Titel: | Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen. |
Autor: | Willkomm |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 1 |
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Ueber Neuerungen an
Wirkereimaschinen.
(Patentklasse 25. Fortsetzung des Berichtes Bd.
271 S. 58.)
Mit Abbildungen auf Tafel
1 und 2.
Ueber Neuerungen an Wirkereimaschinen.
Im verflossenen halben Jahre sind Neuerungen an Handwirkstühlen nicht bekannt
geworden, es sind vielmehr die letzten der für dergleichen Erfindungen ertheilten
Patente vollends erloschen. Es ist nun zwar hieraus ein treffender Schluſs auf den
Werth dieser Erfindungen oder den Werth der Handstühle für die Fabrikation überhaupt
nicht zu ziehen, aber es ist sonst bekannt, daſs Handwirkstühle für die zumeist
verlangten glatten Waaren nur noch vereinzelt verwendet werden können, während sie
für manche Musterarbeiten (Deckmaschinenwaaren und zum groſsen Theile auch
Patinetmuster) gar nicht zu entbehren sind; im ersteren Falle arbeiten sie zu
langsam und im letzteren gestatten sie Abwechselungen und Mannigfaltigkeiten, unter
deren Einfluſs der Betrieb mechanischer Stühle wesentlich verschlechtert werden
würde. Es ist deshalb keineswegs zu sagen, daſs die Handwirkerei ausstürbe oder
entbehrlich würde, wenn auch Fortschritte und Neuerungen in ihr selten und in
geringer Anzahl bekannt werden.
In den mechanischen flachen Kulirstühlen finden sich folgende drei Neuheiten vor:
Unter dem eigenthümlichen Titel: Flacher
Strumpfkulirstuhl von Schubert und Salzer in
Chemnitz (* D. R. P. Nr. 45388 vom 15. November 1887) ist eine recht zweckmäſsige
Bufferanordnung patentirt worden, welche zur Begrenzung der Fadenführerwege auf der
Innenseite dann verwendet wird, wenn an den Strumpflängen die beiden Fersentheile
angearbeitet werden. Für den Längen A (Fig. 1 Taf. 1) eines
Strumpfes ist bekanntlich nur ein Fadenführer zu verwenden, welcher den Weg der
ganzen Breite M bis 1 zu
durchlaufen hat und auf beiden Seiten an die bekannten Bufferstücke P (Fig. 2 und 3) anstöſst. Wenn die
Ferse BB beginnt, so kommt ein zweiter Führer in
Betrieb und dieser sowie der erstere gehen nun nur auf die Breite L bis 2 und F bis 3, sie stoſsen dabei
auſsen an die Buffer P an und zwar der eine, L, rechts und der andere, F, links; innen ist nun zur Begrenzung ihres Ausschubes das Bufferstück
DE (Fig. 2 und 3) angebracht, welches
eine der Oeffnung 2 bis F
(Fig. 1)
entsprechende Breite hat,
so daſs an dasselbe der Führer L rechts- und der Führer
F linksseitig anstöſst. Dieser Buffer DE ist um H drehbar und
während der Längenarbeit in der Stellung, welche Fig. 2 zeigt; es kann also
der Führer L ungehindert an ihm vorbei gehen, und der
Führer F steht während dieser Zeit überhaupt in Ruhe.
Beim Arbeiten der Ferse wird er in die Lage Fig. 3 (oben) gebracht und
zwar einfach dadurch, daſs der Führer F in seine
Arbeitsstellung geschoben wird und dabei mit der schiefen Ebene C unter D gelangt und den
Hebel DE in die Arbeitslage dreht. Nun stöſst L an E und F an D; da aber die
Schiene S sich ein wenig wendet, um die Fadenführer am
Ende ihres Weges durch die Nadelreihe hinab schwingen zu lassen, so stöſst der Arm
E am Gestelle G an und
wird, wie Fig.
3 (unten) zeigt, etwas zurückgeschoben. Hierbei drehen sich die Hebelarme
D und E im Kreisbogen
um H und sie schieben die Fadenführer um ein kleines
Stück x wieder nach auſsen zurück, d. i. um eine halbe
Nadeltheilung, so daſs die über einer Nadel stehenden Führer nun über eine
Nadellücke rücken und in derselben hinab schwingen können. Durch den Anstoſs des neu
ankommenden Führers wird der Buffer DE immer wieder in
die richtige Lage gebracht; die Gröſse des letzteren richtet sich nach der Weite 2 bis F und man müſste
deshalb für verschiedene Strumpfgröſsen auch verschiedene Buffer DE zum Auswechseln an demselben Stuhle vorräthig
halten.
Der mechanische Kulirwirkstuhl mit lothrechten Nadeln und
doppelt geführten Kulirplatinen von Gustav
Heidler in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 47251 vom 22. August 1888) ist ein
Cotton-Stuhl, in welchem jedoch die sonst diesem Systeme eigenen Schwingen fehlen,
welcher aber trotzdem fallende und stehende Platinen enthält, also kulirt und
vertheilt. Die Vorzüge eines solchen sogen. Zweinadelstuhles werden vielfach von
ganz falschen Ursachen abgeleitet: Der Wirkstuhl ist nachweislich ursprünglich als
Einnadelstuhl erfunden worden; erst mit dem Bedürfnisse, ihn feiner zu bauen, also
seine Nadeltheilung kleiner zu machen, hat sich die Nothwendigkeit gezeigt, ihn
zweinädlig einzurichten, also ihm fallende und stehende Platinen zu geben, so daſs
er nun nach dem Kuliren noch vertheilen muſs, weil sonst bei immer weiter gehender
Feinheit des Stuhles die Schwingen zu dünn und flattrig wurden. Das Vertheilen,
welches sich also zunächst als Nothwendigkeit eingeführt hat, wird vielfach als ein
groſser Vortheil für Herstellung guter gleichmäſsiger Waare angesehen; das ist
jedoch nur insoweit der Fall, als man in einem Stuhle auf ein ungleichmäſsiges
Kuliren rechnet, dann nützt das Vertheilen, indem es die Schleifen wieder
ausgleicht; wird indessen gut und regelmäſsig kulirt, so kann das Vertheilen nichts
weiter nützen. Die zweinädligen Stühle sind aber gewöhnlich Schwingenstühle, und
hierin liegt wohl ihr Vorzug gegen die meisten Einnadelstühle, welche eben als
solche gewöhnlich keine Schwingen haben. Dieser Vortheil erklärt sich dadurch, daſs die
Schwingen mit ihren kulirenden Platinen mit gröſserer Kraft auf den Faden drücken,
also auch einen stärkeren Faden verarbeiten können als die dünnen und leichten
Platinen allein, welche oft genug nach dem Kuliren durch die Elasticität des Fadens
wieder zurückgeschoben oder empor gehoben werden. Es haben deshalb die bisherigen
Versuche, Zweinadelstühle ohne Schwingen zu bauen, nicht zu befriedigenden
Resultaten geführt und das ist ein deutlicher Beweis dafür, daſs nicht das
„Zweinädligsein“, sondern das Wirken der schweren Schwingen die
wirklichen Vortheile bringt. In dem vorliegenden Stuhle sind nun zwar auch die
Schwingen weggelassen worden, aber man hat ihre Wirkung doch beachtet und auf
dieselbe nicht verzichtet, sondern sie durch eine besondere Schwere der fallenden
Platinen ersetzt. Die Fig. 4, 5 und 6 Taf. 1 zeigen die langen
fallenden Platinen f abwechselnd neben den kurzen
stehenden s und für die ersteren die beiden Führungen
s1s2 und f1
f2, für die letzteren
aber bloſs eine solche, s1
s2. Hinter dieser
vorderen Führung sind nun die fallenden Platinen f auf
beiden Seiten beschlagen, d.h. es sind Platten 2 2 an
dieselben genietet und sie führen sich in dieser vermehrten Stärke in f1
f2, werden auch an dem
starken Ende vom Röſschen r getroffen. Durch diese
Verstärkung werden die Platinen f beschwert, in der
längeren Führung erhalten sie auch entsprechend Reibung, so daſs sie auch wohl mit
gröſserer Masse auf den Faden drücken und von ihm nicht zurückgeschoben werden
können. Das Röſschen r endlich kann die verstärkten
Enden nicht beschädigen und auch die Führungswände in f1
f2 nicht verbiegen,
weil diese eben auch wesentlich stärker sind als diejenigen in s1
s2. Es scheint also,
daſs man in dieser Anordnung bei Vereinfachung des Cotton-Stuhles doch seinen
ursprünglichen Werth als Schwingenstuhl zu erhalten beabsichtigt hat.
Zur Sicherung des gleichförmigen Ganges hat endlich Theodor
Lieberknecht in Hohenstein-Ernstthal in Sachsen einen mechanischen Kulirwirkstuhl mit stoſsfrei ein- und
ausgerückter Minderwelle gebaut (* D. R. P. Nr. 46507 vom 24. August 1888).
In diesem Stuhle (Fig. 7, 8 und 9 Taf. 1) wird eine einzige Excenterwelle e
sowohl zur Arbeit der Maschenbildung als auch zum Mindern verwendet und zu dem
Zwecke in ihrer Längsrichtung verschoben, so daſs sie in einer Lage (10 11
Fig. 9) die
Theile zur Maschenbildung und in der anderen, wenn 13
auf 14 trifft, diejenigen zum Mindern bewegt. Mit
dieser Verschiebung ist zugleich eine Veränderung der Umdrehungsgeschwindigkeit
verbunden, da man beim Mindern gern vorsichtig und langsam arbeitet, die
Reihenbildung aber wegen der gröſseren Liefermenge thunlichst beschleunigt. Um diese
Umsteuerungen ohne Stöſse eintreten zu lassen, ist zwischen die Antriebwelle a und die Excenterwelle e
ein Vorgelege auf dem Bolzen c eingeschaltet worden,
dessen beide Riemenscheiben c1
c2 abwechselnd von der
Welle a gedreht werden und je eine besondere Verbindung
mit der Excenterwelle e haben: Die Scheibe c1 sitzt auf der langen Nabe des Rades d1
, welche auf c sich dreht
und mit d1
i1 die Welle e treibt, und c2 bildet mit dem Rade i2 ein Stück, dreht sich auf der eben
erwähnten Nabe und treibt durch d2
i2 die Welle e. Die beiden Räder i1
i2 bilden ein Stück und
sind auf e befestigt. Der gewöhnliche Betrieb des
Stuhles für die Herstellung von Maschenreihen erfolgt durch c1
d1
i und ein gewöhnlicher Zählapparat f (Fig. 7) bestimmt die
Zeiten zum Mindern in folgender Weise: Die Zählkette f
hebt mit einer Erhöhung auf einem ihrer Glieder den Hebel g und wendet durch den Stab h die Kurbel 2k mit Platte l (Fig. 7 und 8); auf
letztere wirkt nun das Excenter d, so daſs der Bolzen
r mit den Ausrückarmen ss1 (Fig. 9) gewendet wird,
worauf t an s stöſst und
sich und die Welle e nach rechts verschiebt.
Gleichzeitig drückt der Stab n (Fig. 9) auf den
Winkelhebel op und verschiebt durch diesen die
Riemenführerstange q, welche den Riemen b von c1 nach c2 zieht. Nun überträgt d2
i2 die Drehung auf e und dieselbe erfolgt deshalb langsamer als vorher;
man hat mit der Wahl der Räderpaare d1
d2
i1
i2 die Möglichkeit in
der Hand, das Mindern ½ oder ⅔ so schnell erfolgen zu lassen wie das Reihenbilden.
Das Gleiten des Riemens von c1 auf c2
vermeidet endlich jede stoſsweise Veränderung und wenn die Erhöhung der Zählkette
f weiter gerückt ist, so fällt ghkl herab, die Ausrücker ss1 kommen in ihre frühere Lage, in
welcher t an s1 sich mit e nach links
verschiebt, und die Feder 4 zieht die
Riemenführerstange wieder zurück von c2 nach c1.
Die mechanischen Kettenstühle, und darunter speciell diejenigen mit zwei Nadelreihen,
also die Fangkettenstühle oder sogen. Rachel-(Raschel-)Maschinen zeigen zwei neue
Einrichtungen: Der Fangkettenstuhl für erhaben gemusterte
Wirkwaare von Fedor Köbner in Breslau (* D. R.
P. Nr. 46198 vom 31. August 1887) ist in Fig. 12 Taf. 1 so weit
verdeutlicht, daſs seine Eigenthümlichkeit, die Nadelbarren n1
n2 mit den
Abschlagschienen s1
s2 seitlich gegen
einander zu verstellen, sichtbar ist. Der gewöhnliche Fangkettenstuhl hält die eben
genannten Theile, so wie Fig. 10 zeigt, immer in
derselben gegenseitigen Lage zu einander und liefert daher Waare, deren Rechts- und
Rechts-Maschenstäbchen xx1 immer gleichweit von einander abstehen, während der vorliegende Köbner'sche Stuhl im Verlaufe der Arbeit die
Nadelbarren und Abschlagschienen von einander entfernt und einander wieder nähert,
so daſs in der von ihm hergestellten Rechts- und Rechtswaare die Maschenstäbchen uv (Fig. 11) abwechselnd
weiter oder weniger weit von einander abstehen. Es sind an diesem Stuhle die
Führungswinkel aa1
nicht auf dem Gestelle fest geschraubt, sondern in Langlöchern hin und her zu
schieben (Fig.
13 und 14), und zwischen ihnen wird an jeder Gestellwand ein Keil b hin und her bewegt. Beide Keilstücke b sind auf der Schiene c
befestigt, welche von de und einer Gegenfeder
verschoben wird; dabei treiben die Keilstücke b die
Winkel und Nadelbarren aus einander und lassen sie durch Federn wieder nahe an einander rücken. Da
die Kettenmaschinen m1
m2 ihre Fäden
abwechselnd auf beide Nadelreihen n1
n2 legen, so behalten
die Maschenstäbchen bei jedem Abstande von einander ihre geordnete Verbindung mit
einander durch die Platinenmaschen p.
Ein anderer Fangkettenstuhl von Wilhelm Kniestedt in Berlin (* D. R. P. Nr. 45791 vom 29. Februar 1888)
erreicht eine gröſsere Arbeitsgeschwindigkeit dadurch, daſs nicht nur seine
Nadelbarren, sondern auch seine Abschlagschienen sich bewegen. Die Nadelbarren nm (Fig. 18 Taf. 2) werden
von Stäben n1
m1 und Hebeln n2
m2 getragen und auf die
letzteren wirken Excenter b der Triebwelle a. Ebenso werden die Abschlagschienen i von den Stäben i1 und Hebeln i2 getragen, welche auch durch Excenter der
Triebwelle Bewegungen erhalten, und zwar heben sich die Abschlagschienen i, wenn die Nadelbarren nm
sich senken, so daſs von jedem Theile nicht der volle, sondern nur der halbe Weg
zurückzulegen ist, und daraus eine Vermehrung der Geschwindigkeit gefolgert werden
kann. Die Excenter b sollen nach Art der
Getriebe-Ketten aus einzelnen um eine Nabe herum gelegten Gliedern zusammengesetzt
werden, damit man leicht für eine Umdrehung der Welle mehrere Hebungen und Senkungen
anbringen und während dieser Zeit mehrere Maschenreihen herstellen kann.
Die Häkelmaschine für Zierfaden-Posamenten von Sander und Graff in Chemnitz (* D. R. P. Nr. 46202 vom
14. Februar 1888) ist wohl auch als ein Kettenstuhl zu bezeichnen, denn sie enthält
vor der mit Zungennadeln z (Fig. 15 und 16 Taf. 1)
versehenen beweglichen Nadelbarre a die Kettenmaschine
c mit den Lochnadeln n. Diese Maschine c schwingt um ihre Mittelachse,
so daſs ihre Lochnadeln unter und über den Zungennadeln liegen können, sie wird auch
mit ihrem Lagerträger in ihrer Längsrichtung verschoben und kann somit ihre Fäden
über die Zungennadeln z legen. Vor dem Abschlagkamme
m der letzteren werden Fadenführer v hin und her bewegt, welche Schuſsfäden s in verschiedener Anzahl und Weite quer in die Waare
w einlegen. Die vorgehenden Nadeln z gelangen über diese Schuſsfäden und halten dann, wenn
sie neue Maschen gebildet haben, die ersteren durch die entstandenen Platinenmaschen
fest. Während die Nadeln z vorrücken, fallen ihre
Maschen nach rückwärts über die Zungen hinab, und damit hierdurch die Zungen nicht
wieder nach vorn springen und die Haken schlieſsen, so ist eine Lochschiene u angebracht, durch deren Oeffnungen die Nadeln z treten und an deren Kante die vorspringenden Zungen
anschlagen und sich wieder zurücklegen. Die entstehende Waare ist Schuſskettenfilet,
wie Fig. 17
in einer Ausführungsform zeigt; die Maschenstäbchen w,
von je einem Faden immer auf derselben Zungennadel hergestellte Maschen, halten die
verschiedenartig geführten Schuſsfäden s fest
zusammen.
Die Erfindungen an Rundwirkstühlen beschränken sich auf zwei Neuerungen von Wilhelm Endelmann in Stuttgart; deren erste betrifft
einen französischen Rundwirkstuhl mit stetigem
Waarenabzuge (* D. R. P. Nr. 45238 vom 20. Mai 1888), wie er in Fig. 19, 20 und 21 Taf. 2
skizzirt ist. Es ist nothwendig, die Waare w mit
gewisser Spannung von den Nadeln n abzuziehen, weil sie
sonst durch die Elasticität der Fadenlagen in den obersten Reihen leicht so hoch
empor gehoben wird, daſs die letzten, eben von den Nadeln abgeschlagenen alten
Maschen wieder auf die Nadeln aufspringen. Man hat deshalb gewöhnlich eine
kreisrunde Scheibe innen in die Waare eingebunden, welche mit der Waare herabsinkt
und von Zeit zu Zeit empor gehoben und frisch eingebunden werden muſs. Zur
Vermeidung dieser Arbeit ist im vorliegenden Stuhle die Gewichtsscheibe durch eine
Anzahl einzelner Gewichtshebel cab ersetzt worden,
welche radial liegend an einem von der Nadelscheibe n1 getragenen Ringe f hängen und in deren äuſsere Rinne die Waare w auch durch ein Band h
eingebunden ist. An einer Stelle des Umfanges werden die inneren Hebelenden c durch ein keilförmiges Stück e niedergedrückt und an derselben Stelle wird die Schnur h, wie Fig. 20 zeigt, durch vier
Leitrollen von der Waare und den äuſseren Hebelenden b
abgelenkt und (Fig.
21) schräg nach oben geführt, um so viel wie jeder Hebel bei b sich hebt, wenn er von e
bei c gesenkt wird. An dieser Stelle ist also der Hebel
nicht mit der Waare verbunden, er hebt sich empor und tritt alsbald wieder in die
höher liegende Schnur ein, welche die Waare nun auch an einer höher gelegenen Stelle
an ihn herandrückt. Während der weiteren Drehung sinkt nun jeder Hebel wieder herab
und bildet somit ein stetig wirkendes Waarengewicht, welches selbsthätig die Waare
von Neuem erfaſst und herabzieht, so daſs sie dann lose in den Waarenkorb k fällt. Die Tragstange t
des letzteren ist eine Röhre und in ihr reicht eine Stange p von dem Handhebel o hinauf bis zu dem von
Armen l getragenen Ringe r, mit welchem man sämmtliche Gewichtshebel a
empordrücken, also die Waare entlasten kann, wenn das wegen etwaiger Reparaturen,
Auf-stoſsen von Maschen u.s.w. nöthig wird. Nach der für verschiedene Waaren etwa
erforderlichen verschiedenen Spannung müſste man freilich auch das Gewicht der Hebel
b verändern, aber es wird das wohl ebenso selten
vorkommen, wie man jetzt das Gewicht der Abzugsscheibe verändert.
Der weitere französische Rundwirkstuhl mit selbsthätiger
Waarenwägung von Wilhelm Heidelmann in
Stuttgart (* D. R. P. Nr. 46539 vom 1. September 1888) ist in Fig. 22 und 23 Taf. 2
gezeichnet. Die in der Verlängerung der Rundstuhlachse liegende Welle b ist nicht direkt fest mit dem Waarenkorbe a verbunden, sondern geht bei x lose durch seinen Boden hindurch. Es sind aber die vier Ringe f fest an der Welle b und
von ihnen reichen Führungs-Gelenkstücke eg bis an die
Säulen h, welche im Boden des Waarenkorbes a befestigt sind. Hiermit wird eine Geradführung des
letzteren erreicht und vermieden, daſs der Korb a, wenn
er durch die zugeführte Waare belastet wird und sinkt, sich einseitig senkt und an
b festklemmt. Es hängt nun weiter der Waarenkorb
mit den Federn c an dem oberen Ringe f der Welle b und er trägt
eine kleine Querwelle k, welche innen mit einem
Zahnrädchen l in die ebenfalls an f festhängende Zahnstange m eingreift, auſsen aber eine getheilte Kreisscheibe q trägt. Sinkt also der Korb a durch vermehrten Zugang von Waare, so dreht sich l an m und durch k wird die Scheibe q gedreht, an deren
Theilung ein Zeiger i das Gewicht der im Korbe
liegenden Waare angibt. Die Scheibe q ist nach der
Spannung der Federn c durch Einlegen bekannter Gewichte
eingetheilt worden. Man kann also jederzeit während der Arbeit das Waarengewicht bei
i ablesen und das mag deshalb nützlich erscheinen,
weil für das Arbeiten von Stoffstücken am Rundstuhle vielfach der Lohn nach dem
Gewichte des Garnes oder der Waare berechnet wird.
Die Lamb'sche Strickmaschine hat wiederum Gelegenheit zu
mehrfachen Verbesserungen nach verschiedenen Richtungen hin gegeben und es ist da
zunächst die Lamb'sche Strickmaschine für Waaren mit versetztem Muster von August Strudel in Reutlingen (* D. R. P. Nr. 45778 vom
30. März 1888) zu nennen. Die sogen. versetzte oder verschobene Rechts- und
Rechtswaare entsteht in der Weise, daſs zwei Nadelreihen ie und i1
e1 (Fig. 24 und 25 Taf. 2)
nicht immer in derselben gegenseitigen Lage zu einander belassen werden, sondern
daſs z.B. in einer Reihe irgend eine Nadel 2 nach Fig. 24 ihre
Masche zwischen den Gegen-Nadeln b und c, in der nächsten Reihe aber nach Fig. 25 zwischen den
Gegen-Nadeln a und b
herstellt. Zur Erreichung solcher Versetzungen hat man bisher entweder das eine
Nadelbett gegen das andere seitlich verschoben, oder, um gröſsere Abwechselung zu
erreichen, ein Nadelbett in einzelne Theile, je mit wenig Nadeln, getheilt und diese
Theile in verschiedener Weise seitlich verschoben. Nach der vorliegenden Einrichtung
sollen jedoch die Nadelbetten ruhig liegen bleiben und nur die einzelnen Nadeln nach
Bedarf aus ihrer geraden Lage abgebogen werden. Deshalb sind die Führungsrinnen in
den Nadelbetten kurz, die Nadeln liegen oben auf ein langes Stück frei und werden
dort von Klammern einzelner Schienen aba1
b1 erfaſst. Diese
Schienen sind mit der Hand direkt oder unter Vermittlung einer Schieberplatte C zu verschieben, sie nehmen dann die einzelnen Nadeln,
während dieselben noch unten in der Einschlieſsstellung liegen, mit fort und bringen
sie in schiefe Lagen, so daſs sie beim Emporsteigen sich gegenseitig in anderer
Weise kreuzen, als wenn sie geradeliegend sich heben, wie Fig. 25 gegen Fig. 24
zeigt,
Lamb'sche Strickmaschine für
plattirte Waaren von Claes und Flentje in
Mühlhausen in Thüringen (* D. R. P. Nr. 46199 vom 4. Oktober 1887).
In plattirten Waaren wird jede Masche aus zwei Fäden derart gebildet, daſs einer den
anderen überdeckt und nur der erstere auf der Waarenvorderseite sichtbar oben
aufliegt. In den gewöhnlichen Wirkstühlen werden diese beiden Fäden so hinter
einander auf die Nadeln gelegt, daſs der Plattirungsfaden der hinterste ist, also am
weitesten nach dem Stuhle hin liegt, denn die Waare hängt so an den Nadeln, daſs sie
ihre Vorderseite nach dem Stuhle hin wendet, es kommt also dann der eben genannte
Faden auf die Waarenvorderseite. In einer Strickmaschine ist zu gleichem Zwecke
erforderlich, daſs der Plattirungsfaden f2 (Fig. 26 Taf. 2) am
weitesten nach unten auf die Nadeln n gelegt wird, und
dazu ist wieder nöthig, daſs er in der Ausschubrichtung dem anderen Faden f1 voranläuft. Es ist
deshalb der Fadenführer v mit zwei Bohrungen versehen
(Fig.
28), deren jede einen Faden führt, und er liegt drehbar in einem Lager l, damit er am Ende eines Hubes um 180° gedreht werden
kann und auch nach der entgegengesetzten Schubrichtung hin der Faden f2 wieder voran geht.
Zum Zwecke dieser Drehung trägt die Welle des Führers v
oben ein Zahnrädchen b, in welches eine verschiebbare
Zahnstange z greift. Diese Zahnstange stöſst kurz vor
Beendigung des Schlittenhubes auf jeder Maschinenseite an einen Riegel r (Fig. 27 und 28),
verschiebt sich an demselben und wendet den Fadenführer v. Die Federn c1
c2 halten die
Zahnstange in den Einschnitten e1
e2 fest und vermeiden
die willkürliche Verstellung, und die Stifte d1
d2 begrenzen den Weg
ihrer Verschiebung. Da in Ränderwaaren der Plattirungsfaden auf der Stuhl- und
Maschinenseite oben aufliegt, so erhält man durch solch stetes Wenden des Führers
eine Waare, die auf beiden Seiten ein und dieselbe Farbe zeigt und eine andere Farbe
nur in den Platinenmaschen versteckt liegend enthält. Wenn man die seitlichen Riegel
r entfernt und den Fadenführer v um 90° wendet, also so fest stellt, daſs die beiden
Fäden f1
f2 nicht hinter,
sondern neben einander über die Nadelreihe gelegt werden, so erhält die eine
Waarenseite im Wesentlichen das Aussehen des Fadens f1 und die andere dasjenige von f2, und wenn man
endlich nur einen der Seitenriegel r in Thätigkeit
läſst, so daſs der Führer immer in der Stellung Fig. 28 verbleibt, so
plattirt nach rechts hin der Faden f2 und nach links hin derjenige f1 und die Reihen
erhalten abwechselnd die eine und die andere Farbe.
Da das Plattiren von Fäden verschiedener Farben niemals Sicherheit gewährt, die Fäden
vielmehr leicht von einander abgleiten und der unten liegende nach oben hin mit
sichtbar wird, also die Waare mehr ein melirtes Aussehen erhält, so wird mehr
vorgezogen, in Fäden von verschiedenen Materialien und gleicher Farbe zu
plattiren.
In der von Persson Olsson in Stockholm gebauten Lamb'schen Strickmaschine
(* D. R. P. Nr. 46013 vom 4. März 1888) ist nur die Feder neu, welche unten am
Nadelbette unter jeder Zungennadel angebracht ist, um deren jeweilige Lage zu
sichern. Gewöhnlich sind solche Federn, an Strickmaschinen nur in der Ausführung
vorhanden, daſs sie klammernförmig das Nadelbett umfassen und nur durch Reibung an
demselben in einer bestimmten Stellung erhalten werden, in welcher sie dann selbst
wieder die an sie stoſsenden Zungennadeln erhalten; sie werden aber sehr leicht matt
und gewähren dann nicht mehr die nöthige Sicherheit als Stützfedern. Die neue
Einrichtung (Fig.
29 und 30 Taf. 2) zeigt dagegen die Federn o mit
einer Spiralwindung, um ihre Elasticität zu erhöhen, und ferner mit einer Hakenform
am inneren Ende, mit welchem sie in eine Rinne a des
Nadelbettes eingreifen. Der Fuſs b der Zungennadel hat
nun eine solche Gestalt erhalten, daſs die immer fest liegende Feder ihn entweder so
wie in Fig.
29 oder wie in Fig. 30 stützt und damit
die Nadel entweder in der Arbeitslage oder ausgerückt bis unter die Arbeitsstellung
(Fig. 29)
festhält. Es können auch zwei Federn, welche neben einander liegen, aus einem Stücke
Draht hergestellt werden, sie haben dann ihre Verbindung an der Stelle a und treffen mit den beiden freien Enden die
Zungennadeln b.
Die Strickmaschine für Waaren mit verschiedener Länge der
Maschenreihen von Lambert Herlitschka in
Böhmisch-Kamnitz (* D. R. P. Nr. 46385 vom 29. December 1887) ist in der
dargestellten Ausführung nicht eigentlich eine Strick-, sondern mehr allgemein eine
flache Wirkmaschine zu nennen, weil es sich ja doch empfiehlt, mit dem Namen
„Strickmaschinen“ nur diejenigen Wirkmaschinen zu bezeichnen, welche
sowohl die Maschenbildung als auch namentlich die Vollendung der Waaren als fertige
Gebrauchsgegenstände nach Art des Handstrickens vornehmen. Die vorliegende Maschine
enthält aber eine gerade gestreckte Nadelreihe und arbeitet an derselben flache
Waarenstücke; die Neuheit in ihr ist die Art der Herstellung von verschieden langen
oder breiten Maschenreihen. Von den Maschinen, welche gleichem Zwecke dienen,
unterscheidet sie sich durch die Form der Nadelfüſse, welche Fig. 31 Taf. 2 zeigt.
Diese Füſse enthalten einzelne Stufen, reichen mit denselben über das Nadelbett
hinaus und werden durch Anschlagen eines Jacquardprismas im Nadelbette verschieden
weit vorwärts getrieben, je nachdem die Jacquardkarten an den Stellen, mit denen sie
die Nadeln treffen, gar nicht oder in verschiedener Gröſse durchlocht sind, so daſs
sie die Nadeln entweder schon bei 1 anstoſsen und sehr
weit fortschieben, oder erst bei 2 oder 3 treffen und nun weniger weit verschieben, oder
gänzlich in der untersten Stellung liegen lassen. Das Jacquardprisma bewirkt also an
Stelle des Mitteldreieckes eines Schlosses das Heben der Nadeln in die Arbeits- oder
Fangstellung oder läſst sie in der Einschlieſs- oder Abschlagstellung und das
Schloſs besteht nur aus einem Dreiecke zum Herab- oder Hereinziehen der Nadeln
behufs des Abschlagens. Man kann somit ein kurzes oder längeres Stück der Nadelreihe
zur Arbeit einer Maschenreihe einrücken und folglich diese Maschenreihen verschieden
lang auf einander
arbeiten lassen. Die hierdurch entstehende Waare enthält an verschiedenen Stellen
ihrer Breite verschiedene Länge und um sie stetig von den Nadeln abzuziehen, hat man
in der Maschinenbreite eine Anzahl Gewichtshebel angebracht, deren hintere Enden von
Excentern zeitweilig ausgehoben werden, worauf beim Verlassen des Excenters die
vorderen mit Spitzen oder Zähnchen besetzten Enden in die Waare einfallen und
dieselbe herabziehen.
Lamb'sche Strickmaschine zur
Herstellung einer doppelflächigen, stellenweise erhabenen Strickwaare von
G. F. Groſser in Markersdorf bei Burgstädt in
Sachsen (* D. R. P. Nr. 47129 vom 18. Juli 1888). Der Zweck der vorliegenden
Neuerung ist die Herstellung einer Rechts- und Rechtswaare, welche an verschiedenen
Stellen verschiedenartige Fadenverbindung hat, z.B. im Allgemeinen aus gewöhnlicher
Ränderwaare besteht, an einzelnen Stellen aber Perlfangwaare, vielleicht mit
besonders groſsen Perlmaschen enthält, so daſs an diesen Stellen die breiter bauende
Perlwaare in der übrigen Waarenebene nicht Platz findet, sondern aufstaut, wie dies
z.B. für die Corsetts mit Zwickeln erforderlich ist. Man erhält diese verschiedenen
Waaren dadurch, daſs man die Nadeln der einen Maschinenseite durch ein gewöhnliches
Schloſs, diejenigen der anderen Seite aber, welche länger sind als die ersteren und
zwei Arbeitsfüſse tragen, durch zwei Schlösser bewegen läſst und durch ein
Jacquardprisma an ihren unteren Enden so abbiegt, daſs einzelne von ihnen zur
Maschenbildung und andere zur Doppelmaschenbildung gelangen. Jede Maschenreihe kann
hierdurch an verschiedenen Stellen verschiedene Faden Verbindungen erhalten.
Prof. Willkomm.