Titel: | Die neue Dampfkesselanlage des Hochofenwerkes in Friedenshütte bei Morgenroth. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 512 |
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Die neue Dampfkesselanlage des Hochofenwerkes in
Friedenshütte bei Morgenroth.
Mit Abbildung auf Tafel
28.
Dampfkesselanlage des Hochofenwerkes in Friedenshütte.
Nachdem im Juli vorigen Jahres auf der „Friedenshütte“ bei Morgenroth die
gesammten 22 Dampfkessel der Hochofenanlage durch Explosion zerstört warenVgl. 1888 268 255., wurden als Ersatz
bei der Firma S. Huldschinsky und Söhne in Gleiwitz 12
Dampfkessel von je 202qm Heizfläche nach dem
Patente J. G. Schmidt bestellt. Die zunächst
benöthigten 6 Stück lieferte die Firma in der Zeit von noch nicht ganz 2 Monaten,
weitere 4 in ferneren 4 Wochen. Es war bei dieser äuſserst schnellen Lieferung
möglich, den ersten Hochofen in 2½ Monaten nach der Explosion wieder in Betrieb zu
setzen, den zweiten 4 Wochen später. Neben der groſsen Schnelligkeit in der
Lieferung waren selbstverständlich auch die Sicherheit gegen Explosionsgefahr
maſsgebend.
Vermuthlich ist diese Anlage von Wasserröhrenkesseln die gröſste, welche mit
Hochofengasen geheizt wird, und dürfte es daher auch für weitere Kreise von
Interesse sein, die bei derselben getroffenen Einrichtungen und die mit derselben
erzielten Resultate kennen zu lernen.
Der Sicherheits-Dampfkessel nach dem Patente J. G.
Schmidt ist mehrfach in der Fachpresse beschrieben und besprochen worden.
Die Zeichnung Fig.
1 und 2 läſst übrigens die Construction deutlich erkennen.
Das Gas tritt aus der Hauptleitung, welche, hinter den Kesseln liegend, das
Kesselhaus in der ganzen Länge durchzieht, durch ein mit Drosselklappe versehenes
senkrechtes Rohr von 470mm Weite in die Kammer i, in welcher der mitgeführte Zinkstaub sich zum Theile
ablagert. Durch die beiden Ventile k tritt dasselbe
dann in die Verbrennungskammern l und wird mit der
durch die Kanäle n einströmenden vorgewärmten Luft
gemischt. Die Verbrennungskammern werden so heiſs und bleiben so glühend, daſs sich
das Gas auch nach einer mehr als einstündigen Unterbrechung noch leicht wieder
entzündet. Eine Hilfsfeuerung ist zu diesem Zwecke also unnöthig; nur beim Anheizen
eines neuen Kessels wird auf der Hilfsfeuerung o ein
kleines Feuer zum Anzünden der Gase unterhalten. In der Verbrennungskammer und dem
daran anschlieſsenden, nach oben gehenden Kanäle v
llzieht sich der Verbrennungsprozeſs vollkommen und die Gase treten hinter dem Roste
in den Kessel, im Vorderkessel nach oben und im Hinterkessel nach unten dem Fuchse
zuströmend.
Die Planrostfeuerung, mit welcher die Kessel auſserdem versehen sind, gestattet,
dieselben auch mit Kohlen zu heizen und zwar sowohl in Verbindung mit der
Gasfeuerung als ohne dieselbe.
Die Wärme der Gase wird in den Wasserröhrenkesseln vorzüglich ausgenutzt, da die Heizflächen
dünnwandig sind und eine starke Circulation im Vorderkessel im Vereine mit der
Gegenströmung im Hinterkessel die schnelle Durchleitung der Wärme in das Wasser
bewirken.
Der auf den Röhren sich ablagernde Staub, namentlich Zinkstaub, wird jeden zweiten
Tag durch einen Dampfstrahl schnell und mühelos abgeblasen. Die Röhren werden nach
dieser Behandlung vollständig rein. Es ist dies namentlich für den oberschlesischen
Industriebezirk von groſser Wichtigkeit, da durch den starken Zinkgehalt der
Hochofengase die Heizflächen sehr bald mit einem starken filzigen, die Wärme
schlecht leitenden Ueberzuge bedeckt werden.
Das Speisewasser der Friedenshütte ist ein sehr schlechtes, so daſs selbst die
Groſswasserraumkessel daselbst alle 4 Wochen gereinigt werden müssen. Bei den Schmidt-Kesseln stellt sich die Reinigung insofern
günstig, als in Folge der starken Circulation im Vorderkessel ein groſser Theil der
festen Bestandtheile des Wassers im Dampfsammler sich als Schlamm ablagert und von
hier regelmäſsig täglich abgeblasen werden kann. Ein Theil der Rohre, in denen sich
hauptsächlich der feste Kesselstein ablagert, wird nach dem Ausbauen derselben alle
6 Wochen, ein gröſserer Theil alle 3 Monate und die sämmtlichen Rohre eines Kessels
alle 6 Monate gereinigt, was sich durch Anwendung einer speciell für diesen Zweck
construirten Walzmaschine in kurzer Zeit ausführen läſst. Da übrigens immer eine
genügende Anzahl gereinigter Rohre bereit gehalten wird, die bei Gelegenheit der
Reinigung gegen die incrustirten Rohre ausgewechselt werden, so ist die
Betriebsstörung durch die Reinigung eines Kessels auf 1 bis 2 Tage beschränkt.
Soweit sich nach der jetzt etwa einjährigen Betriebszeit der Anlage ein Urtheil über
dieselbe bilden läſst, entspricht sie ihrem Zwecke und arbeitet zufriedenstellend,
so daſs die Frage der Verwendung von Wasserröhrenkesseln im Hochofenbetriebe bei
Heizung mit Gichtgasen hiermit als gelöst betrachtet werden kann (Stahl und Eisen, 1888 Nr. 11 S. 732).