Titel: | Ueber die Herstellung der Teppiche unter besonderer Berücksichtigung der Knüpfteppiche. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 337 |
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Ueber die Herstellung der Teppiche unter
besonderer Berücksichtigung der Knüpfteppiche.
Mit Abbildungen auf Tafel
19 ff.
Ueber die Herstellung der Teppiche.
Die Teppiche sind nach ihrer Herstellungsweise entweder einfache Gewebe, oder
Doppelgewebe, oder sammtartige Gewebe, oder endlich Knüpfteppiche, zu welchen
letzteren sich auch die Gobelins rechnen lassen.Kick und Gintl, Technisches Wörterbuch;
Karmarsch, Handbuch der mechanischen Technologie.
Zu den „einfachen Teppichen“ gehören: Die Kuhhaarfuſsdecken, zu deren
Anfertigung lediglich geschlagenes von Hand aus versponnenes Kuhhaar in Form
zweidrähtigen Zwirnes zu Kette und Schuſs verwendet wird. Als Bindung findet
Leinwandbindung und vierbündiger bindrechter Köper Anwendung. Durch
verschiedenfarbige Kette und Schuſs werden Streifen und carrirte Muster erhalten.
Als Kette wird auch Werggarn verwendet.
Neben den Kuhhaarfuſsdecken sind hier weiter anzuführen die „Tiroler
Teppiche“. Dieselben haben Leinenkette und Wollschuſs; letzterer kann auch aus
Kuh- oder Ziegenhaar oder Streichgarn begehen. Das Gewebe ist häufig klein
gemustert, mit 10 bis 20 Schäften hergestellt.
Die Britischen Teppiche zeigen ein ripsähnliches Aussehen, indem abwechselnd ein sehr
dicker mit einem sehr dünnen Schusse wechselt. Die Kette besteht aus dünnem
zweidrähtigen Kammgarnzwirne, von welchen je ein schwarzer mit zwei gefärbten Fäden
wechselt. Die letzteren allein betrachtet sind so angeordnet, daſs streifenweise in
verschiedener Breite die Farben wechseln, z.B. grün, roth, braun, gelb u.s.w. Das
Weben geschieht mit einer Jacquardmaschine, welche für jeden dicken Schuſs die
farbigen Fäden innerhalb des Musters hebt, die schwarzen innerhalb des Grundes. Der
feine Schuſs bindet entgegengesetzt. Das Muster erscheint somit oben farbig auf
schwarzem wunde und unten schwarz auf farbigem Grunde. Vom Muster abgesehen ist die
Bindung leinwandartig, wenn die zwischen je zwei schwarzen Kettenfäden liegenden
zweifarbigen Kettenfäden als ein Faden betrachtet werden.
Zu den einfachen Teppichen lassen sich endlich auch diejenigen rechnen, welche in
England unter dem Namen venetian carpets oder stair carpets (Treppenteppiche)
bekannt sind. Die Kette ist von zweifädig gezwirntem Kammwollgarne, der Schuſs
besteht aus drei oder vier nicht zusammengedrehten Fäden von zweifädigem, groben
Leinenzwirne oder einfachem Leinengarne. Die fadenreiche Kette bedeckt hier, ebenso
wie bei den britischen Teppichen, den Schuſs auf beiden Seiten gänzlich, und dieser (der nur
von der erwähnten einen Art ist) wird bloſs durch die Rippen, welche er bildet (3
bis 4 auf 1cm), bemerkbar. Die Muster bestehen aus
mancherlei Streifen, welche in dem leinwandartigen Gewebe durch Farbenabwechselung
der Kette nach Belieben hervorgebracht werden. Die vorstehend beschriebenen
britischen Teppiche sind ursprünglich eine vervollkommnete Nachbildung dieser
venetianischen Teppiche und werden deshalb in England auch als solche
bezeichnet.
Die „doppelten Teppiche“ werden vertreten durch die Kidderminster Teppiche.
Die Kette dieser Doppelgewebe ist zweifädiges gezwirntes Kammgarn, der Schuſs dickes
farbiges Streichgarn. Die Kette ist doppelt, d.h. die eine Hälfte, z.B. die
schwarze, für die obere Seite, die zweite, z.B. die braune, für die untere Seite des
Stoffes. Je nach Erforderniſs des Musters bindet derselbe Schuſsfaden beide Ketten.
Um die Muster rein in der Farbe herauszubringen, wendet man abwechselnd braunen und
schwarzen Schuſs an. Der Harnisch ist in zwei Theile getheilt, der vordere für die
schwarzen, der hintere für die braunen Fäden. Soll nun oben braune Figur auf
schwarzem Grunde und unten schwarze Figur auf braunem Grunde entstehen, so heben
sich beim Eintragen des schwarzen Schusses die Hälfte der schwarzen Kettenfäden und
sämmtliche innerhalb der Figur liegenden braunen Kettenfäden. Der schwarze Schuſs
bindet also oben im Grunde leinwandartig (schwarz mit schwarz), desgleichen unten,
ebenso in der Figur- sämmtliche braune Fäden bedecken ihn oben in der Figur und
unten im Grunde. Folgt nun der braune Schuſs, so hebt sich die Hälfte der braunen
Fäden und sämmtliche auſserhalb der Figur, also im Grunde, liegenden schwarzen
Fäden. Der braune Schuſs bindet mithin nur zwischen braunen Fäden, während die
schwarzen frei liegen, und zwar über ihm im Grunde, unter ihm in der Figur.
Eine grobe Art doppelter Fuſsdeckenzeuge, welche in der Beschaffenheit des Gewebes
mit den Kidderminster Teppichen übereinstimmt, aber nur einfache carrirte Muster
enthält und mittels Schäften und Tritten ohne Hilfe des Jacquards verfertigt wird,
macht man aus Kette von Hanf oder Werg und Einschlag von wollenem Streichgarne oder
Kuhhaargarne.
In England hat man auch einige Abänderungen der Kidderminster-Teppiche versucht,
worunter die sogen. Union carpets und triple carpets erwähnt zu werden verdienen.
Erstere unterscheiden sich dadurch, daſs die zwei auf einander liegenden Gewebe
keine hohlen (gleichsam sackförmigen) Räume zwischen sich lassen, sondern in der
ganzen Flächenausdehnung zusammenhängen, wodurch zwar ein gröſserer Aufwand an
Einschuſsgarn entsteht, aber die Festigkeit, Dauerhaftigkeit und die warmhaltende
Eigenschaft des Gewebes vermehrt wird. Um diesen Zweck zu erreichen, wird jedesmal,
nachdem man von dem Figur- und Grundschusse einen Faden oder einige Fäden eingeschossen hat, sowohl
von der einen Figurkette als von der Grundkette die Hälfte ins Oberfach gehoben und
ein Bindeschuſs eingetragen, der aus Wolle oder Baumwolle bestehen kann und – ohne
sichtbar zu sein – beide Ketten zusammenwebt.
Die dreifachen oder Schottischen Teppiche (triple carpets) haben dreifache Kette und
dreifachen Schuſs, z.B. schwarz, grün und braun, und hierdurch läſst sich eine noch
gröſsere Musterbildung erzielen.
Sammtartige Teppiche (Sammtteppiche). Sowie bei jedem
Sammte eine Grund- und eine Polkette unterschieden wird, so sind auch bei diesen
Teppichen diese beiden Ketten zu unterscheiden, nur ist meist noch eine Füllkette
beigegeben. Es besteht die Grundkette gewöhnlich aus starken Leinen- oder Hanffäden,
die Florkette oder Polkette aus Kammgarn; die Füllkette aus Werggarn u. dgl. Nach
einer gewissen Zahl, z.B. vier Grundschüssen, erfolgt ein Nadelfach; hierbei wird
nur die Polkette gehoben, die Nadel N (Fig. 1 Taf. 19) eingelegt,
hierauf folgen wieder vier Grundschüsse u.s.w. Zieht man die Nadeln schlieſslich
aus, ohne hierbei die Schlingen der Polfäden aufzuschneiden, so erhält man die
ausgezogenen Sammtteppiche, gezogene Sammtteppiche oder Brüsseler Teppiche,
schneidet man die Schleifen auf, so erhält man die Plüsch- oder Velourteppiche. Die
Füllkette läuft mitten durch, d.h. sie wird weder in das Unterfach, noch in das
Oberfach gezogen.
Soll der Teppich ein Muster in mehreren Farben bei sonst freier Vertheilung derselben
aufweisen, dann müssen statt eines Polkettenfadens deren so viele vorhanden sein,
als Farben in freier Vertheilung; nicht in Längen streifen vorkommen sollen. Diese
verschiedenfarbigen Kettenfäden bilden ein Kettentheil; jeder Faden desselben hat
ein besonderes Auge im Harnische, alle gehen aber durch denselben Riet des
Rietblattes. Je nachdem der Fadenverbrauch durch das Einweben ein verschiedener ist,
so muſs jeder Faden von einer gesonderten Spule eines Spulengestelles ablaufen,
welches statt des Polkettenbaumes am Webstuhle (oder hinter demselben) angebracht
ist. An der Oberseite ist nur ein Bruchtheil der gesammten Polkette wirksam, man
verbraucht mithin so vielmal mehr Polfäden, als Farben in freier Vertheilung im
Muster vorkommen und dies macht solche Teppiche theuer.
Weit billiger und in der Farbenzahl nicht beschränkt lassen sich die Teppiche mit
vorgedruckter Kette herstellen; denn jeder hierzu verwendete Polkettenfaden läſst
sich mit beliebig vielen Farben bedrucken. Am Webstuhle entfällt natürlich die
Jacquardmaschine. Erscheint eine bestimmte Farbe im Teppiche bei einem bestimmten
Pol ketten faden durch eine bestimmte Länge, z.B. 2cm, und findet das Einweben auf 13 statt, so ist der Kettenfaden an der
bestimmten Stelle mit der betreffenden Farbe auf 6cm Länge zu bedrucken. Die bedruckten und getrockneten Fäden werden auf
numerirte Spulen gewickelt und der Ordnung ihrer Nummer nach auf ein Gestell gesteckt und
zunächst über einen Tisch gehörig neben einander liegend gezogen. Es findet hierbei
der Vergleich mit dem Dessin statt; man verschiebt die Fäden so, daſs ein Passen
eintritt, klemmt dieselben dann zwischen zwei Leisten und bäumt das regulirte Stück
auf einen Kettenbaum auf. Ist dies geschehen, so zieht man ein nächstes Stück durch
und fährt fort, bis die ganze Kette aufgebäumt ist. Es ist dies nothwendig, weil
ungleiche Nachdehnungen der Fäden sonst ein sehr schlechtes Passen bedingen könnten.
Bei der erwähnten Arbeit können gröſsere Fehler, wenn solche vorkommen sollten,
durch Einknüpfen eines Fadenstückes oder durch Abreiſsen und Wiederanknüpfen gehoben
werden.
Die Herstellung der gezogenen (Brüsseler-) Teppiche und der
Plüsch- oder Velour- (Wilton- oder Axminster-) Teppiche erfolgt entweder auf Hand-
oder Kraftstühlen. Der Teppich-Handwebstuhl unterscheidet sich von dem gewöhnlichen
Webstuhle dadurch, daſs für die Grundkette ein Kettenbaum, für die Florkette das
Spulengestell oder bei ungemusterten und vorgedruckten Teppichen ein Florkettenbaum
vorhanden ist. Teppiche werden mit der rechten Seite nach oben gewebt und der vor
dem Weber befindliche Brustbaum erhält mittels eines Regulators eine ruckweise
Drehbewegung, erfaſst durch feine Drahtstifte den Teppich (daher Stiftenbaum) und
leitet ihn zunächst zu einem Streichbaume, dann zum Zeugbaume, dem elastische
Spannung gegeben ist. Im Allgemeinen hat die Grundkette ihre gesonderten Schäfte und
für die Florkette ist der Harnisch bezieh. bei Kettendruck besondere Schäfte (einer
oder zwei) vorhanden. Die Bindungsweise der Grundkette kann zwar verschieden sein,
gewöhnlich ist aber Leinwandbindung vorhanden, und sind daher zwei Schäfte und zwei
Tritte für den Grund und ein Tritt für die Florkette bezieh. Jacquardtritt
vorhanden.
Die Nadeln für die gezogenen Teppiche sind runde oder ovale
Eisendrähte, von welchen mehrere gleichzeitig im Gebrauche stehen, weil der Weber
etwa 10 Nadeln eingeschlossen haben muſs, bevor er die erste wieder herausziehen
darf. Bei der Anfertigung geschnittener Teppiche verwendet man Nadeln von
herzförmigem Querschnitte. Dieselben haben oben eine Längsfurche, welche dem vom
Weber bethätigten Messer als Führung beim Aufschneiden dient.
Die Kraftstühle besorgen auch das Einlegen und Ausziehen der
Nadeln selbsthätig. Das Schneiden des Flores erfolgt beim Ausziehen der Nadeln
dadurch, daſs die aus Stahl gefertigten Nadeln an ihrem Ende in ein Messerchen mit
nach oben gerichteter Schneide übergehen. Die Nadel wird stets so eingelegt, daſs
ihr Messer m (Fig. 2) nach oben gekehrt
ist und auch so, daſs beim Einschieſsen in das Nadelfach keine Verletzung der
Kettenfäden eintritt.
Eine einfache Bindungsweise zwischen den Kettenfäden, Polfäden und
dem Schusse ergibt sich aus Fig. 1. Bei Anwendung
groſser Nadeln N und namentlich dann, wenn die Noppen
aufgeschnitten werden, gibt man nicht, wie es Theil I der Figur zeigt, nur zwei
Grundschüsse auf ein Nadelfach, sondern deren vier, wie es Theil II der Figur
veranschaulicht. Noch besser ist es, wenn, wie bei Sammt, ein eigentliches Verweben
der Florkette eintritt, was man leicht dadurch erzielt, daſs man dieselbe auch mit
der Grandkette in das Oberfach und Unterfach gehen läſst.
Um ein derartiges Verweben zu ersparen und dabei auch ein leichtes
Auslösen der Florfäden aus dem Grundgewebe zu verhindern, hat man die Musterfäden
(Polfäden) gazebindig mit der Grundkette verbunden und hierbei meines Wissens zwei
Methoden angewendet.
Bei der einen Methode kommen nur eine Grundkette und eine Polkette
in Anwendung. Die Fäden der letzteren werden in Nadeln geführt, die einzeln
beweglich sind und von einer Jacquardvorrichtung beeinfluſst werden, ihre Einbindung
erfolgt auf folgende Weise: Diejenigen Musterfäden, welche Noppen bilden sollen, werden, nachdem
einige Schuſs in die Grundkette eingetragen, also ein Stück Leinwandbindung
fertiggestellt worden ist und die Sammtnadel V (Fig. 3) auf die
Grundkette aufgelegt worden ist, in das offene Fach der letzteren gesenkt, in
demselben durch einen Schuſsfaden a gehalten und dann
wieder gehoben. Hierauf erfahren sämmtliche Musterfäden eine Verschiebung in ihrer
Ebene um die Breite eines Kettenfadens durch ihre Nadeln, worauf sich die bereits
einmal gesenkten Musterfäden abermals senken und hierbei schräg über einen
Nachbarkettenfaden b legen. Nach Eintragung eines
zweiten Schusses d heben sich die Nadeln wieder und es
folgt dann die Eintragung mehrerer Schuſsfaden c in die
Grundkette, worauf mit dem Auflegen einer neuen Sammtnadel sich der Vorgang
wiederholt. Die nicht zur Musterbildung verwendeten Polfäden liegen flott auf dem
Grundgewebe.
Bei der zweiten Methode kommen gewöhnlich drei Ketten in
Anwendung, und zwar eine Grundkette, eine Bindungskette und eine Polkette; die
beiden letzteren sind in Nadelkämme eingezogen, wie sie bei dem sogen.
Drehergeschirre Verwendung finden, welche eine auf- und abwärts gehende und
seitliche Bewegung ausführen; nur haben die Oehre derjenigen Nadeln, welche die
Verbindungskette beeinflussen, genau die Gröſse, um die Fäden dieser Kette
hindurchzulassen, die Oehre der Nadeln aber, welche die Polkette aufnehmen, eine
längliche Gestalt, um mehrere verschiedenfarbige Wollfäden aufzunehmen, die wiederum
durch eine Jacquardvorrichtung darin gehoben und gesenkt werden, so daſs immer die
die rechte Seite bildenden Musterfäden bei jedem Schusse nach oben gelangen. Die
Polkettenfäden kommen von Spulen, die beiden anderen von Kettenbäumen.
Die Verbindung der drei Ketten und die Bildung der Noppen geht aus
dem Diagramme (Fig.
4) hervor, in welchem A die gerade
Grundkette, B die Verbindungskette und CC1 ... die
verschiedenfarbigen Polkettenfäden, β die Schuſsfaden
und γ die Plüschnadeln darstellen. Zu je einem
Kettenfaden A gehört ein Faden B und eine beliebige Anzahl, hier vier, Polkettenfäden C. In der dargestellten Reihe sind die Noppen α von dem
Faden C, in der zweiten Reihe werden sie von den Fäden
CC1 und in der
dritten Reihe von den Fäden CC1
C2 abwechselnd
gebildet. Die nicht zur Maschenbildung verwendeten Fäden liegen unter den Nadeln und
im Inneren des Gewebes.
Anstatt die Flornoppen durch Nadeln zu bilden, welche in Richtung
des Schusses in das Kettenfach eingelegt werden, hat man auch versucht dieselben mit
Hilfe von Nadeln zu erzielen, die sich in der Richtung der Kette erstrecken und in
Zwischenräumen der Blattriete schwingen und je mit einer federnden Zunge, die
seitlich vorspringt, ausgerüstet sind. Die von einer Jacquardvorrichtung gehobenen
Musterfäden werden bei ihrer Aufwärtsbewegung von den federnden Zungen e (Fig. 5, 6 und 7) gefangen und so lange
gehalten, bis sie sich wieder nach abwärts bewegt haben und eingebunden worden sind.
Die gebildeten Noppen werden durch eine Bewegung der Nadeln in ihrer Längenrichtung,
wie es in Fig.
6 durch den Pfeil angedeutet ist, freigegeben. Sollen die Noppen
gleichzeitig aufgeschnitten werden, so kommen Nadeln zur Verwendung, an denen
Sammtmesser B (Fig. 7) drehbar befestigt,
auf welche die Noppen gleiten, oder es sind die federnden Nasen auf ihrer Oberkante
mit Schneiden ausgestattet, wie es Fig. 8 zeigt.
Anstatt immer nur einen Teppich herzustellen, kann man auch, wie
bei der Sammtweberei, zwei Gewebe über einander mit gemeinschaftlicher Polkette
anfertigen und dieselben dann trennen.
Bei den bisher besprochenen plüschartigen Teppichen wurden die
Noppen stets aus den Kettenfäden gebildet. Man hat nun auch versucht, dieselben aus
den Schuſsfaden zu bilden und hierbei entweder glatte Wollfäden in ein Kettenfach
eingetragen und diese dann zwischen den Kettenfäden hindurch mit Hilfe von Greifern
zu Schleifen gezogen, oder man hat in ein Kettenfach Schuſsfädern eingetragen,
welche die Noppen bereits im aufgeschnittenen Zustande enthalten. Der Schuſs wird
dann entweder gebildet aus Chenillefäden oder Florbändern, bei welchen die Polfäden
U-förmig eingewebt sind, oder endlich durch Wollbänder, die ähnlich der ungedrehten
Chenille sind.
Behufs Herstellung der Chenillefäden wird zunächst ein glattes
Gewebe angefertigt,
dessen Kette aus einzelnen sehr flüchtig vertheilten Fädengruppen besteht und dessen
Schuſs in verschiedenen durch das Muster bestimmten Farben dicht eingeschlagen wird.
Schneidet man nach Vollendung dieses Gewebes dasselbe in der Mitte zwischen zwei
Kettenfadengruppen der Länge nach durch und dreht die so erlangten Streifen
zusammen, so erhält man raubenförmige Fäden, deren feine Kette, verdeckt durch den
starken dichten Einschlag, demselben nur als Halt diente. Diese Fäden, welche sonach
auf der ganzen Umfläche bereits den Flor tragen, werden nun in die eigentliche
Grundkette eingeschossen, nach Maisgabe des Musters sauber an einander gepaſst,
worauf nach Aufbürsten des Flores sich auf beiden Seiten ein solcher zeigt. Durch
dazwischen eingetragene Grundschüsse wird dem Ganzen Festigkeit gegeben. Solcherart
angefertigte Teppiche führen den Namen Chenilleteppiche.
Die Herstellung der Florbänder erfolgt in der Weise, daſs Polfäden
x (Fig. 9) als Schuſs in ein
Kettenfach von Bindefäden f eingetragen und eingebunden
werden. Das so erhaltene Gewebe wird dann in solche Streifen zwischen den
Kettenladen zerschnitten, daſs die Polfäden eine Länge erhalten, welche der
doppelten Polhöhe, also gleich x1
x2 der Figur
entsprechen, worauf das eine über die Bindekette vorstehende Ende des Polschusses
x2 in ein neues
Kettenfach hineingebogen und durch Abbinden der Bindekettenfäden festgehalten wird.
Die Eintragung der so erhaltenen Florbänder in die Grundkette erfolgt in derselben
Weise, wie diejenige der Chenillefäden, d.h. als Schuſs neben den Grundschuſs der
Grundkette.
Die Wollbänder werden aus so vielen Ketten von verschiedenfarbigen
Wollfäden, als die das gewünschte Teppichmuster repräsentirende Patrone verschieden
gemusterte Reihen hat, in der Weise erzeugt, daſs in diese Ketten nach einander ein
oder zwei Bindefäden, etwa zwei bis vier Wollgarnfäden und ein flacher Holzstab von
der der gewünschten Florhöhe entsprechenden Breite, hierauf wieder ein Holzstab,
etwa zwei bis vier Wollgarnfäden, ein oder zwei Bindefäden u.s.w. eingeschossen, die
Wollkettenfäden hierauf zwischen je zwei Holzstäben durchschnitten und vernäht und
endlich die eingeschossenen Bindefäden herausgezogen werden, so daſs in der Mitte
des Streifens ein schuſsfreier Raum entsteht. Das Eintragen der so erhaltenen Bänder
(Chenillestreifen) in die Grundkette geschieht nun in der Weise, daſs ein jedes
derselben an seinen Enden mittels Stifte auf einer dreikantigen Leiste i (Fig. 10) befestigt wird
und diese so in das offene Fach eingeschoben wird, daſs die vordere Seite des Bandes
höher liegt als die hintere. Die vorstehenden Enden des Bandes werden nun in eine
solche Lage mittels einer Bürste gebracht, daſs sie senkrecht zum Gewebe stehen, so
daſs sie den Flor bilden. Nachdem das Fach gekreuzt und ein Schlag mit der Lade
gegen die Leiste i geführt wurde, wendet sich diese
Leiste so, daſs die hintere Seite des Bandes höher steht als die vordere, so daſs
auch die auf dieser Seite vorstehenden Fäden mit der Bürste senkrecht gestellt
werden können, wie es Fig. 10 zeigt. Hierauf
wird das Band h von der Leiste i getrennt und letztere aus dem Fache gezogen. Durch Kreuzen des letzteren
wird das Band festgehalten. Alsdann schieſst man mehrere Wollfäden J ein, worauf das nächste Band folgt. Der schuſsfreie
Raum in jedem Bande dient zur Imitation des Knotens, so daſs auch auf der Rückseite
das Muster erkennbar wird.
Knüpfteppiche. In dem Knüpfteppiche
besteht, vorausgesetzt, daſs man sich denselben durch eine Patrone veranschaulicht
denkt, in welcher das Dessin und die Anordnung, in der die mit Farbe bezeichneten
Quadrate durch farbige Wollfäden in dem Teppiche herzustellen sind, genau angegeben
ist, jeder durch ein kleines Quadrat ausgedrückte Farbenfleck aus einem Büschel
aufrecht stehender Wollfäden, gebildet durch die beiden Enden eines
straffgeschlungenen Knotens; es findet also die Verbindung der die Figur bildenden
Fäden (Polfäden) mit der Grundkette bezieh. dem Grundgewebe durch Einknüpfen
statt.
Das Grundgewebe entsteht entweder gleichzeitig in dem Maſse, wie
die Einknüpfung der Florfäden vor sich schreitet, oder es liegt als solches fertig
vor.
Ist das erstere der Fall, so erfolgt das Eintragen der Flor- oder
Polfäden in ein System senkrecht oder wagerecht ausgespannter Fäden (Kettenfäden),
und wir haben es dementsprechend zu thun mit einem haute-lisse-Stuhle oder einem
basse-lisse-Stuhle. Nach Herstellung einer jeden Knotenreihe, welche in einer
Richtung verlaufen, die senkrecht zu derjenigen des Kettenfadens ist, werden ein
oder zwei Grundschuſsfäden in die Grundkette leinwandbindig eingetragen, worauf die
zweite Knotenreihe folgt. Das Eintragen der Schuſsfäden erfolgt entweder nach
Weberart oder es ist das ausgespannte Kettenfadensystem auf der einen Hälfte seiner
Länge bereits leinwandbindig gebunden, während auf der anderen Hälfte desselben die
einzelnen Kettenfäden noch lose liegen und es wird dann nach Herstellung einer jeden
Knotenreihe in diesem Theile ein Schuſs vom fertigen Gewebe abgelöst und gegen die
Knotenreihe angeschlagen. Es nimmt also das leinwandbindige Grundgewebe in demselben
Maſse ab, wie die Teppichbildung vor sich schreitet; eine Fachbildung macht sich
also nicht erforderlich.
Liegt ein Grundgewebe fertig vor, so ist dasselbe entweder ein
stark appretirtes Canevasgewebe oder ein aus bandartigen Fäden hergestelltes
leinwandbindiges Jutegewebe.
Die zur Florbildung dienenden Pol- oder Musterfäden kommen in
dreierlei Art zur Verwendung, und zwar erstens in Form kurzer Fadenstücke, deren
Länge ungefähr gleich der doppelten Polhöhe ist; aus jedem Fadenstücke kann immer
nur ein Knoten gebildet werden, und ein Aufschneiden von Noppen macht sich deshalb
nicht erforderlich. Das Einknüpfen erfolgt entweder in ein Kettenfadensystem oder
ein Canevasgewebe, in beiden Fällen schreitet die Knotenbildung, so lange dieselbe
durch Hand erfolgt, in der Dichtung des einzutragenden Grundschusses vorwärts; bei
der Maschinenarbeit dagegen entsteht immer eine Reihe Knoten auf einmal. Das
Eintragen der Fadenstücke erfolgt im ersteren Falle durch die Finger, einen
Häkelhaken oder eine Zange; im zweiten Falle dagegen durch Zangen oder
Schlingenbilder in Verbindung mit Zangen.
Die zweite Form, in welcher die Musterfäden zur Verwendung
gelangen, unterscheidet sich von der ersten dadurch, daſs aus jedem Faden gewöhnlich
mehr als ein Knoten nach einander gebildet werden kann und sich ein Abschneiden der
Fäden nach beendigter Knotenbildung, und auſserdem, sobald mehr als ein Knoten aus
einem Faden gebildet wird, ein Aufschneiden der zwischen je zwei Knoten liegenden
Fadenschleifen (Noppen) erforderlich macht. Das Einknüpfen erfolgt nur durch Hand,
und zwar entweder in ein System ausgespannter Kettenfäden, ein Canevasgewebe oder
auch ein leinwandbindiges Jutegewebe, und schreitet in der Richtung des
Grundschusses vor sich. Das Einführen der Musterfäden geschieht mit Hilfe von
Oehrnadeln oder nadelartigen Spulen. Die Länge der Florhöhe wird durch Augenmaſs
bestimmt oder Nadelstäbe, über die die Musterfäden zwischen je zwei Knoten
geschlungen werden.
Kommen drittens die Fäden als sogen. endlose Fäden zur Verwendung,
so sind sie auf Scheiben aufgewickelt, und ihre Verbindung mit den ebenfalls auf
Spulen aufgewickelten Kettenfäden erfolgt durch ein geeignetes Kreuzen beider
Fadensysteme. Die Herstellung solcher Teppiche geschieht nur auf mechanischem Wege,
und zwar wird immer eine Reihe Knoten auf einmal gebildet.
Die Knotenbildung ist eine sehr verschiedene und sollen im
Nachstehenden nur die wesentlichsten mir bekannt gewordenen Knoten Erwähnung finden.
Ihre Gestaltung ist in gewissen Grenzen an die geschichtliche Entwickelung der
Knüpfteppichfabrikation gebunden und soll deshalb unter Zugrundelegung der letzteren
betrachtet werden.
Prof. Dr. Lessing führt in seinem
Werke: „Altorientalische Teppichmuster“ über das
Alter der Knüpfteppiche folgendes an: Die Technik der Knüpfteppiche muſs im Oriente
uralt sein. In Europa ist sie bis auf unser Jahrhundert nicht nicht nachzuweisen, in
welchem sie in Asien planmäſsig erlernt und nach Europa eingeführt wurde. Im J. 1853
wurden auf Anregung der Handelskammer in Görliz durch das Kgl. Preuſsische
Handelministerium zwei Techniker, die Teppichfabrikanten
Kühn aus Kottbus und Böhm
aus Schöneberg in Schlesien zur Erforschung der Teppicharbeit nach Kleinasien
gesendet. Diese Reise wurde unter Leitung des Konsuls Spiegelthal in Smyrna auf die Hauptorte ausgedehnt, aus welchen die sogen.
Smyrnateppiche in den Handel kommen, Gördes, Kula und Uschak, sämmtlich nur einige
Tagereisen von Smyrna entfernt. Die Reisenden fanden die Herstellung an allen Orten
von derselben Art. Ein Webstuhl von ureinfachstem Baue, aus rohen Bäumen bestehend,
ist schräg gegen die Wand gelehnt, ein drehbarer Baum hält die Kettenfäden aus
grober gedrehter Wolle, oder auch Ziegenhaaren, ein zweiter die fertige Arbeit. An
einer Schnur hängen die Knäueln farbiger Wolle, von denen die Frauen – die Männer
arbeiten nicht an den Stühlen – die einzelnen Fäden zum Einschlingen der Knoten
abreiſsen. Jeder Knoten schlingt sich um zwei Kettenfäden (nach Fig. 11). Wenn eine Reihe
von Knoten eingeschlungen und mit einem Kamme festgeschlagen ist, so werden ein oder
zwei Schuſsfäden von rechts und links eingelegt und es folgt die nächste
Knotenreihe. Die so entstehenden Büschel werden gekämmt und geschoren. Diese Reise
hat eine vollständige Kenntniſs der Teppicharbeit ergeben und ermöglichte ihre
Einführung in Schlesien, Sachsen, der Pfalz, Böhmen, Wien und Belgien u.s.w.
Auf Grund des Vorstehenden kann man wohl annehmen, daſs der in
obenstehender Fig.
11 dargestellte Knoten der älteste ist. Derselbe fand früher nur Anwendung
bei der Bildung des Flores aus einzelnen Fadenstücken, hat sich aber bis auf den
heutigen Tag erhalten und wir treffen ihn jetzt bei allen Verfahren, welche zur
Anfertigung von Knüpfteppichen Verwendung gefunden haben, sei es, daſs dieselben
durch Hand oder die Maschine ausgeführt werden (vgl. Savonnerieteppiche). Mit dem
Fortschritte, welchen die Technik der Teppichknüpferei nach ihrer Einführung in
Europa nahm, erfuhr auch die Anfertigung der Knoten eine weitere Ausbildung. Man
suchte zunächst den in obenstehender Fig. 11 dargestellten
Knoten durch einen einfacheren zu ersetzen und kam auf die in Fig. 12 veranschaulichte
Fadenverschlingung, bei welcher ebenfalls jeder Musterfaden um zwei Kettenfäden
geknüpft wird. Durch den Ersatz eines Systemes ausgespannter Kettenfäden durch ein
Canevasgewebe gelangte man dann zu der in Fig. 15 bis 19
wiedergegebenen Fadenverschlingung; jeder Musterfaden wird stets nur um einen
Kettenfaden geknüpft.
Alle Knüpfteppiche, welche unter Verwendung der drei bisher
geschilderten Verfahren, also mit Hilfe kurzer Fadenstücke und unter Verwendung der
in den Fig.
11, 12, 15 und 19 veranschaulichten Fadenverschlingungen angefertigt werden, fordern für
ihre Herstellung eine lange Zeit und sind deshalb sehr werthvoll. Man war deshalb
bemüht, zunächst unter Beibehaltung eines Systemes ausgespannter Kettenfäden als
Grundstoff, die Zeit für die Knotenbildung abzukürzen, und gelangte hierbei zur
Anwendung längerer Fadenstücke, aus welchen ohne Unterbrechung je nach Erforderniſs
des Musters eine kleinere oder gröſsere Anzahl von Knoten hergestellt wird. Diese
Technik fand zuerst praktische Verwerthung in der Savonnerie, dem alten
französischen Staatsinstitute der Teppichweberei mit plüschartigem Grunde, welches
noch heute, mit den Gobelins vereinigt, plüschartige Gewebe von hohem Werthe
herstellt. Die Bildung der Fadenschleifen (Noppen) geschieht in der Weise, daſs der
Weber ein stählernes langes Messer A (Fig. 20) quer über die in
einer senkrechten Ebene ausgespannte Kette K, die durch
die Ruthe R getheilt ist, legt, den Musterfaden um
dasselbe herumschlingt und ihn an die Kettenfäden anknüpft, wie es Fig. 21 zeigt. Nachdem
eine Reihe Noppen über die ganze Breite des Teppichs gebildet ist, werden zwei
Schuſsfäden S (Fig. 22) eingetragen,
welche die Ketten leinwandartig binden; dann schreitet man zur Anfertigung der
nächsten Noppenreihe u.s.w. Das Stäbchen A, durch
dessen Höhe die Gröſse der Fadenschleifen, also die Polhöhe bestimmt wird, wird nach
Vollendung einer Knotenreihe ausgezogen und schneidet dabei, weil es an seinem einen
Ende mit einer Schneide versehen ist, die Fadenschleifen auf. Die Enden der Knoten
werden schlieſslich noch gekämmt und geschoren.
Der Schuſs S wird entweder nach
Webeart eingetragen, oder nach der von A. L. Lacordaire
in der Schrift: Notice sur l'origine et les travaux des
manufactures de tapisserie et de tapis réunis aux Gobelins
veranschaulichten und in den obenstehenden Fig. 22 und 23 angegebenen
Weise, d.h. der erste Schuſs wird in Folge der durch das Einschlingen der
Musterfäden bewirkten Zweitheilung der Kette gerade eingelegt, der zweite Schuſs
dagegen in der Weise, wie es Fig. 23 wiedergibt.
Um ein Herausziehen der einzelnen Fadenstücke aus dem fertigen
Teppiche zu erschweren, ist die in den Fig. 22 und 23
dargestellte Fadenverschlingung ersetzt worden durch die aus Fig. 24
ersichtliche,Kick und Gintl. und auſserdem hat
man, um eine leichte Fachbildung zu ermöglichen, die Kettenfäden wechselweise in die
Litzen L eingezogen, welche durch Drehung des
Handhebels verstellt werden können (Fig. 25).
Anstatt die Musterfäden in ein ausgespanntes Kettenfadensystem
einzuschlingen, hat man in neuerer Zeit auch versucht, dieselben in ein fertiges
Grundgewebe, und zwar entweder Canevas oder leinwandbindiges Jutegewebe
einzuknüpfen, und ist hierbei zu den in den Fig. 26 und 13
dargestellten Fadenverschlingungen gekommen. Liegt ein Canevasgewebe vor, so
verwendet man entweder den einfachen, bei A (Fig. 20)
ersichtlichen Knoten, bei welchem je ein Musterfaden zu beiden Seiten eines
Kettenfadens um einen Schuſsfaden gelegt wird, oder den bei B dargestellten; wo, um ein leichtes Ausziehen der Fadenstücke zu
erschweren, die einzelnen Knoten noch unter sich in Verbindung stehen. Bei
Verwendung eines leinwandbindigen Jutegewebes kommen die einzelnen Knoten, wie aus
Fig. 13
hervorgeht, schräg zu stehen, da jeder Musterfaden, welcher einen Knoten bildet,
immer zwei Schuſsfaden derart umschlingt, daſs die Pole auf zwei Kettenfäden zu
liegen kommen und ferner bietet die Verwendung desselben der Verwendung von Canevas
gegenüber den Vortheil, daſs die Knoten, wie aus Fig. 14 hervorgeht, nicht
frei, sondern verdeckt auf der Rückseite des fertigen Teppiches liegen, also einer
Abnutzung nicht unterworfen sind.
(Fortsetzung folgt.)