Titel: | Neuere Kesselconstructionen. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 401 |
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Neuere Kesselconstructionen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 354 d.
Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
21.
Neuere Kesselconstructionen.
In einem sehr beachtenswerthen Vortrage des Ingenieurs A.
Hering, gehalten in der Sitzung des Bayerischen
Bezirksvereines vom 23. März 1888 (Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, Bd. 33 Nr. 3), bespricht der Vortragende die in
Bayern in letzterer Zeit zur Ausführung gelangten
Groſswasserraumkessel.
Bei Besprechung der Tenbrink-Kessel (vgl. auch 1888 267 444) werden einige Fehler gerügt, welche sich bei
Ausführungen dieses Systems mehrfach vorfinden und in der geringen Aufmerksamkeit
auf den Wasserumlauf liegen. So wurde vielfach das Speisewasser dem im letzten Zuge
liegenden Vorwärmer zugeführt, von wo aus es nach dem Oberkessel gedrückt wurde,
während die Tenbrink-Vorlage durch ein oder zwei lose
eingelegte Umlaufrohre ihr Wasser erhielt. Der Fehler dieser Anordnung liegt darin,
daſs einerseits das Wasser träge in den Vorwärmern liegt und nur während des
Speisens in Bewegung kommt, andererseits der ringförmige Raum, welcher zwischen den
eingelegten Umlaufrohren und den Verbindungsstutzen gebildet wird, sich sehr leicht
verengen kann, was Bildung von Dampf blasen und demgemäſs auch Ueberhitzung des
Bleches zur Folge hat. Der Vortragende hat deshalb die in Fig. 1 bis 4 Taf. 21 wiedergegebenen
Anordnungen vorgeschlagen, die sich in Bayern rasch allgemeine Beliebtheit errungen
haben und die gerügten Fehler vermeiden.
In dem verhältniſsmäſsig hohen Preise der Tenbrink-Kessel und in dem Umstände, daſs sich dieselben nicht für jedes
Brennmaterial und nicht
für angestrengten Betrieb eignenWir können nach den günstigen Mittheilungen, welche Herr Lufft, Ingenieur der Eßlinger Maschinenfabrik, in der Sitzung des Württembergischen
Bezirksvereines vom 6. December 1888 vortrug und durch zahlreiche und
sorgfältige Versuche belegte, uns der letzteren Meinung nicht anschlieſsen
und werden demnächst auf diesen Vortrag zurückkommen., glaubt der
Vortragende den Grund zur weiten Verbreitung der Kessel mit schrägem, dem sogen.
Halbtenbrinkroste zu finden. Doch tadelt er auch an diesem Systeme, daſs man die
Kessel wohl als Gegenstromkessel ausführte, jedoch nicht berücksichtigte, daſs bei
dieser Anordnung die Unterkessel nur dann nicht einer
raschen Zerstörung unterliegen, wenn der Kessel sehr angestrengt betrieben wird, so
daſs die Heizgase mit einer verhältniſsmäſsig hohen Temperatur an ihm entlang
streichen, ein Umstand, bei welchem natürlich die wirthschaftliche Leistung des
Kessels sehr herabsinkt. Jetzt ist man dazu übergegangen, diese Kessel mit
Kammereinmauerung zu versehen, so daſs ihnen eine längere Lebensdauer zuzusprechen
ist.
Der Vortragende erörtert dann beiläufig die zweckmäſsigste Gröſse der einzelnen
Kessel bei gröſserem Kraftbedarfe, weist an einem Beispiele die Vortheile gröſserer
Kessel nach und gibt Ausführungen an, nach welchen man sehr wohl den einzelnen
Kesseln bis 220qm Heizfläche geben könne, entgegen
der Ansicht mancher Ingenieure, die 80 bis 100qm
für das nicht zu überschreitende Maſs halten. Die Kosten stellen sich auf diese
Weise bei einem Gesammtbedarfe an Heizfläche von 640qm um 8000 M. geringer.
Die gröſseren Heizflächen der einzelnen Kessel sollen durch richtige Anwendung der
Heizröhren erreicht werden, wobei jedoch die Schwächen des Systems zu vermeiden
sind. Als nicht empfehlenswerth wird die geringe Länge der Heizrohrkessel bezeichnet
und als Mangel das häufige Undichtwerden derselben an den Stirnwänden, sowie die
starke Inanspruchnahme der Feuerplatten angeführt. Beide Nachtheile werden dadurch
zu vermeiden gesucht, daſs unter den Röhrenkessel ein gewöhnlicher Flammrohrkessel
mit Innenfeuerung angebracht wird. Durch diese Anordnung wird nicht nur die erste
untere Platte des Röhrenkessels gegen Stichflammen und somit gegen Aufreiſsen
geschützt, sondern auch das Undichtwerden der Heizröhren in den Stirnwänden
vermieden, da in die Heizröhren nur merklich abgekühlte Heizgase eintreten; denn die
erste und stärkste Hitze wird von den Flammrohren aufgenommen.
Bezüglich der Entwickelung dieser Kesselanordnung macht der Vortragende noch darauf
aufmerksam, daſs bei der älteren Bauart nur der Oberkessel einen Dampfdom besitzt
und der Unterkessel vollständig mit Wasser gefüllt ist, weshalb die im Unterkessel
entwickelten Wasserdämpfe eine ziemlich hohe Wassersäule durchdringen müssen, um zum
Dampfraume zu
gelangen. Die Folge davon ist, daſs sehr nasser Dampf erzeugt wird und in dem
ohnehin schon sehr beschränkten Dampfraume starke Wasserwallungen und Spritzwellen
entstehen. Ein weiterer Nachtheil der älteren Bauart bestand darin, daſs sich im
Oberkessel viel Schlamm und Kesselstein ansammelte. Aus diesen Gründen gab man, wie
Fig. 5,
6 und 7
verdeutlichen, dem Unterkessel einen besonderen Dampfraum. Durch das Ueberlaufrohr,
welches zweckmäſsig einen weiten Trichter erhält, werden alle Unreinigkeiten und
Ausscheidungen in den Unterkessel geleitet, von wo sie leicht entfernt werden
können.
Durch die Schaffung von zwei Dampfräumen wurde indeſs der obere Theil der hinteren
Stirnwand des Unterkessels von Wasser entblöſst (Fig. 5), sie muſste also,
weil die aus den Flammrohren tretenden Heizgase daran vorbeistreichen, gegen
Erglühen geschützt werden. Dies geschieht durch eine Art feuerfesten Gewölbes. Da
jedoch die Haltbarkeit dieses Gewölbes selbst bei der besten Ausführung sehr
fraglich ist, so sind auch thatsächlich bei derartigen Ausführungen die hinteren
Stirnwände wegen schadhaft gewordener Gewölbe entweder gerissen, oder doch stark
undicht geworden. Da Doppelkessel hauptsächlich von zwei der gröſsten Kesselfabriken
Deutschlands, Piedboeuf in Düsseldorf und Berninghaus in Duisburg, ausgeführt werden, so waren
diese bestrebt, den erwähnten Mangel zu beseitigen, was seit etwa 8 Jahren mit
Erfolg erreicht ist.
Bei der Construction von Piedboeuf (Fig. 5 und 6) sind die beiden
Kesselkörper durch einen ziemlich weiten, verschraubbaren Stutzen mit einander
verbunden. Vor dem Stutzen befindet sich im Inneren des Unterkessels eine an dessen
Mantel dampfdicht angenietete Querwand, deren Unterkante einen gewissen Abstand von
dem Scheitel der Flamme hat. Sie trennt den oberen Raum des Unterkessels in einen
gröſseren vorderen und einen kleinen hinteren Theil. In dem ersteren sammelt sich
der Dampf und drückt den Wasserspiegel allmählich herunter, bis er einen Ausweg nach
oben findet. Damit dieser Ausweg nicht durch den Verbindungsstutzen stattfinde, ist
an der vorderen Seite ein Schwimmer angebracht, welcher den Dampf zu geeigneter Zeit
durch das auſsen befindliche Rohr nach oben in den Dampfraum leitet. Bei
nachfolgendem Steigen des Wasserspiegels schlieſst sich das Ventil wieder. Die
hintere Stirnwand ist mithin geschützt und könnte nur noch der Schwimmer als
unangenehme Zugabe dieses Systems angesehen werden.
Bei dem Berninghaus'schen Kessel (Fig. 7 und 8) wird der Schutz der
Hinterwand des Unterkessels durch dessen eigenthümliche Form und Lage erreicht,
indem derselbe nach hinten stark geneigt und auſserdem das hintere Ende stark
conisch geformt ist. Auf diese Weise wird die Hinterwand vollständig vom Wasser
bespült. Die Abführung des im Unterkessel erzeugten Dampfes erfolgt durch ein weites
Verbindungsrohr. Die
Speisung geschieht durch den Oberkessel, und gelangt das Speisewasser durch ein
Ueberlaufrohr in den Unterkessel, der im Uebrigen vom Oberkessel vollständig
getrennt ist, so daſs sich beide frei bewegen können. Die übliche Gröſse der
Doppelkessel schwankt zwischen 120 und 220qm; bei
gröſseren Kesseln wird die Unterbringung der Rostfläche schwierig.
Da bei letzterer Gröſse der Rost in der Regel 1m,98
lang wird, so ist die Bedienung durch den Heizer schwierig. Für solche Fälle kann
der Strupler'sche Kohlenaufschütter empfohlen werden
(1883 248 * 353). Eine Vervollkommnung desselben ist der
Cario'sche Kohlenaufschütter, der sich insbesondere
auch durch geringere Anschaffungskosten empfiehlt. Bei Besprechung der
Kesselausrüstung werden wir hierauf zurückkommen.
G. Dupuis in Aachen vermeidet in seinem D. R. P. Nr.
42175 vom 4. Januar 1887 die Flammröhren mit innerem Drucke, indem er unter den
liegenden Hauptkessel einen oder mehrere stehende Röhrenkessel anbringt (Fig. 9), welche
mit dem Hauptkessel durch je einen Stutzen verbunden sind. Zur Beförderung des
Wasserumlaufes sind die stehenden Unterkessel unter sich mit Stutzen verbunden. Ein
senkrechter Stutzen dient gleichzeitig als Schlammsammler und als Träger der
Kesselconstruction.
Die Leipziger Röhrendampfkesselfabrik Breda und Comp.
gestaltet nach dem Patente Nr. 41850 vom 24. Mai 1887 einen Einsatz ab (Fig. 10 Taf. 21) für
Schlammsammler bei Dampfkesseln so, daſs das Wasser von a aus in einem breiten Strome von geringer Dicke schräg nach unten geführt
wird. Mit scharfer Umbiegung flieſst dann bei b das
Wasser nach oben, während der Schlamm langsam zu Boden sinkt.
Es sei an dieser Stelle noch das Patent von A. Schneider
Nr. 41206 vom 27. Januar 1887 erwähnt, welches bei Röhrenvorwärmern die Verbindung
zwischen Rohrboden und Mantel in der Weise bewirkt, daſs eine freie Ausdehnung der
Röhren a (Fig. 11 Taf. 21)
gestattet ist, indem ein kurzer gewellter Cylinder g
eingeschaltet wird. Bei Vorwärmern, wo ein rascher und bedeutender Wärmewechsel
häufig vorkommt, ist diese Vorrichtung jedenfalls empfehlenswerth.