Titel: | Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick. |
Autor: | Fr. Kick |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 303 |
Download: | XML |
Ueber Neuerungen im Mühlenwesen; von Prof. Fr. Kick.
(Patentklasse 50. Fortsetzung des Berichtes Bd. 269 S. 488.)
Kick, über Neuerungen im Mühlenwesen.
Der Berichterstatter sollte nun über die weiteren Neuerungen auf dem Gebiete des Siebens oder Sichtens
berichten, ist jedoch mit Rücksicht auf das bereits im 268. Bande S. 299 Gesagte
veranlagst, diesen Theil des Berichtes noch weiter zurückzuhalten. Es dürfte dies
halben oder verhüllten Mittheilungen vorzuziehen sein. Es sei gestattet, zum
nächsten Abschnitte überzugehen.
Griesputzmaschinen. Es wurde bereits im Beginne des
Berichtes 1888 268 294) die interessanteste und wie ich
glaube auch wichtigste Neuerung auf diesem Gebiete, die Dunstputzmaschine von Emil Weiſs und Louis
Fränkel besprochenIn der Mühle, 1888 S. 249, findet sich eine
Mittheilung über die Dunstputzmaschine von Hermann
Dietz in Berlin, welche nahezu eine Nachbildung der Weiß'schen Anordnung ist, mit dem
hauptsächlichen Unterschiede, daſs das Tuch, welches bei Weiß Wellenbewegungen erhält, ersetzt ist durch
eine platte, welche mit dem Siebrahmen gleich der Decke eines Blasbalges
mittels Leder o. dgl. verbunden ist. Saug- und Druckluft wechseln auch hier
in Folge Auf- und Abbewegung der Platte, doch ist die Saugluftmenge gröſser
als jene der Druckluft, weil durch sich öffnende Klappen beim Niedergange
der Platte Luft entweichen kann. Man hat es hier nicht mehr mit reinen
Luftwellen, sondern vorherrschend mit einem Ansaugen von Luft durch eine
blasbalgähnliche Vorrichtung zu thun. Ingenieur V.
Hanak in Breslau hat über das Sieb geradezu einen Blasbalg gesetzt,
welcher nur saugend wirkt (Mühle, 1887 S 580),
allerdings mit Unterbrechungen, wodurch eine hüpfende Bewegung des Putzgutes
auf dem Siebe entstehen muſs. Richtig ausgeführt vermögen auch diese
Anordnungen gut zu arbeiten.. Von denselben Erfindern liegt auch
ein zweites Patent (Nr. 37830 vom 16. April 1886) vor, welches auf Reinigungswalzen
an „Griesputzmaschinen“ lautet, nach welchem statt den aus Brettchen allein
gebildeten Abtheilungen der gewöhnlichen mit Stoſs- oder Saugwind arbeitenden
Griesputzmaschinen, Reihen von neben und über einander liegenden Walzen und
Abstreichbrettchen diese Abtheilungen bilden. Diese Walzen sollen eine Verlegung der
Abtheilungen durch Mehl- und Dunsttheilchen verhindern. Wenn es nun auch wahr ist, daſs dieses
Verlegen namentlich bei verschlossen gehaltenen Griesputzmaschinen oft störend
auftritt, so ist das einfachste Mittel, diesem Uebelstande abzuhelfen, das, die
Maschine für die Reinigung leicht zugänglich zu machen. Hierin wird auch der
Hauptvortheil einer neuerlich von Carl Haggenmacher in
Pest eingeführten Griesputzmaschine gelegen sein.
Zu jenen Griesputzmaschinen, welche mit einem Plansiebe arbeiten, durch welches
fortgesetzt ein schwacher Luftstrom gegen aufwärts getrieben oder gesaugt wird –
Prinzip Cabanes – gehören mehrere, auch in jüngster
Zeit wieder etwas abgeänderte Ausführungsformen von A.
Millot in Zürich. Müht wendet mehrfach zwei
bis vier Siebe über einander an und hat auch speciell zum Reinigen der Maisgriese eine solche Maschine eingeführt.
Hierher gehören auch die Patente von Gustav Daverio in
Zürich (D. R. P. Nr. 37843 vom 5. Juni 1886) und Alfons
Steiger in London (D. R. P. Nr. 39841 vom 4. September 1886). Beide
beabsichtigen die Luftströmung durch das Sieb den einzelnen Abschnitten desselben
besser anzupassen und sucht dies Daverio dadurch zu
erreichen, daſs er den Siebrahmen oder Kasten mit Geweben verschiedener Feinheit
überspannt, während Steiger über dem Siebrahmen
stellbare Klappen anordnet. In beiden Fällen ist der Widerstand, welchen die Luft
bei ihrer Bewegung erleidet, für die verschiedenen Theile des Siebes verschieden,
wie es wohl mit Rücksicht auf die von oben gegen unten zu abnehmende Menge des auf
dem Siebe liegenden Putzgutes wünschenswerth erscheint.
Werthvoller dürfte für manche Fälle wohl das von Gustav
Daverio patentirte Plansieb (D. R. P. Nr. 38108 vom 4. April 1886) sein,
bei welchem die Auswechselung des Siebes, d. i. der Uebergang von einer Siebnummer
zu einer anderen besonders erleichtert, ja während des Betriebes möglich ist.
Zu diesem Zwecke werden Gazestücke verschiedener Nummer quer zusammengefügt, so daſs
die, den Rahmen erheblich an Länge übertreffende Gaze auf zwei Walzen, an beiden
Enden des Siebrahmens, aufgewickelt sein und doch mit einem Theile den Boden des
Rahmens bilden kann. Je nachdem nun die Gaze von der einen Walze ab und auf die
andere aufgewickelt wird, gelangt ein anderer Theil derselben zur Verwendung. Die
Walzen dienen zugleich dazu, die Gaze in der Längenrichtung zu spannen, während die
Querspannung dadurch erzielt wird, daſs die an den Längsseiten des Gewebes
eingenähten Schnüre in entsprechenden Nuthen querverstellbarer Leisten hinlaufen.
Werden diese Leisten durch einen einfachen Mechanismus von kniehebelartig wirkenden
Querverbindungen, auf welche eine Schraube einwirkt, aus einander gedrückt, so wird
die Gaze quer gespannt. Soll das Sieb geändert werden, so behebt man zuerst die
Querspannung, benützt hierauf die Walzen zur Längsbewegung der Gaze und hat man die
gewünschte Aenderung der Siebnummer erzielt, so spannt man das Sieb zuerst in der
Längen-, dann in der Querrichtung. All dies kann selbst während des Betriebes
geschehen.
Carl Christian Ruth in Diez a. d. L. (D. R. P. Nr. 36409
vom 10. November 1885) legt oben in einen abgeschlossenen Kasten einen
Griessortircylinder. Die durch denselben fallenden Griese treffen gegen ein System
schräg unter einander angebrachter Gleitflächen (schiefer Ebenen), zwischen welchen
sich ein Luftstrom bewegt, welcher von den Jalousien der einen Kastenwand kommend
und gegen ein endloses, die andere Kastenwand bildendes Filtertuch gehend, die
leichten Theile, Kleie, mitnehmen soll. Die Anordnung kann für kleine Mühlen einigen
Werth haben, bringt aber Ueberschlag und Kleie zusammen und schlieſst daher schon
hierdurch ein schärferes Putzen aus.
Die Griesputzmaschine des Amerikaners William
Klostermann in Young (D. R. P. Nr. 37332 vom 19. Januar 1886) ist insofern
originell, als sie gleichzeitig Druck- und Saugwind verwendet; im Uebrigen ist die
complicirte Anordnung als eine mechanische Verirrung zu bezeichnen, sowohl deshalb,
weil man mit viel einfacheren Mitteln denselben Erfolg erzielen kann, als deshalb,
weil die beiden symmetrischen Maschinenhälften der verschieden reichlichen
Beschüttung oder Grieszuführung wegen (erzielt durch eine rotirende Trommel, in
deren Inneren die eigentliche Griesputzmaschine eingebaut ist) ganz ungleich
arbeiten müssen.
Zum Schlusse sei noch erwähnt, daſs die elektrischen
Griesputzmaschinen, welche seiner Zeit Geo T.
Smith mit elektrisch gemachten Walzen erfand, in abgeänderter, verbesserter
Form, indem statt der Walzen Scheiben zur Anwendung
gebracht sind und die Absonderung der Kleien durch einen leichten Luftstrom
befördert wird, durch Ingenieur Jos. Kuhnmünch in
Röttingen in Deutschland eingeführt wurden. Dieselben sollen sich für das Putzen von
Dunst gut eignen.
Die neueren Mehlmischmaschinen seien gleichfalls noch in
Kürze besprochen, obwohl sie nicht geeignet erscheinen, die bewährte Mischmaschine
mit Streuteller zu verdrängen. Rudolf und Josef Gawron in Grabow (D. R. P. Nr. 34431 vom 10. Mai
1885) hebt die zu mischenden Mehle aus einer Gosse mittels Becherwerkes in eine
wagerechte im Querschnitte eckige (⊔) Rinne, deren Boden einen diagonalen Schlitz
besitzt. Das Mehl wird durch Querleisten, welche auf einer endlosen bewegten Gurte
angebracht sind, in der Rinne vorgeschoben und fällt durch den Bodenschlitz in einen
darunter befindlichen Mischkasten, aus welchem es durch Mehlschrauben
hinausbefördert wird. Die Mischung wird durch unter der Rinne angebrachte
Leitbrettchen und Klappen befördert. – Die Mischmaschine von Eugen Warth in St. Ingbert (D. R. P. Nr. 36039 vom 3. Januar 1886) läſst
aus mehreren im Kreise angeordneten Gossen die zu mischenden Mehle durch entsprechende
Oeffnung der Gossenschieber auf eine Scheibe fallen, über welcher Abstreicher
rotiren, welche die Mehle gegen in der Scheibe angebrachte Schlitze führen, durch
welche sie in eine unten befindliche Gosse fallen. – H.
Weber und G. Zeidler in Görlitz (D. R. P. Nr.
38 362 vom 20. Juli 1886) füllen die zu mischenden Mehle in eine Gosse, in welcher
Zwischenwände, Mehlsorten trennend, eingehängt sind. Am unteren Gossenende ist eine
Mehlschraube angebracht, welche von jeder Sorte gleichzeitig Mehl ab- und einem
Elevator zuführt. Dieser hebt das Mehl in eine Rinne, welche über dem eigentlichen
Mischkasten angebracht und unten offen ist. Das Mehl füllt so allmählich den Kasten
in schrägen Schichten, wie selbe einerseits dem Böschungswinkel, andererseits
schrägen, unter etwa 60° gestellten Zwischenwänden des Kastens entsprechen.
Unterhalb der schrägen Abtheilungswände liegen Walzen mit rechts- und linksgängiger,
daher gekreuzter Riffelung, welche das Mehl nach unten ziehen, wo mehrere
Mehlschrauben es abführen. – Die Mischmaschine von Lud.
Eduard Mühlau in Würzen (D. R. P. Nr. 41534 vom 22. März 1887) ist eine
Mischtrommel, in welcher ein fester Schaufelrechen angebracht ist, dessen schräg
gestellte Schaufeln das Mischgut vom Einlaufe gegen den Auslauf befördern. Der
Rechen ist einerseits mit dem Einlaufrohr-, andererseits mit dem
Auslaufrohr-Gestelle verbunden, die Trommel ruht mit eisernen Laufkränzen auf vier
Frictionsrollen, von welchen aus sie ihre Bewegung erhält. Die Maschine ist bei
einem Fassungsraume von 50 Centner für eine stündliche Leistung von 25 Centner
bestimmt und von der Maschinenfabrik Aug. Deutloff in
Würzen gebaut.
Als weitere beachtenswerthe Hilfsmaschine sei die Kleiepresse von Nagel und Kamp in Hamburg
erwähnt. Die Kleie, welche bekanntlich ein groſses Volumen bei geringem Gewichte
einnimmt, läſst sich durch geeignete Behandlung mit trockenen Wasserdämpfen und
folgendes Pressen in Form dichter Kuchen bringen, welche bei Weizenkleie nur ⅕ bis ⅙
des Raumes einnehmen, welchen ungepreſste Kleie füllt. Die stündliche Leistung der
doppeltwirkenden Presse soll nach der Mühle, 1888 S.
234, 400 bis 500k bei 6 bis 7 betragen.
Die Behandlung der Kleie mit Dampf scheint den Zweck zu haben, statt der Luft
trockenen Dampf zwischen die Kleietheilchen zu bringen, damit diese leicht an
einander gepreſst werden können; das sich dabei bildende Dextrin wird zugleich als
Klebstoff wirken. Die Presse hat zwei wagerechte Preſscylinder und die in einer
geraden Linie liegenden beiden Preſskolben werden von einer gekröpften Welle
angetrieben. Beim Rückgange des Kolbens fällt Kleie in den Cylinder, beim Vorgange
wird dieselbe gegen ein Mundstück gepreſst, aus welchem es als endloser Strang
austritt.
Zum Schlusse sei, obwohl in eine andere Patentklasse gehörig, die
Mehltrockenmaschine von L.
Decken in Berlin (D. R. P. Kl. 53 Nr. 25326 vom 10. April 1885) erwähnt.
Sie besteht aus mehreren mit Dampf geheizten, auf gemeinsamer, senkrechter Hohlachse
angebrachten Tellern, welche in einem Kasten, aus dem die Dünste abgesogen werden,
rotiren. Das zu trocknende Mehl wird oben durch ein Zellenrad zugeführt; gesagt auf
einen Zwischenboden, welcher von dem Mantel des Kastens Ms nahe zur Achse reicht,
gegen welche es durch rotirende, schräge Flügel befördert wird; fällt durch die
Mittelöffnung auf den ersten erwärmten rotirenden Teller; wird auf diesem durch
Flügel (Streichbleche), welche an der unteren Seite des obersten Zwischenbodens
befestigt sind, gegen auswärts befördert; fällt über den Tellerrand auf den zweiten
Zwischenboden; wird auf diesem durch Flügel an der Tellerunterseite gegen die Achse
gezogen, um durch die Mittelöffnung auf den zweiten Teller zu gelangen u.s.w.
Schlieſslich gelangt das Mehl in einen Cylinder, in welchem ein Kolben hin und her
geht und das Mehl ruckweise in gepreſstem Zustande aus dem verjüngten Fortsatze des
Cylinders preſst. Hier soll das Mehl mit einem indifferenten Grase (Kohlensäure) in
Berührung kommen und nur diese absorbiren und so vor der nachtheiligen Einwirkung
des Sauerstoffes der Luft bewahrt sein (vgl. 1887 263
382).
(Fortsetzung folgt.)