eingreift, die durch ein Rädervorgelege von Hand gedreht wird. Ein
mit einer Eintheilung versehenes Schraubenrad, welches durch eine Schnecke von der
Handkurbel aus bewegt wird, und unter einem festen Zeiger hingleitet, erlaubt die
Stellung des Schützens, d.h. die Zahl der offenen bezieh. geschlossenen
Leitschaufeln jederzeit sofort zu erkennen.
Der Schützen G dient nur zur Regelung des Ganges der
Turbine, nicht aber zum Anlassen oder Abstellen derselben: Hierfür bedient man sich
einer Drosselklappe P, welche unmittelbar am Eingange
des Schneckenrohres angebracht ist (Fig. 7).
Da das Wasser bei dieser Turbine nur auf einer Seite der Welle wirkt, so erfährt die
letztere starke Seitendrücke in ihren Zapfenlagern. In Anbetracht der Gröſse der
Zapfenflächen haben diese Drücke jedoch zu keinerlei Unzuträglichkeiten Anlaſs
gegeben. Im Uebrigen bietet die Lagerung der Turbine nichts Bemerkenswerthes;
dieselbe ist durchaus nach der üblichen Weise mit hohler Welle und
Oberwasser-Spurzapfen ausgeführt.
Textabbildung Bd. 269, S. 114Die abgebildete 80pferdige Turbine benutzt ein Gefälle von 5m,69 und eine gröſste Wassermenge von 1350l, und macht 63 Umdrehungen in der Minute. Die
Textabbildung zeigt die Anordnung der Leitschaufeln E
und Radschaufeln T. Die Form der Radschaufeln ist dabei
so gewählt, daſs mit Rücksicht auf das aus Fig. 9 Taf. 7 ersichtliche
Querprofil des Rades, die Weite der Durchgangsöffnung annähernd überall gleich groſs
bleibt.