Titel: | Neuere Bestätigungen des Gesetzes der proportionalen Widerstände; von Prof. Friedr. Kick. |
Autor: | Friedr. Kick |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 500 |
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Neuere Bestätigungen des Gesetzes der
proportionalen Widerstände; von Prof. Friedr. Kick.
Mit Abbildungen.
Kick, über proportionale Widerstände.
Es sind nun nahezu zehn Jahre verflossen, als zuerst in dieser Zeitschrift jenes
einfache Formänderungsgesetz, welches später das Gesetz der proportionalen
Widerstände genannt wurde, seine Veröffentlichung fand.Bd. 234 S. 257 und 345; s. ferner „Das Gesetz der proportionalen Widerstände und seine Anwendungen von
Friedrich Kick, Leipzig, Arthur
Felix, 1885. Dasselbe lautet:
„Die Arbeitsgröſsen, welche zu übereinstimmender Formänderung
zweier geometrisch ähnlicher und materiell gleicher Körper erfordert werden,
verhalten sich wie die Volumen oder Gewichte dieser Körper, die Pressungen
hingegen wie die correspondirenden Querschnitte oder die Oberflächen dieser
Körper. Hierbei ist unter übereinstimmender Formänderung jene verstanden, welche
zwei Körper geometrisch ähnlicher Anfangsform zu eben solcher Endform führt und
dies annähernd mit gleicher Geschwindigkeit und unter gleichartiger Einwirkung
äuſserer Kräfte.“
Es wurden schon in der unten citirten Schrift zahlreiche und sehr verschiedenartige
Versuche angeführt, durch welche die allgemeine Richtigkeit des Gesetzes
nachgewiesen erscheint und es wurden auch auf Grund desselben Folgerungen gezogen, für welche aber der experimentelle
Beweis nicht durchwegs erbracht werden konnte.
Durch jetzt vorliegende Arbeiten von durchaus unbetheiligter Seite, welche theilweise
ohne Kenntniſsnahme des Gesetzes der proportionalen Widerstände unternommen wurden,
erfährt dasselbe und die gezogenen Folgerungen bei sehr verschiedenen
Formänderungsarbeiten eine schöne Bestätigung. Diese Arbeiten beziehen sich auf das
Durchschieſsen von Panzerplatten, das Lochen von Blechen, das Hobeln von Blei, das
Steinbohren und das Zerkleinern von Erz.
Ueber das Durchschlagen von Panzerplatten gab die Firma
Friedr. Krupp im J. 1885 eine als Manuskript
gedruckte Schrift heraus, welche ich der Freundlichkeit des Herrn Verfassers,
Ingenieur Otto Budde, verdanke.
In dieser Schrift ist die von dem Etablissement Krupp
aus Versuchen abgeleitete Durchschlagsgleichung
1)\ z_f=100\,S\,\sqrt[3]{\frac{S}{D}}
enthalten, in welcher zf die im Geschosse für 1qc des Querschnittes enthaltene mechanische Arbeit
in Meterkilogrammen, S die Plattendicke in Centimetern
und D den Geschoſsdurchmesser in Centimetern
bedeutet.
Die gesammte lebendige Kraft des Geschosses drückt sich nach dieser Schreibweise aus
durch:
2)
A=z_f\,\frac{\pi\,D^2}{4}=\frac{100\,\pi}{4}\,D^2\,S\,\sqrt[3]{\frac{S}{D}}
für geometrisch ähnliche Fälle (bei welchen S : D gleich einer
Constanten ist und auch die Geschosse geometrisch ähnlich sein müssen, daher ihre
Gewichte proportional den dritten Potenzen der Durchmesser sind) erhält man aus
Gleichung 2, wenn \sqrt[3]{\frac{S}{D}}=c gesetzt wird:
A\,:\,A_1=\frac{100\,\pi\,c}{4}\,S\,D^2\,:\,\frac{100\,\pi\,c}{4}\,S_1\,{D_1}^2=S\,D^2\,:\,S_1\,{D_1}^2=D^3\,:\,{D_1}^3=S^3\,:\,{S_1}^3=G:G_1
mithin die Bestätigung des Gesetzes der proportionalen
Widerstände in Bezug auf das Durchschieſsen von Panzerplatten, denn für gleiche Geschoſsgeschwindigkeiten verhalten sich die
lebendigen Kräfte der Geschosse wie ihre Gewichte, wie G : G1.
In meiner Schrift „Das Gesetz der prop. Widerstände“ folgerte ich aus dem Gesetze auf
S. 27, daſs sich bei gleichen Geschoſsgeschwindigkeiten und geometrisch ähnlichen
Geschossen die durchschlagbaren Plattendicken S1
: S = ∛G1 : ∛G verhalten
müssen, was hiermit bestätigt ist.
Das Durchstoſsen von Metallen; von Prof. Karl Keller, Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, 1888 S. 77. In dieser längeren Abhandlung gelangt Prof. Keller zu nachstehendem Ausdrucke der für das
Durchlochen erforderlichen Arbeitsgröſse A:Keller bezeichnet sie mit E.
A=0,0203\,D^3\,\pi\,\left(\left[\frac{\delta}{D}\right]^2-0,14\,\frac{\delta}{D}+0,01\right)^{mkg},
wobei die Blechstärke δ und der
Stempeldurchmesser D in Millimetern gemessen ist.
Man ersieht sofort, daſs der in Klammern stehende Ausdruck für geometrisch ähnliche
Verhältnisse oder für d : D = Const. eine constante
Gröſse wird, mithin hiefür A = CD3 oder A
: A1 = D3 : D13 = δ3 : δ13 geschrieben
werden kann; in vollster Uebereinstimmung mit dem Gesetze der prop. Widerstände.
Wenn Herr Prof. Keller diese Uebereinstimmung
ursprünglich bestritt, so wurde dies doch später von ihm ausdrücklich anerkannt. (Vgl. S. 100 und 433 der
genannten Zeitschrift.)
In den Versuchstabellen sind leider keine genau
geometrisch ähnlichen Fälle, für welche d : D und δ : Δ constante
Werthe haben müssen, verzeichnet, doch finden sich
unter den Versuchen als annähernd verwendbar:
B =
δ
=
Δ =
A =
15mm 12mm,15 0mm,55105mk,8
und„„„
20,8 16,1 0,70280,5
Unter Δ = ½(D1
– D) ist der Ab-stand des Stempels vom
Rande derMatrize verstanden. D1 Matrizen-Durchmesser.
Führt man die Rechnung nach dem Gesetze der proportionalen
Widerstände durch 153 : 20,83 = 105,8 : 280,5
so erhält man: 946687,5 = 952094,9
für
D =δ
=Δ =A =
15,010,15 0,5576,5
und„„„
18,0 12,1 0,6133,7
76,5 : 133,7 = 153 : 183 = 53 : 6316712 = 16524
eine immerhin genügende Uebereinstimmung, der Fehler beträgt
nur ½ bezieh. 1 Procent.
Es ist zweifellos, und auch durch Keller hervorgehoben,
daſs der Werth von A Einfluſs auf die Resultate übt.
Wenigstens für das Lochen dünnen Bleches hätte Δ nahezu
Null, d.h. es hätte der Stempel ziemlich scharf in die Matrize passen sollen.
Keller nennt einen vollständig verlaufenden
Durchstoſsvorgang jenen, bei welchem – wie dies bei dicken Blechen (δ > ½D) immer geschieht –
zuerst der Stempel durch sein Eindringen das Material zum Flusse bringt und hierauf
erst das Abscheren bewirkt. Das Arbeitsdiagramm für diesen „vollständig
verlaufenden Durchstoſsvorgang“ ist durch Fig.
1 dargestellt. Die Fläche A1 stellt nach Keller
den Arbeitsaufwand während der Periode des Flieſsens, A2 jenen während der Periode des
eigentlichen Abscherens vor. Daſs Keller die Werthe von
A1 und A2 als nahezu gleich
finden konnte, rührt daher, daſs sich seine Versuche innerhalb nicht allzuweiter Grenzen bewegten
\left(\frac{D}{\delta}=2,5\ \mbox{bis}\ 0,6\right), mithin
jene noch möglichen Fälle, bei welchen δ etwa 3- oder
4mal so groſs wie D, nicht in Betracht gezogen wurden.
Für solche Fälle würde A1 wesentlich gröſser als A2 geworden sein.
Für dünne Bleche ergeben sich unvollständig verlaufende
Durchstoſsvorgänge und ist Prof. Keller der Ansicht,
daſs der Abscherungsvorgang gänzlich fehlt und nur der
Verdrängungsvorgang (das Flieſsen) auftritt. Dieses
Flieſsen findet aber beim Lochen dünnen Bleches nur
dann statt, wenn der Stempeldurchmesser wesentlich
kleiner als der Matrizendurchmesser ist, wie dies bei Keller's Versuchen stets der Fall war, ist
jedoch nur ein Flieſsen in der Nähe des Stempel- und Lochrandes (Fig. 2), welches von einer Abbiegung des Bleches
herrührt, nicht jenes Zur-Seite-drängen des Materiales, wie dasselbe bei dem
vollständig verlaufenden
Durchstoſsprozeſs beobachtet wird. Die ausgeschnittene Blechscheibe bleibt daher von
der gleichen Dicke wie das Blech. Paſst Stempel und Matrize gut zusammen, dann findet bei dünnem Bleche eigentlich allein der Abscherungsvorgang statt, doch ist es wegen
der Kleinheit der Höhendimension und der elastisch reagirenden Spannungen in der
Lochmaschine äuſserst schwierig, ein Diagramm zu erhalten. Die Diagrammlinie würde
sehr steil ansteigen und man erhielte den fallenden Theil derselben nur dann, wenn man dem Stempel nur gestattete,
schrittweise sehr kleine Wege zurückzulegen, für welche die erforderliche Pressung
durch jedesmalige Entlastung des Stempels gesondert zu ermitteln wäre.
Fig. 1., Bd. 272, S. 503Fig. 2., Bd. 272, S. 503Das Interesse, welches die Frage des Lochens („Durchstoſsens“)
verdient, veranlaſste uns, über den Zweck dieser Zeilen hinaus, der Arbeit Prof. Keller's näher zu treten.
Bei einer Ingot-Schere, gebaut von der
Maschinenfabriks-Actiengesellschaft vormals Breitfeld, Danek
und Comp. in Prag, wurden Indicirungen vorgenommen, welche gleichfalls die
Richtigkeit des Gesetzes ergaben. Derzeit muſs von einer Veröffentlichung der
Versuchszahlen noch Umgang genommen werden.
Die Versuche über das Hobeln von Blei, welche Assistent,
Dipl.-Ing. Alfr. Hauſsner im 2. Hefte der Technischen Blätter 1889 veröffentlichen wird, führten
zur Formel
Y_s=A+\frac{C}{\frac{b}{t}+B}
In derselben bedeutet: Ys den specifischen Hobeldruck, A, B, C
sind Functionen der Werkzeugwinkel, welche für geometrisch ähnliche Verhältnisse zu
Constanten werdenFür eine ebene Werkzeugfläche, deren Wagerechttrace (Schneide) senkrecht auf
die Hobelrichtung steht, wurdeA=4,75\,\left[sin\,\frac{a}{2}+tg^2\,\frac{a}{2}\right],\
B=1,25\,(1-sin^4\,\alpha)\ \mbox{und}\
C=4,75\,[cos\,\alpha\,cotg\,\alpha+cos^2\,\alpha\,sin\,\alpha]gefunden, wobei α den
Steigungswinkel der Werkzeugfläche zur Hobelfläche bezieh. den Schneidwinkel
bedeutet.Für eine schräge Anstellung des Werkzeuges fallen diese Functionen durch das
Eintreten eines zweiten Winkels wesentlich zusammengesetzter
aus., b die Breite, t die Tiefe des Spanes.
Für geometrisch ähnliche Verhältnisse ist somit auch der Quotient aus b und t eine Constante und
wird sonach auch Ys =
Const.
Man findet den zum Hobeln eines Spanes von bestimmtem Querschnitte (b × t) = f erforderlichen Druck P
bei geometrisch ähnlichen Verhältnissen als das Product aus dem diesen Verhältnissen
entsprechenden, specifischen Hobeldruck Ys und der Querschnittsfläche f.
Dies ist aber identisch mit dem S. 19 meiner oben citirten Schrift ausgesprochenen
Satze:
„Die Pressungen, welche das Werkzeug bei Bildung geometrisch
ähnlicher Späne desselben Materials auszuüben hat, verhalten sich wie die
Querschnitte der abgetrennten Materialstreifen.“
Stoſsbohren in Granit. In einer gröſseren Abhandlung
über Bohrfestigkeit der Gesteine von Prof. Franz v.
Rziha (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-
und Architektenvereins, 1888 S. 139) führt derselbe die Versuche der Herren
Oberbergrath Förster und Obermarkscheider Hausse über Stoſsbohren von Freiberger Gneis an,
wornach
bei
24mm
weitem
Bohrloch
der
Arbeitsaufwand
für
1cbm
Bohrlochraum
49,5mk
„
37mm,5
„
„
„
„
„
1
„
66,0
„
68mm
„
„
„
„
„
1
„
49,6
betrug. Die Uebereinstimmung der ersten und dritten Zahl ist
eine vollkommene; jene Abweichung, welche die zweite Zahl zeigt, mag in nicht
genügend scharf beobachteten Nebenumständen (minder gutem Werkzeugstahl oder anderem
Anschliffe) gelegen sein.
Beim Stoſsbohren wäre für jede Gesteinsgattung sowohl der günstigste Zuschliff des
Werkzeuges, als auch jene Schlagarbeit, welche für 1cm Lochdurchmesser die günstigste Bohrleistung (den meisten Ausbruch)
erzielt, im Versuchswege zu ermitteln. Solche Versuche, welche bei gleichem
Lochdurchmesser, aber in verschiedenem Gesteine mit planmäſsig abgeänderten
Werkzeugen und Wucht der Schläge, mit und ohne Wasserspülung, durchzuführen wären,
fehlen noch.
Zur Bestimmung des Arbeitsaufwandes zur Zerkleinerung der
Aufbereitungsproducte unternahm Herr Karl v.
Reytt, k. k. Aufbereitungsinspector in Pribram, eine groſse Zahl mühevoller
dynamometrischer Messungen und Oberflächenbestimmungen der Zerkleinerungsproducte,
welche im Jahrgange 1888 der Oesterreichischen Zeitschrift
für Berg- und Hüttenwesen ihre Veröffentlichung fanden, v. Reytt fand u.a., daſs „die Arbeitsbedarfsmengen
für die erhaltenen einzelnen Kornsorten zu der Oberflächen Vermehrung in keinem
geraden Verhältnisse stehen, indem die Oberflächen Vermehrung namentlich in den
letzten Klassen viel rascher zunimmt, als der Arbeitsbedarf gleichzeitig zu
steigen scheint“.
Dieses Theilergebniſs der Reytt'schen Versuche befindet
sich in Uebereinstimmung mit dem Gesetze der proportionalen Widerstände, nach
welchem zur gleichartigen Zerkleinerung geometrisch ähnlicher Stücke desselben
Materiales den Gewichten der Stücke proportionale Arbeitsgröſsen
erforderlich sind. Hiernach ist z.B. zum Bruche einer Kugel von 1k Gewicht dieselbe Arbeit erforderlich als zum
Bruche von n Kugeln desselben Materiales, welche
zusammen 1k wiegen, wenn der Bruch in der gleichen Weise durch gleichartige Einwirkung erzielt
wurde.
Es ist seinerzeit gezeigt wordenVgl. das „Gesetz der proportionalen Widerstände und seine
Anwendungen“, S. 5, 57 und 60., daſs Kugeln zwischen
parallelen, ebenen Werkzeugflächen dadurch zum Bruche gelangen, daſs sich an den
unmittelbar gepreſsten Stellen kleine Abplattungen bilden, auf welchen sich
Materialkegel aufbauen (Fig. 3). Diese Kegel bewirken
das Zersprengen durch ihr weiteres Eindringen und dieses Zersprengen erfolgt in der
Regel nach einem Dreibruche, wobei die Bruchflächen aa1 und bb1 (Fig. 4) als
primär, cc1 als
secundär zu betrachten sind. Besonders rein erhält man diese Erscheinungen bei
Guſseisenkugeln sowohl bei Anwendung ruhigen, langsam wirkenden Druckes, als bei
Anwendung von Schlägen, deren Arbeitsvermögen gerade zur Erzielung des Bruches
ausreicht.
Fig. 3., Bd. 272, S. 505Fig. 4., Bd. 272, S. 505Fig. 5., Bd. 272, S. 505Fig. 6., Bd. 272, S. 505Fig. 7., Bd. 272, S. 505Fig. 8., Bd. 272, S. 505Wendet man statt ebener Werkzeugflächen solche an, welche sich der Gestalt
der Kugel theilweise anschmiegen (Fig. 5), so gibt
dies zur Bildung gröſserer Materialkegel Anlaſs und der Dreibruch erfolgt erst bei
gröſserem Kraft- bezieh. Arbeitsaufwande.
Sucht man einen Würfel zu zerschlagen, so bilden sich bei Anwendung ebener
Werkzeugflächen, wie Fig. 6 dieselben darstellt, an
den beiden gepreſsten Flächen des Würfels gröſsere Materialkegel, an deren
Oberflächen ein weit gröſserer Abscherungswiderstand zu überwinden ist, bevor diese
Kegel zersprengend auf den Rest des Materiales einwirken. Hat der Würfel das gleiche
Gewicht wie die Kugel und sind beide aus Guſseisen, so ist die Brucharbeit beim Würfel nahe 10mal so groſs
wie bei der Kugel.
Würde man den Würfel jedoch durch die Einwirkung von Werkzeugen, wie Fig. 7 zeigt, zu zerschlagen suchen, so würde,
entsprechend den sich hier günstig gestaltenden Materialkegeln, auch die Arbeit fürs
Zerschlagen eine entsprechend kleine sein, ähnlich wie in dem durch Fig. 3 dargestellten Falle.
Aus diesen wenigen Beispielen ersieht man, daſs die Art der
Zerkleinerung einen ganz auſserordentlichen Einfluſs auf die
Zerkleinerungsarbeit nimmt, ebenso wie dieselbe von der Gestalt des zu zerkleinernden Stückes ganz wesentlich abhängig ist.
Die mannigfachen Gestalten des zu zerkleinernden Erzes und die verschiedenen
Einwirkungen der Zerkleinerungsmittel müssen sich daher bei der mechanischen
Aufbereitung in solcher Weise fühlbar machen, daſs die dynamometrischen Proben keine
zu theoretischen Feststellungen völlig verwendbaren Zahlenwerthe liefern. Diese
Zahlenwerthe müssen für jede Gruppe der Aufbereitungsmaschinen, selbst bei scheinbar
gleichartigem Ergebnisse der Zerkleinerung, welches ja nur durch die mit der Sieblochgröſse in Beziehung stehende Korngröſse
ausgedrückt werden kann, andere sein. Die von Reytt
gegebenen Versuchsangaben bestätigen das Vorstehende im vollsten Maſse. Aus
denselben geht zunächst hervor, daſs die Walzenquetschen weit günstiger arbeiten als die Schranzmühle, diese günstiger als die Einläufermühle und daſs das Pochwerk den
gröſsten Arbeitsaufwand erheischt.
Reytt bezeichnet als „mittleren Sieblochdurchmesser das arithmetische Mittel jenes
Sieblochdurchmessers, durch welchen das betreffende Korn noch durchfallen könnte
und jenem Sieblochdurchmesser, durch welchen, als dem zunächst kleineren,
dasselbe Korn nicht mehr durchfiel.“ Sei ferner d der mittlere Sieblochdurchmesser jenes Kornes, welches auf die
Kornklasse vom mittleren Sieblochdurchmesser S zu
verkleinern wäre, so kann d = nδ gesetzt werden. Daher
n=\frac{d}{\delta}.
Die Bruttoarbeit zur Verkleinerung von 1k Korn (n = 4 bis 8) kann, in Meterkilogramm gemessen, nach Reytt ausgedrückt werden durch:
A = 1,661 C logn,
wobei C
für
Walzenquetschen
gleich
468
„
die Schranzmühle
„
975
„
„ Einläufermühle
„
1578
zu nehmen wäre.
Von praktischem Interesse ist die Mittheilung, daſs nach dem Jahres: durchschnitte eine Walzenquetsche in der Regel zum
Zerkleinern von 100k 64 bis 32mm Kornes auf 8mm Korngröſse 144500mk, eine
Schranzmühle bei der Zerkleinerung von 100k eines
16 bis 8mm Kornes auf 2mm Korngröſse 230857mk, eine Einläufermühle bei derselben Zerkleinerung 385143mk und ein Pochwerk mit rotirenden Pochstempeln
542061mk erfordert.
Die obenerwähnte Formel A = 1,661 C logn ist zwar nach der Art der Entwickelung als ein
Ergebniſs theoretischer Erwägungen gewonnen, nachdem dieselbe jedoch auf Grund von
Annahmen erwuchs, welche durch die Zerkleinerungsvorgänge nicht hinreichend gestützt
werden können, so kann sie keine höhere Bedeutung beanspruchen als eine empirische
Formel. Bei gleichem Zerkleinerungsgrade, d. i. gleichem n, würde sie für die Zerkleinerungsarbeiten von 1k gröberen oder feineren Kornes, wenn mit
derselben Zerkleinerungsmaschine durchgeführt, dieselbe Arbeitsmenge liefern, was
mit dem Gesetze der proportionalen Widerstände übereinstimmen würde.
Auf S. 16 der bereits citirten Schrift „Das Gesetz der proportionalen Widerstände“ heiſst es: „Hätte man
z.B. Fluſssand gleichen Materiales von annäherungsweise kugeliger Form, aber in
Partien von verschiedener Korngröſse, zwischen Walzen zu verkleinern, dann
könnte man sagen, daſs zu übereinstimmender Verkleinerung Arbeitsgröſsen
erforderlich sind, proportional dem Sandgewichte.“ Zur Erlangung eines sehr
gut übereinstimmenden Resultates wäre hierbei allerdings nothwendig, daſs auch die
Durchmesser der angewendeten Walzenquetschen proportional den Korngröſsen des Sandes
wären. Unter übereinstimmender Verkleinerung ist bei Anwendung geometrisch ähnlicher
Zerkleinerungsmittel und gleicher Geschwindigkeit jene Verkleinerung verstanden, bei
welcher die Korngröſse im gleichen Verhältnisse geändert wird.
Es liegt nun gewiſs nahe, in den Reytt'schen
Versuchszahlen nachzusehen, ob eine solche Uebereinstimmung der Resultate vorhanden
ist oder nicht.
Es findet sich in der vierten Tabelle unter den Versuchen mit der Walzenquetsche bei
einer Tourenzahl von 31, und dem Walzendurchmesser von 657mm bei angepreſsten Walzen:
Post-Nr.
1)
64mm
Stufen
verkl.
auf
32mm,
Arbeitsverbrauch
Brutto
für
100k
48868mk
5)
32
„
„
„
16,
„
„
„
100
48804
8)
16
„
„
„
8,
„
„
„
100
49667
10)
8
„
„
„
4,
„
„
„
100
57715
Es sind dies Zahlen von sehr guter Uebereinstimmung. Der Werth dieser
Uebereinstimmung wird allerdings wesentlich dadurch gemindert, daſs es die
Bruttoarbeitsmengen sind und daſs die Mengen sogen.
Unterkornes, d.h. kleinerer Bruchstücke nicht im gleichen Verhältnisse stehen. Da
aber, wie aus den Mittheilungen Reytt's hervorgeht, die
Nettoarbeiten nicht exact bestimmt wurden und die beim Arbeitsgange in der Maschine
bedingten zusätzlichen Reibungen überhaupt nicht ermittelt wurden, wie es zur
Bestimmung der reinen Nettoarbeit erforderlich wäre, so können zum Vergleiche nur
die Bruttoarbeiten herangezogen werden.
In derselben Tabelle linden sich nur noch zwei Versuche, welche zum Vergleiche
halbwegs herangezogen werden können. Es ergab die Walzenquetsche mit 33 Touren
angetrieben und auf 8mm Spalt gestellt:
Nr.
14)
32mm
Stufen
verkl.
auf
16mm,
Arbeitsverbrauch
Brutto
für
100k
43870mk
17)
16
„
„
„
8,
„
„
„
100
39190
Der Spalt hätte im zweiten Falle auf 4mm gestellt
sein müssen, und erklärt dieser Mangel die niedrigere Arbeitsmenge, während sie bei
dem kleineren Korne wegen der gleich groſsen Walzen, welche auf das kleinere Korn
gleichförmiger quetschend einwirken, hätte etwas gröſser ausfallen sollen. Die
Uebereinstimmung mit dem Gesetze ist aber in allen erwähnten Fällen hinreichend
groſs, was man sofort ersieht, wenn man mit obigen Zahlen jene vergleicht, welche
Reytt für dieselbe Walzenquetsche und gleichartige
Zerkleinerung bei geringer Geschwindigkeit fand.
Bei der Tourenzahl von 31 bei angepreſsten Walzen wurde gefunden:
Nr. 8) 16mm Stufen verkl.
auf 8mm, Arbeitsbedarf Brutto für 100k 49667mk
bei der Tourenzahl 16 Walzen angepreſst, hingegen:
Nr. 11) 16mm Stufen verkl.
auf 8mm, Arbeitsbedarf Brutto für 100k 66911mk
Ein groſser Unterschied des Arbeitsbedarfes findet sich ferner:
Walzen auf 8mm Spalt gestellt,
Tourenzahl 33:
Nr. 17) 16mm Stufen verkl.
auf 8mm, Arbeitsbedarf Brutto für 100k 39190mk
Walzen auf 8mm Spalt, Tourenzahl
15:
Nr. 19) 16mm Stufen verkl.
auf 8mm, Arbeitsbedarf Brutto für 100k 49708mk
Es wäre sehr zu wünschen, wenn die Versuche v. Reytt's
ihre Fortsetzung fänden. Bei Quetschwalzen lieſse sich die reine Nutzarbeit dann
bestimmen, wenn die Leergangsarbeit bei Walzenstellung „in Spalt“ aber bei
vollem Andrucke, nahe gleich jenem des Arbeitsganges, ermittelt würde. Auch müſste
die Verkleinerung so durchgeführt werden, daſs sie thatsächlich gut verglichen
werden kann, d.h. es müſsten die Mengen von Unterkorn auch in analogem Verhältnisse
stehen. Wird z.B. 32mm Korn auf 8mm Korn verkleinert, so fallen bestimmte Mengen
von 4 bezieh. 2mm Korn; verkleinert man 16mm Korn auf 4mm
Korn, dann ist die Verkleinerung nur dann eine gleichartige, wenn hierbei dieselben
Mengen von 2mm bezieh. 1mm Korn sich ergeben, welche früher für 4 bezieh.
2mm Korn gefunden wurden. Wenn man im zweiten
Falle Walzen von halber Durchmessergröſse verwenden würde und sonst die Verhältnisse
gleichartige wären, müſste dies zu erreichen sein. –
Es wurde mir bereits im J. 1885 von Seite eines hochverehrten Collegen mitgetheilt,
daſs das Gesetz der proportionalen Widerstände für den Bruch geometrisch ähnlicher Stein- und
Guſseisenprismen nicht genau zu stimmen scheine, vielmehr die kleineren Probestucke (in nahezu halber Gröſse der
gröſseren, aus den Bruchstücken dieser hergestellt) durchwegs gröſsere Werthe ergaben, als die gröſseren. Die
Biegungsfestigkeit in Kilogrammen für 1qc,
berechnet nach der Formel P=2/3\,\frac{\delta\,b\,h^2}{l}, betrug
für:
die gröſseren Prismen
die kleineren
Granit
84
93
und
86
Jurakalk
32,5
38
„
36
Buntsandstein
69
91
„
103
Grünsandstein
11
20
„
20
Guſseisen
I
3150
3790
„
3840
„
II
3400
3690
„
3770
„
III
4130
4360
„
4230
„
IV
4390
4820
„
4800
Diese Differenzen erklärten sich sofort dadurch, daſs
für die sämmtlichen Bruch proben dieselben Druckbacken bb1 (Fig. 8
S. 505) genommen wurden, während für die kleineren Probestücke auch die wirksamen
Druckflächen der Backen hätten proportional kleiner sein müssen. Dieses Beispiel
zeigt so recht auffällig, wie leicht es übersehen wird, daſs durchaus geometrische Aehnlichkeit obwalten muſs, soll das Gesetz gelten;
es zeigt aber auch den bedeutenden Einfluſs scheinbar nebensächlicher Umstände. Der
technische Experimentator darf nie voraussetzen, daſs Einflüsse von Nebenumständen
verschwindend klein seien, sondern es sollte stets die Gröſse des Einflusses
derselben durch besondere Versuche bestimmt werden.
Zu dieser, die neueren Bestätigungen des Gesetzes der proportionalen Widerstände
zusammenfassenden Darstellung sah ich mich deshalb veranlaſst, weil die Wahrnehmung
sich aufdrängt, daſs auch in den neuesten technologischen Lehrbüchern, trotz der
vielfachen Anwendungsfähigkeit des Gesetzes, von demselben kein Gebrauch gemacht
wird. Es wird der Titel der Schrift genannt, oder das Gesetz ausgesprochen, aber es
scheint dasselbe nicht genug historische Weihe zu besitzen, um die Scheu vor seiner
Anwendung sowohl in Druckschriften als beim technologischen Experimente zu besiegen.
Die vorstehenden Mittheilungen dürften wohl geeignet sein, die unzweifelhafte
Richtigkeit des Weiteren zu erhärten und dadurch zur Anwendung anzuregen.
Prag im April
1889.