Titel: | Fortschritte in der Thonindustrie. |
Autor: | R. Zsigmondy |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 519 |
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Fortschritte in der Thonindustrie.
(Schluſs des Berichtes S. 462 d. Bd.)
Fortschritte in der Thonindustrie.
Bestimmung der Feuerfestigkeit der Thone.
Bei der Bestimmung der Feuerfestigkeit wurden bisher die sieben Bischof'schen Normalthone
dem Vergleiche zu Grunde gelegt. Da dieselben keine Handelsartikel sind,
andererseits die Bezeichnung des Fundortes eines Thones nicht für die Identität mit
der zur Bischof'schen Scala ursprünglich verwendeten
Qualität bürgt, war es wünschenswerth, eine neue Scala für derartige Bestimmungen
aufzustellen, mit Materialien, die jedermann zur Verfügung stehen. Den ersten
Versuch dieser Art hat E. Cramer angestellt (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 11 S. 197). Als Gemengtheile
wurden verwendet:
Zettlitzer Kaolin
Norwegischer Quarz
Rörstrand-Feldspath
Carrarischer Marmor.
Zunächst wurden Gemenge von Kaolin und Quarz hergestellt von nachstehender
Zusammensetzung:
Al2O3
3SiO2
Nr.
3
Al2O3
4SiO2
„
4
Al2O3
5SiO2
„
5 u.s.w.
bis
Al2O3
30SiO2
„
30
Aus diesen Mischungen wurden Tetraeder geformt und diese dem schärfsten Feuer des
Porzellanofens ausgesetzt; Kegel 3 war dicht, nicht saugend, 4, 5, 6 porös, stark
saugend, 7 bis 30 zerfielen zu Pulver.
Hierauf wurden Proben aus Kaolin, Quarz und Feldspath dargestellt, von der
Zusammensetzung:
Al2O3, 0,1
K2O, 3SiO2
gezeichnet:
1 – 3
Al2O3, 0,1
K2O, 4SiO2
„
1 – 4
Al2O3, 0,1
K2O, 5SiO2
„
1 – 5
Al2O3, 0,1
K2O, 8SiO2
„
1 – 8
Al2O3, 0,2
K2O, 3SiO2
„
2 – 3
Al2O3, 0,2
K2O, 4SiO2
„
2 – 4
Al2O3, 0,2
K2O, 5SiO2
„
2 – 5
Al2O3, 0,2
K2O, 8SiO2
„
2 – 8.
Diese Kegel wurden im Deville'schen Ofen mit dem Bischof'schen Thone Nr. VII verglichen. Normalthon VII:
Form noch erhalten, Oberfläche glasirt; 1 – 3 bis 1 – 6 und 2 – 3 blieben
scharfkantig; 1 – 7, 1 – 8, 2 – 4 Kanten gerundet; 2 – 5 bis 2 – 8 zum Email
geschmolzen. Mischungen von Kaolin, Quarz und Feldspath schienen nicht geeignet.
Verfasser versuchte daher Mischungen aus Kaolin und Marmor. Die Gemenge
Al2O3
2SiO2
2CaO
Al2O3
2SiO2
1,5CaO
Al2O3
2SiO2
1CaO
Al2O3
2SiO2
0,5CaO
waren alle leichter schmelzbar als der Normalthon VII.
Verfasser stellte daher Mischungen von noch geringerem Kalkgehalte her. Gemenge, die
auf Al2O3, 2SiO2 0,1 bis 0,5 CaO enthielten, schienen geeignet.
Nach weiteren Versuchen wurde folgende Scala aufgestellt:
Be-zeich-nung
UngebrannteMischung
ent-hält:
Auf 100
Th.KaolinkommenMarmor
Formel
Feuerfestigkeits-Quotientnach
Proc.CaO
Proc.CaCO3
RO :
Al2O3 :
SiO2
Bischof
Seger
1
1
1,78
1,81
1
10,5
13,1
8,4
18,9
2
2
3,57
3,70
1
6,4
8,0
5,2
11,6
3
3
5,35
5,65
1
5,4
6,7
4,3
9,8
4
4
7,14
7,69
1
4,2
5,3
3,4
7,7
5
5
8,91
9,78
1
3,5
4,4
2,8
6,3
6
6
10,41
12,00
1
2,9
3,7
2,4
5,4
7
7
12,59
14,04
1
2,5
3,1
2,0
4,5
8
8
14,28
16,85
1
2,2
2,8
1,8
4,0
9
9
16,07
19,14
1
1,9
2,4
1,6
3,6
Bei wiederholter Prüfung dieser Mischungen ergab sich, daſs eine Nummer nach der
anderen gleichmäſsig schmilzt.
Bei der Wichtigkeit der Frage nach einer neuen Feuerfestigkeitsscala konnten weitere
Aeuſserungen über diesen Gegenstand nicht ausbleiben. Unter dem Titel „Empirische Berechnungsscala für die Feuerfestigkeit der Thone“
brachte C. Bischof eine Reihe theoretischer
Betrachtungen, die zu dem Vorschlage führten, Gemenge des niedrigst schmelzenden
Normalthones mit dem höchststehenden als Grundlage einer neuen Feuerfestigkeitsscala
zu benützen. Die zuerst ventilirte Frage, ob man das beginnende oder völlige
Niederschmelzen als Norm festhalten solle, führt zu der Entscheidung, daſs man wegen
der Schwierigkeit der Kennzeichnung des ersten Momentes der Schmelzung das
beginnende Schmelzen nicht als Gradmesser annehmen könne, wohl aber das völlige
Niederschmelzen. Als Null- und Maximalpunkt wird in Anlehnung an Bekanntes, seit
langem durch den Gebrauch als höchst brauchbar Erwiesenes, die von Bischof aufgestellten Normalthone, die sich bisher in
der Praxis vorzüglich bewährt haben, die Beibehaltung des am tiefsten stehenden und
des am höchsten schmelzenden Normalthones vorgeschlagen. Bei den von E. Cramer vorgeschlagenen Gemengen wird als
vortheilhaft hervorgehoben, daſs dieselben gleichmäſsig stufenweise hinter einander
schmelzen, was aber nur bei nicht zu starkem Glühen erkennbar ist. Ferner schmelzen
dieselben nicht in derselben Art wie Thone, was ein unmittelbares Vergleichen
derselben mit der Scala sehr erschwert und die Genauigkeit der Bestimmung
herabmindert. Des Weiteren wird eine Berechnung der Mischungsverhältnisse der Thone
I und VII und zum Schlusse eine Anleitung zur Ausführung der Versuche gegeben (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 12 S. 38 und 50).
Den gleichen Gegenstand behandelt auch die Abhandlung von H.
Hecht (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 12 S. 73 und
85): „Wie weit sind Quarz, Feldspath und alkalische Fluſsmittel auf die
Schmelzbarkeit der Kaoline von Einfluſs“, wenn auch von ganz
anderen Gesichtspunkten ausgehend. Die Versuche von Cramer wurden zunächst mit günstigstem Erfolge wiederholt; da Mischungen
von Kaolin und Marmor aber den feuerfesten Materialien nicht eigentlich entsprechen,
sondern die gröſsere oder geringere Schmelzbarkeit derselben in dem Verhältnisse zu
suchen ist, in welchem sich Thönsubstanz, Quarz und Feldspath mit mehr oder weniger
alkalischen Fluſsmitteln verunreinigt vorfinden, wurden die folgenden Versuche
angestellt, die feststellen sollen, wie weit man durch geeignete Auswahl der
Fluſsmittel nach Analogie der künstlichen Mischungen das pyrometrische Verhalten
eines Thones aus der Kenntniſs seiner chemischen Zusammensetzung zu beurtheilen im
Stande sei. Als Ausgangsmaterial wurde Grünstädter
Kaolin der Firma Schiffer und Kircher
verwendet, der fast reine Thonsubstanz repräsentirt. Durch Zusatz von Sand in
steigendem molekularen Verhältnisse wurden Gemenge hergestellt, denen nach dem
Glühen die Zusammensetzung:
Al2O3
2SiO2
Al2O3
3SiO2
Al2O3
4SiO2 u.s.w.
bis
Al2O3
50SiO2
zukommt. Es wurde beobachtet, daſs die Schmelzbarkeit der
Mischungen zunimmt bis zur Zusammensetzung Al2O3, 17SiO2 und von da
an bis Al2O3,
50SiO2 allmählich wieder abnimmt. Sämmtliche
Gemenge schmelzen schwerer als der Normalthon Nr. VII.
Bei weiteren Versuchen wurde dem Alkaligehalte des Grünstädter Kaolins, der 1,26
Proc. betrug, Rechnung getragen; diese führten im Wesentlichen zu den gleichen
Resultaten.
Da die natürlichen Thone aber auch Calcium- und Magnesium-Silicate enthalten, müssen
auch diese berücksichtigt werden. Greift man die Mischung Al2O3, 10SiO2 heraus und versetzt dieselbe mit einem wechselnden
Bruchtheile von RO, so gelangt man zu einer Reihe, deren leichter schmelzende
Glieder, wenn RO=\left\{ {0,7\,\mbox{CaO}}\atop{0,3\,\mbox{K}_2\mbox{O}}
\right. gesetzt wird, die Pyroskope von Seger bilden. Der Alkaligehalt in denselben ist so gering – Kegel Al2O3, 10SiO2 + \frac{1}{7,2} RO steht gleich
dem Normalthone VII von Dr. Bischof –, daſs dieselben
sich darin an die natürlichen Thone anlehnen.
In einem in der VIII. ordentlichen Generalversammlung des Vereins deutscher Fabriken
feuerfester Producte gehaltenen Vortrage kritisirt Prof. Seger den Vorschlag Dr. Bischof's, eine neue
Feuerfestigkeitsscala durch Mischen zweier Thone zu gewinnen, und schlägt als
Feuerfestigkeitsscala die bereits in die Praxis eingeführten Pyroskope vor, die
durch die von Dr. Hecht hergestellten Gemenge von Sand
und Kaolin zu einer 36 Nummern umfassenden Scala vervollständigt werden. Die
Zusammensetzung und Bezeichnung der neuen Kegel, die aus dem Laboratorium der Kgl.
Porzellan-Manufactur Berlin zu beziehen sind, ist die folgende:
(Nr. 1 bis 20 vgl. 1886 261 57.)
Nr.„„
212223
0,3K2O0,3K2O0,3K2O
0,7CaO0,7CaO0,7CaO
4,4 Al2O34,9 Al2O35,4 Al2O3
44SiO2 49SiO2 54SiO2
Differenz:0,5Al2O3 5SiO2
(VII)
„„„
242526
0,3K2O0,3K2O0,3K2O
0,7CaO0,7CaO0,7CaO
6,0 Al2O36,6Al2O37,2 Al2O3
60SiO2 66SiO2 72SiO2
0,6Al2O3 6SiO2
„
27
0,3K2O
0,7CaO
20 Al2O3
200SiO2
(VI)
„
28
Al2O3
10SiO2
„
29
Al2O3
8SiO2
(V)
„
30
Al2O3
6SiO2
„
31
Al2O3
5SiO2
(IV)
„
32
Al2O3
4SiO2
(III)
„
33
Al2O3
3SiO2
„
34
Al2O3
2,5SiO2
(II)
„
35
Al2O3
2SiO2
(I)
„
36
–
–
Die eingeklammerten römischen Ziffern bedeuten etwa die Stelle, welche die Bischof'schen Normalthone
zur neuen Scala einnehmen (Thonindustrie-Zeitung, Bd.
12 S. 152, 163).
Vergleichende Feuerfestigkeitsbestimmungen mit den Normalthonen V und VII und den
neuen Pyroskopen wurden von E. Cramer ausgeführt (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 12 S. 406).
R.
Zsigmondy.