Titel: | Wassersäulenmaschine nach der Bauweise von Roux. |
Fundstelle: | Band 272, Jahrgang 1889, S. 548 |
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Wassersäulenmaschine nach der Bauweise von
Roux.
Mit Abbildung auf Tafel
28.
Wassersäulenmaschine nach der Bauweise von Roux.
In der Société d'encouragement hielt Brüll einen Vortrag über die von M. Ch. Roux, Ingenieur des Creusot, entworfene Wassersäulenmaschine, welche sich durch mehrere
Eigenthümlichkeiten auszeichnet und einen weit rascheren Gang als die bisher
construirten derartigen Maschinen gestattet. Um eine Vergleichung mit ähnlichen
Ausführungen zu ermöglichen, gab der Vortragende zunächst eine geschichtlich
technische Uebersicht und ging näher auf die bekannten Reichenbach'schen Maschinen, sowie auf die von Pfetsch, Jordan und Juncker ein. Da wir diese
Maschinen wohl als bekannt voraussetzen können, so erwähnen wir nur der
Zahlenvergleichung wegen, daſs die im J. 1880 von Jordan für den Schacht „Königin Marie“ ausgeführte
Wassersäulenmaschine 12 Doppelhübe in der Minute macht, wobei sie 31l zur Höhe von 224m,87 hebt. Das Wasser hat im Ganzen ein Gefälle von 593m,27 und eine Förderhöhe von 224m,87 bis zur Ausströmungsöffnung.
Die Wassersäulenmaschine von Roux wurde zuerst auf der
Grube von Blanzy angewendet, wo sie nach den Beobachtungen des dortigen
Grubeningenieurs Graillot 3 bis 50 Doppelhübe ohne
bemerkenswerthe Stöſse machen kann. Nachdem die Maschine drei Monate ununterbrochen
gearbeitet, hat man nachstehende Leistungen ermittelt:
Anzahl der minutlichen Doppelhübe
37
Druckwasser für den einfachen Hub
1l,240
Gehobene Wassermenge für den einfachen Hub
3l,956
Gesammte in den Sumpf gelieferte Wassermenge für den
einfachen Hub
5l,196
Vergleicht man die theoretische Arbeit, welche bei einer Hubhöhe von 20m bei 5l,196
erforderlich ist, mit der von 175 + 20 = 195m und
1l,240, so ergibt sich ein Wirkungsgrad von 43
Proc. Das befriedigende Ergebniſs dieser Wassersäulenmaschine veranlaſste Bianzat und Schneider zur Verwendung derselben Bauart
auf einen schwierigen Fall in der Kohlengrube des Creusot, von dem in dem Vortrage eingehend berichtet wird.
Die gemeinschaftliche Sammelstelle der Grubenwässer liegt im Schachte Saint-Pierre
bei 351m,69 Tiefe. Ein groſser Theil derselben
kommt aus der 266m,52 Sohle des Schachtes
Saint-Paul und hat also einen freien Fall von 85m,17. Es entspricht bei dieser Höhe demnach jedes Cubikmeter theoretisch
einer Leistung von 242l auf 351m,69, und bei der Annahme einer Nutzleistung von
40 Proc. würde die geförderte Wassermenge 96l
betragen.
Die Absicht ging nun dahin, die Fallhöhe von 85m,17
zu benutzen, um aus dem Schachte Saint-Pierre den zehnten Theil der Grubenwasser zu
Tage zu fördern und die vorhandene bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit
beanspruchten Maschinen um diesen Betrag zu entlasten.
Die zur Verwendung gekommene Wassersäulenmaschine hat zwei wagerecht liegende
Pumpenzüge ML (Fig. 1 und 2), die auf beiden Seiten
eines Windkessels von groſsem Fassungsraume liegen und einzeln oder gleichzeitig
betrieben werden können. Jeder derselben ist hinreichend groſs, um das ganze
Aufschlagwasser ausnutzen zu können. Die Anordnung der Maschine ist aus Fig. 1 bis 3 zu ersehen
und sei nur erwähnt, daſs der Kraftkolben 352mm
Durchmesser und 255mm Hub hat, die Pumpenkolben
haben 136mm Durchmesser.
Die Steuerung wird durch das Druckwasser in folgender Weise bewirkt. Ueber dem
Hauptkörper LM der Pumpe befindet sich ein
Steuerungscylinder D von 80mm Durchmesser, in welchem der mit vier auf einer gemeinsamen Stange
versehene Steuerungskolben verschiebbar ist. Eine ähnliche Vorrichtung I, jedoch mit nur 36mm Durchmesser, ist über diesem Steuerungskolben als Vorsteuerung
angebracht. Von der Vorsteuerung wird die Bewegung des eigentlichen
Steuerungskolbens bewirkt. Während nun bei den alten Maschinen der Treibkolben die
Umsteuerung direkt bewegt, ist bei den Roux'schen
Maschinen die Umsteuerung durch Treibwasser bewirkt, welchem der Treibkolben zur
geeigneten Zeit den Zutritt zu dem Kolben der Vorsteuerung gestattet. Diese
Einrichtung, welche den Wegfall anderweitiger Bewegungsmechanismen gestattet, soll
wesentlich zur Erreichung der höheren Geschwindigkeit beitragen. (Vergl. S. 542 d.
Bd.)
Zahlreiche Versuche mit dieser von Crozet et Cie. in
Chambon ausgeführten Maschine lieferten nachstehende Ergebnisse. Bei 50 minutlichen
Doppelhüben sind in 24 Stunden 1783cbm Wasser
erforderlich und werden 248cbrn gehoben, so daſs,
um ein Raumtheil Wasser 280m hoch zu fördern,
sieben Raumtheile Wasser mit 70m Gefälle
erforderlich sind, entsprechend einer Nutzleistung von 55 Proc.
Die Kosten der Einrichtung im Saint-Pierre-Schachte betragen:
Für
die
eigentliche Maschine (10200k)
21805
Francs
„
„
Rohrleitung
22728
„
„
Montage und Nebeneinrichtungen
17391
„
–––––––––––––
also im Ganzen
61924
Francs
Die Betriebskosten betrugen für 17 Monate rund 587 Francs. Aufsicht ist fast nicht
erforderlich und hat die Maschine bei vorkommenden Reparaturen unter einem
Wasserspiegel von 7 bis 8m Höhe mehrere Tage
anstandslos gearbeitet, was bei vorkommenden Reparaturen wesentlich ist.
Zur Erläuterung der Figuren sei noch folgendes bemerkt: Das Aufschlagwasser fällt
durch G ein, durchstreicht das Zulaſsventil v, sowie den mit einem Manometer versehenen Windkessel
E und wird dem Treibkolben M, welcher sich auf der Kolbenstange T
befindet, zugeführt. Die Kolbenstange trägt an ihren Enden die Plungerkolben C, welche in dem Stiefel Q
sich hin und her bewegen. Letzterer bildet mit dem Ventilkasten S, in welchem die beiden Ventile, das Einströmungs- und
Druckventil, sich über einander befinden. Die Einströmung wird durch das Rohr RFO vermittelt. Das von den Plungern gehobene Wasser
durchstreicht das Ventil J, dann das Absperrventil Z und geht in den gemeinschaftlichen Sammler xx1, welcher zugleich
als Windkessel für das Steigewasser dient. Das Druckwasser wird zu Tage geleitet
durch das Rohr H und eine Rohrleitung, welche an der
Schachtzimmerung befestigt ist.
Die Umsteuerung wird durch Vermittelung des Treibkolbens vom Aufschlagwasser selbst
bewirkt. Bei der in Fig. 1 gezeichneten Stellung strömt das Wasser des Windkessels E in die Kanäle p. An der
rechten Seite wird es durch die Kolben a3
a4 der Vorsteuerung,
und durch b3
b4 der Umsteuerung, an
der Weiterbewegung gehindert. An der linken Seite dagegen lassen die Kolben a1
a2 das Wasser in den
Kanal h1, dasselbe
wirkt hier einseitig auf den Kolben b1, der nach rechts getrieben wird, so daſs das
Aufschlagwasser zwischen b1
b2 hindurchstreichen
und durch e1
g1 hinter den
Treibkolben M treten kann. Derselbe verdrängt alsdann
das im Raume L befindliche bereits ausgenutzte
Aufschlagwasser und drückt gleichzeitig mittels des Plungers C eine entsprechende Druckwassermenge zu Tage. Kurz vor Ende des Hubes
gibt der Treibkolben M die Oeffnung m frei, durch dieselbe und den Kanal ma4 gelangt das
Aufschlagwasser hinter den Kolben a4 und treibt die vier Kolben der Vorsteuerung nach
links. Dies wird jedoch erst dadurch ermöglicht, daſs gleichzeitig der innere Theil
des Kolbens M, welcher mit dem auſser Druck
befindlichen Abfluſswasser in Verbindung steht, die Oeffnung n und damit die Leitung na freimacht, so daſs
das vorher hinter a1
befindliche gespannte Wasser seinen Druck verliert und mit dem verbrauchten Wasser
aus L durch den Kanal ABK
entweichen kann. Nach der Verschiebung der Vorsteuerung J nach links wiederholt sich dasselbe Kolbenspiel für den Hub von rechts
nach links. Die verschiedenen Wendepunkte in der Stellung der Kolben sind in den
Nebenfig. 4 bis 7 noch besonders angedeutet.
Wie man sieht, ist hier für die Umsteuerung mit Wasser derselbe Grundgedanke
verfolgt, der sich bei der Steuerung von Dampfpumpen für die Umsteuerung des Dampfes
vielfach bewährt hat. Es will uns indeſs scheinen, als ob die Gröſsenverhältnisse
der Kanäle nicht gerade glücklich gewählt wären. Die Querschnitte könnten
unbeschadet der Construction erheblich gröſser sein, und sind in Wirklichkeit wohl
auch gröſser. Die
guten Ergebnisse mit den im Kohlenbergbaue vielfach verwendeten Wassermotoren,
welche als Druckwasser das Wasser der Wasserhaltung benutzen, sind erst dann
erzielt, als man anfing die Leitungskanäle groſs zu nehmen und damit die dem
Constructeur von dem Dampfmaschinenbaue her geläufigen kleinen Kanäle verbannte. Wir
gaben daher die Weite der Kanäle nach der französischen Quelle wieder, jedoch mit
dem im Vorstehenden angedeuteten Vorbehalte.