Titel: | Neuere Schön- und Widerdruckmaschinen. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 196 |
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Neuere Schön- und Widerdruckmaschinen.
Patentklasse 15. Mit Abbildungen auf Tafel 11.
Neuere Schön- und Widerdruckmaschinen.
Die Schön- und Widerdruck-Schnellpressen, auch Completmaschinen genannt, bedrucken
bekanntlich jeden Bogen bei einmaligem Durchgange durch die Maschine auf beiden
Seiten, so daſs ein nochmaliges Anlegen überflüssig wird. Sie besitzen im
Allgemeinen zwei Druckcylinder mit zwei Druckformen, welche beim Hingange den
Schöndruck und beim Rückwege den Widerdruck erzeugen. Die Maschinen haben in
Frankreich, England und Amerika häufiger für Zeitungsdruck Anwendung gefunden, sind
indessen in Deutschland nie sonderlich beliebt gewesen und nicht viel verwendet
worden. Neuerdings haben sich indeſs neben dem Auslande auch deutsche Constructeure
an dem Schaffen neuer Formen betheiligt.
In erster Linie ist hier eine Completmaschine von Edgar König in Kloster Oberzell in Würzburg (* D. R. P. Nr. 43052 vom 8.
September 1887) zu nennen, welche als wesentlichste Neuerung die Einschaltung einer
Wendetrommel zwischen die beiden Druckcylinder zeigt, zum Wenden des einseitig
bedruckten Bogens. Die Maschine erscheint als eine in zweckentsprechender Weise
erfolgte Vereinigung zweier einfacher Kreisbewegungsmaschinen, derart, daſs nur ein
Bewegungsmechanismus unter Beibehaltung des alten Weges die beiden Formen und Druckcylinder
bewegt. Das Bedrucken des Bogens erfolgt dabei in der Weise, daſs der bei dem ersten
Hingange des Karrens auf der einen Seite bedruckte Bogen während des Rückganges des
Karrens durch die Wendetrommel gewendet und dann beim zweiten Hingange der Formen
auf der anderen Seite bedruckt wird. Es werden mithin beide Drucke gleichzeitig auf
dem Hinwege des Karrens, aber auf zwei Bogen, erzeugt.
Hieraus ergibt sich ferner, daſs die zwei Druckcylinder nicht wie bei anderen
Completmaschinen beständig rotiren, sondern während des Rückganges der Formen wie
bei gewöhnlichen Maschinen durch Auffanggabeln festgehalten werden müssen. Dadurch
ist das Anlegen der Bogen gegen Marken während des Stillstandes und die Benutzung
von Greifern ermöglicht.
Wie Fig. 1 Taf.
11 erkennen läſst, berühren sich der Schöndruckcylinder A und der Widerdruckcylinder B nicht, wie bei
anderen Completmaschinen, und gestatten damit das Dazwischenlegen eines zweiten
Farbwerkes F2. Ueber
beiden Cylindern liegen die Greifertrommel G und die
Wendetrommel T zur Ueberführung des Bogens auf den
Widerdruckcylinder B. Die Entfernung der Druckcylinder
wird durch die Gröſse der Wendetrommel bestimmt, und deren Abmessung wieder durch
das gröſste Format.
Die Führung des zu bedruckenden Bogens durch die Maschine, für welche sich drei
Perioden unterscheiden lassen, geschieht in folgender Weise. Es sei von dem ersten
Bogen ausgegangen, welcher zur Anlage gelangt. Der auf dem Anlagebrette C zugeschobene Bogen wird von den Greifern a des Schöndruckcylinders A erfaſst und erhält beim ersten Hingange des Formenkarrens K auf der Form S seinen
Schöndruck. Gleichzeitig macht der Widerdruckcylinder B
seine erste Umdrehung, druckt indeſs bei dieser Tour der Maschine nicht. In
bekannter Weise wird nun im weiteren Verlaufe der jetzt einseitig bedruckte Bogen
von den Greifern a den Greifern b der Trommel G übergeben und von diesen so
weit geführt (punktirt Fig. 1), daſs am Ende
dieses Hinganges der Formen die Vorderkante a den
Greifern c der Wendetrommel T gegenübersteht. Im gleichen Momente öffnen sich die Greifer b und geben den Bogen frei, während die Druckcylinder
A und B von den
Auffanggabeln m1
m2 aufgefangen sind und
stillstehen.
Die Wendetrommel T, welche in später zu beschreibender
Weise ihren Antrieb erhält, hat sich während des ersten Zeitmomentes mit dem
Widerdruckcylinder B entgegengesetzt der Pfeilrichtung
gedreht, und sind ihre Greifer c in demselben
Augenblicke, in welchem der Karren K den Umkehrpunkt
(rechts) erreicht hat, in die nöthige Stellung gebracht, um den Anfang a des Bogens erfassen zu können. Hiermit ist die erste
Periode beendigt.
Während der Karren seinen Rückweg macht und die Druckcylinder AB und mit ihnen die Greifertrommel G (welche
mit Cylinder A in Verbindung steht, dagegen sich nicht
in Eingriff mit Wendetrommel T befindet) stillstehen,
wird der Bogen gewendet, indem die Wendetrommel, unabhängig bewegt, eine Umdrehung
in der Pfeilrichtung macht. Im gleichen Momente, in welchem der Karren seinen
Rücklauf beendet und abermals im todten Punkte (links) steht, hat auch die
Wendetrommel ihre Umdrehung vollendet und befindet sich nun das Ende β des Bogens in gleicher Linie mit der Ueberlage des
Cylinders B.
Während des Ueberganges der Bewegung zum zweiten Hingange des Karrens K schlieſsen sich die Greifer d des Widerdruckcylinders B und erfassen den
Bogen an seinem hinteren Ende β.
Während des nun beginnenden dritten Zeitmomentes sind die Functionen der Maschine die
gleichen wie im ersten. Während die Formen wieder ihren Hingang machen und der von
den Greifern d erfaſste gewendete Bogen auf der
zugehörigen Form W auf seiner anderen Seite den
Widerdruck erhält und dann abgeleitet wird, gelangt gleichzeitig der zweite bei C angelegte Bogen zum Schöndruck, und nimmt dann wie
der vorhergehende seinen Weg durch die Maschine. Es werden also schon beim zweiten
Hingange der Formen gleichzeitig ein Schön- und ein Widerdruck hergestellt, indeſs
nicht auf ein und demselben Bogen, sondern derart, daſs der bei der vorhergehenden
Umdrehung der Maschine mit dem Schöndrucke versehene Bogen erst bei der nächsten
Tour seinen Widerdruck erhält. Die Maschine liefert mithin für jede Umdrehung, mit
Ausnahme der ersten und letzten, einen auf beiden Seiten bedruckten Bogen.
Die beiden Druckcylinder werden nicht wie bisher unabhängig von der Form in
ununterbrochener Drehung erhalten, sondern sind, wie bei jeder Maschine mit
Kurbelbewegung, in unmittelbarem Eingriffe mit der Karrenzahnstange und werden in
bekannter Weise angehalten. Die Führung des Formenkarrens K erfolgt ebenfalls in bekannter Weise mittels Schubstange und
Kreisbewegung B. Der Weg bleibt hierbei völlig
unverändert, und nur die Bahn und somit die gesammte Maschine wird um so viel länger
als die einfache Kreisbewegungsmaschine als die Länge der zweiten Form W beträgt.
Der Antrieb der Wendetrommel erfolgt von der Welle p2 aus, von welcher aus auch die Auffanggabel m2 bethätigt wird,
mittels Kurbel-Scheibe Z und Schubstange n, welche ihre Bewegung auf eine unabhängig in einer
Führung am Seitengestelle gelagerte Zahnstange v
übertragen. Von dieser aus wird die Bewegung mittels Zwischenräder ql und eines auf der Cylinderachse B lose laufenden Rades der Wendetrommel mitgetheilt.
Der Kurbelzapfen der Scheibe Z ist in einer Führung
radial verschiebbar und wird entsprechend der Formatlänge eingestellt. Für das
gröſste Format macht die Trommel T eine ganze
Umdrehung, und ist ihr
Umfang so gewählt, daſs das hintere Ende des Bogens nach Beendigung der Umdrehung in
die gleiche Linie zu liegen kommt mit der Linie, in welcher die Greifer des
Widerdruckcylinders B den Bogen fassen. Bei kleinerem
Formate muſs mithin die Umdrehung der Trommel kleiner werden, was durch Verstellung
des Kurbelzapfens auf der Scheibe Z bewirkt wird.
Das jeweilige Arbeiten der Greifer wird durch unrunde Scheiben erzielt, welche auf
den Cylinderachsen lose schwingen und von Nuthenscheiben der Welle l bethätigt werden, und in Zusammenwirkung mit Federn
in bekannter Weise die Greifer im richtigen Momente entsprechend öffnen und
schlieſsen.
Um ein Wenden der Auftragwalzen auf den Formen zu vermeiden, werden die ersteren
durch unebene Laufschienen periodisch so gehoben, daſs sie, während die nicht
zugehörige Form unter ihnen durchpassirt, sich oben befinden und sich erst auf die
zugehörige Form senken. Demgemäſs wird die Form S nur
vom Farbwerke F1, und
W nur von F2 eingeschwärzt.
Zu erwähnen ist noch, daſs diese Schön- und Widerdruckmaschine auch als
Zweifarbenmaschine mit getrennter Zurichtung benutzt werden kann, wenn statt der
Wendetrommel zwei Greifertrommeln eingeschaltet werden, so daſs der Bogen ungewendet
an den zweiten Cylinder B übergeben wird.
Fig. 2 Taf. 11
zeigt eine neue Schön- und Widerdruckschnellpresse der bekannten Firma Jules Derriey in Paris (* D. R. P. Nr. 43 871 vom 17.
Juli 1887). Diese Maschine besitzt zwei Druckcylinder und zwei auf
gemeinschaftlichem Karren befindliche ebene Satzformen und bewirkt das beiderseitige
Bedrucken des Bogens eventuell unter Benutzung eines Schmutzbogens, während eines
Hin- und Herganges des Fundamentes. Die bei ähnlichen Pressen üblichen
Einrichtungen, die cardanischen Gelenke, die elliptischen oder ähnlichen Zahnstangen
und die zum abwechselnden Heben der Druckcylinder nöthigen Mittel, sind hier in
Wegfall gekommen, und ist die Gröſse der Presse im Vergleiche mit älteren
geringer.
Das die beiden Schriftformen tragende Fundament ruht auf den Rollen l (Fig. 2 Taf. 11), welche
auf am Gestelle K gelagerten Schienen L laufen, und wird in bekannter Weise mittels Kurbel
angetrieben. Die beiden Druckcylinder B und C werden durch die Auffanggabeln F1
F angehalten und durch Excenter wieder in Bewegung
gesetzt, und arbeiten in der Weise, daſs sich der Cylinder C allein dreht, sobald das Fundament von rechts nach links sich bewegt,
daſs sich dagegen bei entgegengesetzter Bewegung des Fundamentes der Cylinder B dreht, während jetzt Cylinder C stillsteht.
Das Anlegen der Bogen findet auf dem Tische A statt, und
erfassen die Greifer des Cylinders B während dessen
Umdrehung den Bogen und
führen ihn bis zur Centrallinie der beiden Druckcylinder. In diesem Augenblicke hat
der Cylinder B seine Umdrehung vollendet und kommt zum
Stillstande, während das Fundament rechts am Ende seines Weges angelangt ist.
Gleichzeitig öffnen sich die Greifer von B und geben
den Bogen frei, welcher von den sich schlieſsenden Greifern des Cylinders C erfaſst wird. Mit der nun erfolgenden Bewegung des
Fundamentes von rechts nach links beginnt jetzt Cylinder C seine Umdrehung, so daſs der Bogen auf seiner einen Seite den Schöndruck
erhält. Ist das Fundament am linken Ende seines Weges angekommen, so hat Cylinder
C eine volle Umdrehung gemacht und der Bogen ist
wieder in der Centrallinie der Druckcylinder angelangt, jetzt indessen auf dem
Cylinder C liegend; die Greifer von C öffnen sich und die Greifer von B schlieſsen sich, den Bogen wieder erfassend. Im
gleichen Augenblicke beginnt das Fundament seine Bewegung von links nach rechts, und
während nun Cylinder C stillsteht, nimmt Cylinder B den Bogen mit, um ihn auf der zweiten Seite mit dem
Widerdrucke zu versehen.
Die Greifer von B öffnen sich von Neuem, sobald sie bei
der Walze D angelangt sind, und der losgelassene Bogen
wird sodann durch Führungsbänder, ähnlich wie bei anderen Maschinen, auf dem Tische
E ausgelegt. Nachdem die Greifer des Cylinders B den Anlegetisch passirt haben, schlieſsen sie sich
wieder, um einen neuen Bogen zu erfassen, den sie wie vorhin an den Cylinder C übergeben, sobald sie wieder in die Mitte zwischen
die Cylinder gelangt sind, in welcher Weise sich die Arbeiten wiederholen.
Wenn ein Schmutzbogen benutzt werden soll, so wird derselbe von einem zweiten, bei
dem Tische F stehenden Bogeneinleger angelegt und durch
Walzen und Bänder weiter zwischen den einseitig bedruckten Bogen und den Cylinder
B geführt.
Der abgewickelte Umfang der Druckcylinder ist genau gleich dem vollen wagerechten
Wege des Fundamentes in einer Richtung. Von der Oberfläche der Druckcylinder dient
mithin weniger als die Hälfte als Druckfläche und ist hier mit Ueberzug versehen.
Der übrige Theil des Cylinderumfanges, welcher während des jeweiligen Stillstandes
der Cylinder den Schriftformen zugewandt ist, hat mithin einen um die Dicke des
Ueberzuges geringeren Durchmesser. Hierdurch ist das Passiren der Schöndruckform
unter dem Widerdruckcylinder B, und umgekehrt,
ermöglicht.
Die Farbapparate sind bekannter Art und werden, wie die Figur erkennen läſst, die
Auftragwalzen zeitweilig gehoben, um ein Einfärben der nicht zugehörigen Form zu
vermeiden.
Sollen mit der Presse zwei Bogen einseitig bedruckt werden, so ist ein zweiter
Einleger nöthig, welcher die Bogen auf dem Tische G
anlegt. Es tritt dann eine Veränderung dahin ein, daſs das Oeffnen und Schlieſsen der Greifer in
der Centrallinie der Cylinder abgestellt wird, und der vom Cylinder C erfaſste Bogen mittels des Abnehmecylinders D1 auf den Tisch E1 ausgelegt wird.
K.
(Fortsetzung folgt.)