Titel: | Ersatz der galvanischen Batterien in der Telegraphie durch Dynamomaschinen. |
Fundstelle: | Band 270, Jahrgang 1888, S. 564 |
Download: | XML |
Ersatz der galvanischen Batterien in der
Telegraphie durch Dynamomaschinen.
Ersatz der galvanischen Batterien durch
Dynamomaschinen.
Die Versuche, in der Telegraphie die galvanischen Batterien durch Magnetinductoren zu
ersetzen, reichen bis 1859 zurück, in welchem Jahre mit einem Marcus'schen Rotationsapparate befriedigend von Wien
nach Prag (und Berlin) telegraphirt wurde (1880 236 341).
An die von der Western Union Telegraph Company 1879 und
1880 angestellten Versuche (1880 236 340) reihte sich im
September 1880 eine AusführungIn Europa ist man – in Paris (vgl. Lumière
Electrique, 1887 Bd. 25 * S. 301) und anderwärts – über die
Versuche nicht hinausgekommen. Vielleicht ist die Ursache davon irgend eine
wesentliche Verschiedenheit im Betriebe hier und dort. Ohne Zweifel bietet
die Verwendung der Maschinen für den Betrieb mit (amerikanischem) Ruhestrome
gröſsere Vortheile, als bei Arbeitsstrombetrieb, weil bei letzterem jedes
der in derselben Linie liegenden Aemter eine besondere Stromquelle erhalten
muſs.D. Ref. im Hauptamte zu New York, wo bisher
über 10000 Callaud-Elemente im Betriebe gewesen waren
und durch Dynamomaschinen ersetzt wurden (vgl. The
Electrician, 1881 Bd. 6 * S. 229, nach dem Journal
of the American Electrical Society). Wie es Field vorgeschlagen hatte, schaltete der Elektriker der Company, G. A. Hamilton, in jedem der 3 Sätze vier Siemens'sche Dynamomaschinen hinter einander, deren
Feldmagnete in Hintereinanderschaltung von einer fünften Dynamo erregt wurden; je
nach der Stelle, wo der Strom entnommen wurde, hatte derselbe 100, 150, 250 oder 350
Volt Spannung.
Textabbildung Bd. 270, S. 564Die Ausdehnung des Netzes und des Betriebes würde in New York jetzt die
Aufstellung von wenigstens 35000 Elementen nöthig machen. Aber auch die
Maschinenanlage ist von Hamilton und H. S. Brown entsprechend abgeändert worden. Nach der
Lumiere Electrique, 1888 Bd. 27 * S. 541, erregt
zwar jetzt die fünfte Maschine noch die Felder der vier anderen Maschinen, diese
Felder (von je 17 Ohm Widerstand) sind aber parallel geschaltet, und in jedes ist
noch ein veränderlicher Widerstand ( W in Fig. 1) eingeschaltet, mittels dessen man das Feld
kräftiger oder schwächer machen kann. Die fünfte Maschine ist zugleich aber auch
noch mit ihrem Anker in die Hintereinanderschaltung der vier anderen Anker gelegt
und vergröſsert die Spannung des Stromes um 60 Volt. Im Ganzen sind 15 Maschinen
vorhanden; dieselben haben einen viel kleineren inneren Widerstand und bilden drei
Gruppen; eine Gruppe steht in Bereitschaft und kann mittels eines Umschalters V den Leitungen nach Bedarf den positiven oder
negativen Pol liefern. Dies ist hier schwieriger, weil man dazu nicht nur den Strom
in den Elektromagneten der vier Maschinen umkehren, das Feld der fünften Maschine
dagegen unverändert lassen und doch zugleich den von ihr für die
Telegraphenleitungen gelieferten Strom umkehren muſs; der Umschalter U hat die Anordnung eines Stromwenders mit zwei Hebeln
h und k und vier übers
Kreuz verbundenen Contacten 1, 2, 3 und 4, und es sind an die beiden Hebel h und k die von den auf
dem Anker A der fünften Maschine schleifenden Bürsten
c5 und b5 kommenden, als m5 und n5 schon nach dem
Elektromagnete abgezweigten Poldrähte q und p gelegt, mit dem einen Contactpaare 1, 3 der fünfte L5 der nach den Telegraphenleitungen führenden Drähte
und das eine Ende u des erregenden Stromkreises, mit
dem anderen Paare 2, 4 dagegen das zweite Ende v eben dieses Stromkreises und der von der einen Bürste
b4 der vierten
Maschine und dem vierten L4 der nach den Telegraphenleitungen führenden Drähte kommende Draht
verbunden; von b4 aus
setzt sich der Stromweg durch die Anker der vier ersten Maschinen und die auf ihnen
schleifenden Bürsten bis zur Erde E fort. Bei beiden
Lagen des Umschalters U hat der erregende und der
Ankerstrom der fünften Maschine die nämliche Richtung; es ist z.B.
p stets der positive, q
stets der negative Poldraht. Werden die beiden Hebel h
und k des Umschalters U
umgelegt, so daſs sie an den Contacten 4 und 3 liegen, so wird der von A an die Drähte p und q gelieferte Strom nicht nur von k und h ab in dem erregenden Stromkreise um umgekehrt, sondern er wird jetzt auch dem
Telegraphirstromkreise L5
3 k p A q h 4 r b4 . . . . E in anderer Richtung zugeführt,
als während die Hebel des Umschalters die in Fig. 1
gezeichnete Lage hatten; die Ankerströme der vier anderen Maschinen haben jetzt zu
Folge der Umkehrung des erregenden Stromes ebenfalls die entgegengesetzte Richtung
erhalten, alle fünf Maschinen speisen daher auch jetzt den Telegraphirstromkreis in
einem und demselben Sinne.
Es ist nun weiter ein Umschalter vorhanden, welcher aus 25, zu je 5 in 5 Reihen
angeordneten, Messingplatten besteht und die Möglichkeit bietet, die in Bereitschaft
stehende Gruppe ausgeschaltet zu halten oder sie in Verbindung mit der den Strom vom
positiven Pol liefernden Gruppe oder mit der den Strom vom negativen Pol liefernden
Gruppe zu benutzen; dazu werden die Platten in geeigneter Weise durch Stöpsel
verbunden.
Um prüfen zu können, ob von beiden Polen gleichstarke Ströme geliefert Werden, ist
noch ein Differentialgalvanometer an diesem Umschalter angeordnet, dessen beide
Windungen mit einem Widerstände von je 3500 Ohm an den positiven und negativen
fünften Liniendraht (L5) und andererseits an Erde gelegt sind bei gleicher Stärke beider Ströme
bleibt die Nadel in Ruhe.
Bei der älteren Anordnung wurden die verschieden langen Telegraphenleitungen, welche
von demselben nach den Leitungen führenden Drahte (z.B. von L1) aus gespeist wurden, durch
Einschaltung von Neusilberwiderständen auf gleichen Widerstand gebracht. Jetzt
geschieht dies durch Einschaltung von Glühlampen, die 200 Ohm Widerstand besitzen
und kaum jemals von dem 0,2 bis 0,3 Ampère selten übersteigenden Telegraphirstrome
zum vollständigen Glühen gebracht werden, daher ewige Dauer haben.
Die Dynamomaschinen sind Edison'sche (mit 0,1 bezieh. 30
Ohm Widerstand im Anker und Elektromagnete). Jede Gruppe wird von einer 15
-Dampfmaschine getrieben. Die erste und zweite Maschine haben je 70, die
dritte und vierte je 60, die fünfte 65 Volt elektromotorische Kraft, so daſs man der
Reihe nach eine Spannung von 70, 140, 200, 260 und 325 Volt zur Verfügung hat. Mit
der ersten Spannung jeder Reihe werden etwa 160 Leitungen von einem mittleren
Widerstände von 3000 Ohm gespeist; die zweite Spannung wird für etwa 135 Linien von
3500 Ohm mittleren Widerstand benutzt. 80 Linien von 4000 Ohm Widerstand im Mittel
erhalten die dritte Spannung und 40 Leitungen von 5000 Ohm die vierte und fünfte.
Die erste Maschine ist am meisten beansprucht; sie liefert bis zu 23 Ampère; die
fünfte dagegen liefert nur 10 Ampère, und davon etwa 7 zur Erregung der anderen
Maschinen. Die Dynamo machen etwa 1200 Umläufe in der Minute.
Als die Western Union Company die Linien der Baltimore and Ohio Company übernahm, deren Betrieb 8000
Elemente erfordert hatte, wurden dieselben einfach mit an die Maschinen angelegt,
ohne daſs ein merklicher Mehraufwand entstand.
Die Maschinen der älteren Anlage haben während ihrer fast 8jährigen Dienstzeit nur
sehr selten und nur geringfügige Störungen erlitten. Der Berieb der neuen Einlage
ist so befriedigend, daſs die Western Union Company
auch in Pittsburg gleiche Einrichtung treffen will.
Eine andere amerikanische Gesellschaft, die Postal Telegraph
Cable Company in New York, hat ebenfalls Dynamomaschinen als Ersatz für
10000 Callaud-Elemente aufgestellt; ihre von dem
Elektriker der Gesellschaft, F. W. Jones, ausgeführte
Anlage ist nach etwa zweimonatlichem Bestehen in der Lumière
Electrique vom 8. September 1888 Bd. 29 * S. 490 beschrieben worden und
wird gelobt. Die verwendeten Edison-Maschinen haben
eine eigenartige Wickelung. Jede der beiden Gruppen besteht aus acht Maschinen, die
in zwei Reihen auf einem A-förmigen Holzgerüste aufgestellt sind und von einer
gemeinschaftlichen Welle aus mittels Riemen getrieben werden. Diese Welle wird von
einer 10 stehenden Maschine à pilon in Umdrehung versetzt, und überdies
sind die beiden Wellen durch einen Riemen mit einem doppelten Satze von Scheiben verbunden, so daſs jede
Maschine beide Gruppen oder bloſs eine einzige treiben kann. Die Kuppelung wird
mittels eines Muffes von Hill bewirkt.
Eine 6 -Maschine von der nämlichen Art ist noch mit einer 40-Lampen-Dynamo
unmittelbar verbunden, die den Apparatsaal und die Zimmer des Kassirers der
Gesellschaft beleuchtet. Obwohl man für den Fall des Bedarfes Dampfkessel
aufgestellt hat, wird für gewöhnlich der Dampf (mit 5at,5 Druck) von der New York Steam Company
entnommen.
Die eine Bürste jeder Dynamo steht mit der Erde in Verbindung, von der zweiten führt
ein Draht nach einer Schiene im Umschalter, in welchem je zwei neben einander
liegende Gruppen von drei Schienen für die sechs positiven und in dazu symmetrischer
Anordnung für die sechs negativen Poldrähte von je sechs Maschinen vorhanden sind;
jede der beiden Dynamogruppen liefert so drei positive und drei negative Ströme von
paarweise gleicher Spannung. Zwei Dynamomaschinen dienen als Hilfsmaschinen und
haben Stromwender, um nach Bedarf einen positiven oder einen negativen Strom liefern
zu können. Alle 16 Dynamo haben Regulatoren für ihr magnetisches Feld. Die Maschinen
laufen mit 1200 bis 2000 Umdrehungen; die Bürstenstellung braucht nicht berichtigt
zu werden; sie liefern bis 25 Ampère bei 50 Volt. Als Widerstände zur Ausgleichung
der Linienwiderstände kommen Lampenreihen zur Verwendung, die im Apparatsaale
aufgestellt sind.
Im Maschinenraume soll noch ein elektrischer Motor von 10 als
Bereitschaftsmaschine aufgestellt werden, dem die Elektricität von der Edison-Station in Pearl Street geliefert werden
soll.
In anderer Richtung als bei diesen groſsen Maschinenanlagen bewegen sich Versuche,
welche in jüngster Zeit in Wien angestellt worden sind. Nach der Zeitschrift für Elektrotechnik, 1888 S. 438, haben dort
zwei Beamte aus Bosnien, Flatz und Deisenberg, eine Dynamo auf einem kleinen Tische
aufgestellt, welche durch ein Gewicht mittels Räderübersetzungen (ähnlich wie der
Hughes) in Umlauf versetzt wird. Beim Telegraphiren wird die Maschine in
Hintereinanderschaltung benutzt; den Localstrom vom Relais zum Schreibapparate
dagegen liefert sie in einer Schaltung als Nebenschluſsdynamo. Im Centralamte zu
Wien wurden am 24. und 25. Juli Versuche mit Morse und Hughes gemacht und fielen zur
Befriedigung aus. Wien telegraphirte nach einander mit Sarajevo (700km), Karlsbad (480km), Baden (50km) und Warschau (600km). Nach S. 483 derselben Quelle sind die
Versuche in Sarajevo fortgesetzt worden. Zwei volle Stunden wurden 13 Leitungen
gleichzeitig an die Dynamo angelegt und anstandslos telegraphirt. Auf der
Bosnabahnlinie wurde ziemlich lange mit dem Apparate auf Ruhestrom gearbeitet, und
21 eingeschaltete Stationen meldeten, daſs der Strom besser und constanter als der
der Batterie sei.