Titel: | Die Kuchenbecker-Steuerung. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 403 |
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Die Kuchenbecker-Steuerung.
Mit Abbildungen auf Tafel
20.
Die Kuchenbecker-Steuerung.
Die Kuchenbecker-Steuerung unterscheidet sich
vortheilhaft von vielen anderen Präcisionssteuerungen dadurch, daſs nicht nur das
Oeffnen der Dampfvertheilungsorgane zwangsläufig geschieht, sondern auch der
Dampfabschluſs. Derselbe wird für alle möglichen Füllungsgrade durch den
Steuermechanismus selbsthätig bewirkt und ist nicht von Federn und Gewichten, Dampf-
oder Luftdruck abhängig. Bei letzteren ist eine aufmerksame Wartung des Maschinisten
unumgänglich nothwendig, weil diese Mittel zur Schluſsbewegung wegen ihrer
Unzuverlässigkeit ein Hängenbleiben der Ventile oder Schieber in den Stopfbüchsen,
und somit einen unregelmäſsigen Gang oder gar ein Durchgehen der Maschine zur Folge
haben können. Auſserdem lassen diese Art Steuerungen höchstens 100 Umdrehungen in
der Minute zu, da bei gröſserer Geschwindigkeit der Dampfabschluſs nicht mehr
schnell genug stattfinden kann.
Alle diese Uebelstände sind jedoch durch die vollständige Zwangsläufigkeit der Kuchenbecker-Steuerung vermieden, und können mit ihr
noch 240 Umdrehungen in der Minute bei ruhigem, geräuschlosem Gange erreicht werden.
Dies günstige Ergebniſs ist einer verbesserten Hebelanordnung zu danken, welche
durch einen Zusatz zum Patente Nr. 15841 geschützt ist. Ueber die Wirkungsweise der Steuerung
bezieh. der Excenterbewegung (Fig. 1 und 2) ist schon in D. p. J. 1882 245 441
berichtet.
Die Berührungsflächen der neueren Hebel (Fig. 3 und 4) sind kreiscylindrisch
im Gegensatze zu den älteren mit der Zahnform bei a1 und b1 (Fig. 5 und 6) angeordnet, und zwar in
der Weise, daſs die mit einander arbeitenden Flächen der beiden Hebel M und N (Fig. 3 und 4) während der Oeffnungs-
und Schluſsperiode sich nicht verlassen. Bei Beginn der Bewegung berühren sich die
Hebel M und N bei c und d (Fig. 3). Im weiteren
Verlaufe rollen die beiden Flächen cc1 und dd1
, von denen letztere etwas bogenförmig gestaltet ist,
an einander hin, wobei gleichzeitig die Nase e des
Hebels M an dem entsprechend geformten Bogenstücke e1 fortgleitet und
während des ganzen Hubes in Berührung mit e1 bleibt (Fig. 4). Ist der höchste
Stand erreicht, so zieht Hebel N die Nase e des Hebels M zurück
(Fig. 4),
schlieſst den Dampfvertheiler wieder und gleitet an der Kreiscylinderfläche f leer laufend weiter (Fig. 3 und 4).
Durch diese in sich abgeschlossene Bewegung wird es möglich, mit sehr groſsen
Geschwindigkeiten zu arbeiten, ohne daſs der Mechanismus geräuschvoll wirkt, weil
die mit einander arbeitenden Flächen der Hebel M und
N während der Oeffnungs- und Schluſsperiode nicht
auſser Berührung kommen. Von dem Anheben, welches im günstigsten Hebelverhältnisse
geschieht, geht es rasch nach dem höchsten Stande, wechselt im todten Punkte die
Bewegungsrichtung und geht wieder, der Geschwindigkeit des Excenters entsprechend,
abwärts, bis das Bogenstück dd1 zum Abwickeln kommt, und auf diese Weise den
sanften Schluſs im letzten Augenblicke hervorbringt. Der gleichmäſsigen Bewegung der
jetzigen Construction steht das ruckweise Oeffnen und Schlieſsen der
Dampfvertheilungsorgane bei der älteren Hebelanordnung gegenüber. Bei letzterer ist
ohne Geräusch eine gröſsere Geschwindigkeit nicht zu erreichen, weil sich beide
Hebel bei a1 und a2 (Fig. 5 und 6) im höchsten Stande
verlassen, indem der Hebel O mit dem Zahne b1 an dem
entsprechenden Punkte a1 des Hebels P vorbeigleitet und, ohne ihn zu
bewegen, seinen Vorwärtsgang fortsetzt. Beim Rückgange nimmt Hebel O, sich mit Fläche g der
Nase a2 nähernd und
endlich an dieselbe anschlagend (Fig. 6), den Hebel P plötzlich wieder mit, schlieſst Ventil oder Schieber
und gleitet leer laufend an h vorbei (Fig. 5).
Die Dampfvertheiler werden also bei der alten Construction in ihrer Bewegung
unterbrochen, indem sie nach dem Oeffnen stehen bleiben und beim Rückgange plötzlich
wieder gefaſst und geschlossen werden und ergeben sich die evidenten Vorzüge der
neuen Construction aus der Beschreibung. Die vorstehend beschriebene Steuerung wird
von der Wilhelmshütte Sprottau, Schlesien, bei ihren Dampfmaschinen vielfach
verwendet.