Titel: | Ueber Paraffin im Erdöle. |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 468 |
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Ueber Paraffin im Erdöle.
Ueber Paraffin im Erdöle.
R. ZalozieckiNach vom Herrn Verfasser gefälligst eingesendetem
Sonderabdrucke. veröffentlichte vor Kurzem in der Zeitschrift für angewandte Chemie, 1888 S. 261 und 318,
eine sehr interessante Abhandlung über Paraffin, welche wir im Folgenden
wiedergeben:
Trotzdem daſs Paraffin den werthvollsten Bestandtheil des Erdöles bildet und dessen
Gewinnung somit eine rentable Ergänzung der Erdölverarbeitung ausmacht, ist dieses
Vorkommen in wissenschaftlicher Beziehung wenig untersucht und eine ganze Reihe
wichtiger Fragen, wie beispielsweise: Kommt das Paraffin im Erdöle fertig gebildet,
oder bildet es sich erst nachträglich bei der Verarbeitung desselben? Ist das
gewonnene Product identisch mit Paraffin anderen Ursprunges? unbeantwortet. Ja
selbst über die Menge des Paraffines im Erdöle und dessen rationelle Gewinnung sind
nur ungenügende Kenntnisse vorhanden.
Engler hat zuerst beobachtet, daſs durch Destillation
der Erdölrückstände sich krystallinisches Paraffin bilde, wohingegen dem von ihm
zuerst direkt aus dem Erdöle ausgeschiedenen festen Producte ein amorphes
ozokeritartiges Aussehen eigen ist. Dieselbe Beobachtung wurde von Zaloziecki öfters gemacht. Nicht unerwähnt darf auch
gelassen werden, daſs SchädlerTechnologie der Mineralöle S.
636. Vaselin, wie es durch Entfärbung der Erdölrückstände
gewannen wird, aus Isoparaffinen, das officinelle
Unguentum Paraffini, welches aus Braunkohlentheerparaffin und gebleichtem Paraffinöl
dargestellt wird, aus Normalparaffinen bestehend
annimmt; wodurch also auf den Unterschied der festen Bestandtheile in einem und dem
anderen Falle aufmerksam gemacht wird, denn nach den Untersuchungen Engler's und Böhm's (1886
262 472) kann das natürliche Vaselin (aus
Erdölrückständen) in einen flüssigen und einen festen Bestandtheil (amorphes
Paraffin) gespalten werden.
Bekanntlich hat das Wort „Paraffin“ doppelte Bedeutung. In der Chemie wird es
zur Bezeichnung der Glieder der sogen. Grenzkohlenwasserstoffe oder der gesättigten
Kohlenwasserstoffe gebraucht; in der Technik aber werden darunter überhaupt feste
Kohlenwasserstoffe, die sich durch eine auſserordentliche Widerstandsfähigkeit gegen
die Einflüsse chemischer Stoffe auszeichnen, verstanden, welche nähere Bestimmung
insofern charakteristisch ist, als sie die Unterscheidung von anderen
Kohlenwasserstoffen, wie Naphtalin, Anthracen, Phenanthren u. dgl., ermöglicht. In
letzterem Sinne wird auch überall im Nachstehenden der Name „Paraffin“ zu
verstehen sein.
Reichenbach (Journal für
praktische Chemie, 1858 Bd. 73 S. 111), der bekannte Entdecker des
Paraffins, hat denselben für einen chemisch homogenen Körper erklärt und hat diese
Ansicht später einen Verfechter in der Person Pouchet's
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1874 S. 1453) gefunden, welcher demselben sogar eine Formel C24H50 ertheilte. Dem
entgegen haben die meisten Forscher, welche sich mit diesem Gegenstande beschäftigt,
dasselbe für ein Gemenge verschiedener Kohlenwasserstoffe erklärt. Auch über die
Frage, ob das Paraffin einer oder mehreren homologen Reihen angehört, ob es
gesättigte oder ungesättigte Kohlenwasserstoffe sind, wurde viel discutirt, und sei
auf die Arbeiten von Jules Gay-Lussac (Ann. Phys., 1832 Bd. 24 S. 173), Magnus (Ann. chim. phys.,
Bd. 55 S. 217), Malaguti (daselbst 63 S. 390), Schrötter (Zeitschrift für
Physik und verwandte Wissenschaften 4 S. 173), Anderson (Jahresberichte für Chemie, 1857 S.
480), Hofstädter (Wiener
Akademische Berichte, 1854 Bd. 13 S. 436), Philipuzzi (daselbst Bd. 17 S. 425), Lippmann
und Hawliczek (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 1879 S. 69), Pouchet (a. a. O.), Gill und Meusel (J. Soc., 1868 Bd.
6 S. 466. J. pr. Ch., Bd. 107 S. 101) verwiesen, welche
zu dem Schlusse geführt haben, daſs das Paraffin zu der Reihe der gesättigten
Kohlenwasserstoffe zu zählen sei; ja nach F. Krafft
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1883 S. 391) sollen die Braunkohlenparaffine mit den künstlichen Normalparaffinen
identisch sein, und hat derselbe einzelne Individuen, wie C22H46, C24H50, C26H54, C28H58, isolirt. Hervorzuheben ist seine
Erklärung für das vorwiegende Vorkommen der Normalparaffine, welche von anderen
Isomeren durch die einfachste, somit festeste Bindung sich auszeichnen und daher
chemischen Agentien den gröſsten Widerstand entgegensetzen. Diese Deutung läſst uns
gewöhnliches Paraffin im Lichte einer einfacheren Zusammensetzung erscheinen und
ermöglicht consequenter Weise die Isolirung einzelner Glieder; – was, sobald man die
Möglichkeit der Isomeriefälle bei so hohem Kohlenstoffgehalte ins Auge faſst, völlig
aussichtslos erschien (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1881 S. 792). Nichts steht im Wege, dieselbe Thatsache auch
auf Paraffine anderen Ursprunges zu übertragen, denn ihrer Darstellung aus Holz,
Torf, Ozokerit u. dgl. geht ein Destillationsprozeſs in hohen Temperaturen voran,
welcher die Möglichkeit der Zerstörung loserer Gruppirungen in sich schlieſst.
Ebenso ist es mit dem Paraffine, welches durch Destillation der Erdölrückstände
entsteht. Dem müssen jedoch Substanzen entgegengehalten werden, welche
paraffinartige Körper von Hause aus enthalten., in erster Linie also Ozokerit und
Rohöle in nicht destillirtem Zustande, und da drängt sich von vornherein die Frage
auf: Sind die bereits fertig gebildeten festen Kohlenwasserstoffe im Ozokerit und
Erdöle identisch mit den durch Destillation erhaltenen, oder aber enthalten diese
Körper nicht auſser den Normalparaffinen in gröſserer Menge auch Isomere derselben,
oder endlich sind die ersteren darin überhaupt vertreten?
Bekanntlich unterscheidet sich Ozokerit oder im gebleichten Zustande Ceresin vom
Paraffine nur unwesentlich und sind zu diesen Unterschieden das Fehlen einer
krystallinischen Structur, des Glanzes und Klanges, ferner eine gröſsere
Geschmeidigkeit und Knetbarkeit beim Ceresine dem Paraffine gegenüber zu rechnen.
Andere Merkmale, wie chemische Zusammensetzung, Schmelzpunkt, specifisches Gewicht
sind bei beiden innerhalb gewisser Grenzen wechselnd, deshalb nicht maſsgebend. Es
waren jedoch diese Kennzeichen vielen Forschern so entscheidend, daſs sie Paraffin
im Ozokerite bloſs als präformirt angesehen und dessen Entstehung erst durch den
Destillationsprozeſs erklärt haben, und weil dabei auch flüssige Producte in
gröſserer Menge auftreten, findet man auch die Ansicht verbreitet, bei der
Destillation werde der Ozokerit in Paraffin und Erdöl gespalten. Jedenfalls stand
dieser Ansicht die Begründung zur Seite, daſs man auf anderem Wege als durch
Destillation aus dem Ozokerite oder dem Ceresine zum Paraffine nicht gelangen
konnte. Es war das jedenfalls ein negativer Beweis, der nur dafür sprach, wie wenig
auf diesem Gebiete überhaupt aufgeklärt war, und deshalb hat Zaloziecki versucht, eine Methode aufzufinden, nach welcher es auch auf
kaltem Wege möglich sein sollte, aus dem Ozokerite Paraffin darzustellen. Dies ist
auch thatsächlich gelungen und zwar auf eine verhältniſsmäſsig einfache Art und
Weise. Eine gröſsere
Partie selbstbereiteten Ceresines, bei 65° schmelzend, wurde in der Wärme in einem
Ueberschusse von Amylalkohol gelöst und darauf der gröſste Theil sich wieder
ausscheiden gelassen, wobei zu beobachten war, daſs derselbe in deutlichen
perlmutterglänzenden Blättchen krystallinisch sich absetzt. Die ausgeschiedene Masse
wurde filtrirt, vom anhängenden Alkohole abgepreſst und darauf derselben Behandlung
wiederholt unterworfen. Nach fünfmaligem Umkrystallisiren war die Masse nach dem
Schmelzen und Wiedererstanden durchscheinend, deutlich krystallinisch, die
Erstarrungsfläche hatte dieselben Eigenthümlichkeiten wie beim Paraffine und ist die
Erscheinung mit einem Steigen des Schmelzpunktes begleitet gewesen. Bei weiterer
Behandlung sind alle diese Eigenschaften schärfer hervorgetreten, so daſs bei
zehnmaliger Wiederholung dieser Operation das erhaltene Product vom eigentlichen
Paraffine wenig unterschieden war und eine Zunahme des Schmelzpunktes um 4°
stattgefunden hatte. Die in Amylalkohol in den einzelnen Phasen aufgelösten und aus
dem Ceresine entfernten Bestandtheile waren weiche Massen, anfänglich von
Salbenconsistenz, hatten ursprünglich 32 bis 33° Schmelzpunkt, der in weiteren
Phasen successive angestiegen ist. Es scheint daraus hervorzugehen, daſs im Ceresine
oder, was dasselbe ist, im Ozokerite neben eigentlichem krystallinischen Paraffine
auch andere colloide Bestandtheile (amorphes Paraffin) enthalten sind, welche auf
dasselbe krystallisationshindernd einwirken, durch Amylalkohol aber theilweise
entfernt werden können, weil ihnen darin eine gröſsere Auflöslichkeit zukommt als
dem Paraffine. Ohne auf die muthmaſsliche Natur dieser Stoffe einzugehen, sei die
Thatsache hervorgehoben, daſs durch öftere Behandlung des Ceresines mit Amylalkohol
dasselbe von ihnen gröſstentheils befreit werden kann und das darin befindliche
Paraffin seine Krystallisationsfähigkeit zurückerlangt. Auf den nämlichen Ursachen
scheint auch das Krystallinischwerden der Ozokeritdestillate zu beruhen und
vollzieht sich ihre Entfernung in diesem Falle durch eine Zersetzung oder
Veränderung beim Destillationsprozesse.
Weiter beschäftigt sich Zaloziecki mit den
Erdölrückständen, von welchen Eingangs erwähnt wurde, daſs sie im rohen sowohl, wie
auch im gereinigten Zustande (Vaselin) amorph sind und erst bei der Destillation aus
ihnen Paraffin krystallinisch gebildet wird.Die Frage, ob amorphes oder krystallinisches Paraffin den Bestandtheil des
Erdöles bilde, wurde von S. F. Peckham in
seinem Report on the Prod. Techn. etc. of
Petrol., S. 171, aufgeworfen, nachdem er in einem Rohöle
Paraffinkrystalle beobachtet hat. Auch Zaloziecki hat beobachtet, daſs das aus dem Erdöle ausgeschiedene
Paraffin nach dem Erstarren in dünnen Schichten strahlig krystallinisches
Gefüge zeigte. Die Erscheinung war jedoch nie besonders deutlich ausgeprägt,
so daſs im Allgemeinen der Ausspruch gerechtfertigt ist, dasselbe sei im
Vergleiche zu den wohl ausgebildeten Krystallen des Paraffines in
Destillaten unkrystallinisch. Diese Beobachtung wurde zuerst von Engler und Böhm gemacht
(a. a. O.), welche auf Grund dessen die Meinung vertreten, daſs, obwohl fertig
gebildetes Paraffin im Erdöle ausnahmsweise vorkommen kann, dasselbe in der Regel
darin nur präformirt ist und bei der Destillation entsteht. Später hat Engler diese Bemerkung dahin geändert, daſs das im
Erdöle vorkommende Paraffin meist nicht identisch ist mit unserem gewöhnlichen
festen krystallinischen Paraffine, sondern ersteres besteht aus einer nicht
krystallinischen, dem Erdwachse nahestehenden Abart, die erst bei der Destillation
in den krystallinischen Zustand übergeht. Diese Beobachtung wurde von Zaloziecki wiederholt bestätigt; er konnte jedesmal bei
der Destillation in gewöhnlicher Weise, im Vacuum oder mit Wasserdämpfen schön
ausgeprägte blättchenförmige Krystalle sich bilden sehen, während das zur
Destillation genommene Material im Ganzen gallertartig formlos war.
Es ist im vorliegenden Falle eine doppelte Annahme möglich. Entweder ändern sich die
physikalischen und chemischen Eigenschaften des Ganzen oder nur eines Theiles der
festen Bestandtheile beim Destilliren, und das Paraffin wird aus dem amorphen in den
krystallinischen Zustand verwandelt, oder aber es ist gleichzeitig oder auch
ausschlieſslich eine Aenderung des vermittelnden Mediums (Mutterlauge) bei der
Destillation denkbar. Ohne die erste Möglichkeit auszuschlieſsen, sei vorerst auf
die zweite Ursache etwas näher eingegangen. Es ist wohl leicht erklärlich, daſs in
der dunkelgefärbten, im hohen Grade zähen und harzigen Masse, wie sie gewöhnlich die
Erdölrückstände vorstellen, Krystallbildungen auf Schwierigkeiten stoſsen können,
und man braucht um Analogien nicht verlegen zu sein. Es genügt nur der Hinweis auf
die Melasse, aus welcher, trotz des bedeutenden Zuckergehaltes, derselbe nicht zur
Krystallisation gebracht werden kann. Ja es sind Fälle bekannt, wo ganz geringe
Mengen fremder Stoffe in der Mutterlauge dem Anschieſsen der Krystalle hinderlich
sind, wie z.B. verdickende und gelatinirende Körper, welche die freie Beweglichkeit
der Moleküle naturgemäſs beeinträchtigen müssen. Man könnte annehmen, die
Erdölrückstände stellen eine Art Paraffinmelasse dar, und sich damit sogar begnügen,
sobald durch Reinigung derselben, wie es ja bekanntlich bei der Fabrikation der
Vaseline üblich ist, auch die Krystallisationsfähigkeit des Paraffines wachgerufen
wäre. Dem ist jedoch nicht so, denn in gebleichten Erdölrückständen oder im
natürlichen Vaseline können in der Regel auch keine deutlichen Krystallbildungen
wahrgenommen werden, vielmehr stellt dieselbe eine homogene salbenartige Masse dar.
Consequenter Weise muſs also behauptet werden, natürliches Vaselin enthalte trotz
der Reinigung krystallisationshindernde Bestandtheile und durch die Art und Weise
der üblichen Reinigungsmethoden werden dieselben nicht entfernt.
Das gewöhnliche Vaselin enthält bekanntlich zwei Bestandtheile, einen flüssigen und einen
festen; es war somit zu untersuchen, welchem von denselben die
krystallisationshindernden Erscheinungen vorzüglich ihre Entstehung zu verdanken
haben. Es wurde daher in diesem Sinne eine Probe Vaselin in seine Bestandtheile
gespalten und darauf der flüssige Theil in der Weise untersucht, daſs man
verschiedene Mengen Ozokeritparaffin damit in der Wärme mischte oder mit anderen
Worten künstliche Vaseline bereitete, welche sich jedoch wesentlich von den
natürlichen durch den Mangel an Homogenität unterschieden; nicht als ob das Oel beim
Stehen sich ausgeschieden hätte, sondern die Masse war von deutlichen
Krystallausscheidungen durchsetzt (die jedoch keineswegs dieselbe Ausbildung hatten
wie in den Destillaten). Somit war dargethan, daſs die Oele nicht absolut
krystallisationsstörend sind, vielmehr diese Eigenschaft den festen Bestandtheilen
selbst eigen sein konnte. Aehnliche Verhältnisse sind auch in den Beziehungen
zwischen Ozokerit-Ceresin und Paraffin zu finden; es kann demnach eine Analogie
damit und zwischen Erdölrückständen – Vaselin und Erdölparaffin statthaft und
zulässig sein. Wie bereits bemerkt, sind Ozokerit und Ceresin nicht deutlich
krystallinisch, das durch Destillation daraus entstehende Paraffin besitzt aber in
hohem Grade krystallinische Structur und doch kann nicht gut von einer vor sich
gegangenen gänzlichen Modificirung desselben durch den Destillationsprozeſs
gesprochen werden; vielmehr muſs derselbe als eine theilweise Reinigung aufgefaſst
werden, was sich ja auch auf anderem Wege, wobei jedwede Veränderung ausgeschlossen
ist, erreichen läſst. Naheliegend war es demnach, zu untersuchen, ob
Erdölrückständen nicht ein gleiches Verhalten eigen sei? Den Versuchen wurden bei
gewöhnlicher Temperatur erstarrende Rückstände aus dem Erdöle, Abkunft Klentschany, ausgezeichnet durch eine seltene Reinheit,
unterworfen und mit Amylalkohol analog wie früher Ceresin behandelt. Da jedoch das
Auspressen in diesem Falle, selbst durch einige Lagen dichter Leinwand, wegen des
Durchsickerns der anfänglich gequollenen Masse nicht gut auszuführen war, erschien
es vortheilhafter, statt zu pressen, die flüssigen Antheile durch Aufsaugen auf
porösen Steinen abzuscheiden. Nach fünfmaliger Wiederholung der Operation wurde eine
harte Masse erhalten mit 59° Schmelzpunkt, die ausgezeichnet krystallinisch und
transparent, vom Paraffine somit nicht zu unterscheiden war.
Die Behandlung mit Amylalkohol hat demnach auch hier denselben Erfolg gezeigt und die
Wirkung dürfte auch die nämliche gewesen sein, indem eine theilweise Entfernung
colloidaler Substanzen durchgeführt wurde. Es muſs aus dieser Erscheinung demnach
die Folgerung gezogen werden, daſs krystallinisches Paraffin bereits im gereinigten
Erdöle, ebenso wie im gereinigten Ozokerite fertig enthalten ist neben anderen
festen Bestandtheilen, welche vermöge der ihnen eigenen colloidalen Natur auch die
Krystallisationsfähigkeit desselben beeinträchtigen, daſs ferner bei der Destillation
vorwiegend diese Bestandtheile zerstört oder umgewandelt werden und im Destillate
Paraffin von ihnen bis zu einem gewissen Grade befreit erscheint.
Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, daſs unter den Destillationsproducten des
Paraffines immer flüssige Producte auftreten, mag die Destillation auf welche Art
immer geleitet werden – ein Beweis, daſs dieselbe stets von Zersetzungen begleitet
ist. Dieselbe Eigenschaft besitzen gebleichter Ozokerit und auch die festen
paraffinartigen Bestandtheile des Erdöles, welche jedoch, weil von ihnen öfters die
Rede sein wird, kürzer mit natürlichem Paraffin oder
Protoparaffin zu bezeichnen sind, zum Unterschiede
von Pyroparaffin oder dem bei der Destillation des
Erdöles erhaltenen. Diese Benennung ist insofern gerechtfertigt, weil zwischen
beiden thatsächlich Unterschiede bestehen. Eine andere Beobachtung ist für den
Gegenstand von Wichtigkeit und umfaſst die Erscheinung, daſs bei gleichartiger
Destillation Ceresin und Protoparaffin unverhältniſsmäſsig mehr Zersetzungsproducte
geben als Paraffin oder Pyroparaffin. Vollständig gebleichter Ozokerit und
gebleichte Erdölrückstände sind fast reine Kohlenwasserstoffe, aus ihrem Verhalten
gegen Agentien zu schlieſsen, der gesättigten Reihe angehörend. Für das
kristallinische destillirbare Paraffin kann man im Anschlusse an die Untersuchungen
Krafft's die Normalstructur voraussetzen, und da
auſser den kristallinischen in den vorher genannten Körpern noch amorphe
(gelatinirende) Kohlenwasserstoffe sich vorfinden, so muſs erlaubt sein, anzunehmen,
daſs denselben eine andere als die normale Structur zukommt. Es ist dieses zwar
nicht direkt bewiesen, aber höchst wahrscheinlich, da ja in den niedrigeren
Antheilen neben Normalparaffinen Isomere mehrmals aufgefunden worden, aber auch wohl
möglich, daſs sie anderen ebenfalls gesättigten Gruppen angehören, wie z.B. den
Naphtenen oder hydrogenisirten aromatischenWas speciell diese Körpergruppe anbelangt, so ist ihre Gegenwart in
galizischen Oelen keineswegs mit Sicherheit bewiesen; die darauf Bezug
habenden Angaben sind zurückzuführen auf die Untersuchungen Lachowicz's (Sitzungsberichte der Krakauer Akademie, Bd. 7 und 10), der ihre
Anwesenheit bloſs auf Grund der Bestimmung des specifischen Gewichtes
gewisser Fractionen vermuthet. Vorläufig kann von einer gröſseren Menge
derselben nur im Bakuer und dem mit diesem in vieler Hinsicht analogen
Oelheimer Oele die Rede sein (vgl. G. Krämer
und W. Böttcher, Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, Bd. 20 S. 595). Merkwürdig bleibt dabei, daſs
dieselben zu den schwersten der bekannten Gattungen Erdöl gehören, was
jedenfalls auf den Gehalt der Naphtene theilweise zurückgeführt werden
kann. oder uns noch gänzlich unbekannten Gruppen. Wie dem auch
sei, gerechtfertigt ist die Annahme, daſs sie der Ueberhitzung nicht Stand halten
können und bei der Destillation gröſstentheils zerfallen, während die einfacher
gebauten widerstandsfähigeren Normalparaffine unter geringerer Spaltung destillirt
werden können – denn die sonst mögliche Auffassung, daſs bei der Destillation eine
molekulare Umlagerung stattfindet, derart, daſs aus einer Iso- eine
Normal-Bindung hervorgeht, ist aus Mangel an Analogie gar nicht zulässig.
Engler und Böhm (a. a. O.)
haben durch Ermittelung der procentischen Zusammensetzung des festen Bestandtheiles
des Vaselines und des bei der Destillation desselben im Vacuum gebildeten
krystallinischen Productes geringe Unterschiede in der Zusammensetzung gefunden, und
zwar bestimmten sie im ersten Falle im Mittel 86,25 Proc. C und 13,7 Proc. H, im
zweiten 85,98 und 86,00 Proc. C, sowie 14,1 und 14,17 Proc. H, was einer nicht
unerheblichen Zunahme des Wasserstoffes und einer geringen Abnahme des
Kohlenstoffgehaltes entspricht. Gleichzeitig wurde die bezügliche Untersuchung von
einer Erniedrigung des Schmelzpunktes von 40 auf 37° begleitet. Nach der beiden
Forscher Meinung war die Erklärung dieser Erscheinung zu suchen entweder in einer
rein mechanischen Scheidung in wasserstoffreichere Theile, welche überdestillirten,
und wasserstoffärmere, welche zurückblieben; oder aber darin, daſs durch einen
Dissociationsprozeſs wasserstoffreichere und kohlenstoffärmere Producte gebildet
wurden. Die Verfasser neigen der ersteren Ansicht zu und fassen das
Krystallinischwerden lediglich als einen Uebergang vom amorphen in den
krystallinischen Aggregatzustand auf. Nun kann dieser Uebergang dadurch erklärt
werden, daſs bei der Einwirkung der Hitze (durch Verdampfung und darauf folgende
Condensation) entweder physikalische Veränderungen vor sich gehen und die Bildung
einer neuen Modification zu Stande bringen, oder aber, daſs sich die Veränderungen
auch auf die Structur erstrecken und molekulare Umlagerungen bedingen. Da jedoch,
nach der von Zaloziecki gemachten Beobachtung,
krystallinische Producte in der nicht destillirten Substanz entdeckt wurden, so
können demnach die Veränderungen sich bloſs auf einen Theil (amorphen) erstrecken
und sind wegen der dabei stattfindenden Erniedrigung des Schmelzpunktes vor sich
gegangene Zersetzungen nicht ausgeschlossen.
ReichenbachSchweiger's J. f. Phys.u. Chem, Bd. 59 8.
436, Bd. 61 S. 273, Bd. 62 S. 129. war der erste,
welcher zur Untersuchung des Gefüges des Paraffines das Mikroskop benutzte, und in
seiner ersten Veröffentlichung über Paraffin theilt er seine Beobachtungen beim
Mikroskopiren des Paraffines mit. Nach ihm krystallisirt Paraffin in dreierlei
Formen, nadelförmig, eckig-körnig und in perlmutterglänzenden Blättchen. Hofstädter (Wiener Akademische
Berichte, 1854 Bd. 13 S. 436), der über die Identität von Paraffinen
verschiedener Abstammung ins Reine kommen will, bestätigt diese Angaben und führt
aus, daſs zuerst die nadelförmigen Formen, darauf die eckigen sichtbar werden und
zum Schlusse die blättchenartigen erscheinen. Fritsche
(Journ. pr. Ch., 1885 S. 322) findet in der
ätherischen Lösung des Ozokerites unter dem Mikroskop unregelmäſsige, sehr feine und
dünne concentrisch gruppirte Krystallblättchen und in der 95° Alkohollösung sehr feine unregelmäſsige
Blättchen. Zaloziecki hat sämmtliche Producte mit dem
Mikroskope untersucht, und zwar: Ceresin, Braunkohlen-, Ozokerit-, Proto- und
Pyroparaffin, und dabei etwas abweichende Resultate erhalten. Die Hauptmasse des
Paraffines erweist sich unter dem Mikroskope als aus glänzenden, schichtenförmig
über einander gelagerten Blättchen bestehend, mit regelmäſsiger dunkler Begrenzung –
nadelförmige Bildungen wurden in alkoholischer Lösung nicht wahrgenommen, dagegen
Formen, die nachstehend beschrieben sind und welche von den angeführten Forschern
wahrscheinlich der Gruppe der eckigen Körner zugezählt wurden. Die
charakteristischen und am deutlichsten ausgeprägten Erscheinungen beim Mikroskopiren
des Paraffines in alkoholischer Lösung (Aethyl- und Amylalkohol) sind rhombische und
hexagonale Täfelchen oder Blätter, welche, vorzüglich die letzteren, isolirt von der
Hauptmasse gewöhnlich nachträglich sich ganz regelmäſsig ausbilden und in jeder
Gattung, freilich nicht ganz gleich ausgeprägt zu finden sind. Am deutlichsten,
gröſsten und am besten ausgebildet erscheinen sie beim Paraffine und Ceresine.
Kleiner und weniger deutlich sind sie zu beobachten bei stärkerer Vergröſserung am
Proto- und Pyroparaffine, sind jedoch immer zu finden und müssen für das Paraffin
unter die Reihe charakteristischer Merkmale gezählt werden. Ihre relative Gröſse und
Ausbildung dürfte wahrscheinlich auf die gröſsere oder geringere Reinheit des
Paraffines und in der Gegenwart anderer darauf Bezug habender Bestandtheile
zurückzuführen sein, worauf bereits Reichenbach (J. prakt. Chem., 1858 Bd. 73 S. 111) aufmerksam macht,
indem er sagt, daſs schon Spuren empyreumatischen Oeles die krystallinische
Ausbildung hindern.
Wie bereits zu Anfang bemerkt, bildet Paraffin den werthvollsten Bestandtheil des
Erdöles, und aus diesem Grunde sollte der Gehalt desselben in einem bestimmten
Rohöle von groſser Bedeutung sein und den Werth desselben unter sonst gleichen
Bedingungen beeinflussen. Doch ist bis nun das Paraffin im Erdöle, wenn auch dessen
Gewinnung öfters angestrebt wird, auf den Preis desselben von keinem Einflüsse
gewesen, wohl aus dem Grunde, weil es an einer halbwegs verläſslichen
Bestimmungsmethode gefehlt hat, um die Resultate mit einander vergleichen zu können
und vielleicht auch deshalb, weil über die Art und Weise des Vorkommens des
Paraffines im Rohöle, über seine Eigenschaften und sein Verhalten bei der
Destillation Unklarheit geherrscht hat. Das Verfahren, wie bis nun der
Paraffingehalt in Rohölen ermittelt wurde, bestand in einer dem Groſsbetriebe
angepaſsten Arbeitsweise im Kleinen, indem die Rückstände von der Kerosindarstellung
bis zur Verkokung weiter destillirt, die Destillate zur Krystallisation angestellt,
die Krystalle von den Oelen abfiltrirt, zwischen Filtrirpapier abgepreſst und
gewogen wurden. Die Fehlerquellen bei diesem Verfahren sind mannigfaltiger Art und die
hauptsächlichsten: die Löslichkeit des Paraffines in Oelen, welche vom qualitativen
Charakter der beiden Bestandtheile und von der Temperatur abhängig ist, und zweitens
die Verschiedenheit in der Destillationsweise sowohl unter sich, wie auch zwischen
Groſsbetrieb und Probe im Kleinen. Daſs die Art und Weise der Destillation von
erheblichem Einflüsse auf das quantitative (wie auch qualitative) Ergebniſs der
Destillate ist, wird von allen auf diesem Gebiete arbeitenden Chemikern anerkannt,
und Thatsache bleibt ferner, daſs selbst geringe Unterschiede in den Ausmessungen
der Destillationsgefäſse auf die Ausbeute zurückwirken. Alle im Kleinen im
Laboratorium ausgeführten Probedestillationen der Rohöle auf Leuchtölausbeute geben
zu niedrige Resultate im Vergleiche zu der Fabrikspraxis und diese Unterschiede
pflegen manchmal bedeutend zu sein (5 bis 15 Proc), so daſs dieselben zur absoluten
Beurtheilung der Güte des Rohmateriales kaum hinreichen können. Es dürfte wohl nicht
leicht sein, dafür eine kurze Erklärung abzugeben, aber wahrscheinlich auf das
Verhältniſs der Heizfläche zum Dampfraume, Steighöhe, Kühlquerschnitt und
Destillationsdauer zurückzuführen sein. Alle diese Verhältnisse werden in höheren
Temperaturen, welche die Darstellung des Paraffines verlangt, noch verwickelter,
denn zur eigentlichen Destillation gesellt sich auch ein Zersetzungsprozeſs im
gröſseren Maſsstabe und dabei ist es gleichgültig, ob wir die Anwesenheit des
Paraffines im Destillate auf bloſses Ueberdestilliren, oder eine Umwandelung während
desselben oder endlich auf einen factischen Bildungsprozeſs zurückführen.
Es haben daher die bis jetzt bekannt gewordenen Angaben über das Paraffin im Erdöle
nur einen beschränkten Werth, und zudem geben sie nicht den Gehalt an ursprünglichem
Materiale im Rohöle, sondern nur den Procentsatz in den Destillaten. Diese
Miſsstände wurden auch von EnglerEngler: Das deutsche Erdöl, S.
18. hervorgehoben und führt derselbe einige Beispiele an,
die noch ergänzt werden sollen. Nach BleckrodeWagner-Fischer's Chem. Techn., 12. Aufl. S.
970. enthält das Erdöl von Java bis zu 40 Proc., PerutzPerutz, Industrie- und Mineralöle, S.
88. führt für das Erdöl von Taiakeiana (District
Porbolingo, Ostindien) 40 Proc. beim specifischen Gewichte des Oeles 0,804 auf, Waaren de la Rue und Hugo
MüllerHirzel, Das Steinöl u. s. Prod., S.
55. geben für die Rangoonnaphta 10 bis 11 Proc. an (60°
Schmelzpunkt), Vohl (1858 147 375) für dasselbe 6,1 Proc. Den Paraffingehalt des pennsylvanischen
Erdöles hat Bolley (1863 169
123) mit 0,7 Proc. bestimmt. Tate (Hirzel a. a. O. S. 56) gibt für das pennsylvanische 2
bis 3 Proc., für das canadische 3 Proc. womit auch die Angaben von BourgougnonMuspratt's Techn. Chem., 3. Aufl. Bd. 5 S.
988. übereinstimmen. Das russische Erdöl von Baku
enthält nach Engler und
Reedwood (1886 260 525),
sowie nach russischen Quellen 0,25 Proc., das von Tscheleken dagegen bis 6 Proc. Fr. Reinitzer und GintlKarmarsch und Heeren's techn. Wörterbuch. 3. Aufl., von Kick und Gintl, Bd. 6 S.
618. führen folgende Paraffingehalte auf; im Erdöle von
Canada
Rangoon
Rothe Meer
Ostgalizien
Bukowina
Rumänien
Baku
3,0
6,07
5,2
11,4
12,4
2,23
5 Proc.
Die galizischen Rohöle werden öfters auf Paraffin verarbeitet und geben 1 bis 3.
Proc. sogen. Paraffinschuppen an Gewicht des verwendeten Rohöles.
Man sieht mithin, wie schwankend diese Zahlen für ein und dieselbe Gattung Erdöl
sind; so z.B. für pennsylvanisches 2 bis 3 und 0,7, für Bakusches 0,25 und 5 Proc.
für galizisches 1 bis 3 und 11,4 Proc. und diese Unterschiede können nur theilweise
von der Qualität der Rohöle herrühren, sondern sind Folge der Bestimmungsart. Es
folgert sich daraus die Nothwendigkeit der Feststellung und Vereinheitlichung einer
Bestimmungsmethode, welche, sobald sie von Allen befolgt wird, diesen Unsicherheiten
ein Ende bereiten muſs. Zaloziecki hat vor Kurzem ein
Verfahren angegeben (1888 267 274), welches er seither
öfters mit Vortheil angewendet hat; seine Verwendung zum angeregten Zwecke erfordert
jedoch noch einiger Erläuterungen und bestimmten Uebereinkommens.
(Fortsetzung folgt.)