Titel: | Ueber das Messen der Schraubengewinde. |
Autor: | Pregél |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 171 |
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Ueber das Messen der
Schraubengewinde.
Mit Abbildungen.
Ueber das Messen der Schraubengewinde.
Die Bestimmung der Gewindedurchmesser von Schraubenbolzen und die Untersuchung dieses
Gewindes auf seine Genauigkeit ist von so hoher Wichtigkeit und tiefgehender
Bedeutung, daſs es bei dem allgemeinen Interesse, welches die Schraubenfrage in
technischen Kreisen neuerdings findet, gewiſs zeitgemäſs ist, diesem Gegenstande
näher zu treten. Das im American Machinist, 1888 Bd. 11
in Nr. 38, 39 und 41 angegebene Verfahren von Brown und
Sharpe in Providence, Amerika, und Anderen zur
Ermittelung des mittleren Gewindedurchmessers, sowie die hierzu verwendeten
Hilfsmittel verdienen eine allgemeine Verbreitung, und es dürfte deren Kenntniſs
Anregung zu weiteren Untersuchungen in dieser Richtung und einen willkommenen
Beitrag zur Schraubenfrage gewähren.
Das amerikanische Gewinde besitzt bekanntlich einen Kantenwinkel α = 60°. Der volle Querschnitt eines scharf
auslaufenden Gewindes ist daher ein gleichseitiges Dreieck (common sharp,
sixty-degree thread oder Vthread) (Fig. 1a). Der
Kantenwinkel des U. S. Standard thread oder amerikanischen Normalgewindes ist
ebenfalls α = 60°, doch ist die Gewindtiefe nur 6/8 des vorigen,
weil zur Abschaltung am Umfange und am Boden je ⅛ der Steigung s verloren geht (Fig.
1c).
Ist n die Gewindzahl auf 1 Zoll englisch und D der wirkliche äuſsere Gewindedurchmesser, h1 die wirkliche Gewindetiefe, so ist
(Fig. 1a)
sin α = (h1 : s)
s.sin α =
h1.
Fig. 1a–c., Bd. 272, S. 172Fig. 1a.Nun ist die Steigung eines Gewindeganges s =
(1 : n) und sin α = sin 60° = 0,866, daher die Gangtiefe für scharfes
Gewinde h_1=\frac{0,866}{n} engl. Zoll, und der mittlere
Durchmesser der Gewindeflanke
d_1=D-h_1=D-\frac{0,866}{n} . . . . . . . . .
. 1)
Die Gangtiefe für das abgeschärfte amerikanische Normalgewinde (Fig. 1b) ist
h=3/4\,h_1=0,75\,.\,\frac{0,866}{n}
h=\frac{0,6495}{n}=\frac{0,65}{n}
und der mittlere Durchmesser
d = D –
(0,65 : n) . . . . . . . . . 2)
Tafel I.
AeuſsererDurchmesserD in Zoll
Gangzahlauf 1 Zolln
Mittlerer Gewinde-durchmesser in
Zoll
h
h
1
¼
20
0,2175
0,2067
5/16
18
0,2763*
0,2644
⅜
16
0,3345
0,3210
7/16
14
0,3908*
0,3757*
½
13
0,4500
0,4334
9/16
12
0,5083*
0,4903
⅝
11
0,5660
0,5463
¾
10
0,6850
0,6634
⅞
9
0,8030
0,7788
1
8
0,9185
0,8918
1⅛
7
1,0325
1,0013*
1¼
7
1,1575
1,1263*
1⅜
6
1,2675
1,2307*
1½
6
1,3920
1,3557*
1⅝
5½
1,5070
1,4676*
1¾
5
1,6200
1,5768
2
4½
1,8560
1,8076
* Die letzte Zahlenstelle ist ergänzt worden.
Hiernach sind in die folgende Tafel I die berechneten mittleren Gewindedurchmesser
d bezieh. d1 für die gebräuchlichen Schraubendurchmesser D bezieh. deren Gangzahlen n eingestellt, Werthe, die sich bei Messung durch die nachfolgend zu
beschreibenden Vorrichtungen ergeben müssen.
Im Besitze eines Verfahrens, die mittlere Entfernung von zwei gleichliegenden Punkten
der Gewindeflanke zu bestimmen, ist es ein leichtes, auch die Schrauben auf ihren
mittleren Gewindedurchmesser zu untersuchen.
Stellen die Kreise A und B
(Fig. 2) zwei Wellen von gleichem Durchmesser
vor, so ist in der Achsenebene oder in der Mittelpunktsgeraden gemessen: DE = FG = AB oder die Mittelpunktsentfernung AB = c = ½(EF + DG).
Ebenso ist die Entfernung der gleichliegenden Punkte H
und I d. i. HI = c.
Fig. 2., Bd. 272, S. 173Fig. 3., Bd. 272, S. 173Fig. 4., Bd. 272, S. 173Fig. 8., Bd. 272, S. 173Wenn aber in Fig. 3 die früheren Kreise
durch zwei gleichliegende, gleichseitige Dreiecke ersetzt sind, so ist die
Spitzenentfernung AB gleich der Entfernung der
parallelen Standlinie EF gleich der Entfernung irgend
zweier in den Dreiecken A und B gleichgelegenen Punkte. Es ist daher AB = EF =
GH = d auch die Entfernung der Höhenhalbirungspunkte.
Da nun bei eingängigem Schraubengewinde (Fig. 4) im
Achsenschnitt die Nuth dem Gewindgang genau gegenübersteht, so wird, wenn L ein zu K verschiebbarer
Backen ist, die Entfernung dieser Backen zugleich die Entfernung AB oder jene GH = d, d. i. der mittlere Schraubendurchmesser an der
Gewindflanke gemessen sein, sofern in der Nullstellung die Backen K und L sich im Punkte A treffen.
Die in Fig. 5 dargestellte Schiebelehre zeigt in Fig. 6 die Anwendung, wobei d
= x = AB der an der oberen Theilung abgelesene mittlere Gewindedurchmesser ist.
Diese an sich richtige Vorrichtung ist jedoch zu feinen Messungen unzureichend, weil
es wegen der Gewindesteigung unzulässig ist, diese Schiebelehre in die Achsenebene
der Schraube einzulegen. Aus diesem Grunde werden die Meſsbacken A und B (Fig. 7) zapfenartig drehbar gemacht, und zwar A als Keilschlitz von 60° und B als dazu passende Körnerspitze ausgeführt. Bedenkt man aber, daſs sich
doch verschiedene Kantenwinkel ergeben müssen, je nachdem man in der Achsenebene der
Schraube oder winkelrecht zum Gewindegang die Meſsbacken einstellt, so daſs ihre
Richtungsebenen MN und OP
sich in der Schraubenachse UV (Fig. 8) unter dem Winkel 2δ schneiden.
Dieser mit dem Schraubendurchmesser wechselnde Winkel δ
hat demnach Einfluſs auf den Backenwinkel β (Fig. 10).
Fig. 5., Bd. 272, S. 174Fig. 6., Bd. 272, S. 174Fig. 7., Bd. 272, S. 174Fig. 9., Bd. 272, S. 174Fig. 10., Bd. 272, S. 174Fig. 11., Bd. 272, S. 174Fig. 12., Bd. 272, S. 174Fig. 13., Bd. 272, S. 174Da nun der Kantenwinkel α nur für den
Achsenschnitt der Schraube gilt, und derselbe in der Achsenebene nicht gemessen
werden kann, so folgt mit Nothwendigkeit die Ermittelung desjenigen Kantenwinkels
γ, welche die Gewindeflanke in der Normalebene QR (Fig. 8) ergeben.
tg δ = 1 : πdn . . . . . . . . . . 3)
d. i. die Tangente des mittleren Steigungswinkels δ.
Nun ist aber
tg\,\frac{1}{2}\,\gamma=\frac{\frac{s}{2}\,cos\,\delta}{h_1}
(Fig. 14)
cos\,\frac{\alpha}{2}=h_1\,:\,s
s\,.\,cos\,\frac{\alpha}{2}=h_1
demnach ist
tg\,\frac{1}{2}\,\gamma=\frac{1}{2}\,.\,\frac{cos\,\delta}{cos\,\left(\frac{1}{2}\,\alpha\right)}
. . . . . . . . . . 4)
oder wenn man für
cos\,\frac{\alpha}{2}=cos\,30^{\circ}=0,866 und
2\,.\,cos\,\frac{\alpha}{2}=2\,.\,0,866=1,732
setzt,
so folgt
tg\,\frac{1}{2}\,\gamma=0,57735\,.\,cos\,\delta . . . . . .
. . . . 5)
Werden nun die Cosinuse der berechneten Steigungswinkel δ eingesetzt, so findet man für jede Schraubengröſse den zugehörigen und
zur Gewindeflanke normalen Kantenwinkel γ. Die
abgerundeten und für eine gewählte, aber bestimmte Schraubengruppe angenommenen
Mittelwerthe ergeben die Backenwinkel β. Daſs diese
Winkel nur sehr wenig von einander abweichen, zeigt die folgende Tafel II.
Tafel II.
D
n
d
Steigungs-winkel δ
Normal-winkel γ
¼
20
0,2175
4°
11'
7''
59°
52'
4''
⅜
16
0,3345
3
24
13
59
54
44
½ ¾1
1310 8
0,45000,68500,9185
322
63928
523850
595959
555657
364812
= β
1½
6
1,3920
2
10
57
59
57
50
2 2½3 3½4
4½ 4 3½ 3¼ 3
1,85602,33752,81453,3003,7835
21111
1057514236
5715 3 023
5959595959
5758585858
5016264150
= β
Die Meſsbacken können daher für bestimmte Schraubengruppen mittlere Keilwinkel β (Fig. 10 und 11) und Abmessungen a, b,
c erhalten, wodurch das Abmessen verschiedener Schrauben erleichtert wird
(Fig. 12 und 13).
Diese Meſsbacken GH besitzen ganz gleiche prismatische
Keilleisten, welche in die Köpfe E und F der Spindeln A und B der Meſsvorrichtung (Fig.
9) passen. Diese Spindeln lagern frei in den Schrauben C und D und sind durch
federnde Unterlegscheiben vermöge der Auſsenmuttern leicht, aber drehbar
angezogen.
Die Mikrometerschraube wird durch die zugeschärfte Auſsenhülse gedreht und läuft in
die im Bügelansatze der Meſsvorrichtung eingeschnittene Mutter ein.
Die Feinheit des Gewindes, sowie die Umfangstheilung der Griffhülse ermöglichen
lineare Abmessungen von 0,001 engl. Zoll.
Es dürfte hier am Platze sein, auf einen Mangel des amerikanischen Normalgewindes
hinzuweisen, daſs nämlich mit zunehmender Abnutzung der stark beanspruchten
Schneidbackenkante die Abschärfung am Bolzenkerne breiter ausfallen wird und an
Genauigkeit verliert, während das Gewinde am äuſseren Umfange in gleichem Maſse
schärfer werden muſs (Fig. 1c). Diese Verschiebung
der Querschnittsform des Gewindes und ihre Ungleichheit hat aber bei
gleichbleibendem äuſseren Gewindedurchmesser unbedingt auch eine Aenderung des
mittleren Durchmessers d zur Folge, welches die
Meſsvorrichtung (Fig. 9) als dx auch nachweisen wird.
Fig. 14., Bd. 272, S. 176Dieser Mangel tritt aber um so auffälliger zu Tage, je schärfer die Gewinde
und je reiner die Begrenzungsform der Gewindequerschnitte sind. Darum ist bei
abgerundetem Gewinde dieser Uebelstand, wenn auch vorhanden, nur weniger sicher
nachweisbar.
Pregél.