Titel: | Das Mattätzen des Glases; von Alex. Lainer. |
Autor: | Alex. Lainer |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 237 |
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Das Mattätzen des Glases; von Alex.
Lainer.
Lainer, das Mattätzen des Glases.
Bis jetzt wurden zu den verschiedenen Recepten für Mattätzungen für Glas gewöhnlich
Fluorkalium oder Fluorammonium verwendet, wobei zur wässerigen Lösung Zusätze von
Kalium- oder Ammoniumsulfat, Salzsäure, Schwefelsäure, Essigsäure, Fluſssäure
anempfohlen wurden. Nach neueren Angaben stellt man Mattsäuren ohne Zuhilfenahme der
meist theuren Fluorsalze durch theil weise Neutralisation der Fluſssäure mit Soda
und Pottasche her und theile ich im Folgenden zwei derartige Recepte mit.
a) 10g Soda werden in 20g Wasser; 10g
kohlensaures Kalium ebenfalls in 20g Wasser warm
gelöst, hierauf werden die Lösungen gemischt und mit 20g concentrirter Fluſssäure versetzt; zu dieser Mischung kommen noch 10g Kaliumsulfat gelöst in 10g Wasser; ein kleiner Zusatz von Salzsäure gibt
dem Matt ein schönes Korn.
b) 4cc Wasser, 1⅓g Kaliumcarbonat pur., ½cc Fluſssäure,
verdünnt, ½cc Salzsäure, ½cc Kaliumsulfat werden gemengt. Diese Mischung
wird nun mit concentrirter Fluſssäure und Kaliumcarbonat oder auch Soda versetzt,
bis eine entsprechende Mattirung erzielt wird.
Diese beiden Recepte für die Herstellung von Mattätzflüssigkeiten sind weniger
einfach als die Methode, nach welcher Herr KampmannKampmann, Decorirung des Flachglases u.s.w.,
Verlag bei Knapp in Halle. in Wien
die Mattätzflüssigkeit herstellt.
In ein hölzernes Gefäſs mit asphaltirten Metallreifen wird, bis etwa ⅕ des Volumens,
höchst concentrirte Fluorwasserstoffsäure gegossen und dieselbe durch partienweises
Eintragen von Krystallsoda theilweise neutralisirt; nach den ersten Zusätzen der
Soda muſs selbige im polarisirten Zustande beigemischt werden; gleichzeitig wird mit
einem Glasstreifen oder Holzstabe umgerührt; wenn die Mischung dick wird und am
Stabe wie geschlagener Schnee hängen bleibt, dann ist der Neutralisationsprozeſs zu
beenden. Die Reaction der weiſsen schaumigen Masse ist noch immer stark sauer. Da
bei diesem Vorgange starke Kohlendioxydabscheidungen stattfinden und Dämpfe der
Fluſssäure mit entweichen, so empfiehlt es sich, im Freien zu operiren.
Diese nun aus Fluornatrium und freier Fluſssäure bestehende Masse wird in einem
groſsen Kübel mit dem 5 bis 6fachen Volumen Wasser oder selbst mit dem 8 bis
10fachen Volumen Wasser verdünnt, je nach der Concentration der verwendeten
Fluſssäure. Nun wird eine Probeplatte geätzt, um den Grad der nöthigen Verdünnung
beurtheilen zu können. Nach zweistündiger Einwirkung der Mattsäure soll die
Mattirung dicht, gleichmäſsig und im trockenen Zustande schön weiſs sein.
Ist die Säure zu stark, so erscheint die matte Fläche rauh, zerfressen, ungleich
dicht, grobkörnig und wie mit Krystallen bedeckt; im entgegengesetzten Falle, bei zu
schwacher Säure, erhält man wohl eine gleichartige Mattirung, aber sie ist
durchscheinend.
Eine zu starke Säure wird einfach verdünnt, während bei schwachen Säuren ein neuer
Zusatz von concentrirter und mit Soda versetzter Fluſssäure nothwendig ist. Nach
letzterer Methode können auch schon stark gebrauchte unwirksame Mattsäuren wieder
regenerirt werden.
Um nun jenen, welche nicht im Groſsen arbeiten, sondern nur für den eigenen Bedarf
Mattätzungen vornehmen, oder für Anfänger das probeweise Vorgehen beim Ansetzen der
Aetze zu ersparen, führte ich in Gemeinschaft mit Herrn Kampmann mehrere Versuche aus, um eine einfache und möglichst sichere
Methode der Darstellung der Mattätze zu erreichen, welche ein Abstimmen der
Aetzlösung möglichst zu umgehen sucht, so daſs man sogleich mit der erhaltenen
Flüssigkeit gute Mattirungen erhalten kann.
Um bezüglich der käuflichen Fluſssäure einen Anhaltspunkt zu bekommen, war es
wünschenswerth, die Dichte derselben zu bestimmen. Zu dem Zwecke lieſsen wir in
einem Glaskolben von etwa 260cc Inhalt etwas
Paraffin zerflieſsen und bedeckten die innere Wandung des Kolbens mit einer ziemlich
dicken Schichte dieses Stoffes, so daſs derselbe nach dem Erkalten, was durch
Aufflieſsen kalten Wassers beschleunigt wurde, möglichst gleichmäſsig weiſs
erscheint und alle Glasstellen vollständig gedeckt sind. Hierauf wurde bis zu einer
bestimmten Marke am Halse des Kolbens derselbe mit destillirtem Wasser gefüllt und
bei 15° C. das Gewicht des Wassers in dem tarirten Kolben bestimmt. Hierauf wurde
das Wasser ausgeleert und einige Male mit käuflicher concentrirter Fluſssäure
ausgespült, schlieſslich mit derselben bis oben zur Marke gefüllt und bei derselben
Temperatur von 15° (Zimmertemperatur) die Fluſssäure gewogen.
240cc Fluſssäure ergaben das Gewicht von 302g. Dividirt man das Gewicht der Fluſssäure durch
das Gewicht des gleichen Volumen Wassers, so ergibt sich eine Dichte der Fluſssäure
von 1,2583.
Versetzt man nun 240cc obiger Fluſssäure von der
Dichte 1,2583 mit 600g pulverisirter Krystallsoda,
so erhält man eine Mattätzflüssigkeit, welche noch mit 1000cc Wasser zu verdünnen ist. Das Gesammtvolumen
wird jetzt etwa 1600cc betragen. Diese so
verdünnte Lösung dient zum Mattätzen des Glases. Nach längerem Stehen wird sich ein
Bodensatz bilden und über demselben eine klare wässerige Lösung.
Bevor man zum Aetzen eines Glases übergeht, wird dasselbe vollständig gereinigt,
hierauf mit einem WachsrandeDer Wachsrand wird durch Zusammenkneten von gelbem Wachs mit Unschlitt,
Colophonium und Asphaltpulver u.s.w. hergestellt. versehen und
mit gewöhnlicher Fluſssäure (1 : 10) während einiger Minuten vorgeätzt, um eine
höchst reine Glasfläche zu erhalten. Hierauf gieſst man die Säure in eine eigene
kleinere Flasche aus Kautschuk zurück, wäscht mit Wasser und überwischt dann die
Platte mit einem reinen weichen Schwamm, bis die Fläche nur mehr wenig feucht
ist.
Der Brei der Mattsäure wird aufgerührt und die Masse 0,5 bis 1cm hoch auf die Glastafel gegossen. Mit obiger
Mischung erhält man schon nach einer Stunde eine normale schöne Mattirung. Wenn die
Mattsäure älter oder öfters gebraucht ist, kann sie länger auf die Platte zur
Einwirkung gebracht werden.
Jetzt wird die Mattätze in den Kübel zurückgegossen und das Glas mit Wasser
abgespült. Sodann läſst man das Wasser so lange auf der Platte stehen, bis sich mit
dem Finger oder mit einer Bürste eine auf der Oberfläche des Glases gebildete Haut
(Silicate) entfernen läſst, dann spült man wieder mit Wasser ab und trocknet.
Diese Mattsäure ist keine sogen. Schnell-Mattsäure, denn Schnell-Mattsäuren ätzen
schon in 5 bis 10 Minuten, jedoch ist das erlangte Matt sehr dünn und undicht. Man
kann das nach der beschriebenen Methode erreichte kräftige Matt durch Abätzen mit
Fluſssäure auf jeden gewünschten Grad der Transparenz bringen.
Zum Gebrauche ist, wie schon erwähnt, die Normal-Mattsäure aufzurühren und sodann die
trübe Lösung in Verwendung zu ziehen. Sie ergab nach Einwirkung einer Stunde ein
normales dichtes Matt. Die klare Lösung allein ergab nach Einwirkung von zwei
Stunden ebenfalls ein gutes Matt; jedoch verliert diese klare Lösung nach
wiederholtem Gebrauche bald ihre Kraft. Verwendet man nur den dicken Brei, ohne
denselben in der Lösung aufzurühren, so erhält man nach einer Stünde auch ein
kräftiges Matt. Läſst man die Mattsäure nur eine halbe Stunde einwirken, so erhält
man nicht etwa ein dünnes Matt, sondern das Korn erscheint ungeschlossen und die
Glasplatte zeigt keine eigentliche Mattirung.
Wer die Glasätzerei in ihrem ganzen Umfange eingehend studiren will, der findet in
dem von C. Kampmann bei Knapp verlegten und derzeit noch im Drucke befindlichen Werkchen über „Decorirung des Flachglases“ sichere Methoden eingehend beschrieben,
wie sie in den vom Verfasser bei verschiedenen Wiener Firmen eingerichteten
Aetzereien im Gebrauche stehen.
Laboratorium der k. k. Lehr- und Versuchsanstalt für
Phot. und Reproductionsverfahren in Wien.