Titel: | Ueber Reibungskuppelungen. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 433 |
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Ueber Reibungskuppelungen.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 269 S.
49.)
Mit Abbildungen auf Tafel
22.
Ueber Reibungskuppelungen.
Mehr und mehr brechen sich die Reibungskuppelungen in allen Betrieben Bahn. Ihr hoher
Grad von Vollkommenheit, sowie die nach langen Versuchen erreichte Sicherheit und
der Umstand, daſs sie einen besonderen Kraftaufwand während des Betriebes nicht
erfordern, hat zur allgemeinen Verwendung erheblich beigetragen. Nicht wenig mag
auch das Bestreben zu ihrer Einführung beigetragen haben, die Arbeiter vor Unfällen
möglichst zu schützen, welches Bestreben in dem sogen. Unfallgesetze seinen Ausdruck
gefunden hat. Die zwingende Nothwendigkeit, durch die Gesetzgebung herbeigeführt,
war wiederum Veranlassung zu einer groſsen Reihe von Einzelconstructionen, die wir,
so weit sie wesentliche und neue sind, in Nachstehendem beschreiben wollen.
Im Praktischen Maschinenconstructeur, 22. Jahrg. 1889 S.
78, berichtet Haeberlin über amerikanische
Reibungskuppelungen, von welchen wir nachstehend die wichtigeren, bisher noch nicht
besprochenen wiedergeben.
Die Kuppelung Fig.
1 und 2, eine Band-Frictionskuppelung, überträgt bei einem Durchmesser des
Bandringes von 6 Fuſs 6 Zoll 700 BP und wurde in dieser Gröſse für die Pullman Palace Car Company entworfen. Die beiden Enden
der 6zölligen Transmissionswelle stoſsen in der Nabe der Scheibe A zusammen, und da sich die rechtsseitige Welle bei
ausgerückter Kuppelung in der Nabe der Scheibe A dreht,
so hat diese eine Bronzebüchse B erhalten. Das
schmiedeeiserne Band, welches mit zwölf Holzsegmenten CC auf der Innenseite gefüttert ist, wird von dem festen Arme D der Scheibe E ergriffen
und durch den beweglichen Doppelhebel F angespannt. Der
letztere hat in dem mit der Scheibe E verbundenen
Bolzen G seinen Drehpunkt und ist am Ende seines langen
Armes zu einem kugelförmigen Zapfen geformt. An diesem Zapfen greift das Gelenk H an, welches im Durchschnitte der Kuppelung punktirt
gezeichnet ist, da es rechtwinkelig zur Schnittfläche liegt. Die beiden äuſsersten
Stellungen des Kugelzapfens des Hebels F bei ein-
bezieh. ausgerückter Kuppelung sind durch die punktirten Kreise aa bezeichnet. Das Gelenk H ist mit der losen Muffe J verzapft, welche
den schmiedeeisernen Ring K aufnimmt. An die Zapfen
dieses Ringes greift der aus zwei Theilen bestehende Hebel L, welcher bei M seinen Drehpunkt hat und
mittels dessen die Kuppelung bethätigt wird. Die Stellung des Hebels L in der Zeichnung des Schnittes ist diejenige bei
ausgerückter Kuppelung. Man sieht, daſs, wenn dieselbe eingestellt, die Muffe J also auf der Nabe der Scheibe E nach innen zu verschoben wird, der Kniehebel, welcher durch das Gelenk
H und den langen Arm des Hebels F gebildet ist, an Wirksamkeit stetig zunimmt. Dieser Umstand
ist für die Construction um so wichtiger und vortheilhafter, als der Widerstand des
anzuspannenden Bandes anfangs gering ist, bei Berührung der Holzsegmente mit der
Gleitfläche des Treibringes aber gröſser und gröſser wird. Ebenso wird die Kraft,
mit welcher der Hebel L beim Einrücken der Kuppelung
bewegt werden muſs, bis zu Ende so ziemlich dieselbe bleiben, was wiederum günstig
ist, da der Hebel mittels Zahnstange, Zahnrad und Handrad bewegt wird. Die Stärke
der sechs Federn N aus Stahl ist so bemessen, daſs sie
gemeinschaftlich das Band, wenn dieses bei der Ausrückung vom Hebel F freigelassen wird, um ein Geringes vom Bandringe der
Scheibe A abheben, so daſs sich die letztere frei
drehen kann, ohne mit den Holzsegmenten CC in Berührung
zu kommen. Zur Aufnahme des Verschleiſses dient der Schraubenbolzen O, durch den die beiden Hälften des Bandes verbunden
sind. Zwischen die beiden Wellenenden ist eine starke Lederscheibe P gelegt; Q ist eine
Schmierbüchse, von welcher aus Oel in das Lager B
geleitet wird. Zur Ausbalancirung der beiden Hebel D
und F dient das punktirt eingezeichnete Gegengewicht
R.
Die Kuppelung läſst sich leicht und ohne Stöſse zu verursachen einrücken und hält
sich in diesem Zustande selbsthätig, da das Gelenk H
dann senkrecht zur Wellenachse steht und nur durch die Verschiebung der Muffe J nach auſsen, nicht aber durch den Gegendruck des
Hebels F aus dieser Lage gebracht werden kann. Ferner
ist die Sicherheit des Griffes des continuirlichen Bandes fast unfehlbar, und die
Kuppelung eignet sich daher ganz besonders für Seiltrommeln von Fördermaschinen, bei
denen absolute Sicherheit erste Bedingung ist. Die Fabrikanten, die Webster, Camp und Lane Machine Company in Akron, Ohio,
verwenden diese Band-Frictionskuppelung bei ihren Fördertrommeln und haben sie in
vielen Exemplaren bis zu 14 Fuſs Durchmesser hergestellt. Die Holzsegmente der in
der Skizze dargestellten Kuppelung haben eine Breite von 8 Zoll und eine Dicke von 3
Zoll.
In den wenigen Fällen, bei welchen die Drehungsrichtung der Welle wechselt, ist diese
Kuppelung, wie leicht zu sehen, in der skizzirten Ausführung nicht verwendbar. Die
Drehung muſs im Sinne des Pfeiles erfolgen; bei entgegengesetzt gerichteter
Umdrehung hätte man den beweglichen Arm F auf die
andere (linke) Seite des festen Armes D zu bringen. Die
Anspannung des Bandes hat stets in der Richtung der Drehung der Scheibe zu
erfolgen.
Auch die in den Fig.
3 bis 6 skizzirte Kuppelung ist eine Band-Frictionskuppelung; nur liegt bei ihr
das Band nicht auf einem Treibringe, sondern auf einem Theile der Nabe der
getriebenen Riemenscheibe, des Zahnrades u.s.w. Mit A
ist in Fig. 3
und 4 die
Welle, mit B die Nabe bezeichnet. Diese letztere ist an
ihrem Umfange mit einer Anzahl schwalbenschwanzförmig eingefügter Leisten (K) aus hartem Holze besetzt, um dem darüber liegenden Bande eine
wirksamere Reibungsfläche darzubieten. Das Band C aus
Flacheisen hat nahe seinen beiden Enden Einschnitte, in welche die beiden
schmiedeeisernen Haken GG greifen. Diese eigenthümlich
geformten Stücke, die in Fig. 4 im Querschnitte
erscheinen, stützen sich in ihrer Mitte auf der Rückseite gegen die Stellschrauben
HH und bilden somit ein Hebelpaar, welches durch
das Eindringen des oberhalb G befindlichen Stückes nach
der Wellenmitte zu das Band C fest um den Nabenumfang
spannt, womit die feste Verbindung beider Wellentheile hergestellt ist. Der
Einrückhebel ist durch das Gelenk O mit der auf der
Welle verschiebbaren Muffe M verbunden. Das eben
erwähnte trapezförmige Stück zwischen den Haken GG ist
der kurze Arm dieses Hebels.
Die Kuppelung, unter dem Namen hub friction clutch
allgemein bekannt und von der Link Belt Manufacturing
Company in Chicago ausgeführt, ist nicht allein nach den Fig. 4 und 6 als gewöhnliche
Ausschaltvorrichtung für zwei Wellentheile verwendbar, sondern kann auch zum Ein-
und Ausrücken von Riemenscheiben, Zahnrädern und Gelenkkettenrädern benutzt
werden.
Die Kuppelung (Fig.
7 und 8) von Russell und Comp. in Massillon, Ohio,
hat vier guſseiserne Treibklötze, die in den mit der Festscheibe verbundenen Zapfen
A ihre Drehpunkte haben. Die freien Enden der
Treibklötze werden von den Gelenken B ergriffen und bei
der Verschiebung der Muffe C nach innen an die Fläche
des Treibringes gedrückt.
Die Kuppelung Fig.
14 und 15 ist von Haeberlin, dem Verfasser unserer
Quelle, construirt und wird bei kleineren Riemenscheiben und geringer
Kraftübertragung mit zwei, bei gröſseren Scheiben mit vier Reibklötzen ausgeführt.
Sie ist wohl die einzige amerikanische Construction, bei der Federkraft zum
Andrücken der Reibklötze und zur Aufhebung des Verschleiſses benutzt wird. Die
Riemenscheibe der skizzirten Kuppelung hat einen Durchmesser von nur 10 Zoll und
daher ist die innere Fläche des Kranzes als Treibring benutzt.
Die Fairmount Machine Works in Philadelphia, Pa.,
stellen eine Frictionskuppelung her, von der Fig. 17 und 18 ein
anschauliches Bild gibt. Hier ist A die Festscheibe und
BB sind die Zapfen der guſseisernen Hebel CC, welche die Holzklötze DD aufnehmen. Die Einrückung geschieht durch eine bewegliche Muffe auf
gewöhnliche Art. Beim Ausschalten bewirkt die Centrifugalkraft der Gegengewichte EE, daſs die Reibklötze den Ring der Scheibe
freigeben.
Die Kuppelung der Eclipse Wind Engine Company in Beloit,
Wisconsin, gehört zu derjenigen Klasse, bei der die Brems- oder Treibklötze die
beiden Flächen des Treibringes zu gleicher Zeit ergreifen. Der Treibring, bei
groſsen Riemenscheiben besonders hergestellt und an die Arme derselben geschraubt
(Fig. 23), bei kleineren Scheiben mit diesen aus einem Stücke bestehend, wird von
den Backen AA, welche mit Scheiben aus hartem und zähem
Holze belegt sind, erfaſst. Die Faserrichtung dieser Holzstücke liegt senkrecht zur
Reibungsfläche des Ringes. Die Backen sind durch Zapfen mit dem Kreuzhebel C verbunden, der seinen festen Drehpunkt bei D hat. Dieser Zapfen D
befindet sich in dem radialen Einschnitte des Treibkreuzes B. Bei der Bewegung des inneren (längeren) Armes des Kreuzhebels C um den Zapfen D nach
innen müssen sich offenbar die Griffe der Backen AA
einander nähern, bis die Holzfutter derselben mit dem Treibringe in fester Berührung
sind. Hervorgebracht wird diese Bewegung des Kreuzhebels C durch die Gelenke E und F bei der Verschiebung der losen Muffe G nach der Nabe der festgekeilten Treibscheibe B zu. Mittels der Stellschrauben H in den Kreuzhebeln C ist
man im Stande, einen gleichzeitigen Eingriff aller Treibklötze herzustellen, sowie
auch den Verschleiſs derselben aufzunehmen.
Diese Frictionskuppelung wird mit zweiarmiger und bei gröſserer Kraftübertragung mit
vierarmiger Festscheibe hergestellt. Die nachstehende Tabelle gibt Auskunft über
Gröſsenverhältnisse und Leistungsfähigkeit derselben.
Durchmesserin mm
Treibklotz-breite in mm
Raum auf derWelle in mm
bei
100Um-drehungen.EinfacherRiemen
bei
100Um-drehungen.DoppelterRiemen
405
150
430
2
–
405
305
585
4
–
460
150
430
2¼
–
460
305
585
4½
–
510
150
460
2½
–
560
305
610
5
–
610
150
510
3
–
610
305
660
6
–
760
200
560
5
10
760
405
760
10
20
915
150
510
4½
9
915
405
815
12
24
1070
150
535
5¼
10½
1070
405
865
13½
27
1220
150
610
6
–
1220
460
990
18
36
1370
150
610
6¾
13½
1370
460
990
20¼
36
1525
150
685
7½
15
1525
535
1120
27½
55
1675
150
685
8¼
16
1675
610
1195
33
66
1830
150
710
9
18
1830
660
1220
39
78
1980
205
760
13
26
1980
660
1220
42
84
2080
205
760
13
27
2080
760
1345
50
101
Es mag bemerkt werden, daſs die sämmtlichen vorstehenden Kuppelungen durch
amerikanische Patente geschützt sind.
Von anderweitigen Kuppelungen halten wir die nachstehenden für erwähnenswerth.
Zwei Reibungskuppelungen, welche auf gleichem Grundgedanken beruhen, sind St. Lentener und Comp. in Breslau patentirt.
Die erstere (Fig.
12) (D. R. P. Nr. 44460 vom 4. November 1887) ist eine
Kegelreibungskuppelung mit Schraubenanzug und selbsthätiger Ein- und Ausrückung
durch zwei Kegelbremsen. Die Kuppelungsscheiben a und
b, welche bei op eine
Kegelbremse bilden, werden dadurch gelöst oder angezogen, daſs mehrere
Hakenschrauben c mit ihren schrägen Köpfen so unter den
Vorsprung des Kuppelungstheiles a greifen, daſs sie
lose auf demselben gleiten und nach Bedarf mittels der Schraubenmutter d, deren Umfang zu einem Zahnrade ausgebildet ist,
angezogen oder gelöst werden. Die Umdrehung von d wird
dadurch bewirkt, daſs das Mittelrad e mittels des mit
Handrad versehenen Bügels m und der Muffe r einmal umgedreht, das andere Mal festgehalten wird,
je nachdem man die Kegelbremse ik oder die Kegelbremse
hg in Eingriff bringt.
Die Anordnung Fig.
13 (D. R. P. Nr. 45190 vom 22. April 1888) zeigt einen eigenthümlichen
Handhebel zur selbsthätigen Aus- und Einrückung der, der vorhin im Uebrigen gleichen
Kegelreibungskuppelung. Zum Zwecke der Aus- und Einrückung sind zwei Reibräder f und k angeordnet, welche
die Umdrehung der auf der Mutter d angebrachten Räder
dadurch bewirken, daſs behufs Ausrückens durch Senken des Handhebels h und Andrücken eines Bremsklotzes an f das Mittelrad e
festgehalten, dagegen behufs Einrückens der Kuppelung durch Heben von h das Rad e umgedreht
wird, indem mittels des angedrückten Doppeltreibrädchens i das Reibrad f von k aus in Drehung versetzt wird.
Für geringere Kraftübertragungen eignet sich die Macdonald'sche Kuppelung (Fig. 9 bis 11). Bei derselben findet
die Reibung zwischen einem Stahlreifen und einem in Fig. 9 senkrecht
schraffirten Ringe von gepreſstem Papiere statt, welcher an der Innenseite der
treibenden Scheibe sorgfältig befestigt und von Brüstungen eingefaſst ist. Der
Stahlreifen stützt sich mit einem Ende vor eine feste Leiste, während das andere
Ende unter dem Einflüsse einer Klinke steht (Fig. 9 und 11). Diese Klinke drückt
das bewegliche Ende des Stahlreifens an und bewirkt dadurch die Reibung zwischen
Stahlreifen und Papierring. Das Andrücken der Klinke wird durch den aus Fig. 9
ersichtlichen Hebel mit conischem Ringe bewirkt. Die Hebel Vorrichtung ist auf der
Welle angebracht. Die Macdonald'sche Kuppelung wird von
Dell and Sons ausgeführt.
Die Reibungskuppelung von Arnfield (Fig. 19 und 20) hat groſse
Aehnlichkeit mit der von Edmeston and Bridge (1888 269 * 57). Die in den ausgedrehten Rand A auslaufende feste Scheibe B wird an der Innenseite durch die Reibung des geschlitzten federnden Guſsstückes D mitgenommen. Das Guſsstück lehnt sich mit zwei
Knaggen an den Vorsprung K der auf der Welle C befestigten Nabe L. Zum
Zwecke des Anspannens des federnden Guſsstückes ist dasselbe mit den Knaggen D1 versehen, in welchen
Schraubenmuttern D2 und
D3 fest eingelagert
sind. Der zu denselben gehörige Schraubenbolzen F hat
Rechts- und Linksgewinde und kann mittels Büchse J,
Scharnier H und Hebel G
gestellt werden, so daſs ein Anpressen erfolgt.
Die Shaw'sche Reibungskuppelung (Fig. 16) benutzt die
Anspannung einer Spiralfeder c, wie bei der 1888 269 * 57 beschriebenen Sterling'schen Kuppelung von Cranston, zur
Hervorbringung der erforderlichen Reibung. Das Anspannen wird durch den conischen
Stellring A bewirkt, und ist die Kuppelung in einer
besonderen Scheibe angebracht.