Titel: | A. Voller's Quadrant-Elektrometer für hohe Spannungen. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 250 |
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A. Voller's Quadrant-Elektrometer für hohe
Spannungen.
Mit Abbildungen auf Tafel
12.
Voller's Quadrant-Elektrometer für hohe Spannungen.
Auf Grund von Erfahrungen, welche A. Voller bei den im
physikalischen Staatslaboratorium angestellten Messungen hoher Potentiale mit dem
Quadrant-Elektrometer gemacht hat, hat derselbe in der Werkstelle von H. Schwenke in Hamburg das nach dem Centralblatte für Elektrotechnik, 1888 * S. 295,
nachfolgend beschriebene Elektrometer anfertigen lassen, dessen innere Einrichtung
Fig. 8 und
9 Taf. 12
erläutern.
Seine Cylinderquadranten q haben, ähnlich wie in dem Edelmann'schen Instrumente, die beträchtliche Länge von
13cm bei einem inneren Durchmesser von 6cm,2 und einem äuſseren Durchmesser von 7cm. Die Quadranten gehören zu einem aus weichem
Messingbleche gebogenen und zur Beseitigung aller inneren Spannungen im Kohlenfeuer
vorsichtig ausgeglühten, aufs Sorgfältigste ausgedrehten, polirten und vergoldeten
Cylinder; sie sind an ihrem unteren Ende mit Flanschen auf einer Hartgummiplatte a befestigt und werden ebenso oben durch einen sie
innen und auſsen umfassenden Hartgummiring b in
vollkommen cylindrischer Lage erhalten. Alle Ränder der Quadranten wurden vor dem
Vergolden mit dem
Polirstahle sorgfältig abgerundet und geglättet, um die Zerstreuung der Ladungen
möglichst zu erschweren; in derselben Absicht wurden zur Befestigung der Quadranten
auf der Hartgummiunterlage versenkte Schrauben verwendet, die von der Unterseite der
Platte her eingeschraubt wurden, ohne die dem Inneren des Instrumentes zugewendete
Fläche der Flanschen zu durchbohren. Die Schrauben wurden nach dem Festschrauben mit
Chatterton-Masse vergossen und sorgfältig abgeglättet. Der Abstand je zweier
benachbarter Quadranten von einander beträgt 0cm,5. Die Quadranten sind ihrerseits in einem Abstande von nur 0cm,2 von der cylindrischen Glaswand g des Elektrometers umgeben; diese letztere ist
vermittels einer sie auſsen umschlieſsenden Messingfassung auf der Hartgummibasis
der Quadranten festgeschraubt und wird oberhalb durch eine mit einer centralen
Oeffnung versehene Messingplatte in ähnlicher Weise geschlossen. Die Zuführung der
Ladungen erfolgt vermittels zweier in den oberen Rand der Quadranten
eingeschraubten, den Hartgummiring durchsetzenden Kupferdrähte von 2cm Länge, welche ihrerseits die Messingdeckplatte
in zwei Durchbohrungen durchsetzen; zum Abschlusse des Innenraumes und Isolirung der
Kupferdrähte von der Deckplatte dienen zwei genau passende durchbohrte
Hartgummistöpsel, welche von oben her über die freien Enden der Kupferdrähte
übergeschoben werden. In diese freien Enden der Kupferdrähte sind Schraubengewinde
eingeschnitten, welche zum Aufschrauben schmaler cylindrischer Hartgumminäpfchen K mit kupfernem Boden dienen; diese Näpfchen werden mit
Quecksilber gefüllt, in welches die isolirten Zuleitungsdrähte, die am Ende auf
einer kleinen Strecke von der Umhüllung befreit und amalgamirt sind, eingesenkt
werden. Auf diese Weise sind alle Klemmschrauben bei der Zuleitung der Ladung mit
ihren die Zerstreuung so sehr befördernden scharfen Kanten und Gewindegängen
vollständig vermieden; die äuſsere Luft tritt nur an der schmalen
Quecksilberoberfläche mit den zu ladenden Theilen des Instrumentes in Berührung. –
Die Verbindung je zweier Quadranten unter einander wird im Inneren des Instrumentes
durch leicht abnehmbare, dünne, isolirte Kupferdrahtspiralen bewirkt, dieselben
werden durch feine Schräubchen mit abgerundeten Köpfen, welche den die Quadranten
umfassenden Hartgummiring durchsetzen und in den oberen Rand derselben eingeschraubt
sind, gehalten.
Die Nadel n des Elektrometers hat die Gestalt der
bekannten Edelmann'schen, ist jedoch aus einem
vergoldeten Messingbügel von 12cm,2 Länge, 5cm,6 Durchmesser und 1cm,2 Breite hergestellt. Dieselbe hängt an einem den Spiegel tragenden
Schildplattstäbchen s, welches seinerseits an einem
Bündel von Coconfäden hängt, welches im Torsionskopfe in gewöhnlicher Weise
befestigt wird. Die Centrirung des das Fadenbündel enthaltenden Glasrohres durch
drei Stellschrauben erfolgt jedoch nicht in der gewöhnlichen Weise im Torsionskopfe,
sondern am unteren Ende
der Röhre bei c, wo dieselbe auf der centralen Oeffnung
des Spiegelgehäuses der Deckplatte aufsitzt, nicht aber, wie gewöhnlich, auf- oder
eingeschraubt ist. Diese Abänderung gestattet eine sehr sichere centrale Befestigung
der Torsionsröhre. – Der untere Querstab der rahmenförmigen Elektrometernadel trägt
in der bekannten Weise einen Platinstab, der am unteren Ende vier senkrecht zu
einander stehende Platinflügel d trägt, welche in ein
von unten her an die Bodenplatte anzuschraubendes cylindrisches Schwefelsäuregefäſs
e eintauchen und so die Nadelschwingungen dämpfen;
die Schwefelsäure hält zugleich das Innere des Elektrometers, welches somit nach
auſsen hin völlig abgeschlossen ist, trocken. Die Verbindung der Nadel mit der Erde,
welche bei den Arbeiten mit dem Instrumente niemals unterbrochen wird, erfolgt durch
Vermittlung eines an der Innenwand des Schwefelsäuregefäſses bis zur Fassung
desselben laufenden Platinstreifchens f und einer
auſsen an der Fassung befindlichen Klemmschraube, in welche die Erdleitung
eingeschaltet wird. – Das ganze Instrument steht auf einer conisch abgedrehten
Messingplatte, welche behufs bequemer Einstellung in einem mit drei Schraubenfüſsen
versehenen entsprechend gedrehten Alhidadentische drehbar ist; das Eigengewicht des
Instrumentes erhält dasselbe ohne weitere Klemmung in seiner jedesmaligen Lage.
Die magnetische Armirung des Elektrometers ist aus den Figuren zu erkennen. Die
Längsseiten des Nadelrahmens tragen auf der Innenseite je einen Magnetstab von 11cm,5 Länge, 1cm,2 Breite und 0cm,05 Dicke, denen im Falle
des Bedürfnisses noch bis zu je sechs Hilfsmagnete von 0cm,03 Dicke hinzugefügt werden können. Das Gewicht der Nadel beträgt
einschlieſslich der beiden Magnete 90g,68.
Die Nadelmagnete werden durch kleine Stellschrauben in senkrechter Lage gehalten; sie
stehen so, daſs sie einander ihre entgegengesetzten Pole zuwenden. Auſserhalb des
das Elektrometer einschlieſsenden Glascylinders trägt die Messingplatte, vermittels
deren das Instrument in seinem kreisförmigen Träger drehbar ruht, an zwei diametral
einander gegenüber stehenden Stellen, und zwar symmetrisch zu den Quadranten, zwei
in geschlitzten Schraublöchern tangential etwas verstellbare prismatische
Schlittenführungen h. In diesen Führungen sind die
Bodenplatten i der Träger zweier äuſserer Magnete
radial verschiebbar; diese Magnete sind, behufs Erreichung eines hohen und
gleichförmig vertheilten Magnetismus, aus 24 einzelnen Lamellen von 2cm Breite, 11cm,5 Länge und 0cm,1 Dicke hergestellt. Die
Magnete sind zum Zwecke einer scharfen Einstellung der Nadel in die symmetrische
Ruhelage auch noch um eine wagerechte Achse drehbar, stehen jedoch im Allgemeinen
den inneren Nadelmagneten parallel senkrecht, so zwar, daſs sie dem nächststehenden
derselben mit entgegengesetztem Pole gegenüber stehen, einander selbst also auch
entgegengesetzte Pole
zuwenden. Bei dieser Anordnung erreicht die Directionskraft ihren gröſsten Werth,
der nun durch Fortschieben der Magnete in ihren Führungen von der Glascylinderwand
ab sehr bedeutend herabgemindert werden kann. Eine weitere Schwächung kann noch
durch Auflegen von passenden Platten aus weichem Eisen von 1 bis 4mm Dicke erreicht werden.
Das beschriebene Instrument entsprach den gehegten Erwartungen. Der Umfang der
zulässigen Messungen wurde bedeutend erweitert, da die gewählte Construction ein
starkes, in weiten Grenzen veränderliches und innerhalb der vorkommenden Ablenkungen
homogenes magnetisches Feld lieferte. Auch zeigten eine gröſsere Zahl von
Versuchsreihen die Anwendbarkeit der entwickelten Formel selbst dann noch, wenn
Ablenkungswinkel bis zu 5° benutzt wurden; ebenso für den Fall, daſs statt eines
Quadrantenpaares nur ein einziger Quadrant geladen wurde. Die Versuche ergaben im
Uebrigen bei dem neuen Instrumente durchgehends einen mit der Stärke des Potentiales
wachsenden und für die stärksten zur Verfügung stehenden Ladungen unter Umständen
namentlich bei feuchter Luft bis zu 1 bis 3 Proc. anwachsenden Fehler von stets
negativem Zeichen, d.h. die von dem Instrumente gemessene Potentialhöhe war um so
viel geringer als die aus der Zahl der angewandten Elemente berechnete. Der Grund
dieser Abweichung liegt, wie leicht zu erkennen ist, nicht in dem Instrumente als
solchem, sondern darin, daſs das Quadrantenpotential in Folge der nicht vollkommenen
Isolirung bezieh. der dadurch herbeigeführten Polarisation thatsächlich geringer
ist, als nach der Anzahl der Elemente angenommen wird. Von der Empfindlichkeit der
zur Ladung benutzten Zink-Wasser-Kupferelemente gegen Polarisationsvorgänge kann man
sich leicht überzeugen. Ein nur einen Moment dauernder kurzer Schluſs der Batterie
vermag z.B. die elektromotorische Kraft derselben für die nächste Minute um 10,
selbst 20 Proc. herabzudrücken. Jede durch nicht vollkommene Isolation der
Batteriepole bezieh. der mit ihnen verbundenen Elektrometertheile bewirkte
theilweise Entladung der Batterie muſs somit eine der Intensität des entstehenden
Stromes entsprechende Polarisation der Elemente zur Folge haben, so daſs also das
gemessene Potential thatsächlich kleiner ist als das aus der Elementenzahl unter der
Annahme einer wirklich offenen Kette berechnete.
Messungen mit Aenderung der Schwingungsdauer.
Zur Messung des Potentiales von 1200 Elementen bei starkem magnetischem Felde wurden
einige Beobachtungen bei schwächerem Felde bezieh. gröſserer Schwingungsdauer
benutzt.
a)
V
=
600 Elem.
V
1
=
1200 Elem.
T
=
1,983''
t
1
=
0,613''
s
=
48,8
s
1
=
18,2.
Aus
V_1=600\,.\,\frac{1,983}{0,613}\,\sqrt{\frac{18,2}{48,8}},
folgt als berechnetes Potential V1 = 1187 Elemente; der scheinbare Fehler
beträgt also – 13 Elemente oder – 1,08 Proc.
b)
V
=
300 Elem.
V
1
=
1200 Elem.
t
=
2,080''
t
1
=
0,556''
s
=
13,6
s
1
=
15,3.
Aus
V_1=300\,.\,\frac{2,080}{0,556}\,\sqrt{\frac{15,3}{13,6}}
folgt
V1 = 1190
Elemente.
Der scheinbare Fehler beträgt also – 10 Elemente oder – 0,83 Proc.
Die Mittheilung dieser wenigen Messungen, deren auch mit dem neuen Instrumente
bereits eine gröſsere Zahl ausgeführt wurde, möge genügen; das Resultat war im
Wesentlichen immer das gleiche.
Hinsichtlich des möglichen Umfanges der an dem jetzt ausgeführten Instrumente
zulässigen Messungen bemerke ich, daſs bei Benutzung nur eines Quadranten und bei
maximaler Wirkung der Magnete diejenige Ladung, welche eine Ablenkung von einem
Scalentheile bei 1m,5 Abstand des Spiegels von der
Scala bewirkt, etwa 650 Volt beträgt, so daſs bei Benutzung einer Scala von
beiderseits 250 Scalentheilen, welche, wie besondere Beobachtungen gezeigt haben,
noch durchaus zulässig ist, Potentialdifferenzen bis zu 10000 Volt gemessen werden
könnten. In Wirklichkeit jedoch kann das hergestellte Exemplar des Instrumentes
seiner kleinen Dimensionen wegen nicht so weit benutzt werden, da die so hohen
Potentialen zukommende Funkenschlagweite den Abstand der geladenen Quadranten und
ihrer Zuleitungen von den übrigen zur Erde abgeleiteten Elektrometertheilen
übersteigt, so daſs zwischen denselben Funkenentladungen auftreten. Die zulässige
Potentialgrenze, innerhalb deren das angefertigte erste Instrument Messungen
gestattet, beträgt aus diesem Grunde nur etwa 5000 Volt. Für die im Anfange dieser
Mittheilungen besprochenen Zwecke reicht dies in manchen Fällen noch nicht aus, so
daſs die Herstellung eines für beträchtlich gröſsere Spannungen bestimmten
Instrumentes in Angriff genommen wurde, über das ich seiner Zeit nähere
Mittheilungen zu machen mir vorbehalte.
Hamburg, physikalisches
Staats-Laboratorium, im September 1887.