Titel: | Neues über Elemente und über geeignete Untersuchungen von Elektrolyten. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 404 |
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Neues über Elemente und über geeignete
Untersuchungen von Elektrolyten.
Mit Abbildungen.
Ueber Elemente u. geeignete Untersuchungen von
Elektrolyten.
1) Trotz der verschiedensten Anstrengungen ist es bisher nicht gelungen, eine Spannungseinheit herzustellen, welche allgemein in. der
Praxis anwendbar wäre. Die bisherigen Normalelemente erheischen die gröſste Vorsicht
sowohl während der Zusammensetzung als auch nachher, wenn sie hinreichend constant
bleiben sollen. Derartige Elemente werden mit Vortheil in physikalischen
Laboratorien verwendet, wo ihnen von sachkundiger Hand die nöthige Aufmerksamkeit zu
Theil wird. In Fabriken, welche durch den Gang der Maschinen nicht absolut ruhig
bleiben können, passen sie gar nicht, zumal auch dort, ganz abgesehen von dem
Personal, die Zeit und Ruhe fehlen, welche für derlei Dinge erforderlich sind. Hier
sollte man ein Element besitzen, welches sich leicht von jedem Arbeiter
zusammensetzen lieſse, während der Messung constant bliebe und mit anderen Elementen
gleicher Zusammensetzung hinreichende Uebereinstimmung zeigen würde. Diesen Bedingungen sucht Josef Popper (Zeitschrift für
Elektrotechnik, 1887 Heft 11 S. 498) durch Construction eines Daniell-Elementes in Form einer Forschen Säule in
folgender Weise Genüge zu leisten. – Beim Aufbaue des Elementes geht er zunächst von
einer kleinen Kupferscheibe aus, welche durch eine vorher in das Kupfervitriol
getauchte Leinwandscheibe bedeckt wird. Ueber dieser befindet sich eine
Pergamentpapierscheibe von beträchtlich gröſserem Durchmesser, auf welche eine
vorher in Zinkvitriol getauchte Leinwandscheibe von gleicher Gröſse mit der ersten
zu liegen kommt. Den Schluſs bilden zunächst ein sehr dünnes amalgamirtes
Zinkscheibchen und sodann eine dicke Zinkscheibe. Das Ganze ist von einer Holzbüchse
eingeschlossen, welche noch weitere Behältnisse besitzt, um einige Vorräthe von
Flüssigkeiten, Leinwand-Scheiben und Elektroden aufzunehmen, da für jeden Versuch
wieder ein neues Element zu verwenden ist. Bei der Bestimmung der elektromotorischen
Kraft von zehn solcher Elemente betrug die gröſste Abweichung 0,3 bis 0,4 Proc; als
Widerstand des Elementes dagegen ergab sich 20 bis 25 Ohm. Dieser lieſs sich aber
leicht durch Vergröſserung des Scheibendurchmessers herabziehen, wobei der Versuch
zeigte, daſs bei einem immer noch kleinen Durchmesser von 3cm der Leinwand Scheiben der Widerstand nur noch 5
bis 6 Ohm ergab.
Diese Zahlenangaben genügen jedoch nicht, um das Element als Spannungsmaſs
einzubürgern. Indessen würde es sich schon der Mühe lohnen, da die vorliegende Idee
keineswegs zu verwerfen ist, eine gröſsere Anzahl solcher Elemente mit genaueren
Instrumenten, als sie dem Verfasser zu Gebote standen, durchzumessen, die
Bedingungen aufzusuchen, unter welchen die Abweichungen in der elektromotorischen
Kraft ein Minimum und die Constanz des Elementes ein Maximum würden. Zunächst wäre
festzustellen, ob die Leinwandscheiben nicht durch passendes Filtrirpapier zu
ersetzen wären, weil sich bei der Herstellung dieses letzteren eine gröſsere
Constanz in der Fähigkeit, Flüssigkeit aufzusaugen, erzielen lieſse als bei den
Leinwandfäden; sodann müſste die vortheilhafteste Concentration der Flüssigkeiten
ermittelt und eine Entscheidung über den Durchmesser der Elektroden getroffen
werden. Sollten die Resultate die gehegten Erwartungen erfüllen, so wäre für die
Praxis ein durch Zahlen ebenso leicht definirbares als herstellbares Spannungsmaſs
gewonnen, ähnlich der technischen Vergleichslichtquelle, welche in der v. Hefner-Alteneck'schen Amylacetatlampe repräsentirt
wird. Wie auch hier, wäre es am besten, wenn sich dann nur eine Fabrik mit der
Herstellung solcher Normalelemente, deren Kosten von keiner nennenswerthen Gröſse
sind, beschäftigen würde.
2) Wie sehr sich auch die maschinellen Stromerzeuger vervollkommnen und dadurch
verbreiten mögen, schwerlich wird es ihnen gelingen, die Elemente vollständig
auszuschlieſsen, obgleich diese bei Weitem weniger rationell die Elektricität liefern, als die
ersteren. In den Fällen, bei welchen die Stromstärke relativ gering sein kann, wie
z.B. bei Haustelegraphen, Signalvorrichtungen, automatischen
Brems-Blockireinrichtungen auf Eisenbahnen, insbesondere aber bei mobilen
Installationen, z.B. bei der Untersuchung von Blitzableitern und von Kabeln auf der
Strecke, bei Entzündung von Minen und Torpedos und bei der sehr rasch operirenden
Feldtelegraphie, werden Elemente stets den Vorzug erhalten, namentlich wenn sie
derart construirt sind, daſs sie nur wenig Aufsicht erfordern, ihre Haltbarkeit
durch die unausbleiblichen Erschütterungen nicht gefährdet ist und die erregenden
Flüssigkeiten gegen das Verschütten geschützt sind, wodurch das Oxydiren der Klemmen
und die Zerstörung beigepackter Meſsinstrumente vermieden sind. – Am geeignetsten
hierfür sind die in den letzten Jahren aufgekommenen Trocken-Elemente, deren Inhalt aber von den Fabrikanten mit Pech u. dgl.
geheimniſsvoll zugestrichen wird. Fast bei jeder Sorte sind die erregenden
Flüssigkeiten in einem anderen Materiale eingebettet, so lieſs Bagration die Salmiaklösung von Erde einsaugen, während
Minotto zu dem nämlichen Zwecke und zugleich als
Diaphragma Quarzsand verwendet. Viele gebrauchen Sägespäne oder Cellulose, wie z.B.
Wolf, Keiser, Schmidt u.a.; d'Arsonval benutzt Thierkohle, Desruelles
Glaswolle, andere dagegen Asbestfasern. Beetz, Gaſsner
und Schüler mengen die Kupfer- bezieh. Zinksulfatlösung
mit Gyps, während Trouvé dieselben durch
Löschpapierscheiben ansaugen lieſs. Burstyn wählt Gyps,
Chlorcalcium und Schieſsbaumwolle. Reine Gallerte verwendet Edelmann, während Pollack eine Mischung von
Gelatine-Glycerin und den erregenden Salzen vorzieht.
In neuester Zeit löst Raoul Guèrin in Paris die
charakteristischen Salze in einer vegetabilischen Gallerte, dem sogen. Agar-Agar,
einem Algenschleime, welcher auch den Hauptbestandtheil der bekannten eſsbaren
Vogelnester der Salangan-Schwalbe bildet, welche er unter dem Namen „Gélosine Raoul Guèrin“ eingeführt hat.
Obwohl sämmtliche oben erwähnte Substanzen, welche für die Aufnahme der erregenden
Salze geeignet erschienen, mehr oder weniger Nichtleiter der Elektricität sind und
somit den Widerstand der zwischen den Elektroden befindlichen Schicht wesentlich
erhöhen, so wurde doch das Gerücht verbreitet, daſs die Trocken-Elemente im
Allgemeinen und insbesondere die Gelatine-Elemente sich durch einen geringen
Widerstand auszeichnen. Um diese Angaben, welche im direkten Widerspruche mit der
elektrischen Natur der genannten Materialien stehen, auf ihren wahren Werth
zurückzuführen, hat sich H. v. Billing (Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888 Bd. 6 S. 295) der
verdienstvollen Arbeit unterzogen, vergleichende Messungen hierüber anzustellen.
Zunächst sollte nur der Widerstand der mit aufgelösten Salzen gemischten Gallerte
bestimmt werden, und zwar nachdem die Polarisation nach bekannter Methode eliminirt
war. Um den Widerstand einer Flüssigkeitsschicht zu erhalten, wurden aus mehreren
Holzrahmen von gleichem inneren Querschnitte, aber verschiedener Dicke, durch
Anpressen von entsprechenden Metallplatten Gefäſse hergestellt, wobei man den
Widerstand zweier solcher Gefäſse bestimmte und deren Widerstandsdifferenz ihrer
Dickendifferenz zuordnete. Dabei zeigte sich, daſs z.B. der Widerstand einer mit
Kupfervitriollösung getränkten Gallertscheibe von 23qcm Querschnitt und 1cm Dicke ungefähr 2
S. E. entsprach, während eine ebenso groſse Säule der nämlichen Kupfervitriollösung
nur die Hälfte Widerstand darbot.
Behufs Anstellung von Dauerversuchen wurden zwei gleiche Léclanché-Elemente verwendet, wovon das eine mit gewöhnlicher
Salmiaklösung, das andere nach Guèrin's Recept mit
„Gélosine Guèrin“ gefüllt war. Entgegen den
aufgetauchten Gerüchten stellte es sich nun heraus, daſs das Gélosine-Element einen
gröſseren Widerstand ergab, als das Wasser-Element, und daſs die von dem
Gélosine-Elemente gerühmte anfängliche Verminderung des Widerstandes auch bei dem
Wasser-Elemente vorhanden war, was daher kommen mag, daſs die Feuchtigkeit
anfänglich die Kohle nicht hinreichend durchdrungen hat.
Weitere Versuche erstreckten sich auf die Stärke der Concentration. Zu dem Zwecke
kamen 8 Léclanché-Elemente zur Verwendung, bei welchen
die Braunstein-Kohlen-(Briquette-)Platte 2cm von
der Zinkplatte entfernt war. Die eine Hälfte wurde mit Gallerte, die andere dagegen
mit Wasser gefüllt und zwar waren in den 4 entsprechenden Paaren an Salmiak je 10,
20, 30 und 40 Proc. des Lösungsmittels enthalten. Die beobachteten Resultate der
Widerstandsmessungen wurden durch Curven dargestellt, bei welchen die Abscissenachse
die Dauer des Stromschlusses in Stunden, die Ordinatenachse dagegen den Widerstand
in Ohm ausdrückt. Diese Curven lassen erkennen, daſs der Widerstand der Gallerte mit
Ausnahme einiger Anfangswerthe immer gröſser ist als jener der wässerigen Lösung und
auch schneller ansteigt als dieser, sowie daſs der Widerstand mit zunehmender
Concentration kleiner wird.
Keine wesentliche Aenderung trat in der elektromotorischen Kraft der Elemente auf,
jedoch lieſs sich dabei im Allgemeinen das Gesetz der Concentrationsströme erkennen,
daſs geringerer Concentration ein höheres Potential entspricht.
Auch hier machten sich wieder die Nachtheile geltend, welche auch anderwärts schon
beobachtet worden sind. Durch das Zusammenziehen der Gallerte findet ein Zerreiſsen
derselben, insbesondere ein Abreiſsen von den Elektroden statt, so daſs sehr bald
die Wirkung des Elementes bedeutend nachläſst, wenn nicht ganz aufgehoben wird.
Durch öfteres Aufgieſsen von Wasser kann diesem Fehler vorgebeugt werden. Hat ein
Zerreiſsen schon stattgefunden, so bringt man das Element mit Zusatz von etwas Wasser in ein
warmes Wasserbad, bis die Gelatinemasse vollständig geschmolzen ist, worauf man
dasselbe sich langsam abkühlen läſst. Dieses Verfahren ist auch dann anzuwenden,
wenn an den Elektroden, insbesondere am Zink Gasblasen auftreten, welche die
Gallerte von den Metallen wegdrängen und dadurch die wirksame Oberfläche
verkleinern. Tritt jedoch eine theilweise Zersetzung und Verflüssigung der Gallerte
auf, deren Ursache noch nicht hinreichend erklärt ist und vielleicht auf das
Vorhandensein von Bacillen zurückzuführen ist, dann besitzt das Element als
Trocken-Element keine weitere Bedeutung mehr.
Diese Gallerten-Elemente besitzen indessen den groſsen Vortheil, daſs die Salze im
Ueberschusse durch die Gallerte festgehalten werden, wodurch es ihnen ermöglicht
wird, sich bei Stromschluſs gleich in der Nähe der Elektroden aufzulösen, während
bei den gewöhnlichen Elementen der concentrirtere Theil den Boden bedeckt. Indessen
geht nur bei intermittirendem Stromschlusse die Auflösung schnell genug vor sich, um
das Anwachsen des Widerstandes etwas zu schwächen.
Was noch die Guèrin'schen Gélosine-Trocken-Elemente
betrifft, so wird die Gélosine auch in granulirter Form benutzt, in welcher eine
sehr starke Wasseraufnahme stattfindet.
Wie sehr die Trockenelemente noch der Verbesserung bedürfen, damit sie den
technischen Bedürfnissen völlig entsprechen, ist wohl durch das Vorstehende
begründet.
3) Nach dem Vorgange von F. Kohlrausch werden die
Widerstände der Flüssigkeiten, welche den elektrischen Strom leiten, mit groſsem
Vortheile mittels Wechselströme gemessen, weil es auf diese Weise möglich ist, das
Auftreten der Polarisation zu vermeiden. Da aber die kleinen Inductionsapparate,
welche die Wechselströme erzeugen sollen, oft gerade im richtigen Momente versagen
und den Beobachter dadurch um seine Zeit bringen, so hat schon W. Kohlrausch (Elektrotechnische Zeitschrift, 1888) bei der Untersuchung von
Blitzableitern einfache Stromunterbrecher benutzt. J.
Popper (Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888
Heft 1) hat nun einen Wechselstromapparat construirt,
welcher bei Meſszwecken die Inductorien ersetzen soll.
Wie die Fig. 1 zeigt, läſst sich zwischen den Spitzen
der beiden Schrauben c, d ein Holzcylinder H drehen, auf dessen Stirnflächen je zwei von einander
durch Paraffinpapier isolirte Spitzenscheiben I, II, III,
IV sich befinden. Die Stromzu- bezieh. Abfuhr geschieht durch die beiden
Klemmen 1 und 4, welche
durch die Spitzen c und d
und die durch den Holzcylinder von einander getrennten Achsenstücke mit den
Spitzenscheiben I und IV
in leitender Verbindung stehen. Die Spitzen tauchen in Quecksilbergefäſse, von
welchen durch die Klemmen 2 und 3 die Zuleitung nach dem Telephon führt. Sobald nun durch Rotation des
Holzcylinders ein neues Spitzenpaar in das Quecksilber taucht, ist es die Aufgabe des Apparates, den
Strom im Telephone zu wechseln. Zu diesem Zwecke ist durch einen Metallstreifen b eine Spitze der Scheibe I mit der etwas voreilenden Spitze der Scheibe III verbunden, das Gleiche ist mit der gegenüber liegenden Spitze der
Scheibe IV und der voreilenden von Scheibe II ausgeführt; natürlich sind die kreuzweise über
einander lagernden Metallstreifen b durch
Isolirmaterial gegen Berührung geschützt.
Um die durch Streichen des cannellirten Achsenstückes k
hervorgebrachte Umdrehung gleichmäſsig zu erhalten, ist auf den Holzcylinder noch
das messingene Schwungrad M aufgeschraubt, so daſs nun
der durch die Klemmen 1 und 4 eingeführte, constante Strom in der Verbindung der Klemmen 2 und 5 regelmäſsige Wechselströme erzeugt: wird
dagegen der Strom mit dem Telephon und den Klemmen 1
und 2 verbunden, so erhält man rasche Unterbrechungen
von gleich gerichteten Strömen. In beiden Fällen läſst sich die Zahl der
Unterbrechungen für die Secunde innerhalb gewisser Grenzen beliebig variiren und
durch besondere Hilfsmittel die gewählte Zahl constant erhalten.
Fig. 1., Bd. 270, S. 409Fig. 2., Bd. 270, S. 409Den Spitzen wurde die in Fig. 2 angedeutete
Form gegeben, und überdies deren Kanten zugeschärft, um das Umherschleudern des in
Holztrögen befindlichen Quecksilbers zu vermindern. Auſserdem ist der ganze Apparat
noch mit einem Blechmantel s umgeben, welcher durch die
Zugschraube zm festgehalten wird, um sowohl die
zerstreuten Quecksilbertheilchen aufzufangen und wieder in die Rinnen zu leiten, als
auch um eine Berührung der rotirenden Spitzen mit den Händen zu verhüten.
Die Klemmen 2 und 3 sind
mit eisernen Schrauben verbunden, vermöge deren das in der Höhlung h sich befindende Quecksilber gehoben oder gesenkt
werden kann, einmal um während des Rotirens die Quecksilberkuppe beliebig einstellen
zu können, sodann um das Quecksilber gegen Staub während des Nichtgebrauches und
gegen das Verschütten beim Transporte zu schützen. Die feine Oeffnung o gestattet der Luft, beim Einfüllen des Quecksilbers
zu entweichen. Damit die Stromdauer in jeder Richtung die gleiche, und somit eine
Polarisation ausgeschlossen ist, müssen die vier Contacträder genau gleich
gearbeitet sein.
Sollen auch Widerstände gemessen werden, die nicht inductionsfrei sind, so ist von
J. Popper (Zeitschrift für
Elektrotechnik, 1888 Heft 4 S. 157) der Vorschlag gemacht worden,
Gleichstrom in den Zweigen der Wheatstone'schen Brücke
zu verwenden und Wechselstromapparat in den Brückendraht einzuschalten. Auf diese
Weise können Extraströme keinen störenden Einfluſs mehr ausüben, und das
Verschwinden des Tones im Telephon ist gesichert. Ein Extrastrom im Telephon tritt
nur so lange auf, als die Einstellung des Brückendrahtes noch nicht die richtige
ist; je näher man der wahren Stellung kommt, um so schwächer wird der Brückenstrom,
um so geringer ist der Einfluſs desselben auf das ganze Stromsystem, was eine
Abnahme des Extrastromes nach sich zieht. Bei der richtigen Einstellung aber
verschwindet jeder Einfluſs des Brückendrahtes, der Widerstand des ganzen Systemes
bleibt ungeändert, wodurch ein Entstehen des Extrastromes durch Oeffnen und
Schlieſsen des Brückendrahtes unterdrückt wird, somit jede Störung im Telephon
ausgeschlossen bleibt.
Bei diesen Messungen ist es besser, statt einen Ton im Telephon zu erzielen, nur
jenes knackende Geräusch der Telephonmembran hervorzurufen, welches entsteht, wenn
der Strom im Telephon unterbrochen bezieh. geschlossen wird. Daher empfiehlt es
sich, den Wechselstromapparat nur in langsame Rotation zu versetzen; denn das
knackende Geräusch übt auf das Ohr einen stärkeren Einfluſs aus, als ein Ton, zumal
wenn die Stärke beider gering ist, auſserdem ist diese Art wesentlich von anderen
Geräuschen und Tönen verschieden.
Ob sich diese neue Schaltungsweise des Wechselstromapparates gegenüber der bisherigen
auch bei inductionsfreien Widerständen besser bewähren wird, muſs durch besondere
Versuche noch festgestellt werden, jedenfalls ist bei Elektrolyten die Polarisation
nicht vermieden.
Wie sich bei dem Popper'schen Wechselstromapparate durch
passende Schaltung rasche Unterbrechungen gleich gerichteter Ströme ergeben, so hat
es R. Lewandowski (Wiener med.
Presse, 1888 Nr. 9) durch Hinzufügung einer Contactschraube und einer
Polklemme an dem Wagner'schen Hammer eines
Inductionsapparates verstanden, auf die einfachste Weise gleich gerichtete,
galvanometrisch meſsbare Inductionsströme zu erzielen. Zu dem Zwecke wird neben der
Contactschraube für den Schluſs der inducirenden Stromquelle ein gegen die übrige
Stromleitung des Apparates isolirter stellbarer Contactpunkt angebracht, zu welchem
der eine Pol der Secundärspirale führt, während der andere mit der Contactschraube
für den Stromschluſs verbunden ist. Bei jedem Stromschlusse gelangt auch der neue,
isolirte Contactpunkt mit dem Wagner'schen Hammer in Berührung, so daſs
sich die Schlieſsungsinductionsströme der Secundärspule durch diese metallische
Brücke und die Drahtwindungen ausgleichen und somit in der Nutzleitung nur
Oeffnungsströme von gleicher Richtung und gleichem zeitlichen Verlaufe, somit
galvanometrisch meſsbar, auftreten.
Wünscht man nur die Schlieſsungsinductionsströme zu erhalten, so muſs dieser neue
Unterbrecher nicht mehr in der Nebenschlieſsung, sondern in der Hauptschlieſsung der
Secundärspule angebracht werden. Dies wird am einfachsten erreicht, indem man den
einen Poldraht mit dem isolirten Contactpunkt, den Ständer des Wagner'schen Hammers mit dem Anfange der Secundärspule
und das Ende derselben mit dem anderen Poldrahte verbindet. Eine einfache
Stöpselvorrichtung gestattet, von denselben Klemmen des Apparates aus nach Belieben
gleich gerichtete Schlieſsungs- und Oeffnungsinductionsströme, sodann Wechselströme
der Secundärspule, sowie Extraströme der Primärspule zu erhalten. Diese Vorrichtung
zur Erzielung der vier verschiedenen Stromarten wurde angebracht, um die
physiologischen Effecte derselben einem eingehenden Studium unterziehen zu
können.
4) Benutzt man bei der Widerstandsbestimmung von Elektrolyten mittels der Wheatstone'schen Brücke ein Telephon in derselben, so
läſst sich aus dem Tönen nicht schlieſsen, ob der variable Widerstand vergröſsert
oder verkleinert werden muſs; auch kommt es vor, daſs das Telephon überhaupt nicht
zum Schweigen gebracht werden kann, wodurch die Genauigkeit des Resultates
beeinträchtigt wird. Auſserdem ist es nöthig, daſs der Beobachter in einem ruhigen
Raume arbeitet, was aber nicht ausschlieſst, daſs er sich nach längerem Beobachten
ermüdet fühlt. J. C. Pürthner (Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888 S. 311) hat daher eine Methode
ersonnen, nach welcher der Elektrolyt und die Zweigwiderstände von Wechselströmen
durchflössen werden, während die in der Brücke etwa vorhandenen Ströme in passender
Weise in direkte und inverse Inductionsströme getrennt werden, wodurch Ströme r gleicher Richtung entstehen, welche galvanometrisch
gemessen werden können.
Fig. 3., Bd. 270, S. 411Zur besseren Erläuterung dient die in der nebenstehenden Fig. 3 mitgetheilte Schaltungsskizze. Um die
Inductionsströme von gleicher Intensität und Zeitdauer zu erhalten, wodurch die Polarisation im
Elektrolyt vollständig ausgeschlossen ist, wird der Primärstrom nicht unterbrochen,
sondern nur kurz geschlossen.
Der Apparat, welcher die Ein- und Ausschaltung der Primärspule, sowie die Trennung
der Inductionsströme automatisch vollzieht, erinnert sehr an den Wagner'schen Hammer eines Inductionsapparates. Indessen
befindet sich unter dem Hebel B in nächster Nähe eine
isolirte Feder A, welche mit dem Elemente E in Verbindung steht, während dessen anderer Pol mit
dem Contacte a zusammenhängt. Durch Abzweigungen ist
nun der Strom durch den Elektromagneten und die primäre Inductionsspule geschlossen,
weshalb der Anker angezogen wird, und die Feder A sich
an den Contactstift a anlegt, wodurch der Primärstrom
kurz geschlossen, die inducirende Spule mit dem Elektromagneten dagegen
ausgeschaltet ist. Durch die Feder F wird nun der Hebel
B bis zu der Anschlagschraube s zurückgezogen, wodurch der Contact zwischen A und a unterbrochen,
dagegen Primärspule und Elektromagnet wieder eingeschaltet werden, worauf sich das
eben erwähnte Spiel wiederholt. – Die secundäre Spule J
ist in leitender Verbindung mit den Punkten 1 und 2 der Wheatstone'schen
Brücke, welche mit dem Elektrolyte demnach von Wechselströmen durchflössen wird.
Behufs Trennung der in der Brücke 3, 4 etwa vorhandenen
Ströme ist 3 mit dem Hebel B,
4 mit dem Contacte a verbunden.
Sobald der Anker durch den Elektromagneten angezogen wird, findet nicht nur Contact
zwischen A und a, sondern
wegen der Durchbiegung von A auch ein solcher zwischen
A und B statt, wodurch
eine Schlieſsung der Secundärspule durch den Hebel und den Contactstift erfolgt.
Wird der Hebel B durch die Feder F zurückgezogen, so hört zuerst die Verbindung zwischen A und B auf, sodann
diejenige zwischen A und a, wodurch die inversen Inductionsströme entstehen, welche aber wegen der
Unterbrechung von a, A, B nur in der Nebenschlieſsung,
welche das Galvanometer enthält, verlaufen können.
Der etwa vorhandene Nadelausschlag läſst erkennen, ob der variable Widerstand H vergröſsert oder verkleinert werden muſs, was sich
bei einem Elektrodynamometer nicht sofort ablesen läſst.
Diese Anordnung läſst sich auch bei anderen Meſsmethoden, z.B. der
Substitutionsmethode oder derjenigen mittels des Differentialgalvanometers u.s.w.
mit Vortheil anwenden.
5) Soll der Widerstand von geschmolzenen Salzen bei
Temperaturen zwischen 3000 und 500° bestimmt werden, so bedarf es groſser Vorsicht
bezüglich der Isolation, weil das Glas, in welchem sich die Salze befinden, mehr
oder weniger leitend wird. Daher ist jegliches Bad aus Oel oder sonst einer
isolirenden organischen Substanz zu verwerfen und nur einzig und allein ein Luftbad
zulässig. E. Bouty und L.
Poincaré (Comptes rendus, 9. Juli 1888 Bd. 107
S. 88) haben diese Erfahrungen wieder von Neuem gemacht, als sie ihre Methode, den Widerstand von
Salzlösungen durch Bestimmung der Potentialdifferenz einer capillaren
Flüssigkeitssäule auf geschmolzene Salze anwenden wollten. Dabei seien bei Benutzung
ihrer sogen. „Flacons électrodes“ unregelmäſsige Polarisationen aufgetreten,
welche die Messungen wesentlich beeinfluſst hätten. Um diese Schwierigkeiten zu
vermeiden, haben sie als Vermittelung zwischen den Elektroden und dem geschmolzenen
Salze solche von Faserasbest mit besonderer Anordnung eingeschaltet. Die betreffende
Widerstandsröhre, welche zusammengerollt war, hatte an den Enden kleine Trichter, in
welche die Fasern eines Asbestpfropfens tauchten. Unten war dieser daher mit dem
geschmolzenen Salze getränkt, während der obere Theil von einer Salzlösung umgeben
war.
Die Widerstandsröhre war ganz von Asbest umschlossen, welcher durch einen Korb aus
Drahtgas zusammengehalten wurde, und befand sich im Inneren zweier concentrischer
Eisentiegel, welche durch mehrere Runsen-Brenner
erhitzt wurden. Auf Grund dieser Vorsichtsmaſsregeln zeigen die Widerstandsmessungen
eine vollkommene Regelmäſsigkeit, so daſs der Fehler unter einem halben Procent
blieb. Nur die exacte Temperaturbestimmung mittels des Luftthermometers sei hier
schwieriger gewesen als bei den Salzlösungen.
Nachdem die Widerstandscapacität in absolutem Maſse mittels einer Normallösung von
Chlorkalium bestimmt war, wurde salpetersaures Kali innerhalb der Temperaturen 335°
und 513° untersucht, und dabei Resultate erzielt, welche mit den von Fousserau nach einer anderen Methode zwischen 329° und
355° erhaltenen hinreichend übereinstimmen.
Aus den beobachteten Zahlen ergibt sich als specifische Leitungsfähigkeit für das
salpetersaure Kali die Formel: ct = 0,7241 [1 + 0,005 (t – 350)], welche nur in der unmittelbaren Nähe des Schmelzpunktes und der
Temperatur (etwa 515°), bei welcher die Zersetzung des Salzes beginnt, von den
wahren Werthen etwas abweichende liefert.
In gleicher Weise wurde auch das salpetersaure Natron innerhalb der Temperaturen 325°
und 380° untersucht, und die Resultate in der Formel: et = 1,302 [1 + 0,00497 (t – 350)]
zusammengefaſst.
Hierauf haben sich die Verfasser (Comptes rendus, 1888
Bd. 107 Nr. 5 S. 332) die Frage gestellt: Wenn die elektrische Leitungsfähigkeit
verschiedener Substanzen bekannt ist, läſst sich daraus dieselbe für die Mischung
ableiten, vorausgesetzt, daſs keine chemische Reaction dabei aufgetreten ist? Um
dieser Frage näher zu treten, haben die Verfasser sie zunächst auf das salpetersaure
Kali und Natron angewendet, zwei Körper, welchen nahezu die gleichen physikalischen
Eigenschaften zukommen; denn ihre specifischen Gewichte und ihre
Ausdehnungscoëfficienten sind beinahe gleich, ihre inneren Reibungscoëfficienten nur
wenig verschieden. Es ist deshalb anzunehmen, daſs die Leitungsfähigkeit ihrer
Mischungen einem einfachen Gesetze gehorchen werde.
Bei der Betrachtung der beiden obigen Formeln fällt sofort auf, daſs die
Temperaturcoefficienten die nämlichen sind, somit darf wohl auch derselbe
Coefficient für die verschiedenen Mischungen der beiden Salze benutzt werden. Sodann
dürfen wir für die Volumenmischung die Gewichte jeder Substanz einführen, weil die
specifischen Gewichte die nämlichen sind. Drücken wir die Gewichte durch p und q aus, so erhalten
wir für die mittlere Leitungsfähigkeit einer Mischung zwischen 300° und 400° die
Formel:
{c_t}''=\frac{0,7241\,.\,p+1,302\,.\,q}{p+q}\,[1+0,005\,(t-350)].
Um die Richtigkeit dieser Formel nachzuweisen, wurden acht verschiedene Mischungen
bei verschiedenen Temperaturen untersucht und die so beobachteten Werthe den
berechneten gegenüber gestellt, dabei bleibt die mittlere Abweichung zwischen
Rechnung und Beobachtung unter 1/20 Proc. Mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, mit
welchen so hohe Temperaturen zu messen sind, um die Beobachtungsreihen miteinander
vergleichen zu können, sind diese Resultate vollkommen zufriedenstellend.
6) Schon im J. 1837 hat de la Rive mittels einer
magneto-elektrischen Maschine Wechselströme in ein Wasservoltameter geleitet und dabei gefunden, daſs sich
dessen Platinelektroden am Ende mit Platinschwarz überzogen; wurden diese hierauf in
eine mit Knallgas gefüllte Glocke gebracht, so riefen sie eine Explosion hervor. Das
Gleiche wurde auch mit Palladium- und Goldelektroden erzielt. Die Ursache dieser
Erscheinungen wurde auf eine katalytische Kraft des Platins zurückgeführt.
Bertin stellte im J. 1857 die nämlichen Versuche auf
eine andere Methode an. Mittels 50 Bunsen-Elementen
zersetzte er angesäuertes Wasser und sammelte beide Gase in der nämlichen Glocke.
Sobald diese fast mit Gas gefüllt war, und die Elektroden aus dem Wasser
herausragten, fand sofort eine Explosion des Gases statt, die auch eintrat, wenn das
Platin der einen, insbesondere der positiven Elektrode durch ein oxydirbares Metall,
wie Eisen, Kupfer u.s.w., ersetzt wurde. Auf Grund dieser Untersuchung konnte de la Rivers Erklärung nicht mehr stichhaltig sein,
weshalb Bertin diese Erscheinungen, da eine Erwärmung
der Elektroden, seinen Erfahrungen gemäſs, nur sehr gering war, der Polarisation der
Elektroden zuschrieb. Indessen finden diese Explosionen nur unter besonderen
Umständen statt, daher kann das Auftreten jener nicht von der Polarisation der
Elektroden herrühren. Deshalb haben es G. Maneuvrier
und J. Chappuis (Comptes
rendus, 9. Juli 1888 Bd. 107 S. 92) unternommen, zu erforschen, unter
welchen Umständen Explosionen auftreten und unter welchen nicht, und sind dabei zu
der sehr wahrscheinlichen Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinungen gelangt.
Mittels Wechselströme haben sie zwischen Platinelektroden das Knallgas aus
angesäuertem Wasser erzeugt. Sobald das entwickelte Knallgas den Platindraht aus der Flüssigkeit
hervorragen lieſs, fand eine sofortige, mehr oder weniger starke Explosion statt,
welche gefährlich wurde, sobald die Gasmenge 25 bis 30cc betragen hat. Ob mehr oder weniger Gas vorhanden ist, dies hat keinen
Einfluſs auf das Eintreffen der Explosion, sondern nur auf die Wirkung derselben.
Auch das Elektrodenmaterial ändert nichts; nachdem das Knallgas hergestellt war,
wurde eine ganz neue Platinelektrode in das Gas gebracht, die Explosion kam sofort
zu Stande, nachdem der Strom eingeleitet war; das Gleiche trat bei Kupfer- oder
Kohlenelektroden ein.
Die Ursache dieser Explosionen läſst sich sehr leicht und einfach erklären. Wie
sowohl Knallgas, als auch jedes andere explosive Gemenge sich bei der Berührung mit
einem glühenden Körper sofort entzündet, so muſs auch hier ein Glühend werden der
Elektroden beim Herausragen aus der Flüssigkeit den Grund zur Explosion bilden. Eine
sich steigernde Erhitzung der Elektroden ist zunächst begründet durch das Anwachsen
der Stromdichte, sodann durch einen vermehrten Uebergangswiderstand und schlieſslich
durch Unterdrückung der Abkühlung bei der Berührung mit der Flüssigkeit. In der That
wurde das Glühen der Elektrode beobachtet, als der in Glas eingeschmolzene
Platindraht an der Einschmelzstelle abgerissen war, und nun der Strom von dieser aus
in das Gas gelangte.
Bildet das Glühen der Elektrode wirklich die Ursache für die Explosion des
entwickelten Knallgases, so muſs dieselbe um so leichter auftreten, je gröſser die
Stromdichte und je kleiner die Elektrodenoberfläche ist. Z.B. fand bei Platindrähten
von 0mm,5 Durchmesser die Explosion nicht eher
statt, als bis das Gas die Flüssigkeit bis auf 5mm
von der Austrittsstelle zurückgedrängt hatte, dagegen tritt sie bis auf 25mm Entfernung auf bei Elektroden von 0mm,2 Durchmesser. Umgekehrt wird die Explosion
verlangsamt oder gar verhindert, wenn man die Erwärmung der Elektroden durch
Abkühlen derselben aufhält. Sind demnach die Elektroden beständig in Wasser
untergetaucht, so ist dadurch jede Explosion ausgeschlossen. Daher wird man am
besten die Elektroden in Trichter einschmelzen und darüber die Glasglocken setzen,
welche sich mit dem Knallgase anfüllen sollen.
Diese Versuche lehren aber auch, daſs wir das Eintreffen einer Explosion aus der
entwickelten Knallgasmenge mit Sicherheit berechnen können, was sich in der Technik
gewiſs einmal verwenden läſst.