Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik; von E. Gad in Darmstadt. |
Autor: | E. Gad |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 246 |
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Neuerungen in der Tiefbohrtechnik; von E. Gad in
Darmstadt.
(Schluſs des Berichtes S. 151 d. Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel
8 und 12.
Gad, über Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Zur Zeit haben die Herren T. H. Bell, Middlesbrough, A. L. Stevenson, Durham, und R.
Clough, Willington, Durham, eine sehr vervollkommnete Drehbohrmaschine
(Fig. 9
und 10 Taf.
8) in den Betrieb gebracht, welche das Englische Patent Nr. 2928 vom 27. Februar
1888 erhalten hat. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um die Verbesserungen des
Englischen Patents Nr. 9985 vom Jahre 1885 derselben Erfinder, daſs die damalige
Wasserturbine durch schwingende Cylinder für comprimirte Luft ersetzt ist, und daſs
diese Cylinder zur Abbalancirung der vorderwichtigen Bohrstange dienen.
Der Drehbohrer a ist vorn an der Bohrspindel b befestigt. Die Bohrspindel überkommt die Drehung durch das
Getriebe c, d, e und f.
Das Triebrad c treibt die Bohrspindel mittels Keil und
Nuthe, so daſs die Bohrspindel während der Drehung fortschreiten kann. Die
Schraubenmutter g paſst auf das äuſsere
Schraubengewinde der Bohrspindel und wird durch das Getriebe h in eine Drehung von geringerer Geschwindigkeit gesetzt, als die Hülse
des Rades c hat. Die Schraubenmutter g ist aus zwei Theilen gefertigt und kann mithin
abgenommen werden, um die Bohrspindel zurückzustellen. Das Bohrgetriebe ruht mit der
Platte i, durch die Flansche k gehalten, auf dem Vorderende der Bohrstange l, so daſs sich jede Winkelstellung in wagerechter Richtung zwischen
Bohrspindel und Bohrstange annehmen läſst. Das Kegelrad f sitzt fest vorn an der Spitze der Bohrstange l, welche ihrerseits die Drehung von den mit comprimirter Luft
arbeitenden, schwingenden Cylindern m erhält. Die
Bohrstange kann frei durch die Hülse n mit dem
gezahnten Segment o gleiten. Die Mutterschraube p correspondirt mit dem äuſseren Schraubengange der
Bohrstange, so daſs eine Drehung der Mutterschraube die Bohrstange in wagerechter
Richtung bewegt. Das Zahnrad q ist im Inneren mit einer
Feder versehen, wodurch die Bohrstange in der ersteren freie Längsbewegung hat. Mit
Hilfe des Hebels r und des Schneckenrades s kann man das Rad q und
damit die Bohrstange in jede gewünschte Stellung drehen.
Die Hülse n ist am oberen Ende des gegabelten Pfeilers
t gelagert, welcher bei u auf dem Luftreservoir v aufsteht. Die
Schneckenwelle w dient dazu, mittels eines Hebels durch
Eingreifen in die Zähne des Segmentes o die Bohrstange
in lothrechter Richtung umzustellen. Durch die Schneckenwelle x nebst Hebel y am unteren
Theile des Pfeilers t wird der Azimuth der Bohrstange
geändert.
Es ist auch eine Bewegungsvorrichtung für das ganze Fahrzeug unter Benutzung der
Kraftcylinder vorgesehen. Zu dem Zwecke führt die endlose Kette z über ein Klauenrad an der Bohrstange l, und diese ist durch ein Hebelwerk mit dem Getriebe
zur Bewegung der Radachsen einzustellen.
Diese Maschine leidet, wie fast alle Gesteinsbohrmaschinen an einer gewissen
Complicirtheit. Im Ganzen sind die Stoſsbohrmaschinen einfacher gehalten, weil man
bei diesen meist auf die selbsthätige Vorschubeinrichtung verzichtet.
Die englische Stoſsbohrmaschine von James McCulloch,
Manchester, welche bereits am 16. August 1887 unter Nr. 11192 in England patentirt
war, hat auch neuerdings in Amerika am 26. Februar 1889 das Patent Nr. 398637
erhalten.
Eine speciell für Kohlengewinnung bestimmte Handbohrmaschine ist in Amerika dem Herrn
Josef Noice, What Cheer, Jowa, am 2. April 1889
unter Nr. 400593 patentirt worden.
Bei aller Vollkommenheit der Gesteinsbohrmaschinen alter Art scheint, wie gesagt,
deren Gebrauch doch zurückgedrängt zu werden. Die hauptsächlichen mit dem Systeme
untrennbar verbundenen Nachtheile sind folgende:
1) In Schlagwettergruben ist jede Sprengung gefährlich.
2) Das Beräumen nach dem Absprengen setzt den kostspieligen Apparat auf die halbe
Arbeitszeit still.
3) Um den maschinellen Betrieb lohnend zu machen, wird ein möglichst festes, also
geradezu ungünstiges Gestein verlangt.
Alle diese Nachtheile kommen in Fortfall, wenn es gelingt, die maschinelle Arbeit des
Stollenbohrens als Schrämmarbeit in fortdauerndem Betriebe zu erhalten, wobei also
die Schüttmassen während des Fortganges beseitigt werden müssen.
Die Idee, einen vollen Stollen von 2m,1 bis 2m,2 Durchmesser zu bohren, beschäftigt eine Reihe
von Ingenieuren schon seit langer Zeit. Dennoch hat von allen Constructionen bezieh.
Projekten erst die Stanley'sche Streckenbohrmaschine
allgemeine Beachtung gefunden. Herr W. Scholz in Aachen
gibt in der Zeitschrift Glückauf vom 9. Januar 1889, S.
18, eine Beschreibung dieser Maschine, wie er sie während der Jubiläumsausstellung
in Newcastle 1887 in Thätigkeit gesehen hat, wovon das Wichtigste folgt: (Vgl. 1888
271 67.)
Die Maschine ist in den Fig. 11 und 12 Taf. 8
dargestellt. Der Bohrkopf a mit zwei wagerechten Armen
b, welche mit Stahlschneiden c besetzt sind, bohrt einen Kern von etwa 1m,6 Durchmesser und 1m Länge aus. Die Bohrspindel d erhält die
Bewegung durch das Getriebe e, f, g, h von der Welle
i übertragen, welche mittels Pleuelstangen von der
auf dem Bohrwagen stehenden, durch gepreſste Luft getriebenen Zwillingsmaschine k gedreht wird, unter Ausgleich durch das Schwungrad
l. Die Bohrspindel d
ist hinten mit einem Schraubengewinde versehen, das durch die feste, zweitheilige
Mutter m geht. Bei jeder Umdrehung der Bohrspindel
rückt also der Bohrkopf um die Ganghöhe des gedachten Schraubengewindes vor. Ist
letzteres soweit aus der Mutter herausgeschraubt, daſs kein weiterer Vorschub mehr
möglich ist, so schiebt man, nach vorheriger Aufklappung der Mutter m, entweder die Bohrspindel nebst Bohrkopf zurück, oder
den Bohrwagen vor, um letzteren dann nach Schlieſsung der Mutter von Ort
wegzufahren. Um den Bohrwagen während des Bohrens festzustellen, sind die
ausschraubbaren Spreizen n angebracht, welche
selbstredend bei jeder Verschiebung des Bohrwagens gelockert werden müssen.
Der Preis der beschriebenen Maschine beträgt 4000 M. Stanley construirt aber noch eine andere Maschine für 5000 M., welche
unter Fortfall des Schraubengewindes an der Bohrspindel einen selbsthätigen Vorschub
des Bohrwagens besitzt. Bei der letzteren Einrichtung ist allerdings mehr Platz
hinter dem Bohrkopfe zur Fortschaffung des Bohrmehls während der Arbeit. Die
Wegräumung des Kerns ist aber auch nicht ohne Zurückschieben der Maschine möglich.
Es geht hieraus hervor, daſs die Stanley'sche Maschine
in ihrer beschriebenen Form die gestellte Aufgabe noch keineswegs löst. In festem
Gebirge leistet sie nichts, kann also bei wenig mächtigen Flötzen das Hangende und
Liegende nicht mit ausbohren und ist auch nur dort zu gebrauchen, wo z.B. in
mächtigen Flötzen der Kern der Kohle auch noch nach dem Abbohren hält. Die
angegebene Leistung, daſs 2 Mann in achtstündiger Schicht in der Nuneaton-Grube bei
Nuneaton, Warwickshire, 4m abgebohrt haben, als
äuſserste Leistung 1m Strecke in 45 Minuten, läſst
auf sehr günstige Gebirgsverhältnisse an der Arbeitsstelle schlieſsen.
Die Stanley'sche Maschine ist indeſs bereits durch die
von Beaumont und English
überholt, bei der die Fortschaffung der Trümmermassen vom Ortsstoſse selbsthätig
ohne Unterbrechung der Bohrarbeit erfolgt. In Thätigkeit war letztere Maschine schon
auſser in Steinkohlenwerken auch in Versuchsstrecken für den Kanaltunnel.
Auch die österreichische Streckenbohrmaschine der Herren Rziha und Reska ist vollkommener. Für
dieselbe ist Antrieb mit gepreſstem Wasser vorgesehen. Die durchbrochene, mit
Messern besetzte Bohrscheibe am Ende des Preſskolbens erhält ihre Drehbewegung durch
zwei Wassersäulenmaschinen. Festgestellt wird die Maschine durch sechs hydraulische
Pressen mit Pistons. Bei der Drehung unter Vorschub durch den Preſskolben schaben
die Messer concentrische Ringe aus dem Gestein. Die ringförmigen Kerne fallen
zerbröckelt auf die Stollensohle, von wo sie während der Arbeit fortgeschaufelt
werden, während zugleich Wasser den Schabsand fortspült. Ein Nachrücken des
Maschinengestelles wird erforderlich, sobald der Bohrfortschritt dem Hube des
Preſskolbens entsprochen hat.
Der Tiefbohr-Ingenieur Herr Olaf Terp in Breslau hat
neuerdings ein Verfahren patentiren lassen bezieh. im Auslande zum Patent
angemeldet, welches die Erhöhung der Ergiebigkeit von Erdöl-Bohrlöchern und
Schächten bezweckt. Er geht von der Ansicht aus, daſs die oft bedeutende Abnahme des
Oelzuflusses zu der Brunnensohle nach verhältniſsmäſsig kurzer Zeit keineswegs auf
dem Versiegen der Quelle überhaupt beruhe, sondern durch Paraffinbildung an den
Ausfluſsöffnungen und Verstopfung der Gesteinsklüfte herbeigeführt werde. Der
Vorgang hierbei wird folgendermaſsen gedacht: Wenn in einem Bohrloche das ölführende
Gestein (gewöhnlich poröser Sandstein) angebohrt wird, so bildet sich in demselben
Augenblicke eine ganz dünne Paraffinerstarrungskruste auf der Sohle und an den
Wänden des Bohrloches in Folge des Zutritts von Kälte und Feuchtigkeit. Diese
Paraffinkruste wird bei jedesmaligem Abpumpen des Oeles bezieh. Leerpumpen des
Bohrloches um ein klein wenig dicker, mit der Zeit aber so dick, daſs der Oelzufluſs
zum Bohrloche ganz bedeutend durch die klebrige und zähe Substanz gehemmt wird. Dazu
kommt, daſs die an das Bohrloch zuströmenden Gase und zuflieſsenden Oele stets ganz
feine Sandkörner und Gesteinspartikelchen mitführen, welche an der Auſsenseite der
Paraffinschicht haften bleiben und die Undurchlässigkeit verstärken. Schlieſslich
fallen wohl auch von oben Gesteinsstücke in das Bohrloch und das Tageswasser setzt
losgespülte Thon- und Schiefertheile u. dgl. auf der Sohle ab, so daſs mit der Zeit
eine vollständige Vertheerung, Verschlammung und Verstopfung des ölführenden
Gesteins und Absperrung des Oelzuflusses erfolgt.
Bestärkt wird die Wahrscheinlichkeit dieses Vorganges allerdings durch die
Thatsachen, daſs oft nach dem Versiegen von drei mit etwa 30m im gegenseitigen Abstande gebohrten Brunnen ein
vierter nachträglich in der Mitte der ersteren gesunkener ergiebig wird, ebenso daſs
ein Tieferbohren in frisches ölführendes Gestein um einen halben oder ganzen Meter
oft die geschwundene Productivität einer Bohrung hebt, welchen Erfolg auch
wiederholtes Torpediren für einige Zeit aufzuweisen hat.
Terp's Vorschläge sind nunmehr zweierlei Art, indem er
einmal der Bildung einer Paraffinkruste in einem neuen Bohrloche durch Erwärmung desselben vorbeugen, zweitens eine schon
gebildete Kruste aus einem alten Brunnen durch Ausbürsten entfernen will.
Dem ersten Zwecke soll die Vorrichtung Fig. 9 Taf. 12 dienen.
Ueberhitzter Dampf oder heiſses Wasser wird durch ein Rohr zur Bohrlochsohle
geführt, daselbst in einem Schlangenrohre zur Erzielung einer gröſseren Wärmefläche
circuliren gelassen und von dort durch ein Steigrohr wieder zur Oberfläche geleitet,
woselbst das Condensationswasser zum Kesselspeisen zu benutzen ist.
Auch möchten wohl erhitzte Körper, welche man mit Hilfe von Drahtseilen oder Ketten
niederführt, oder elektrische Ströme von entsprechend groſser Widerstandsfähigkeit,
die man durchleitet, eine hinreichende Erwärmung bewirken.
Zur Erreichung des zweiten Zweckes ist der Apparat Fig. 10 Taf. 12 bestimmt.
Es handelt sich dabei um eine Reinigung der Bohrlochswand mit einer Drahtbürste am
Hohlgestänge, unter Spülung mit heiſsem Wasser. Es drängt sich hierbei allerdings
das Bedenken auf, daſs ein solches Ausbürsten eine Bohrlochswandung von der Glätte
eines Kanonenrohres oder Lampencylinders beanspruchen möchte.
Neuerdings hat Herr Terp nun seinen Erwärmungsapparat
ebenfalls zur Gewinnung von Erdwachs (Ozokerit) in Vorschlag gebracht. Zur Zeit wird
dieser Stoff noch auf kostspielige bergmännische Weise gewonnen, wobei viele
Lagerstätten in feinen Klüften u.s.w. ihrer geringen Mächtigkeit wegen
unberücksichtigt bleiben. Die Gewinnungsmethode, das Wachs, welches bei 50°
schmilzt, durch 200 bis 300° heiſse Dämpfe flüssig zu machen und dann wie
gewöhnliches Erdöl abzupumpen, hat viel Verlockendes; es ist nur die Frage, ob es
geht.
Was neue Tiefbohrapparate betrifft, so ist in Bezug auf Diamantbohrung als sehr
bemerkenswerthe Erfindung zu bezeichnen, daſs es einem Schweden, Herrn P. A. Craelius in Engelsberg, gelungen ist, eine
Diamantschürfbohrmaschine für Handbetrieb herzustellen.
Dieselbe (Fig.
11 Taf. 12) schlieſst sich durchaus an die bekannten amerikanischen
Apparate an, ist nur noch leichter construirt, da gerade die zum Versuche gelangten
amerikanischen Maschinen sich für die betreffenden schwedischen
Bergwerksverhältnisse als noch zu platzraubend erwiesen hatten.
Im Laufe des Jahres 1888 haben acht dergleichen Maschinen in 2375 Schichten 2613m,17 abgebohrt, d.h. über 1m für die Schicht, was in Anbetracht des harten
Gesteins beträchtlich ist, etwa das 15 fache der anderweitigen Bohrarbeiten bei
bedeutend geringeren Kosten.
Ein Erdbohrer zum Vorbohren von Löchern für Pfosten ist
von Herrn Nelson Newman, Springfield, Illinois,
erfunden und am 9. April 1889 unter Nr. 400939 für die Vereinigten Staaten von
Nordamerika patentirt. Der Bohrkopf besteht aus einem Stück Metall, welches in zwei
entgegenstehende Blätter von concaver bezieh. convexer Form gebogen ist, deren jedes
für sich unten in eine abgerundete Schürfe übergeht. Der Bohrkopf ist an einem
gewöhnlichen Stiel mit Griff befestigt.