Titel: | Die wissenschaftliche Ausstellung der 61. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Köln. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 557 |
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Die wissenschaftliche Ausstellung der 61.
Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Köln.
(Schluſs des Berichtes S. 461 d. Bd.)
Mit Abbildung.
Die wissenschaftliche Ausstellung in Köln.
Unter den übrigen Galvanometern ist das Elektrodynamometer
zur Messung telephonischer Strome hervorzuheben. Dasselbe ist jetzt durch
Giltay's Nachfolger, Kipp
und Zonen in Delft, ganz aus Metall und Glas construirt worden, unter
Anbringung verschiedener Verbesserungen zum bequemeren Gebrauche und zur leichteren
Aufstellung. Der grundlegende Gedanke für die Construction dieses Instrumentes rührt
von Bellati her, wonach die bewegliche Drahtrolle eines
Elektrodynamometers durch einen aus geglühtem Eisendrahte bestehenden Cylinder
ersetzt wird, wodurch es ermöglicht ist, das Elektrodynamometer höchst einfach und
äuſserst empfindlich zu construiren. Die Metallfäden, welche bei der gewöhnlichen
Construction der beweglichen Rolle den Strom zugeführt haben, werden jetzt durch
eine aus Coconfäden bestehende Bifilaraufhängung ersetzt.
Der Apparat wird so aufgestellt, daſs die Ebene der Windungen einen Winkel von 45°
mit dem magnetischen Meridian und der Eisencylinder einen Winkel von 45° mit der
Windungsebene bildet und senkrecht zum magnetischen Meridiane steht. Auf diese Weise
ist der Eisencylinder der Einwirkung des Erdmagnetismus entzogen, wird dagegen durch
den die feste Spule passirenden Strom magnetisirt und deshalb abgelenkt. Obwohl wir
es mit Wechselströmen zu thun haben, so findet dennoch die Abweichung stets nach
derselben Seite statt, weil sich mit der Stromrichtung auch die Polarität des
Eisenstabes umkehrt.
Wird das Instrument für Wechselströme, die nicht zu kräftig sind, um mit
Spiegelablesung gemessen werden zu können, gebraucht, so ist vom remanenten
Magnetismus des Eisenbündels nichts zu bemerken. Wird aber ein kräftiger, constant
gerichteter Strom durch die Windungen geschickt oder ein kräftiger Magnet dem Apparate genähert,
so wird der Eisencylinder zuweilen etwas Magnetismus behalten. Erkannt wird dies an
einer Verschiebung des Nullpunktes, weil der Erdmagnetismus versucht, den
Eisencylinder in den magnetischen Meridian zu bringen. Statt den Cylinder
auszuglühen, um den remanenten Magnetismus aufzuheben, werden Wechselströme mit
abnehmender Intensität durch den Apparat geschickt, was sich stets gut bewährt
hat.
Der Multiplicator besteht aus zwei Spulen, um nach Belieben verschiedene
Combinationen ausführen zu können; bei Hintereinanderschaltung beträgt der
Widerstand 500 Ohm.
Das Instrument wird sowohl für Fernrohrablesung mit einem Planspiegel, als auch für
objektive Darstellung mit einem Hohlspiegel eingerichtet.
Ein ganz leiser Vocal, in das Telephon gesprochen, bewirkt einen so groſsen
Ausschlag, daſs in 3m Entfernung die Scala nicht
mehr zu sehen war, was als Beweis für die groſse Empfindlichkeit dieses
Meſsinstrumentes dienen mag.
Um das hohe Vacuum zu erreichen, welches sowohl für die Herstellung Crookes'scher Apparate, als auch für die
Glühlampenindustrie erforderlich ist, haben die Quecksilberluftpumpen die verschiedenartigsten Aenderungen erfahren.
Fr. Müller in Bonn stellte die durch W. W. J. Nicol verbesserte Sprengel'sche Quecksilberluftpumpe aus, deren Vorzug hauptsächlich darin
besteht, daſs sie bei schneller Arbeit eine sehr geringe Quecksilbermenge (etwa
300cc) erfordert und dabei ein sehr hohes
Vacuum erreicht.
Fig. 5., Bd. 270, S. 557Die äuſsere Form dieser Pumpe ist in Fig. 5
abgebildet. Das Prinzip der automatischen Thätigkeit ist identisch mit dem von Babo'schen, indem eine in der Figur nicht angegebene
Wasserstrahlluftpumpe die Luft bei a anzieht, was durch
einen Hahn beliebig regulirt werden kann. In Folge dessen steigt das Quecksilber
links von unten nach oben, bis zum Reservoir S, von da
gelangt es durch die Röhre g, welche durch den Hahn
abgeschlossen werden kann, nach A und fällt durch die
feinen Oeffnungen tropfenweise durch die Fallröhren FFF, indem es die bei d eintretende Luft des
auszupumpenden Gefäſses mit sich reiſst. K ist das
Sammelgefäſs. Dieser Apparat gestattet nur, einen Raum auszupumpen, dagegen nicht
das betreffende Gas für eine etwaige Analyse zu sammeln. Die ganze Höhe der Pumpe
ist noch etwas kleiner als 1m.
Gehrhardt in Bonn brachte die von Dr. Geppertverbesserte Geissler'sche
Quecksilberluftpumpe, deren Hähne mit luftleerer Kammer versehen sind, um dadurch
einen vollkommen dichten Verschluſs zu erzielen. Die Construction der Hähne ist neu
und daher zum Patente angemeldet.
Um sehr geringe Wärmemengen bestimmen zu können, construirte Prof. F. Neesen ein Aethercalorimeter, welches von dem Bunsen'schen Eiscalorimeter abgeleitet wurde. Durch die Verdampfung des
Aethers, welche hierbei benutzt wird, wird die Empfindlichkeit 2000 mal gröſser als
bei dem Bunsen'schen.
Unter den zahlreichen Thermometern, welche jetzt fast
ausnahmslos aus Jenaer Glas hergestellt sind und den verschiedensten Zwecken
entsprechende Formen und Eintheilungen besitzen, zeigte sich auch Immisch's Patentmetallthermometer, welches insofern Aufmerksamkeit verdient, weil
demselben ein Gutachten der kaiserl. Normal-Aichungscommission zu Berlin beiliegt,
wodurch der schlechte Ruf, in welchem Metallthermometer im Allgemeinen zu stehen
pflegen, keineswegs gerechtfertigt erscheint. Das Gutachten spricht sich nach einer
Prüfung während 13 Monaten dahin aus, daſs Schwankungen von nicht mehr als 0,1° um
den Mittelwerth vorgekommen seien. – Da das vorliegende Thermometer zunächst für
Aerzte bestimmt ist, so zeigt es deshalb nur die Temperaturen zwischen 20 und 45°
an, entspricht dafür an Gröſse einer Damentaschenuhr. Nun hindert nichts, bei etwas
gröſserer Construction die im gewöhnlichen Leben üblichen Temperaturintervalle zu
erhalten, weshalb es von Interesse ist, das Nähere dieses Thermometers kennen zu
lernen. – Die Construction beruht auf dem Prinzipe der Bourdon'schen Röhre. Eine sehr elastische Rohre ist spiralförmig gebogen
und mit einer in der Wärme sich ausdehnbaren Flüssigkeit angefüllt. Dehnt sich die
Flüssigkeit aus, so zwingt sie das freie Ende der Röhre zu einer Curvenbewegung,
welche, durch Rad- und Triebsystem vergröſsert, mittels des Zeigers sichtbar gemacht
wird.
Eine Veränderung des Nullpunktes durch den Barometerstand ist ausgeschlossen, da sich
Flüssigkeiten nicht in dem Maſse comprimiren lassen, und die Grenze der Elektricität
der Röhre weit hinter deren Bewegung liegt.
Um das Maximum der Einstellung kennen zu lernen, ist es nöthig, die zwischen dem
Ringe des Thermometers befindliche kleine Scheibe herauszuziehen, wodurch der Zeiger
festgestellt wird. Durch Hineindrücken der Scheibe wird der Zeiger wieder frei.
Gegenüber dem Quecksilberthermometer hat das Metallthermometer den Vorzug der
Unzerbrechlichkeit, was nicht zu unterschätzen ist.
In der Optik fielen zunächst die groſsen Spectralapparate auf. A. Krüss in Hamburg hat die Vorrichtung an seinem groſsen Spectralapparate getroffen, daſs bei der
Bewegung der aus sechs Prismen bestehenden Prismenkette zur Einstellung der
einzelnen Theile des Spectrums auf das Minimum der Ablenkung das Beobachtungsrohr und das
Collimatorrohr feststehen, während das Spectrum, durch das Gesichtsfeld wandert. Die
Zerstreuung beträgt etwa 32°. Die Einstellung der Prismen auf das Minimum der
Ablenkung erfolgt automatisch. – Auſser diesem Riesenexemplare war noch ein Universalspectralapparat vorhanden, an welchem sich
sowohl qualitative und quantitative Analysen, als auch spectrophotometrische
Untersuchungen anstellen lassen. Dem Apparate sind beigegeben zwei Prismen von
verschiedener Dispersion, ein Absorptionsgefäſs mit Mikrometerstativ und eine
Spaltvorrichtung mit zwei symmetrischen Spalten.
Auch Schmidt und Hänsch in Berlin haben unter Anderem
ein neues Spectrometer ausgestellt, welches mit einem
optischen Aufsatze für zwei automatisch verbundene
Rutherford'sche Prismen versehen ist.
Je gröſser die Prismenzahl, um so gröſser ist der Lichtverlust, weshalb die
leuchtende Quelle intensiver gewählt werden muſs. Letzteres ist nun nicht immer
möglich, weshalb Prof. Zenger in Prag ein
geradsichtiges Flüssigkeitsspectroskop construirte,
welches in Verbindung mit einem Flintglasprisma geradsichtig ist und die bedeutende
Dispersion von 350 ergibt.
Ein anderes Spectroskop, welches nicht geradsichtig ist, besteht aus drei
gleichschenkeligen rechtwinkeligen Prismen mit enormer Dispersion von 23¼° bei
geringerem Lichtverluste als bei drei Schwefelkohlenstoffprismen von 60°, die etwa
dieselbe Zerstreuung geben würden.
Um Studien über das ultrarothe Spectrum anstellen und dasselbe photographisch fixiren
zu können, construirte er ein Spectroskop aus Schottischem Flintglase und Steinsalz, wobei eine Zerstreuung erzielt
wird, welche derjenigen von vier Steinsalzprismen mit je 60° brechendem Winkel
gleichkommt.