Titel: | Vorrichtungen zur mechanischen Bedienung von Wendewalzwerken (Reversirwalzwerke). |
Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 551 |
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Vorrichtungen zur mechanischen Bedienung von
Wendewalzwerken (Reversirwalzwerke).
Mit Abbildungen auf Tafel
29.
Vorrichtungen zur mechanischen Bedienung von
Wendewalzwerken.
Zum Auswalzen schwerer Blöcke und Stäbe bedient man sich mit Vorliebe der
Wendewalzwerke, weil bei denselben das Walzgut nicht gehoben zu werden braucht und
durch Rollen, welche vor und hinter der Walze angeordnet sind, in das Walzwerk
eingeschoben, heran und fort gerollt werden kann. Stäbe müssen auſserdem öfters
gewendet und von einem Kaliber vor das andere geschoben werden, je nachdem es die
Construction der Walzen erfordert.
Zur mechanischen Verrichtung dieser Arbeit bedient man sich der sogen.
„Kantapparate“, welche sämmtlich den Grundgedanken gemein haben, daſs sie
den Block oder Stab, sobald er die Walzen verläſst, umwenden und dem folgenden
Kaliber zuwälzen. Zu diesem Zwecke werden vor den Kalibern eine der Stablänge
entsprechende Anzahl von Hebeln angeordnet, welche ihre festen Drehpunkte im Belage
zwischen den einzelnen Transportrollen des Rollganges haben und in wagerechter
Stellung unter die Hüttensohle bezieh. unter die Rollenoberkante verschwinden,
während sie durch Gestänge gemeinsam senkrecht gestellt werden können. Sie nehmen
die wagerechte Stellung ein, wenn ein Stab aus dem Walzwerke austritt. Erfolgt nun
der Austritt des Stabes regelmäſsig, so legt sich derselbe mit seiner ganzen
Auflagefläche über die Wendehebel des betreffenden Kalibers, den Drehpunkt der
letzteren auf einer Stelle lassend, worauf die Hebel hoch gestellt werden und den
Stab, ihn um 90° drehend, zur Seite vor das benachbarte Kaliber wälzen.
Offenbar kann eine solche Vorrichtung nur dann arbeiten, wenn die Stäbe das Walzwerk
ohne Krümmung verlassen und sich nicht schief auf den Rollgang gelegt haben, eine
Bedingung, der nicht in jedem Falle so leicht entsprochen werden kann, insbesondere
nicht bei langen Stäben. Daher findet man auch solche Wendehebel gewöhnlich nur vor
den ersten Kalibern angeordnet, während für die letzten Stiche die Bedienung von
Hand geschieht. Ein weiterer Uebelstand dieser Anordnung ist, daſs sie voraussetzt,
daſs auf einander folgende Kaliber auch neben einander liegen, was nicht stets
thunlich ist. Auch dürfte es Schwierigkeiten machen, alle in dem betreffenden Gerüst
gebrauchten Walzen so zu construiren, daſs die Lage der mit Wendern versehenen
Kaliber übereinstimmt. Es kann auch im Betriebe des Walzwerkes der auf hohe Kante
gestellte Block umschlagen oder aber der richtig eingesteckte erfaſste Block sich
spieſskantig ins Kaliber setzen. In ersterem Falle muſs der Block nochmals aufrecht
gestellt werden, im anderen Falle indeſs die Walzenzugmaschine sofort umsteuern, um
das Material nicht wrack zu walzen. Der Stab muſs alsdann nochmals ins vorhergehende Kaliber
zurückgebracht und in demselben wieder gerade gedrückt werden.
In beiden Fällen sinkt die in Rede stehende Vorrichtung bedeutend im Werthe herab,
weil sie die Bedienungsmannschaft nicht ersetzen kann, diese vielmehr stets zum
sofortigen Eingreifen bereit stehen muſs.
Mehr Freiheit gewährt die Anordnung der Ebbw Vale Works
in England, bei welcher die Wendehebel auf einem fahrbaren bezieh. verschiebbaren
Untergestelle angebracht sind. Indeſs bleibt es immerhin ein Miſsstand, daſs zur
Ausführung der erforderlichen Bewegungen – Verschieben des Apparates und Hochstellen
der Wender – zwei verschiedene Steuerhebel zu hantiren sind, je einer für die beiden
getrennten hydraulischen Antriebsvorrichtungen. Alsdann ist es nicht wohl
ausführbar, das fahrbare Untergestell des ganzen Apparates, welches in seiner
Ausdehnung der Länge der zu walzenden Stäbe entsprechen sollte, über ein ziemlich
bescheidenes Maſs hinaus vorzurichten. Die Construction ist daher nur für kurze
Walzlängen anwendbar und ist es ohnedies ein Uebelstand, daſs die unter den
Transportrollen liegenden Geleise des Fahrgestelles von Glühspan verschüttet werden
und Entgleisungen stattfinden können.
Zur Beseitigung der in Vorstehendem angedeuteten Miſsstände ist von Hugo Sack in DuisburgVgl. 1887 265 537. eine neue Anordnung
getroffen worden, in welcher entgegen dem erörterten Verfahren der Stab durch den
Kantapparat vorerst zur Seite geschoben, daselbst gewendet – und zwar rechts und
links an bestimmten Stellen – und dann zurück vor das richtige Kaliber gebracht
wird.
Es mag dieses Verfahren umständlich und zeitraubend erscheinen, indeſs lassen sich
die kurzen Wegestrecken durch ein kräftiges hydraulisches Triebwerk rasch
zurücklegen und sind mit dieser Methode anderweitige wichtige Vortheile verknüpft:
Zur Bedienung genügt ein einziger Steuerhebel; es ist gleichgültig, ob die Stäbe
schräg auf dem Rollgange liegen; alsdann lassen sich auch krumme Stäbe wenden, indem
derartige sehr lang gebaute Apparate die Stäbe vor der Wendung gerade drücken
können.
Der Sack'sche Gedanke läſst sich auf zwei verschiedene
Arten ausführen.
1) Die Wendehebel werden zu beiden Seiten des Rollganges hinter einander angeordnet,
wobei sie ihre Drehpunkte im Belage erhalten, während der Transport der Stäbe zur
Wendestelle und zurück zum Kaliber durch eine besondere Schleppvorrichtung besorgt
wird.
2) Das Wenden und Verschieben der Stäbe wird durch eine vereinigte Bewegung des
Wendefingers und eines um eine unter den Transportrollen gelagerte Achse
schwingenden Armes bewirkt.
Da die Wendehebel U der ersteren Anordnung (Fig. 1 und 2) zu beiden
Seiten der Rollen A angebracht sind, so liegen
dieselben geschützt auſserhalb des Bereiches der Walzbewegung und lassen sich zu
mehreren auf einer gemeinsamen Achse m anbringen.
Zwischen den Wendehebeln bestreichen die Schleppnasen n
den Raum vor dem Walzwerke und schieben die Stäbe nach rechts oder links. Diese
Schleppnasen sind auf die Zahnstangen R genietet, welch
letztere in die Zahnräder Q eingreifen, die auf der zur
linken Seite des Rollganges gelagerten Betriebsachse P
festgekeilt sind. Auf dieser hydraulisch in Rotation versetzten Achse sitzen ferner
noch die Räder S, welche die Zahnstangen T verschieben. Letztere haben vorstehende Nocken t, welche durch Anstoſsen an die Gabeln p auf den Achsen m die
Wendehebel hochstellen, bevor sie in der Endstellung rechts oder links angelangt
sind. Und zwar geschieht das Hochstellen der Wendehebel jedesmal, wenn der zu
wendende Stab durch die Schleppnasen bereits an die richtige Stelle geschoben
ist.
Es sei z.B. der zu wendende Stab nach links geschoben und am Ende der Rolle angelangt
(Position a
Fig. 1),
alsdann wird er auf die schiefe Ebene des Guſsstückes V
geschoben (b). Inzwischen wird der Wendehebel
hochgestellt und die Schleppnase geht unter dem Stabe durch (c). Nunmehr wird der Stab die schiefe Ebene wieder hinunter gleiten,
unterstützt durch die immer schräger werdende Stellung der Wendehebel U, um schlieſslich, auf den Transportrollen angelangt,
von den Wendehebeln vollständig aufrecht gestellt zu werden (d), womit die Viertelwendung vollendet ist. Die Schleppnasen n befinden sich nunmehr links vom Stabe, während sie
früher auf der anderen Seite waren; es kann also der Stab jetzt wieder soweit als
nöthig nach rechts geschoben werden. – An der anderen Seite wirkt der Apparat in
derselben Weise. Nach dort ausgeführter Wendung sind die Schleppnasen wieder rechts
vom Stabe und können ihn wiederum nach links schieben. Der Stab kann also in
beliebiger Weise nach der einen oder anderen Seite gebracht und gewendet werden,
womit allen Anforderungen, bezüglich der mechanischen Bedienung des Walzwerkes
genügt ist.
Vor dem Austritte eines Stabes werden Schleppnasen n und
Wendehebel U in die – . – . – . gezeichnete Stellung
links in Fig.
1 oder in die gleiche Lage auf der anderen Seite gebracht, in welcher sie
durch die Winkel V geschützt sind und nicht durch einen
krumm austretenden Stab umgerissen werden können. In dieselbe geschützte Position
kehrt man auch zurück beim Einstecken eines langen Stabes, um Schleppnasen und
Wendehebel vor dem Peitschen des dem Walzwerke zueilenden Endes zu bewahren.
Aeuſserlich ganz verschieden von diesen Apparaten mit zwei Reihen seitlich vom
Rollgange befindlicher Wendehebel ist die Anordnung von Fig. 3 und 4. Bei derselben sitzt der
Bedienungsapparat auf der gemeinsamen Achse B, welche unter den
Rollen A des Rollganges gelagert ist. Die Lagerung von
B geschieht in den langen Hülsen J, welche der Länge nach getheilt sind und in der Mitte
eine kugelförmige Wulst haben. Diese Wulst wird von einem Lager L umschlossen und hindert der Keil k jede Drehung der Hülse. Die Lager L sind auf die Träger M
montirt und verbleibt somit in der Grube unter den Rollen freie Passage zur
Entfernung heruntergefallenen Glühspans. Vor solchem ist das Triebwerk des Apparates
durch vollständige Einkapselung geschützt.
Auf den Hülsen J sitzen die ebenfalls zweitheiligen
Räder D, während auf der Achse B, die man sich in Fig. 4 noch weiter nach
rechts fortgesetzt zu denken hat, die Guſsstücke C
aufgekeilt sind, die gehäuseartig das Triebwerk umschlieſsen. Die Wendefinger H drehen sich um den Bolzen F1 durch Vermittelung des Zahnrades G. Letzteres greift in das Zwischenrad E und dieses in das feststehende Rad D ein. Die Räder E und G erhalten, abgesehen von den Bolzen F, nochmals am äuſseren Umfange in dem Guſsstücke C Führung, um eine sehr widerstandsfähige Lagerung zu
erzielen.
Schwingt nun die Achse B, indem die hydraulisch
angetriebene Zahnstange N das Ritzel O in Bewegung versetzt, so wird auch der Wendefinger
H rotiren und mit dem Guſsstücke C durch den zwischen den Rollen AA belassenen Raum hindurch über die Hüttenflur treten. Er ist dadurch im
Stande, den auf den Rollen liegenden Block oder Stab zu wenden und zu verschieben,
um das Walzwerk in allen Fällen mechanisch zu bedienen. Dies soll in Nachfolgendem
gezeigt werden.
Beim Austritte eines Stabes nimmt der Apparat entweder die Stellung von Fig. 3 oder die
entgegengesetzte Lage ein, je nachdem die Kaliber auf der rechten oder linken Seite
der Walze benutzt werden. Die Form des Guſsstückes C
ist so gewählt, daſs sich in diesen beiden Endlagen – die Achse B schwingt um 180° – der Rücken von C wagerecht zwischen die Transportrollen A setzt und auf diese Weise eine Art Belag zwischen den
Rollen bildet. Der Rücken von C ist stark abgerundet,
so daſs nach unten gekrümmte Enden hinaustretender Stäbe an ihm abgleiten, oder aber
kurze Blöcke beim Heranrollen zum Walzwerke verhindert werden, sich zwischen den
Rollen festzusetzen. Kleine Stücke, welche beim Walzen von dem Blocke abbröckeln,
fallen in die Grube unter den Rollen hinunter, groſse Stücke werden mit der Zange
entfernt, wenn man nicht vorziehen sollte, auch sie in die Grube fallen zu lassen,
was bei einer folgenden Drehung des Apparates stattfinden würde. Ein Festklemmen
derselben kann nicht eintreten.
In allen Fällen kann die Bedienung auf mechanischem Wege geschehen und ist die Achse
B etwa 14m lang
zu denken, mit entsprechend vielen Wendern.
Wäre nun ein mit Grat behafteter Stab, nachdem er rechts gewendet, wieder auf seine flache Seite
umgefallen, so hätte man denselben nach links zu schaffen, dort zu wenden und wieder
nach rechts vor sein Kaliber zu bringen.
In gleicher Weise hat man zu verfahren, wenn ein von den Walzen spieſskantig
gefaſster Stab in das vorhergehende Kaliber zurück zu bringen ist oder wenn man aus
Versehen den Stab an dem beabsichtigten Kaliber vorbeigeschoben hatte.
Es ist zu bemerken, daſs sich die Vorrichtung mit seitlich angeordneten Wendehebeln
gegebenen Verhältnissen besser anpassen und auch da anbringen läſst, wo die
Transportrollen A (vgl. Fig. 1 mit Fig. 2 und 3) in gröſserem Abstande
von der Walze kürzer sind, als direkt vor derselben. Auch sind dabei kleinere
Abstände der Transportrollen unter einander zulässig. Dagegen zeichnet sich die
andere Construction durch vollständige Unabhängigkeit vom Rollgange aus; wenn an
demselben etwas in Unordnung geräth, so wird der Kantapparat weniger in
Mitleidenschaft gezogen. Auch dürfte ihr überall da der Vorzug gebühren, wo es sich
um das Wenden langer Stäbe handelt, indem dieselben durch den Apparat selbst
ungefähr gerade gerichtet werden können, wenn man auf dem Belage an geeigneter
Stelle Winkel befestigt, gegen welche der Stab vor der Wendung gedrückt wird. Ferner
dürfte diese Anordnung auch bei der Fabrikation schwerer Träger im Wendewalzwerke
gute Dienste leisten. Befindet sich vor jedem Gerüste einer solchen Straſse ein
Roll- und Kantapparat und vermittelt ein Schleppzug den Transport von Gerüst zu
Gerüst, so kann auch hier die Bedienung auf mechanischem Wege erfolgen.
Beim Walzen von Trägern u.s.w. kommen vorwiegend nur Halbwendungen der Stäbe in
Betracht, welche sich mit den vorliegenden Apparaten ebenfalls ausführen lassen.
Setzt man an Stelle des annähernd quadratischen Profiles, solches von mehr
länglich-rechteckiger Grundform, wie sie bei der Kalibrirung der - und
⊔-Eisen vorkommen, so wird der aufrecht stehende Querschnitt sicher umkippen, wenn
die vorhergehende Wendung mit gehöriger Geschwindigkeit ausgeführt würde.
Da das Gewicht der Blöcke eines mechanisch bedienten Walzwerkes ziemlich gleichgültig
ist, so ist es mittels Kantapparaten ohne Schwierigkeit möglich, schwere Stücke zu
verwalzen. Die Leistungsfähigkeit des Walzwerkes würde also erhöht, während die
Fabrikationskosten vermindert würden.
Wir hatten Gelegenheit, die zweite Constructionsart des Sack'schen Kantapparates an einem Modellapparate ausgeführt zu sehen und
gestehen, daſs derselbe in tadelloser Weise functionirte. Der Erfinder ist stets
gerne bereit, das Modell Interessenten vorzuführen. In der Patentanmeldung sind
folgende Ansprüche erhoben:
1) Ein Apparat für mechanische Bedienung von Wendewalzwerken in Verbindung mit
Transportrollen vor dem Walzwerke, bei welchem die Wendehebel in zwei Reihen
angeordnet sind, zu beiden Seiten der Transportrollen je eine Reihe, wovon die
Wendehebel auf der rechten Seite nach links, die auf der linken Seite aber nach
rechts wenden in Verbindung mit einem Schleppzuge, welcher die Blöcke oder Stäbe zur
Wendestelle schafft, nach rechts oder links, und sie von da wieder zurück vor das
richtige Kaliber bringt.
2) Ein Apparat zur mechanischen Bedienung von Wendewalzwerken, bei welchem je ein
Wendehebel H auf Armen bezieh. Guſsstücken C drehbar angebracht ist, welche auf einer gemeinsamen,
unter den Transportrollen gelagerten Achse B befestigt
sind und durch diese in pendelartige Schwingungen versetzt werden, wobei die
Wendehebel und die Kopfstücke besagter Arme C über die
Transportrollen treten, durch den zwischen letzteren belassenen freien Raum und
wobei die Wendehebel durch die mit ihnen verbundenen Zahnräder G von den Zahnrädern D
aus, welche concentrisch um die Achse B unbeweglich
angeordnet sind, durch Vermittlung der mit dem Arme C
in Verbindung stehenden Zwischenräder E in Rotation
versetzt werden, und so zwar, daſs die zu wendenden Blöcke oder Stäbe nach rechts
oder links zur Seite geschoben, dort gewendet und wieder zurück vor das richtige
Kaliber gebracht werden. (Nach Stahl und Eisen, 1888 S.
440.)