Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | C. J. Lintner |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 468 |
Download: | XML |
Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
Die Bezugsverhältnisse der Braugerste. Eine ökonomisch
statistische Studie von E. Struve (Fortsetzung) Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 53, 102,
241.
Die Beschaffenheit der Gerste als Brauwaare (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 82, nach
einer Veröffentlichung des Prof. Kirchner im Württembergischen Wochenblatte für Landwirthschaft,
1888 Nr. 52).
Seitens verschiedener landwirthschaftlicher Vereine wendet man immer mehr
Aufmerksamkeit der rationellen Cultur von Braugerste zu. Auch in Württemberg befaſst
man sich mit diesem Gegenstande und hat man mit verschiedenen Gerstensorten
Anbauversuche gemacht.
Von 92 Proben, welche der Kgl. Samenprüfungsstation in Hohenheim übergeben wurden,
gelangten 77 zu einer besonders eingehenden Prüfung (durch die Professoren Strebel und Behrend).
Die mittlere Keimkraft und Keimfähigkeit dieser 77 Proben war eine gute, nämlich in
Procenten:
Keimkraft
Keimfähigkeit
Mittel von allen Proben
86,29
96,43
Im
Besonderen:
Trothagerste
88,10
97,00
Saalegerste
88,94
96,35
Bisherige Gerste
81,67
95,85
Bezüglich der Erntemethode ist zu erwähnen, daſs ein Theil der Gersten am Boden, ein
anderer in Puppen, Kreuzen und Mandeln getrocknet wurde. Von diesen war je ein Theil
beregnet, ein anderer unberegnet eingebracht worden.
Die Samen der unberegneten Proben keimten schneller und besser, und es wurden von den
Sachverständigen 20¼ Proc. der unberegneten Proben mehr mit Klasse I bezeichnet als
der beregneten.
Das Trocknen am Boden einerseits und in Puppen, Kreuzen und Mandeln andererseits ist
ebenfalls nicht ohne Einfluſs geblieben auf die Keimkraft und Keimfähigkeit der
Samen.
Der Regen beschädigte die am Boden getrocknete Gerste stärker. Die in Puppen, Kreuzen
und Mandeln getrockneten Proben waren ferner durchweg besser als die am Boden
getrockneten, gleichviel ob sie beregnet wurden oder nicht. Das Trocknen am Boden
ist also, wie der Bericht auch hervorhebt, unrationell und sollte nie angewendet
werden.
Das Verhältniſs der Klassifikation zum Hektolitergewichte und absoluten Gewicht,
sowie zur Keimkraft und Keimfähigkeit veranschaulicht die folgende
Zusammenstellung:
Gerstensorte
1 hlk
1000 Samen= g
Keimkraft
Keimfähigkeit
Klasse I.
Trotha
68,9
45,6
94,04
97,92
Saale
68,3
44,8
92,50
97,84
Bisherige
68,6
45,4
87,81
96,10
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Mittel bei allen
68,7
45,2
91,94
97,46
Klasse II.
Trotha
67,1
45,1
86,94
97,42
Saale
66,4
45,1
90,21
97,88
Bisherige
63,1
45,6
80,55
96,11
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Mittel bei allen
65,5
45,3
85,86
97,06
Klasse III.
Trotha
64,3
42,0
81,37
93,77
Saale
62,2
43,5
78,81
88,81
Bisherige
66,2
45,5
80,25
96,92
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Mittel bei allen
63,7
43,6
80,10
92,83
Die Durchschnittszahlen der einzelnen Klassen beweisen nicht nur die Schärfe, mit
welchen die Sachverständigen die Proben beurtheilt haben, sondern auch, daſs mit dem
abnehmenden Hektolitergewichte die Keimkraft stets und bei den leichtesten Samen
auch die Keimfähigkeit bedeutend abnimmt. Merkwürdig ist hier der Zusammenhang des
absoluten Gewichtes mit der Keimfähigkeit; je 1000 Samen der ersten und zweiten
Klasse waren fast gleich schwer und erreichten auch fast die gleiche Keimfähigkeit,
sie waren aber ungleich gut ausgebildet, wenn das Hektolitergewicht der zweiten
Klasse um 3k,2 hinter demjenigen der ersten Klasse
zurückblieb. Nach den vorstehenden Zahlen wäre schon aus dem Hektolitergewicht ein
Schluſs auf die Qualität und wenigstens auch auf die Keimkraft der Gerste zulässig
und nur bei den leichtesten Samen derselben Sorte und derselben Ernte auch auf die
Keimfähigkeit.
Aus einer Tabelle, welche den Einfluſs der Bodenart auf einige Eigenschaften der
Gerste darlegt, ist gleichfalls ersichtlich, daſs mit dem höheren Hektoliter- und
absoluten Gewichte durchgehends eine höhere Keimkraft und Keimfähigkeit der Samen
Hand in Hand geht. Bemerkenswerth ist ferner, daſs keine einzige der auf besseren
Gerstenböden geernteten Proben in die dritte Klasse gestellt wurde und daſs sie 51
Proc. Proben erster Qualität mehr lieferten als die geringeren Bodenarten.
Die Erkennung der Hauptvarietäten der Gerste in den
norddeutschen Saat- und Malzgersten. Von Dr. Albert
Atterberg (Wochenschrift für Brauerei, 1889
Bd. 6 S. 142. Wir müssen uns hier damit begnügen, auf die Originalarbeit
hinzuweisen.
Ueber das Verhältniſs zwischen den Proteïnkörpern und Amiden
in einigen aus böhmischen Gerstenmalzen bereiteten Auszügen; von Dr. Josef Hanamann (Allgemeine
Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 4). Der Verfasser bediente sich
der mit Salzsäure angesäuerten Phosphorwolframsäure, um die stickstoffhaltigen
Bestandtheile der Bierwürze in zwei groſse Gruppen zu zerlegen: in die durch
Phosphorwolframsäure fall baren Proteine und die sogen. Amide. Es wurde so versucht,
zu ermitteln, welchen Schwankungen diese zwei Gruppen von Stickstoffkörpern in den
aus verschiedenen Malzen erzeugten Würzen unterliegen, wenn dieselben streng nach
derselben Methode unter ganz gleichen Verhältnissen abgeschieden und bestimmt
werden.
Zu diesem Zwecke wurden zehn verschiedene gute Malze aus den renommirtesten
Brauereien Böhmens untersucht. 50g Malz wurden in
ähnlicher Weise wie bei der Extractbestimmung gemaischt, in der Würze der Extract,
der Gesammtstickstoff und der durch Phosphorwolframsäure fällbare Stickstoff
bestimmt, dazu der Gesammtstickstoffgehalt des Malzes. In der folgenden Tabelle sind
die Resultate dieser Bestimmungen zusammengestellt:
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
Gesammtstickstoff der Würze in Procenten des
Malzes
0,607
0,661
0,663
0,650
0,603
0,510
0,532
0,591
0,522
0,664
Stickstoff der Proteïne und Peptone in Procenten
des Malzes
0,228
0,269
0,314
0,335
0,274
0,277
0,288
0,301
0,275
0,330
Stickstoff der Amide und Amidosäuren u.s.w.
0,379
0,392
0,349
0,315
0,329
0,233
0,252
0,290
0,247
0,324
Stickstoffgehalt der Malz- trockensubstanz in
Pro- centen
1,618
1,683
1,684
1,676
1,720
1,634
1,638
1,756
1,750
1,728
In Procenten des löslichen Stickstoffes entfallt
Stick- stoff auf die Proteïne und Peptone
37,26
40,69
47,36
51,54
42,17
52,94
52,63
50,93
52,68
49,69
Auf Amide u.s.w.
62,74
59,36
52,64
48,46
57,83
47,06
47,37
49,07
47,32
50,31
Extractprocente des trocke- nen Malzes
74,9
75,0
75,7
77,0
76,2
74,8
77,0
76,8
76,9
74,6
Volumgewicht des Malzes 1 l in Gramm
520
540
540
535
520
545
540
550
550
532
Wassergehalt des Malzes in Procenten
8,3
8,5
8,6
10,9
9,2
9,2
7,8
9,2
10,4
10,4
Aus diesen Ergebnissen folgt:
1) Dem höchsten Stickstoffgehalte des Malzes entspricht nicht die gröſste
Stickstoffmenge in der daraus dargestellten Würze.
2) Das Verhältniſs zwischen den Proteinen, Peptonen und Amiden u.s.w. war bei den
verschiedenen Malzen in den gleich behandelten Auszügen ein verschiedenes und
wechselte bei den ersteren von 37 bis 52 Proc., bei den letzteren von 47 bis 62
Proc. der gesammten löslichen Stickstoffmenge.
3) Der Mälzer hat es in seiner Gewalt, aus einem stickstoffreicheren Rohstoffe eine
stickstoffärmere Würze durch kürzeres oder längeres Gewächs hervorgehen zu lassen,
sowie er aus einem stickstoffärmeren Rohmaterial einen stickstoffreicheren Auszug
erzielen kann.
4) Durch längeres Wachsen der Gerste wird besonders die Amidmenge des Malzes und der
Würze vermehrt.
Da die Würzen aus den angeführten Malzen nur durch langsames Aufmaischen bis 75°
dargestellt wurden, also weder gekocht, noch mit Gerbsäure behandelt worden sind, so
enthalten sie noch einen groſsen Theil derjenigen Eiweiſsstoffe, welche beim
Würzekochen mit Hopfen ausgeschieden werden. Um die Gröſse dieses Antheiles zu
erfahren, wurden die aus dem gleichen Malze (X) dargestellten Bierwürzen einer
gleichen Behandlung und Untersuchung unterworfen, deren Resultate folgende
waren:
Tropfsackwürze.
In 100 Gew.-Th. trockenen Extractes wurden gefunden an:
I
II
GesammtstickstoffStickstoff (Proteïn
und Pepton)AmidstickstoffIn Procenten des
Gesammt- stickstoffes Proteïn und Peptonstickstoff
0,713 0,212 0,50129,66
0,710 0,189 0,52126,68
Mit Zuhilfenahme der Ex-tractausbeute auf
Malz-trockensubstanz berechnet.
Amidstickstoff
u.s.w.GesammtstickstoffProteïnstickstoffAmidstickstoff
70,34 0,531 0,158 0,373
73,32 0,529 0,147 0,382
Mit Zuhilfenahme der Ex-tractausbeute auf
Malz-trockensubstanz berechnet.
5) In der ungekochten, ungehopften Würze besteht fast die Hälfte der gesammten
stickstoffhaltigen Bestandtheile aus Proteinen; in der gekochten und gehopften Würze
werden je nach der Kochdauer und der zugesetzten Hopfenmenge kaum mehr als noch ein
Drittel der gesammten stickstoffhaltigen Stoffe als Proteine gefunden, während über
70 Proc. derselben den AmidenWenn man für die Amide den gleichen Stickstoffgehalt wie für die
Proteinkörper voraussetzt, was jedoch nicht immer zulässig sein dürfte.D. R. angehören.
Da diese letzteren wegen ihrer Diffusionsfähigkeit vorzügliche Nährstoffe der Hefe
sind, so fehlt es der Hefe nicht so leicht an den so nothwendigen stickstoffhaltigen
Nährstoffen in den Bierwürzen.
Die Arbeitsweise der pneumatischen Mälzerei (System
Saladin) bespricht C. J. Lintner (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S.
9).
Ein Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Mischsaaten von
Saccharomyceten; von Julius Vuylsteke (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1888 Bd. 11 S.
537 und 1889 Bd. 12 S. 1).
Hansen hat gefunden, daſs in den oberen Schichten einer
Würze, welche mit einem Gemenge von untergährigen Culturhefen und wilden
Gährungspilzen angestellt wird, am Ende der Hauptgährung die relative Menge der
Zellen der wilden Arten immer gröſser ist als am Anfange. Die Versuche und
Beobachtungen von Hansen wurden ausschlieſslich an
Gemengen angestellt, in denen die Culturhefe eine untergährige war. Vuylsteke unternahm es, die Frage zu studiren, ob diese
Regel auch für die Obergährung gültig ist, eine in theoretischer, wie praktischer
Hinsicht gleich wichtige Aufgabe.
Indem wir bezüglich des Ganges der Untersuchungen und zahlreicher interessanter
Einzelheiten auf die Originalabhandlung verweisen, müssen wir uns damit begnügen,
hier im Wesentlichen die Resultate der interessanten Arbeit mitzutheilen.
Die bei den Versuchen angewendeten Hefen waren einerseits Carlsberger Hefe Nr. I,
Sacch. cerevisiae I und eine Hefe von Burton – die
erstere ist eine Unterhefe, die beiden anderen sind Oberhefen –, andererseits Sacch.
Pastorianus I, II und III, dann Sacch. ellipsoideus II.
Es haben sich nun zunächst folgende Resultate ergeben:
1) Bei der Aussaat von Carlsberger Hefe I (Unterhefe), Saccharomyces Pastorianus I
und Saccharomyces ellipsoideus II hat sich jedesmal die Regel von Hansen bestätigt, daſs in den oberen Schichten einer
Würze, welche mit einer Mischsaat von der genannten Bierunterhefe und von wilden
Arten in Gährung versetzt wird, die relative Zahl der letzteren am Ende der
Hauptgährung immer gröſser ist als am Anfange derselben.
2) Wenn man die relativen Zahlen der Zellen von Sacch. cerevisiae I (Oberhefe) mit
denjenigen der Zellen von Sacch. Pastorianus I vergleicht, welche sich am Anfange
und am Ende der Hauptgährung, d.h. 24 bis 48 und 144 bis 168 Stunden nach dem
Anstellen in der oberen Schichte der Würze, die mit einer Mischung dieser Hefearten
in Gefäſsen von ungefähr 2l Inhalt bei
gewöhnlicher Zimmertemperatur in Gährung versetzt wurde, ergeben, so findet man
nicht jedesmal, daſs die Infection am Ende der Hauptgährung gröſser ist als am
Anfange.
3) In 15 Versuchen, die mit einer Mischung von Sacch. cerevisiae I (Oberhefe) und
Pastorianus III angestellt wurden, war übereinstimmend die Verunreinigung in den
oberen Schichten der Flüssigkeit am Ende der hinreichend weit vorgeschrittenen
Hauptgährung stärker als im Anfange. Folglich geht die Entwickelung einer Mischsaat
von Sacch. cerevisiae I und Pastorianus III wieder in derselben Weise vor sich wie
die Mischsaat von Unterhefen und wilden Gährungspilzen.
Die Verunreinigung der oberen Schichten einer in Gährung befindlichen Würze kann nach
Vuylsteke auf verschiedene Weise geschehen. Der in
einem Zeitpunkte bestimmte Reinheitsgrad der Volumeinheit läſst sich ausdrücken
durch das Verhältniſs der Zahl der Zellen der Culturhefe zu jener der wilden Hefen,
welche gerade vorhanden sind. Die Zellen, welche in einer zuträglichen Nährlösung
schwimmen, vermehren sich in einem verschiedenen Verhältnisse: zuerst nach ihrer
Natur, sodann nach äuſseren Umständen. Hierdurch vergröſsern sich die zwei Glieder
des Verhältnisses; aber weil ihre Vergröſserung nicht in dem gleichen Verhältnisse
stattfindet, ändert sich je nach dem besonderen Falle der Werth in dem einen oder
dem anderen Sinne: man erhält eine Reinigung, wenn die Sprossung der Kulturhefen
rascher ist als jene der wilden Hefen. Dies ist in der ersten Phase der Gährung mit
Sacch. cerevisiae und Sacch. Pastorianus III und in der zweiten Phase der Gährung
mit Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus I der Fall. Es wächst die
Verunreinigung, wenn die wilde Hefe sich rascher vermehrt, wie unter gewissen
Umständen am Beginne der Gährung mit Sacch. Pastorianus I und am Ende derselben mit
Sacch. Pastorianus III. Aber nicht durch eine Vermehrung der Zellen werden allein
Aenderungen im Verhältnisse, welches den Reinheitsgrad ausdrückt, herbeigeführt. Die
Zellen sind beständig dem Einflüsse eines anderen verwickelten Faktors unterworfen,
welchen Vuylsteke die mechanische Wanderung nennt und
welcher schlieſslich nichts ist als eine algebraische Summe mehrerer Einwirkungen.
Die in der Flüssigkeit schwimmenden Zellen sind während der Gährung beständig in
Bewegung: sie verlassen den Ort, wo sie entstanden sind, um sich in andere Mittel zu
begeben und endlich niederzulassen. Sie vermehren sich rascher an dem einen Orte als an
dem anderen. Die algebraische Summe dieser Vorgänge ist die Wanderung. Sie kann
positiv (aufwärts) oder negativ (abwärts) sein, aber sie hat eine verschiedene
Wirkung bei den verschiedenen Arten. Sie bewirkt daher eine Störung im Verhältnisse
und ruft entweder eine Reinigung oder eine Vergröſserung der Verunreinigung hervor.
Die Verunreinigung wird vermindert, wenn eine positive Wanderung (nach oben) eine
verhältniſsmäſsig gröſsere Zahl von Culturhefen zuführt oder eine negative
mechanische Wanderung mehr wilde Zellen wegführt. Die mechanische Wanderung ist
complicirter bei Oberhefen als bei Unterhefen.
Vuylsteke macht schlieſslich noch auf den Unterschied
zwischen der Verunreinigung der Hefen an der Oberfläche und der Hefen am Boden
aufmerksam. Sobald man Sacch. cerevisiae I mit Sacch. Pastorianus I einer Unterhefe
vermischt, ist die Bodensatzhefe stärker verunreinigt als die Oberhefe. Die letztere
ist unreiner, wenn Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus III eine Oberhefe, die
Mischsaat, bilden.
Die Ursache des langen Weiſsbieres von P. Lindner (Wochenschrift für
Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 181).
Unter den Krankheiten des Weiſsbieres ist das Langwerden desselben eine der
häufigsten und am meisten gefürchteten. Sie kennzeichnet sich dadurch, daſs das Bier
eine dickliche Beschaffenheit annimmt und beim Ausgieſsen aus der Flasche sich zu
langen Fäden ausspinnen läſst. (Es ist hier lediglich vom Berliner Weiſsbier die
Rede. Ob das „Langwerden“ auch in dem durchweg vortrefflich behandelten
„Münchener Weiſsbier“ vorkommt, ist dem Referenten nicht bekannt. D.
Ref.)
Lindner fand nun, daſs das Lang werden des Berliner
Weiſsbieres durch einen Pediococcus bewirkt wird.
Eine eingehendere Abhandlung über diesen Organismus behält sich Verfasser für später
vor.
Der Einfluſs der aus Würze erzeugten Röststoffe auf die
Gährung von Dr. W. Irmisch (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 201). Die
Thatsache, daſs dunkle aus hochabgedarrten Malzen stammende Würzen einen geringeren
Vergährungsgrad zeigen als helle, ist geeignet, den Gedanken nahe zu legen, daſs
dies Verhalten von den die dunkle Farbe der Würze bedingenden, empyreumatischen
Stoffen, welche sich sowohl beim Darren des Malzes, als auch beim Kochen der Maische
bilden, herrühre, da derartige Rost- bezieh. Karamelproducte geeignet scheinen
können, einen gährungshemmenden Einfluſs auszuüben. Weiter wäre dementsprechend zu
vermuthen, daſs bei Anwesenheit der genannten Stoffe in gröſserer Menge bezieh. mit
gesteigertem brenzlichem Charakter die Gährung auch mehr beeinträchtigt würde.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend wurde eine Reihe von Versuchen angestellt, welche
zu folgendem Ergebnisse führten:
1) Die Röstung der Würze erzeugte Stoffe, welche dem Biere eine dunkle Farbe gaben,
die derjenigen der mit Farbmalz hergestellten Biere entsprach.
2) Der Geschmack der so gefärbten Biere war dem Geschmacke dunkler, mit Farbmalz
gebrauter Biere ähnlich.
3) Die so gefärbten Biere zeigten in Bezug auf die Beschaffenheit der Hefe, das
Absetzen derselben, das Auftreten und Zurückgehen der Krausen, den Verlauf der
Gährung und den Vergährungsgrad keine Unterschiede.
4) Wenn man annehmen darf, daſs die beim Darrprozesse erzeugten Röststoffe,
vielleicht auch die beim Kochen der Maische erzeugten dieselben sind, wie die beim
Röstverfahren gebildeten, so würde daraus folgen, daſs der bekannte Einfluſs des
Darrprozesses auf die Gährung und den Vergährungsgrad in den Röstproducten nicht zu
suchen ist.
Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf das Wachsthum und die
Gährthätigkeit der Hefe und ihre Bedeutung für die Conservirung des Bieres
von Dr. Georg Foth (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 263).
Verfasser, welcher schon früher Arbeiten über diesen Gegenstand veröffentlichte (1888
267 76), berichtet eingehend über neuere Versuche und
zwar in folgenden 6 Abschnitten mit genauer Angabe der experimentellen
Einzelheiten:
I. Einfluſs der Kohlensäure auf das Wachsthum der Hefe. II. Einfluſs der Kohlensäure
auf die Gährthätigkeit der Hefe. III. Ueber den Einfluſs der Kohlensäure auf die
Gährung bei verschieden starkem Spunden und verschiedenen Temperaturen. IV. Wirkt
die Kohlensäure in verschiedenem Maſse auf verschiedene Heferassen? V. Ueber die
Conservirung des Bieres, speciell des Flaschenbieres. VI. Ueber das Spunden des
gespänten Bieres.
Die Ergebnisse seiner schönen Arbeit faſst Foth, wie
folgt, zusammen. Als unzweifelhaft hat sich ergeben:
1) Die Kohlensäure übt ähnlich wie andere Säuren auf die Vermehrungsfähigkeit der
Hefe einen stark hemmenden Einfluſs aus; die Gährthätigkeit derselben wird durch
dieselbe ebenfalls nun auch in gröſserem Maſse beeinträchtigt.
2) Die Gröſse der durch die Kohlensäure hervorgerufenen Wirkung wächst mit der Menge
des in der Würze enthaltenen Gases, und da diese von Druck und Temperatur abhängt,
mit niederer Temperatur und erhöhtem Drucke.
3) Bei gleicher Menge der gelösten Kohlensäure ist unter höherer Temperatur eine
geringere Wirkung zwar nicht strikt bewiesen, aber höchst wahrscheinlich.
4) Verschiedene Heferassen sind gegen die Kohlensäure in verschiedenem Maſse
widerstandsfähig; bei einem gewissen Kohlensäuregehalte der Würze findet z.B. von
Sacch. Pastorianus I noch Vermehrung statt, während bei gleichem Kohlensäuregehalte der Würze
Carlsberger Unterhefe I ihre Sproſsthätigkeit eingestellt hat.
5) Durch mechanische Bewegung, durch Späne u.s.w. wird der Einfluſs des Spundens mehr
oder minder aufgehoben, entweder allein deshalb., weil durch dieselben die Würzen
eine geringere Menge Kohlensäure gelöst behalten, oder weil sie auſserdem die
Lebensthätigkeit der Hefe mechanisch fördern.
6) Aus den sub. 1 bis 4 aufgeführten Ergebnissen lassen sich eine Reihe von
Schluſsfolgerungen ziehen, welche für die Conservirung des Bieres von Bedeutung
sind.
Aber nicht allein für diesen speciellen Fall, sondern überall da, wo
Gährungserscheinungen durch Hefe hervorgerufen werden, verdienen die Wirkungen der
Kohlensäure Beachtung; man ist bisher nur gewohnt, die entwickelte Kohlensäuremenge
als abhängig vom Verlaufe der Gährung zu betrachten; daſs die letztere auch
umgekehrt beeinfluſst wird von der während des Gährungsprozesses selbst erzeugten
Kohlensäure, ja daſs jene sogar zum Stillstande gebracht werden kann, haben Foth's Versuche bewiesen.
Bieranalysen veröffentlicht H. Kammerer in der Jahresschrift des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege
der Stadt Nürnberg, 1888 XL Heft (Allgemeine
Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 353). Es wurden 46 Proben in
Nürnberg während der Jahre 1886 und 1887 zum Ausschänke gelangter Biere, vorwiegend
aus Nürnberger Brauereien, theilweise aus der nächsten Umgebung Nürnbergs und aus
Münchener Brauereien stammend, untersucht. Wir beschränken uns darauf, hier die
Durchschnittswerthe mitzutheilen.
100g Bier enthielten Gramm:
Spec. Gew.bei 15° C.
Alkohol
Extract
Achse
Freie Säure(cc Normal-alkali)
Glycerin
Extract-gehalt derWürze
Vergäh-rungsgrad
Auf 1 Th.Alkoholkommen
Th.Extract
Sommer-bier
NürnbergerAuswärtiges
1,01561,0161
4,425 4,446
5,285,73
0,22050,2315
2,692,61
0,20550,2051
14,2914,21
59,2760,18
1,321,29
Winter-bier
NürnbergerAuswärtiges
1,01381,0133
3,853,86
5,726,02
0,23200,2346
2,662,71
0,16300,1658
13,0913,46
56,4055,60
1,491,56
Aus den Mittelwerthen läſst sich der Schluſs ziehen, daſs die Nürnberger Biere meist
sehr stark eingebraut, aber stärker vergohren sind als die Münchener und deshalb
einen höheren Alkoholgehalt und einen niedrigeren Extractgehalt besitzen, wozu noch
der durch die Analyse nicht ermittelte höhere Gehalt an Hopfenbestandtheilen tritt,
welche Momente zusammen diesen einen wesentlich anderen Charakter geben, als der der
Münchener ist.
C. J.
Lintner.