Titel: | Die Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer Verwendung als Strickmaschine. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 151 |
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Die Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer
Verwendung als Strickmaschine.
Mit Abbildungen auf Tafel
7 und 8.
Doppelsteppstich-Nähmaschine in ihrer Verwendung als
Stickmaschine.
Die Stickmaschinen lassen sich im Allgemeinen in zwei groſse Klassen unterbringen und
zwar gehören zu der ersten diejenigen Maschinen, welche Fäden von abgepaſster Länge
verarbeiten, zu der zweiten dagegen diejenigen, bei welchen sogen. endlose Fäden zur
Verwendung kommen.Vgl. auch Fischer, Die Stickmaschine,
Civilingenieur.
Bei den mit kurzen, abgepaſsten Fäden arbeitenden Stickmaschinen, deren Typus die Heilmann'sche Stickmaschine ist, wird die Ausführung
der Stickarbeit unmittelbar der bei der Handarbeit üblichen Arbeitsmethode entlehnt.
Die Maschinen sind also eigentliche Plattstich-Stickmaschinen. Die Erhöhung ihrer
Leistungsfähigkeit ist durch die Vermehrung der gleichzeitig arbeitenden Nadeln,
also die gleichzeitig erzeugten Muster bedingt.
Bei denjenigen Stickmaschinen, welche die Fäden während der Arbeit direkt einer
Anzahl Spulen entnehmen oder sogen. endlose oder continuirliche Fäden verarbeiten,
ist die Stichbildung eine andere, sie ist derjenigen, welche bei Nähmaschinen
gebräuchlich ist, analog und diesen Maschinen entlehnt, und zwar kommen hierbei die
beiden Hauptsticharten in Betracht, nämlich der Kettenstich und der
Doppelsteppstich. Es läſst sich somit die zweite Klasse der Stickmaschinen, also
diejenigen, welche mit endlosen Fäden arbeiten, wieder eintheilen in
Kettenstich-Stickmaschinen und Doppelsteppstich-Stickmaschinen. Durch ein dichtes
Aneinanderlegen der einzelnen Stiche wird auf der Schauseite der Stickerei der
Charakter der Plattstichstickerei gewahrt. Wie die Stichbildung, so sind auch die
zur Erzeugung derselben nothwendigen Werkzeuge der gewöhnlichen Nähmaschine
entlehnt.
Berücksichtigt man weiter, daſs die Leistungsfähigkeit einer jeden Stickmaschine
durch die Anzahl der in der Zeiteinheit erzeugbaren Stiche bedingt wird und eine
möglichst groſse Stichzahl entweder erreichbar ist:
a) durch eine groſse Anzahl gleichzeitig arbeitender Nadeln,
oder
b) durch groſse Arbeitsgeschwindigkeit bei Verwendung einer oder
weniger Nadeln,
so lassen sich die drei groſsen Klassen von Stickmaschinen
wieder eintheilen in Mehrnadel-Stickmaschinen und Einnadel-Stickmaschinen. Auf den
ersteren werden gleichzeitig ebenso viele gleichartige Muster erzeugt, wie Nadeln
vorhanden sind, die Arbeitsgeschwindigkeit darf nur eine mäſsige sein, um die
Beaufsichtigung der Arbeitsleistung zu erleichtern. Die Einnadelmaschinen liefern
stets nur ein Muster, arbeiten mit hoher Geschwindigkeit und gestatten dem Arbeiter,
seine volle Aufmerksamkeit der genauen Erzeugung der Arbeit und jederzeit richtigen
Stichbildung zuzuwenden.
Die Plattstich-Stickmaschinen gehören, da bei denselben immer nur das erstere der
Fall ist, d.h. eine groſse Anzahl gleichartiger Muster gleichzeitig hergestellt
wird, zu den Mehrnadel-Stickmaschinen. Die Kettenstich- und
Doppelsteppstich-Stickmaschinen dagegen sind entweder Mehrnadel- oder
Einnadel-Stickmaschinen und es ergibt sich somit folgende Uebersicht:
Textabbildung Bd. 272, S. 151Plattstich-Stickmasch.;
Kettenstich-Stickmasch.; Doppelsteppstich-Stickmasch.;
Mehrnadel-Stickmasch.; Einnadel-Stickmasch.Berücksichtigt man weiter, daſs die Mehrnadel-Stickmaschinen lediglich zum
Sticken dienen, die Einnadel-Stickmaschinen dagegen entweder nur zum Sticken oder
auch zum Nähen und Sticken, so können wir die Einnadel-Stickmaschinen wieder
unterscheiden in: Einnadel-Kettenstich-Stickmaschinen und Einnadel-Kettenstich-Näh-
und Stickmaschinen und Einnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschinen und
Einnadel-Doppelsteppstich-Stick- und Nähmaschinen oder kurz Kettenstich-Näh- und
Stickmaschinen und Doppelsteppstich-Näh- und Stickmaschinen. Das obenstehende Schema
erhält somit folgende Gestalt:
Textabbildung Bd. 272, S. 151Plattstich-Stickmasch.;
Kettenstich-Stickmasch.; Doppelsteppstich-Stickmasch.;
Mehrnadel-Stickmasch.; Einnadel-Stickmasch.; Einnadel-Stick- u.
Nähmasch.Aus diesem Schema ergeben sich folgende Klassen von Stickmaschinen:
1) Plattstich-Stickmaschine,
2) Mehrnadel-Kettenstich-Stickmaschine,
3) Mehrnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschine,
4) Einnadel-Kettenstich-Stickmaschine,
5) Einnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschine,
6) Kettenstich-Stick- und Nähmaschine,
7) Doppelsteppstich-Stick- und Nähmaschine.
Bei der Plattstich-Stickmaschine, deren Vertreter die Heilmann'sche Stickmaschine ist, erfolgt die Stichbildung mit Hilfe
zweispitziger Nadeln, die das Oehr genau in der Mitte haben und von der einen Seite
in den Stoff eingeführt und nach der anderen Seite desselben durchgezogen werden und
umgekehrt.
Die Mehrnadel-Kettenstich-Stickmaschinen arbeiten entweder mit Oehrnadeln oder
Hakennadeln oder endlich auch mit Zungennadeln. Ist das erstere der Fall, so erfolgt
die Stichbildung unter Vermittelung geeignet gestalteter Greifer, im zweiten und
dritten Falle dagegen mit Hilfe von entsprechend bewegten Fadenführern.
Bei den Mehrnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschinen hat man die Oehrnadeln entweder mit
Greiferschiffchen oder einfachen Schiffchen zusammenarbeiten lassen, zur Bedeutung
ist nur der letzte Fall gelangt und kommen entweder hin und her laufende oder
schwingende Bewegung ausführende Rundschiffchen zur Verwendung.
Bei den Einnadel-Kettenstich-Stickmaschinen wird die Stichbildung entweder durch
Oehrnadel und Greifer oder Hakennadel und Fadenführer bewirkt. Die Hauptvertreter
der letzten Art sind die Maschinen von Bonnaz und
Cornely.
Bei den unter 5) und 7) genannten Maschinen sind die Stichbildungswerkzeuge die
gleichen, und zwar arbeitet eine Oehrnadel mit einem Schiffchen zusammen, welches
gewöhnlich ein schwingende Bewegung ausführendes Langschiffchen ist, doch kommen
auch solche anderer Construction zur Verwendung.
Die unter 6) genannte Kettenstich-Stick- und Nähmaschine hat meines Wissens eine
praktische Verwerthung nicht gefunden.
Die verschiedenartigsten Musterformen der Stickerei bedingen eine möglichst groſse
Beweglichkeit und Freiheit in der Anordnung der Stiche auf dem Stoffe, also eine
möglichst leichte Aenderung der Stichrichtung. Der complicirteste Fall ist die
Erzeugung krummliniger Sticknähte, indem sich hierbei der Transport des Stoffes für
je einen Stich stets aus einer geradlinigen Verschiebung von Stichpunkt zu
Stichpunkt und einer Drehung um den Winkel, welcher von zwei auf einander folgenden
Stichrichtungen eingeschlossen wird, zusammensetzt.
Die Herstellung der Stiche in beliebiger Gröſse und Richtung kann nun, wenn man
berücksichtigt, daſs sowohl der Stoff als auch die Nadel zwei Bewegungen ausführen
können, und zwar eine Verschiebung und Drehung, auf folgende Weisen erfolgen:
1) Verschiebung des Stoffes,
2) Verschiebung der Nadel,
3) Verschiebung und Drehung des Stoffes,
4) Verschiebung und Drehung der Nadel,
5) Verschiebung des Stoffes und Drehung der Nadel,
6) Verschiebung der Nadel und Drehung des Stoffes.
Erhält der Stoff eine Verschiebung und die Nadel, wie unter 1) angegeben, entweder
keine Drehung oder, wie unter 5) aufgeführt, eine solche, so wird der erstere
entweder in einem allseitig frei beweglichen Rahmen aufgespannt oder mit der Hand
frei auf dem Tische der Maschine verschoben, wie bei den Maschinen von Cornely-Bonnaz, so daſs die Nadel jede Stelle des
Stoffes treffen kann. Der Stoffrahmen liegt entweder wagerecht oder senkrecht, und
es arbeitet dementsprechend die Nadel in senkrechter oder wagerechter Richtung.
Die Bewegung des Stoffrahmens kann nun auf folgende Weisen erfolgen:
1) Ein an dem Rahmen befestigter Stift wird auf einem vorliegenden Muster (einer
Patrone) geführt, und der Stoffrahmen hierbei durch geeignet angeordnete Lenker und
Gegenlenker gehalten. Eine Verkleinerung des Musters ist also nicht möglich, d.h.
die Nadeln arbeiten dasselbe in derselben Gröſse, in welcher es vorliegt.
2) Der Führungsstift ist nicht starr mit dem Stoffrahmen verbunden, sondern durch
einen Storchschnabel (Pantographen) und es wird derselbe entweder
a) mit der Hand auf dem vorliegenden Muster bewegt oder
b) in dem Kreuzungspunkte zweier Schlitzschienen geführt, die dem
zu erzeugenden Muster entsprechend durch eine geeignete Muster-vorrichtung
bethätigt werden.
In beiden Fällen findet gewöhnlich eine Verkleinerung des
Musters und zwar in dem durch das Umsetzungsverhältniſs des Storchschnabels
bedingten Maſse statt.
3) Es wirkt auf jede Seite des Stoffrahmens entweder direkt oder indirekt ein System
von Musterkarten oder Hubscheiben ein, welche auswechselbar sind oder deren Wirkung
dadurch verändert werden kann, daſs zwischen sie und den Stoffrahmen durch eine
Jacquardvorrichtung geeignet gestaltete Zwischenstücke eingeführt werden.
Erhält die Nadel, wie unter 2) angegeben, nur eine Verschiebung oder eine
Verschiebung und Drehung wie unter 4), so erfordert dieses ein Aufspannen des
Stoffes in einen festen Rahmen, dagegen eine derartige Lagerung der Nadel, bezieh.
der Nadeln, daſs dieselbe über jede Stelle des Stoffes geführt werden kann; es
entstehen hierdurch die Kettenstich- bezieh. Doppelsteppstich-Stickmaschinen mit
beweglichem Nadelarme. Dieselben dienen lediglich zum Sticken und sind entweder
Einnadel- oder Mehrnadelmaschinen.
Empfängt, wie unter 3) angegeben, der Stoff eine Verschiebung und Drehung, so muſs
derselbe in einem allseitig beweglichen Rahmen aufgespannt werden, welcher mit der
Hand unter Vermittelung eines Storchschnabels dem herzustellenden Muster entsprechend
unter der Nadel bewegt wird. Unterstützt wird der gewöhnlich wagerecht liegende
Stoffrahmen von dem Tische der Maschine und durch geeignet angeordnete Lenker
gehalten. Das Muster wird entweder in verkleinertem oder vergröſsertem Maſsstabe von
der Nadel wiedergegeben.
Die noch verbleibende unter 6) bezeichnete Methode hat eine praktische Verwerthung
nicht gefunden.
Die Drehung des Stoffes oder der Nadel hat den Zweck, die jeweilige Stichbildung
immer in der für den Stich vorgeschriebenen Lage vor sich gehen zu lassen.
So beachtenswerth auch die Erfolge sind, welche die Vervollkommnung der
Mehrnadel-Stickmaschinen mit sich gebracht haben, so gering sind dieselben im
Allgemeinen in Bezug auf die Einnadelmaschinen, wenn man absieht von den
Einnadel-Kettenstich-Stickmaschinen mit festem Nadelarme, welche ihre würdigen
Vertreter in den Maschinen von Bonnaz und Cornely
finden.
Fischer erwähnt in seiner bereits erwähnten Abhandlung
über Stickmaschinen etwas Bestimmtes über die Kettenstich-Stick- und Nähmaschine,
die Einnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschine und die Doppelsteppstich-Stick- und
Nähmaschine nicht. Erst in neuerer Zeit hat man versucht, besonders die
Doppelsteppstich-Nähmaschine zur Anfertigung von Stickereien geeignet zu machen und
es sei deshalb gestattet, auf die hierzu gemachten Vorschläge etwas näher
einzugehen.
Bei der Betrachtung der Einnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschinen, wie wir sie bereits
im Eingange in ihrer Allgemeinheit bezeichnet haben, müssen wir zwei groſse Klassen
unterscheiden, und zwar gehören zu der ersten diejenigen Maschinen, welche nur zum
Sticken dienen und die wir als Einnadel-Doppelsteppstich-Stickmaschinen bezeichnet
haben, zu der zweiten Klasse dagegen müssen die Maschinen gerechnet werden, welche
zum Nähen und Sticken dienen und deshalb, wie im Eingange bezeichnet sein mögen, als
Doppelsteppstich-Näh- und Stickmaschinen. Die erste Klasse von Maschinen dürfte kaum
über das Stadium des Versuches hinausgekommen sein, hat also eine praktische
Verwerthung nicht gefunden.
Der Stoff wurde bei diesen Maschinen in einem festen Rahmen eingespannt und die Nadel
in einem allseitig beweglichen Arme befestigt und erst in neuerer Zeit hat man
meines Wissens das Entgegengesetzte versucht, d.h. den Rahmen bewegt und die Nadel
still stehen lassen. Eine Drehung der Nadel fand nicht statt und findet auch bei der
zweiten Klasse von Maschinen nicht statt, da stark gekrümmte Nähte nicht hergestellt
werden.
Die beiden Hauptvertreter dieser Maschinen sind: diejenige von Michalet und Bourget in Lyon, welche im Oktober 1874
durch das Englische Patent Nr. 3401 und im Februar 1875 durch das Amerikanische Patent Nr. 164 751
geschützt wurde, und ferner die Maschine von J.
Gutmann, auf welche im J. 1880 das Deutsche Patent Nr. 11405 ertheilt
worden ist. Die erstere ist in den Fig. 1 und 2 Taf. 8 dargestellt und
besitzt folgende Einrichtung:
Der zu bearbeitende Stoff ist auf einer der in dem auf Rollen g stehenden Wagen A gelagerten Walzen a oder b aufgewickelt und
behufs Herstellung eines vollkommenen wagerechten Stickfeldes, welches sich
unabhängig von dem Durchmesser der Wickelwalzen a und
b immer in derselben Entfernung von der Nadel
befindet, über die beiden Führungsstangen ce nach der
zweiten Walze b bezieh. a
geführt, welche ihn in dem Maſse aufnimmt, wie ihn die erste abgibt. Sperrwerke
halten die Walzen in ihrer jeweiligen Stellung.
Die das Sticken ausführende Doppelsteppstich-Nähmaschine ist mit Hilfe der beiden
Tragstangen m an den einen Schenkel des in dem auf der
Säule D drehbar angeordneten ringförmigen Kopfstücke
h zwischen Körnerschrauben i drehbar gelagerten Balanciers C befestigt
und kann in ihrer Höhenlage mit Hilfe der Schraube oo1
, welche das die Stangen m
fassende Kopfstück n trägt, verstellt werden. Das
Gewicht der Maschine wird durch das Gegengewicht F
ausgeglichen.
Der Nähmechanismus unterscheidet sich in zwei wesentlichen Punkten von einer
gewöhnlichen Doppelstepp-Nähmaschine, und zwar erstens hinsichtlich der Vorrichtung
zur Bewegung des Stoffes und zweitens mit Bezug auf den Fadengeber. Eine
Transportvorrichtung, d.h. ein Stoffschieber, ist überhaupt nicht vorhanden, sondern
nur ein Stoffdrücker t, welcher in dem Augenblicke, wo
eine Verschiebung des Nähmechanismus stattfindet, gelüftet ist, also nur während der
Stichbildung auf die als Tisch dienende, den Stoff tragende Unterlagsplatte u wirkt. Die periodische Abhebung des Stoffdrückers
erfolgt durch eine auf der die Nadel bethätigende oberen Triebwelle K sitzende Hubscheibe, auf welcher die Nase der durch
eine Feder beeinfluſsten Drückerstange aufruht. Der Fadengeber u1 gibt die für die
Herstellung eines Stiches erforderliche Menge Oberfaden bei Verschiebung des
Nähmechanismus frei und zieht auſserdem nach der Stichbildung den Oberfaden an. Er
ist zu diesem Zwecke in Form eines doppelarmigen Hebels ausgebildet, dessen einer
das Fadenöhr tragende Arm durch die Wirkung eines auf einer auf der Welle K sitzenden Hubscheibe aufruhenden Bolzens gehoben
wird, während eine auf den anderen Schenkel wirkende Feder die Abwärtsbewegung
desselben veranlaſst.
Der Antrieb des Stichbildungsmechanismus erfolgt von dem zwischen den Stirnwänden des
den Stoff tragenden Wagens A angeordneten, im Bocke B gelagerten Trittbrette J
aus, durch welches die Schnurscheibe G in Umdrehung
versetzt wird, die wiederum mittels des Schnurtriebes p, welcher über die am Ständer D sitzenden Rollen
s und die am Balancier angebrachten Rollen r nach der auf der die Nadel bethätigenden Welle K
sitzenden Schnurscheibe
läuft. Von dieser aus empfängt mit Hilfe der Kurbelstange q die Schiffchentreiberwelle L ihre
schwingende Bewegung.
Die Maschine von Gutmann (1881 240 437) zeigt im Wesentlichen dieselbe Einrichtung wie die vorstehend
beschriebene. Der Nähapparat selbst ist an einem Cardani'schen Gelenke aufgehängt. Es hat diese Aufhängung den Nachtheil,
daſs sich die Nähmaschine, da sie bei ihrer Bewegung einen Kreisbogen beschreibt,
dem Stoffe nähert oder von demselben entfernt und in Folge dessen Fehler in der
Stichbildung entstehen, was bei der Maschine von Michalet
und Bourget ausgeschlossen ist. Der Stoffdrücker sitzt in Form einer Hülse
auf der Nadelstange und wird beim Durchgange der Nadel durch das Zeug durch eine auf
ihn einwirkende Feder auf dasselbe elastisch aufgepreſst, beim Aufwärtsgange der
Nadelstange aber von dieser mitgenommen. Der Stoff ist nicht in einem Wagen fest
ausgespannt, sondern in dem den Nähmechanismus tragenden Gestelle. Die Bewegung der
Stichbildungswerkzeuge erfolgt nicht durch schwingende bezieh. sich drehende Wellen,
sondern durch schwingende Hebel, welche auch den Fadengeber in Schwingung
versetzen.
Wenn auch anerkannt werden muſs, daſs die Bemühungen, die Stickmaschine durch die
Verbindung mit der Nähmaschine zu gröſserer Vielseitigkeit der Erzeugung gefälliger,
schöner Muster zu bringen, nicht ohne Erfolge geblieben sind, so muſs doch
andererseits auch zugegeben werden, daſs es bis jetzt noch nicht gelungen ist, die
überall verbreitete Doppelsteppstich-Nähmaschine zum Sticken geeignet zu machen,
d.h. ohne viele Umstände und ohne sehr groſse Handgeschicklichkeit zur Stickmaschine
umzuwandeln.
Jede Doppelsteppstich-Nähmaschine, welche als Stickmaschine verwendet werden soll,
muſs vier Bedingungen erfüllen und zwar muſs:
1) der Stoff, sobald sich die Nadel auſserhalb desselben befindet, nach jeder
beliebigen Richtung und um jeden Betrag verschoben werden können, und zu diesem
Zwecke
2) der Stoffschieber, falls ein solcher vorhanden, auſser Thätigkeit gesetzt sein,
und
3) die Wirkungsweise des Stoffdrückers derart geändert werden, daſs er nur in dem
Augenblicke auf den Stoff einwirkt, in welchem die Stichbildung erfolgt, sonst aber
denselben freigibt, und
4) die Fadenführung derart regulirt sein, daſs für kurze auf einander folgende Stiche
von beliebiger Länge auch eine genügend freie Fadenlänge vorhanden ist und ein
Reiſsen des Fadens ebenso wie ein Abbrechen der Nadel bei der Verschiebung des
Stoffes ausgeschlossen bleibt.
Diese vier Bedingungen hat man auf verschiedenste Weise zu erfüllen gesucht und es
sollen im Nachstehenden einige wesentliche der hierbei in Anwendung gebrachten
Vorrichtungen einer kurzen Besprechung unterworfen werden und zwar in der oben
angegebenen Reihenfolge.
Der zu bestickende Stoff wird bei den Doppelsteppstieh-Näh- und Stickmaschinen in
einem Rahmen aufgespannt, welcher mit Hilfe eines Storchschnabels einem vorliegenden
Muster entsprechend unter der auf- und abwärts gehenden Nadel bewegt wird. Geeignet
angeordnete Lenker und Gegenlenker sichern hierbei die genaue Parallelverschiebung
des Stoffrahmens. Jede Vorrichtung zur Verschiebung des Stoffes muſs derart
eingerichtet sein, daſs sie durch einen einfachen Handgriff auf der Arbeitsplatte
der Nähmaschine befestigt bezieh. von derselben entfernt werden kann, je nachdem die
Maschine zum Nähen oder Sticken dienen soll.
Die erste Vorrichtung zur Führung des Stickrahmens an Doppelsteppstich-Nähmaschinen
rührt meines Wissens von W. v. Pittler in Leipzig her
und ist durch das D. R. P. Kl. 52 Nr. 39491 vom 30. December 1885 geschützt. Die
Fig. 3 bis
5 Taf. 8
zeigen die Einrichtung derselben.
Der zu bestickende Stoff wird in den Rahmen a mittels
des Ringes b1 mit
Spannschraube d trommelfellartig eingespannt und dann
mittels eines zweiten, der Rille b des Ringes a (Fig. 4 Taf. 8)
entsprechenden Ringes c mit Spannschraube e straff gezogen. Dieser Ring c ist mit zwei Augen h versehen, mittels
welcher derselbe auf Stiften g des Stickrahmens f unverschiebbar, aber dennoch leicht lösbar befestigt
wird. Der Stickrahmen f wird nun durch den bei d2 angreifenden, bei
D1 gelagerten und
bei D2 geführten
Pantographen D bewegt und ist zu diesem Zwecke auf
einer wagerechten oder etwas geneigten Unterlage C
verschiebbar, welche auf der Grundplatte A der
Nähmaschine befestigt wird.
Bedingung für die richtige Function des Stickrahmens f
ist nun daſs derselbe in jeder Lage durch die Unterlage C unterstützt und auſserdem so geführt wird, daſs zwei zu einander
senkrecht stehende Linien des Rahmens stets zwei gleichfalls senkrecht zu einander
stehenden Linien der Unterlage C parallel bleiben.
Diese Bedingung wird in Fig. 3 durch Vermittelung
eines Schlittens B erfüllt, der sich an der Unterlage
C beispielsweise mittels Rollen k parallel mit sich selbst verschieben kann und
gleichzeitig eine zu seiner Bewegungsrichtung senkrechte Führung in Form von Rollen
ii1 besitzt, welche
eine senkrechte Leiste des Stickrahmens f zwischen sich
fassen. Die Zapfen l der Rollen i1 werden zweckmäſsig excentrisch
gelagert, so daſs eine Nachstellung der Rollen i1 behufs Beseitigung des todten Ganges in der
Führung des Rahmens f vorgenommen werden kann.
Bei der in Fig.
5 dargestellten Modification wird der Rahmen durch Hebel o und Gegenlenker q
geführt. Die Rollen n dieser Hebel o gleiten in Schlitzen m
des Rahmens f, während die Rolle r des die Verbindung der Hebel vermittelnden Zapfens
p in einer Führung s
der Unterlage C sich verschieben kann. Die bei o1 an die Hebel o angreifenden Gegenlenker q sind bei q1
an der Unterlage drehbar gelagert.
Eine weitere Ausbildung hat die vorstehend beschriebene und in den Fig. 3 und 5 dargestellte Vorrichtung
zur Parallelführung des Stickrahmens durch die in der Fig. 6 Taf. 8
wiedergegebene (D. R. P. Kl. 52 Nr. 42392 vom 14. Mai 1886) erfahren. Dieselbe
gestattet eine direkte Verbindung des Storchschnabels mit dem Gelenksysteme. Die den
Stoff haltenden Ringe a und b werden in den ringsegmentartigen Rahmen f
eingeklemmt, welcher mit der Schiene f fest verbunden
ist, deren Enden v mit den Gelenkstücken u und durch diese mit der Schiene r derart in Verbindung gebracht sind, daſs die vier
Schienen fur ein Parallelogramm bilden. Der Stab r ist mit einem Schlitze t
ausgestattet, in welchem sich das eine Ende des einen Lenkers o mittels Zapfens o2 und eventuell einer Gleitrolle führt, während der
zweite Hebel o an den Gelenkpunkt der Stangen u und r angreift. Die
beiden Hebel o führen sich mit ihren Enden am Zapfen
p in dem Schlitze s
der als Unterlage dienenden Führungsschiene C und sind
bei o2 und o1 mit den Gegenlenkern
q verbunden, welche bei q1 an der Führungsschiene C drehbar gelagert sind. In Folge dieser Anordnung kann
der Storchschnabel derart mit dem Lenkermechanismus verbunden werden, daſs eine der
Stangen D eine Verlängerung der Gegenlenker q bildet und die andere Stange bei v1 angreift. Der Punkt
q1 bildet dann
gleichzeitig den festen Drehpunkt des Storchschnabels. Man kann jedoch auch den
letzteren direkt an f angreifen lassen, wie in Fig. 6 punktirt
dargestellt ist, muſs dann jedoch für einen besonderen festen Drehpunkt D sorgen.
Textabbildung Bd. 272, S. 158
Die Führungsschiene C wird in der Grundplatte A der Nähmaschine bis an die Stichplatte eingeschoben
oder auf irgend eine andere Weise zweckmäſsig auf der Tischplatte der Maschine
angebracht.
Die vorstehend erläuterten Vorrichtungen zur Parallelführung des Stickrahmens
ermöglichen nur. das Original durch die Nähmaschine in verkleinertem Maſsstabe,
nicht aber im vergröſserten wiedergeben zu lassen. Letztere Aufgabe löst nun der in
der nebenstehenden Textfigur sowie Fig. 8 Taf. 8
veranschaulichte Frankenberg'sche Stickapparat (D. R.
P. Kl. 47 Nr. 41586 vom 27. Januar 1887).
Der zu bestickende Stoff ist in den unter der Nadel liegenden ringförmigen Rahmen B eingespannt, dessen Bewegung mit Hilfe des auf dem
Originale geführten Stiftes C unter Vermittelung zweier
Gelenkparallelogramme erfolgt, mit welchen der Stoffrahmen durch die verstellbare
Gleitschiene C verbunden ist.
Die beiden genannten eigenartig zusammengestellten Parallelogramme afbde und a1
f1
b1
d1
e1 mit den
Verlängerungen ec und e1
c1 sind an dem auf dem
Nähmaschinentische festgeschraubten Bocke A derart
befestigt, daſs die Stellen a und a1 feste Punkte am
Bocke A sind.
Bei den bis jetzt betrachteten Stickrahmenführungen war der Führungsstift mit dem
Stickrahmen durch einen Storchschnabel verbunden, muſste also auf der Nähtischplatte
eine geeignete Führung erhalten. W. v. Pittler in
Leipzig umgeht dies in seinem D. R. P. Kl. 52 Nr. 43007 vom 8. Februar 1887 dadurch,
daſs er an Stelle nur eines Storchschnabels deren zwei anwendet.
Mit dem Stickrahmenhalter D (Fig. 9 und 10 Taf. 8) ist eine
Stange fest verbunden, an deren beiden Augen cd die
beiden Storchschnäbel A und B angreifen, welche ihre festen Drehpunkte aa1 beispielsweise in den Endpunkten einer
Schiene z haben und so angeordnet sind, daſs sie sich
in ihren Bewegungen nicht hindern. Die Führungsenden beider Storchschnäbel sind dann
bei C mit einander vereinigt, so daſs bei der Bewegung
des Führungsstiftes C die beiden Storchschnäbel stets
gleichzeitig verschoben werden. Es wird nun eine Parallel Verschiebung der Stange
cd eintreten, wenn die Punkte Cca und Cda1 in je einer geraden Linie liegen und beide
Storchschnäbel die Bewegung des Punktes C nach c bezieh. d im gleichen
Verhältnisse übertragen.
Die Gröſsenverhältnisse der Storchschnäbel können entweder die gleichen sein (Fig. 9 Taf. 8)
oder sie können verschieden sein (Fig. 10 Taf. 8), ebenso
können die beiden Storchschnäbel A und B über einander oder auch neben einander angeordnet
sein (Fig. 11
Taf. 8). In jedem Falle bilden die drei Punkte Caa1 ein Dreieck, dessen Seiten Ca und Ca1
bei c bezieh. d in
gleichen Verhältnissen geschnitten werden, so daſs also cd stets parallel aa1 bleibt, welche Lage der Punkt C auch einnehmen mag. Es wird somit durch diese Führung
gleichzeitig die Parallelverschiebung und Verkleinerung der Bewegung erzielt und auſserdem ermöglicht,
gleichzeitig mehrere Stickrahmen, welche neben einander an den Schienen cd zu befestigen sein würden, mittels einer einzigen
Führung in Thätigkeit zu setzen.
In zweiter Linie kommt bei der Umwandelung einer Doppelsteppstich-Nähmaschine in eine
Stickmaschine der Stoffschieber in Betracht, vorausgesetzt, daſs bei der
betreffenden Nähmaschine die Weiterbewegung des Stoffes überhaupt durch einen
Stoffschieber und nicht durch den Stoffdrücker erfolgt. Der Stoffschieber muſs,
sobald gestickt werden soll, auſser Thätigkeit gesetzt werden und dieses geschieht
im Allgemeinen dadurch, daſs ihm die auf- und abwärts gehende Bewegung entweder ganz
entzogen oder daſs dieselbe derart verkleinert wird, daſs die Arbeitsfläche des
Stoffschiebers nicht mehr mit dem auf der Nähplatte liegenden Stoffe in Berührung
gelangt. Besondere Vorrichtungen zur Hervorbringung einer derartigen
Stoffschieberbewegung sind meines Wissens nicht in Vorschlag gebracht worden, es
sind hierbei nur geringfügige Abänderungen der gewöhnlichen Stoffschiebermechanismen
erforderlich, welche unter Berücksichtigung der verschiedenartigen Vorrichtungen zur
Bewegung des Stoffschiebers etwa daraufhinauslaufen, daſs:
1) der den Hub des Stoffschiebers bewirkende Keil auſser Thätigkeit gesetzt werden
kann;
2) die Wirkung der die auf- und abwärts gehende Bewegung des Stoffschiebers
hervorbringenden unrunden, gewöhnlich auf der Schiffchentreiberwelle sitzenden
Scheibe verändert wird und zwar dadurch, daſs entweder die Hubscheibe verstellt wird
oder dadurch, daſs
3) ein zwischen die die Hubbewegung des Stoffschiebers erzeugende unrunde Scheibe und
den Stoffschieberhebel eingeschaltetes Zwischenstück verstellt wird;
4) der Stoffschieber auf seinem Stoffschieberhebel in senkrechter Richtung verstellt
wird, und
5) der Schwingungspunkt des Stoffschieberhebels verstellt wird.
Es ist hier nicht möglich auf alle die verschiedenen Stoffschiebermechanismen
einzugehen, welche der einen oder anderen Bedingung bei geringer Abänderung
entsprechen würden, es sollen jedoch einige Beispiele näher betrachtet werden.
Die Fig. 12
und 13 Taf. 8
zeigen Stoffschiebermechanismen, bei welchen der Stoffschieber dadurch auſser
Thätigkeit gesetzt werden kann, daſs der den Hub veranlassende Keil verstellt wird.
Bei der Ausführungsform Fig. 12 sitzt derselbe an
der Arbeitsplatte und wird durch die in einem Schlitze befindliche Schraube v gehalten. Bei einer Verstellung des Keils nach rechts
wird die Hubhöhe des Stoffschiebers verringert. Bei dem in Fig. 13 dargestellten
Stoffschieber erfolgt eine Veränderung der Hubhöhe durch Verschieben des durch die
Schraube a auf dem um b
schwingenden und sich in c verschiebenden Hebel d gehaltenen Keilstückes e.
Zu den unter 3) genannten Stoffschiebermechanismen, bei welchen also ein
Auſserthätigkeitsetzen der Arbeitsfläche des Stoffschiebers durch Verstellen eines
eingeschalteten Zwischenstückes erfolgt, gehören die in den Fig. 14, 15 und 16 dargestellten
Ausführungsformen. Die erstere rührt von Gritzner und
Comp. in Durlach, Baden, her. Die Welle u der
Maschine trägt, wie gewöhnlich, ein Excenter u1, welches zur Auf- und Abbewegung des
Stoffschiebers r dient und ein zweites (nicht
dargestellt), welches die Verschiebung desselben besorgt. Das erstere wirkt nicht
direkt auf den Stoffschieber, sondern auf die durch Schraube x in ihrer Höhenlage verstellbare Schiene v.
Je nach der Stellung, welche dieselbe einnimmt, wirkt das Excenter u1 mehr oder weniger
hebend.
Der in Fig. 15
veranschaulichte Stoffschiebermechanismus ist einer von Ludwig Löwe und Comp. gebauten Maschine entnommen. Der Stoffschieber a führt sich in senkrechter Richtung in dem Schieber
b, welcher in der festen Führung c eine wagerechte Verschiebung ausführen kann. Die
aufsteigende Bewegung wird dem Stoffschieber a durch
den um d drehbaren Hebel d1 ertheilt, dessen Ende d2 von der auf Welle
h sitzenden Hubscheibe d3 gehoben wird, während die Senkung durch
eine im Gehäuse c sitzende Feder veranlaſst wird. Der
Hebel d1 wirkt nun
nicht direkt auf den Stoffschieber, sondern durch Vermittelung des auf ihm sitzenden
Gleitstückes e, welches durch Schraube h eingestellt werden kann. Je nach seiner Stellung auf
dem Hebel d1 wird auch
der Hub des Stoffschiebers ein verschiedener sein. Die Verschiebung des letzteren
erfolgt durch die Hubscheibe f in Verbindung mit der
Feder g.
Der in Fig. 16
Taf. 8 wiedergegebene Stoffschieber rührt von L.
Gundelach in Leipzig her und ist durch das D. R. P. Kl. 52 Nr. 44627 vom
23. Februar 1888 geschützt.
Die doppelte Bewegung des Stoffschiebers wird durch die auf der schwingenden
Schiffchentreiberwelle A sitzende Scheibe B hervorgebracht, welche mit zwei Daumen ausgestattet
ist, von denen der eine C den Stoffschieber D in senkrechter Richtung bewegt, während der zweite
df den Stoffschieber bei Bewegung der Scheibe B in der Richtung des Pfeiles durch Antreffen an den am
Stoffschieber sitzenden federnden Bolzen E wagerecht
verschiebt, bei der entgegengesetzten Bewegung jedoch den Bolzen verdrängt und somit
nicht auf den Stoffschieber einwirkt, Durch Verstellung der Theile F und G wird die Wirkung
der Nasen C und df
verändert.
Als letztes Beispiel für die Stoffschiebermechanismen möge die in Fig. 17 Taf. 8
dargestellte Ausführungsform von W. Walker in Dunstable
dienen, welche der unter 4) genannten Bedingung entspricht. Der Stoffschieber a kann mit Hilfe der Schraube b und Feder c in dem Stoffschieberhebel d höher oder tiefer gestellt und somit die
Arbeitsfläche desselben über die Arbeitsplatte gehoben oder unter dieselbe gesenkt
werden.
Die einfache Verstellung des Stoffschiebers derart, daſs seine Arbeitsfläche nicht
mehr auf den Stoff einwirkt, wird eine allseitig freie Verschiebung des Stoffes noch
nicht ermöglichen; es muſs zu diesem Zwecke auch nach Bildung eines jeden Stiches
der Stoffdrucker von der Arbeitsplatte entfernt werden, und wir kommen somit zu der
dritten Bedingung, welche eine zum Sticken dienende Doppelsteppstich-Nähmaschine
erfüllen muſs. Bei Betrachtung der hierzu geeigneten Mechanismen müssen wir
unterscheiden, ob, was allgemein der Fall ist, der Stoffdrücker den Stoff hält oder
ihn auch verschiebt, in welchem Falle ein Stoffschieber nicht vorhanden ist.
Es sei zunächst der erste Fall betrachtet. Das Abheben des Stoffdrückers vom Stoffe
in dem Augenblicke, wo sich die Nadel auſserhalb desselben befindet, also eine
Bewegung des Stoffes erfolgen soll, kann im Allgemeinen auf viererlei Weise
geschehen. Der einfachste Fall ist der, wo der Stoffdrücker auf der Nadelstange
derart in senkrechter Richtung federnd verschiebbar sitzt, daſs er beim Abwärtsgange
der Nadelstange fest auf den Stoff aufgepreſst wird, beim Aufsteigen der Nadel aber
von deren Träger, sobald die Nadel den Stoff verlassen hat, mit nach oben genommen
wird, den letzteren also frei gibt. Ein solcher Art ausgeführter Stoffdrücker ist in
Fig. 11
Taf. 6 Bd. 240 wiedergegeben, eine besondere Abart zeigt Fig. 18 Taf. 8. Die Hülse
a, in welcher der Stoffdrücker b federnd verschiebbar gelagert ist, wird mit Hilfe der
die Nadel haltenden Schraube d an der Nadelstange e befestigt. Beim Abwärtsgange der Nadelstange geht
Hülse a ebenfalls nach abwärts und der Stoffdrücker
wird durch die Feder c elastisch auf den Stoff so lange
aufgedrückt, bis die Nadel denselben wieder verlassen hat, in welchem Augenblicke
die Hülse a an den Ansatz f des Stoffdrückers trifft und ihn hierdurch mitnimmt.
Die im Vorstehenden gekennzeichneten Stoffdrücker gestatten eine Verwendung der
Nähmaschine als solche nicht, falls dieselben nicht abgenommen und an ihre Stelle
ein Drückerfuſs angesetzt wird. Weit vollkommener nach dieser Richtung hin sind die
nun folgenden Einrichtungen, von denen zunächst diejenigen genannt sein mögen, wo
der Stoffdrücker federnd auf der Drückerstange sitzt und durch die aufsteigende
Nadel mitgenommen wird, wie aus Fig. 19 Taf. 8
ersichtlich ist. Wenn die Nadelstange sich hebt und die Nadel aus dem Stoffe
getreten ist, stöſst der Stift c an den Mitnehmer b und hebt hierdurch unter Ueberwindung der Federkraft
d den Stoffdrücker e,
welcher mit Hilfe des Ringes g an der Drückerstange f befestigt ist, vom Stoffe ab. Durch Entfernung des
Stiftes c oder Verdrehen des Mitnehmers wird der
Stoffdrücker in gewöhnlicher Weise wirken.
Zu einer weit einfacheren und technisch vollkommneren Lösung der hier in Frage
kommenden Aufgabe gelangte man dadurch, daſs man nicht den Stoffdrücker erst von der
Drückerstange trennte, sondern mit dieser als ein Ganzes behandelte und dementsprechend nicht den
Stoffdrücker, sondern die unter Federdruck stehende Drückerstange anhob. Es sind
hierbei meines Wissens zwei Wege eingeschlagen und verfolgt worden. Entweder wird
die Stoffdrückerstange von der aufsteigenden Nadelstange mitgenommen oder es ist auf
der die Nadelstange bewegenden Triebwelle eine unrunde Scheibe aufgesetzt, welche
das Anheben der Drückerstange im geeigneten Augenblicke besorgt. Vorrichtungen der
ersten Art sind in den Fig. 19, 20 und 21 Taf. 8 wiedergegeben.
Die Drückerstange wird entweder durch den Nadelkopf mitgenommen und es sitzt zu
diesem Zwecke der armförmig gestaltete Mitnehmer a
(Fig. 20)
auſserhalb des Maschinenhauptes an der Drückerstange verstellbar, oder es erfolgt
das Anheben der Stoffdrückerstange durch einen innerhalb des Maschinenkopfes in die
Nadelstange b auswechselbar eingesetzten Mitnehmer f (Fig. 21 Taf. 8) unter
Vermittelung eines in der Drückerstange B ebenfalls
auswechselbar angeordneten Anschlages eE. Die letztere
Einrichtung rührt von H. Pohl in Berlin her und ist
durch das D. R. P. Kl. 52 Nr. 44905 vom 15. Januar 1888 geschützt.
(Schluſs folgt.)