Titel: | Zur Prüfung technischer Kautschukwaaren. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 376 |
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Zur Prüfung technischer
Kautschukwaaren.
Zur Prüfung technischer Kautschukwaaren..
R. Kiſsling bespricht in der Chemischen Industrie, 1888 Bd. 11 S. 217, seine Methode zur Untersuchung
technischer Kautschukwaaren. Nachdem der Verfasser eine Zusammenstellung der diese
Frage berührenden Literatur gegeben, bezüglich welcher auf die Originalabhandlung
verwiesen werden muſs, macht er darauf aufmerksam, daſs bei der Prüfung der in der
Technik benutzten Gegenstände aus vulkanisirtem Kautschuk vor Allem der besondere
Zweck, welchem dieselben dienen sollen, in Betracht zu ziehen ist. Ein Dichtungsring
für Dampfrohrleitungen soll eine andere Zusammensetzung besitzen als ein Gasschlauch
oder ein Mannlochring, welcher für einen Luftcompressionsbehälter bestimmt ist. Eine
Ventil-Kugel oder -Klappe, von welcher Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung von
starken Mineralsäuren gefordert wird, muſs aus einem anderen Kautschukgemische
gefertigt werden, als z.B. ein sogen. ölbeständiger Kautschukartikel u. dgl. mehr.
Wie es scheint, herrscht aber groſse Unklarheit über die Frage, wie groſs der
Kautschukgehalt eines für diesen oder jenen Zweck bestimmten technischen Artikels
sein müsse.
Ueberdies gibt es bis jetzt keine Methode, welche gestattet, den Kautschukgehalt
eines Gegenstandes aus vulkanisirtem Kautschuk auf einigermaſsen zuverlässige und
nicht gar zu umständliche Weise festzustellen. Die Aschenbestimmung gibt hierüber
keinen Aufschluſs, da ja neben Kautschuk auch andere organische Substanzen vorhanden
sein können und auch fast immer vorhanden sind, und zwar solche Substanzen (Korkmehl
u.s.w.), welche sich den gebräuchlichen Lösungsmitteln gegenüber ebenso gleichgültig
verhalten wie der vulkanisirte Kautschuk. Wäre dieser letztere eine Schwefel-
(bezieh. Schwefelmetall-) Kautschukverbindung nach festen Verhältnissen, so würde
man durch die Bestimmung des an Kautschuk gebundenen Schwefels bezieh.
Schwefelmetalles zum Ziele gelangen können, aber nach den bisherigen Untersuchungen
läſst auch diese Voraussetzung im Stiche. Will man trotze alledem die chemische
Untersuchung der technischen Kautschukwaaren nicht ganz aufgeben, so scheint es am
zweckmäſsigsten zu sein, sich einfach auf die Ermittelung des Aschengehaltes zu
beschränken und etwa die Menge der durch Aether, Chloroform, Schwefelkohlenstoff
oder derartige Lösungsmittel extrahirbaren Substanzen zu bestimmen.
Kiſsling hat sich eines derartigen Verfahrens bei der
Untersuchung eines und desselben, von verschiedenen Fabrikanten bezogenen
technischen Artikels, nämlich von Dichtungsringen für Dampfrohrflanschen bedient und
gleichzeitig die betreffenden Gegenstände noch einer mechanischen Prüfung in der
Weise unterworfen, daſs dieselben längere Zeit einer Temperatur von 100 bis 110°
ausgesetzt und über die Abnahme der Elasticität bezieh. die Zunahme der Brüchigkeit
vergleichende Beobachtungen angestellt wurden.
Bezüglich der Untersuchungsmethoden sei folgendes bemerkt: Die Kautschukmasse wurde
zunächst mittels einer groben Holzraspel möglichst fein zerkleinert und dann – und
zwar in der Menge von 5g – zunächst mit
Schwefelkohlenstoff und hierauf mit Aether vollständig extrahirt. Die Extraction
geht in der bekannten einfachen Extractionsröhre unter Verwendung einer
Filtrirpapierhülse ohne Schwierigkeit, wenn auch ziemlich langsam, von statten. Um
des völligen Erschöpfens der Substanz sicher zu sein, thut man gut, 7 bis 8 Stunden
mit Schwefelkohlenstoff und dann noch 2 Stunden mit Aether zu extrahiren. Nach dem
Abdestilliren der Lösungsmittel bestimmt man die Menge der extrahirten Substanz,
welche im Wesentlichen aus Schwefel, unvulkanisirtem Kautschuk und Lösungs- bezieh.
Klebmitteln (bei Gegenständen mit Stoffeinlage) besteht, in bekannter Weise. – Bei
der Bestimmung des Aschengehaltes verfuhr Kiſsling
derart, daſs 2g,5 der geraspelten Substanz
zunächst im bedeckten Porzellantiegel in der vollen Flamme des Bunsenbrenners
verbrannt wurden. Sobald die unter dem Tiegeldeckel herausschlagende Flamme der
Verbrennungsgase verschwunden war, wurde die Erhitzung des Tiegels unterbrochen und
der verkohlte. Inhalt desselben nach dem Erkalten mit einer concentrirten Lösung von
Ammonnitrat imprägnirt. Nachdem der Tiegelinhalt zur völligen Trockniſs gebracht
ist, erhitzt man – anfangs sehr vorsichtig und allmählich – bis sämmtliche Kohle
verbrannt ist, was in Folge der Gegenwart von Salpetersäure in der Regel ziemlich
schnell erreicht wird. Man bringt dann nach Zusatz von Ammoniumcarbonat in bekannter
Weise zur Trockne und erhitzt bis zur Gewichtsconstanz.
Halt man dieses Verfahren genau inne, so gelangt man jedenfalls zu vergleichbaren
Zahlen, was bei dem einfachen Veraschen der Kautschuksubstanz keineswegs erzielt
wird, wie folgende bei länger fortgesetztem Glühen der ohne Zusatz von Ammonnitrat
und -carbonat veraschten Kautschukmasse zeigen:
Das Gewicht des Tiegels + Inhalt betrug, nachdem die Asche
weiſsgebrannt war 15g,8640; weiteres Glühen führte
zu folgenden Wägungszahlen: 15,7730, 15,7980, 15,8380, 15,7680, 15,8260,
15,8320.
Es gehen hier in der Glühhitze jedenfalls ziemlich verwickelte Zersetzungsvorgänge
vor sich; im Wesentlichen wird die Gewichtsabnahme durch die Austreibung der –
hauptsächlich an Kalk gebundenen – Kohlensäure, die Gewichtszunahme durch die
Oxydation des Schwefels unter gleichzeitiger Bindung der entstandenen
Schwefelsauerstoffverbindungen hervorgerufen werden.
In der folgenden Tabelle sind die analytischen Daten zusammengestellt, welche bei der
nach dem vorstehend beschriebenen Prüfungsverfahren ausgeführten Untersuchung
zahlreicher Kautschukfabrikate erhalten worden sind.
Tabelle I.
Laufende Nr.
Gegenstand
ausFabrik
Preisfür 1kM.
Procentischer Gehaltan Stoffen,
welchegelöst werden
ProcentischerGehalt anAsche
Verhalten beim
48stündigenErhitzen auf 110°
Haltbarkeits-ziffer
durchSchwefel-kohlenstoff
durchAether
1 2 3 4 5 6 7
Dichtungsring für Dampfrohrflanschendo.do.do.do.do.do.
I.
4,20 4,00 3,80 3,70 3,00 3,30 3,60
8,76 8,74 7,82 5,28 9,96 6,93 7,56
1,780,741,941,180,731,450,88
61,0461,0859,5062,6663,7861,4259,64
wird sehr hart und sehr brüchig
do. – –
do. do.wird sehr hart und ziemlich
brüchig.
9 9–– 9 9 8
8 9
do.do.
II
––
4,38 7,60
1,041,18
64,0066,84
wird härter, aber nicht brüchigwird hart und brüchig
4 7
101112
do.do.do.
III
1,93 1,93 2,53
4,82 5,52 5,64
0,340,320,28
72,0070,8066,64
wird sehr hart und sehr brüchig –wird hart und
brüchig
9– 7
13
do.
III.
3,00
17,12
0,44
60,36
wird hart und äuſserst brüchig
10
14
do.
IV.
5,00
9,36
0,44
66,56
wird sehr hart und sehr brüchig
9
15
do.
V.
4,40
16,30
0,32
60,52
wird sehr hart und äuſserst brüchig.
10
16
do.
VI.
3,50
9,80
0,08
62,16
wird sehr hart und sehr brüchig
9
1718
do.do.
VII.
5,30 4,00
6,30 8,44
3,060,26
48,3256,60
wird härter, bleibt aber elastischwird sehr hart und ziemlich
brüchig.
3 8
1920
do.do.
VII
5,30 4,00
7,36 9,32
1,800,38
49,5255,12
wird hart und etwas brüchigwird sehr hart und ziemlich
brüchig.
5 8
21
Ringe für Wasserstandsröhren
III.
14,04
5,20
0,44
54,72
wird ziemlich hart, bleibt etwas elastisch
3–4
22
do.
VIII.
10,18
8,42
1,24
55,20
bleibt ziemlich weich und etwas elastisch
2
23
do.
IV.
11,55
7,78
3,62
63,04
wird hart und etwas brüchig
5
2425262728
Kautschukproben verschiedener Qualitätdo.do.do.do.
VII.
17,6010,80 8,80 6,64 4,44
6,66 4,70 7,74 6,24 7,10
2,043,141,101,220,92
2,16 2,2432,4055,0035,44
bleibt völlig weich und elastischbleibt weich und ziemlich
elastischwird härter, bleibt aber elastischwird ziemlich hart,
bleibt etwas elastischwird etwas hart, bleibt ziemlich elastisch
1 22–33–4 3
29
Gummischlauch (grau)
–
–
3,88
1,10
39,48
–
–
Zu den in obiger Tabelle verzeichneten Untersuchungsergebnissen ist folgendes zu
bemerken: Was zunächst die durch Schwefelkohlenstoff und Aether ausziehbaren Stoffe
betrifft, so beträgt die Menge derselben in den meisten Fällen 7,5 bis 10 Proc. Bei
einigen Fabrikaten, besonders bei den sehr Asche reichen Nr. 8, 10, 11 und 12,
wurden geringere Mengen (5 bis 7 Proc.) Extract gefunden. Mehr als 11 Proc. Uferten
nur zwei Fabrikate (Nr. 13 und 15), bei welchen denn auch ein ursächlicher
Zusammenhang zwischen dem hohen Gehalte an diesen Stoffen und der geringen
Dauerhaftigkeit in höherer Wärme unverkennbar ist. Uebrigens war auch die äuſsere
Beschaffenheit der durch Schwefelkohlenstoff extrahirten Substanzen in diesen beiden
Fällen eine durchaus anormale. Während nämlich, wie oben bemerkt, bei allen übrigen
untersuchten Fabrikaten der nach dem Abdestilliren des Schwefelkohlenstoffes
verbleibende Rückstand entweder eine zähe klebrige Beschaffenheit besaſs und
vorwiegend aus unvulkanisirtem Kautschuk bestand, oder aber neben etwas öliger
Substanz mehr oder minder erhebliche Mengen Schwefel enthielt, zeigte derselbe bei
den in Rede stehenden beiden Proben eine ziemlich dünnflüssige Consistenz und
bestand anscheinend der Hauptsache nach aus Kohlenwasserstoffen. Demnach vermag eine
Untersuchung der Kautschukfabrikate in der angegebenen Achtung unter Umständen
erwünschten Aufschluſs zu geben. Es sei noch erwähnt, daſs diejenigen Fabrikate,
welche unvulkanisirten Kautschuk enthielten, im Allgemeinen beim Erwärmen weniger
brüchig wurden, als diejenigen, in welchen Schwefel im Ueberschuss vorhanden war. –
Für die einigermaſsen auffallende Thatsache, daſs das Mengenverhältniſs zwischen den
durch Schwefelkohlenstoff und den durch Aether extrahirbaren Stoffen ein so sehr
wechselndes ist, fehlt einstweilen jede Erklärung.
Betreffs des Aschengehaltes lassen sich natürlich nur die für den nähmlichen Zweck
bestimmten Fabrikate mit einander vergleichen. Bei den für Dampfrohrflanschen
bestimmten Dichtungsringen liegen nun die
Tabelle II.
Preisfür 1k
Aschen-gehaltin Proc.
Verhaltenbei 110°
Preisfür 1k
Aschen-gehaltin Proc.
Verhaltenbei 110°
Preisfür 1k
Aschen-gehaltin Proc.
Verhaltenbei 110°
M.
M.
M.
1,93
72,00
9
3,50
62,16
9
4,20
61,04
9
1,93
70,80
–
3,60
59,64
8
4,40
60,52
10
–
–
–
–
–
–
5,00
66,56
9
2,53
66,64
7
3,70
62,66
–
5,30
48,32
3
3,00
63,78
9
3,80
59,50
–
5,30
49,52
5
3,00
60,36
10
4,00
61,08
9
–
–
–
–
–
–
4,00
55,12
8
–
–
–
3,30
61,42
9
4,00
56,60
8
–
–
–
procentischen Aschenmengen innerhalb der Grenzwerthe 48,3 und
72,0 Proc. Einen Vergleich zwischen Preis und Aschengehalt ermöglicht vorstehende
tabellarische Zusammenstellung.
Ein gewisser Parallelismus zwischen Preis und Aschengehalt des Fabrikates läſst sich
nicht verkennen und ist ja auch selbstverständlich; ebenso natürlich ist aber auch,
daſs dieser Parallelismus ein nur ziemlich unvollkommener ist, denn einmal werden
die von den verschiedenen Fabrikanten festgesetzten Preise auch bei
gleichbeschaffenen Waaren mehr oder weniger von einander abweichen, und zweitens
bestehen, wie schon oben erwähnt wurde, die Kautschukgegenstände ja meistens nicht
nur aus vulkanisirtem Kautschuk und Mineralbestandtheilen, sondern sie enthalten
auch Stoffe organischer Natur, wie Korkmehl u. dgl. So viel aber scheint aus den
obigen Untersuchungsdaten hervorzugehen, daſs ein Aschengehalt von mehr als 50 Proc.
auf die Haltbarkeit der Kautschukartikel einen sehr ungünstigen Einfluſs ausübt. Man
wird sich vermuthlich im Allgemeinen besser dabei stehen, wenn man etwas höhere
Preise für ein widerstandsfähigeres Fabrikat anlegt, als wenn man billige und
schlechte Waare kauft. Uebrigens zeigen die bei der Untersuchung der Ringe für
Wasserstandsröhren (Nr. 21, 22 und 23) erhaltenen Ergebnisse sehr augenfällig, daſs
man keineswegs schlechthin von den Preisen auf die Güte des Fabrikates schlieſsen
darf; ist doch in diesem Falle die billigste Waare (Nr. 22) auch die beste.
Es erübrigt noch, einen Blick auf die Preise und die Beschaffenheit der Proben (Nr.
24 bis 28) zu werfen, welche von Seiten des Fabrikanten selbst als Fabrikate
verschiedener Qualität bezeichnet worden sind. Nr. 24 und 25 haben jedenfalls keine
mineralische und vermuthlich auch keine Zusätze organischer Natur erhalten;
dementsprechend ist auch ihr Verhalten bei höheren Wärmegraden ein sehr günstiges
und ihr Preis ein hoher. Nr. 24 ist als Paragummi bezeichnet, Nr. 25 wird aus
geringerwerthigen Kautschuksorten hergestellt oder mit verbrennlichen Zusatzstoffen
versehen sein. Von den übrigen drei Qualitäten scheinen Nr. 26 und 27 nur
mineralische Zusätze erhalten zu haben, während man der Sorte Nr. 28, deren
Aschengehalt trotz ihres billigen Preises nur 35 Proc. beträgt, jedenfalls auch
Zusätze organischer Natur, vielleicht Kautschukrückstände gegeben hat. Uebrigens
verhält sich diese letztere Sorte der Einwirkung höherer Temperatur gegenüber
entschieden widerstandsfähiger als die mit einem höheren Preise notirte Sorte Nr.
27.
Aus einer Vergleichung der Preise für die billigeren Sorten von Dichtungsringen mit
den Preisen der anscheinend aus reinem vulkanisirten Kautschuk hergestellten
Fabrikate wird man die Ansicht schöpfen müssen daſs die ersteren nur relativ geringe
Mengen Kautschuk enthalten können, und zwar vermuthlich noch geringere, als sich aus
den mitgetheilten Analysen ergibt, wenn der Kautschukgehalt aus der procentischen Differenz
berechnet wird.