Titel: | Verhalten von Holz und Cellulose gegen erhöhte Temperatur und erhöhten Druck bei Gegenwart von Wasser; von H. Tauss. |
Autor: | H. Tauſs |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 276 |
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Verhalten von Holz und Cellulose gegen erhöhte
Temperatur und erhöhten Druck bei Gegenwart von Wasser; von H. Tauſs.
(Aus dem chem. techn. Laboratorium der technischen
Hochschule in Graz.)
Verhalten von Holz und Cellulose gegen erhöhte
Temperatur.
Die immer, weiter sich ausbreitende Anwendung des reinen Zellstoffes, der Cellulose
aus Holz, zur Erzeugung von Papier, die immer mehr oder weniger geheimniſsvolle
Fabrikation desselben nach den verschiedensten Patenten und Vorschriften, wobei die
gröſsere oder geringere Ausbeute, die Reinheit des gewonnenen Productes von Factoren
abhängig ist, die heute noch nicht genügend aufgeklärt sind, machen es
wünschenswerth, Angaben über das Verhalten des Holzes gegen höhere Temperaturen und
höheren Druck 1) bei Gegenwart von Wasser, 2) von verdünnten Säuren, 3) von
Natronlauge, 4) von saurem schwefligsauren Kalke zu erhalten. Ebenso wünschenswerth
ist es aber auch, die Angreifbarkeit der reinen Cellulose unter denselben
Bedingungen festzustellen und so, durch Gegenüberstellung beider Resultate,
Aufschlüsse über die Zersetzungsproducte der sogen. inkrustirenden Substanzen zu
erfahren.
Nach den bis jetzt bekannt gewordenen Untersuchungen enthalten die verschiedenen
Hölzer wechselnde Mengen von Cellulose und holzinkrustirenden Substanzen.
So enthält:
Holzarten *
Wasser
Wasserextract
Harz
Zellstoff
inkrust. Subst.
Birken
12,48
2,65
1,14
55,52
28,21
Buchen
12,57
2,41
0,41
45,47
39,14
Buchsbaum
12,90
2,63
0,63
48,14
35,70
Ebenholz
9,40
9,99
2,54
29,99
48,08
Eichen
13,12
12,20
0,91
39,47
34,30
Erlen
10,70
2,48
0,87
54,62
31,33
Inajak
10,88
6,06
15,63
32,22
35,21
Linden
10,10
3,56
3,93
53,09
29,32
Kastanien
12,03
5,41
1,10
52,64
18,82
Kiefer
12,87
4,05
1,63
53,27
28,18
Mahagoni
12,39
9,91
1,02
49,67
27,61
Pappel (schwarz)
12,10
2,88
1,37
62,77
20,88
Tannen
13,87
1,26
0,97
56,99
26,91
Teak
11,05
3,93
3,74
43,12
38,16
Weiden
11,66
2,65
1,23
55,72
28,74.
* Wagner, Chem. Technologie, 519.
Ueber das Verhalten der Cellulose gegen erhöhte Temperatur und Druck bei Gegenwart
von Wasser sind schon vielfach Untersuchungen angestellt worden. MulderJourn. f. prakt. Chem., 63,
565. fand schon, daſs sich beim Erhitzen von Cellulose mit
Wasser über 200° etwas Glycose bildet, Hoppe-SeylerBerl. Ber., 4, 15. der
reines schwedisches Filtrirpapier mit Wasser in Glasröhren einschmolz und auf etwa
200° durch 4 bis 6h erhitzte, fand, daſs Papier
sich stark bräunte, eine gelbe Farbe annahm; in der Flüssigkeit schwammen metallisch
glänzende Blättchen. Es entwich beim Oeffnen der Röhre Kohlensäure. Die Flüssigkeit
destillirt, lieferte Ameisensäure, Essigsäure, als Rückstand (über Schwefelsäure
verdunstet) blieb ein Syrup, in welchem Brenzcatechin leicht nachzuweisen war. WilliamsChem. News, 265, 281 bis
293. fand darin Furfurol. MünkZeitschrift f. phys. Chemie, I S.
357. fand beim Erhitzen mit Wasser auf hohe Temperatur einen
reducirenden, nicht gährungsfähigen Körper.
Ueber das Verhalten der inkrustirenden Substanzen gegen höhere Temperaturen und
höheren Druck bei Gegenwart von Wasser ist bis jetzt noch wenig bekannt. Die ersten
Untersuchungen über „inkrustirende Materie“ rühren von PayenNäheres siehe Sachse,
Kohlenhydrate. her, später haben sich damit beschäftigt
Schulze, Fremy, Terrail u.s.w. ErdmannAnn. Chem,. Pharm., 138 S. 5,
223. nennt das mit Alkohol, Aether, verdünnter Essigsäure
erschöpfte Holz von Pinus abies Glucolignose und gibt an, daſs sich dasselbe beim
Kochen mit Säure in Lignose und Traubenzucker zersetze. Fr.
BeuteBerl. Ber. wiederholte die
letzteren Untersuchungen, bezweifelt nach seinen Resultaten die Erdmann'sche Annahme, daſs die Glucolignose ein chemisches Individuum
sei, und ermittelte, daſs sich 25 Proc. der Glucolignose bei der Zersetzung mit HCl
in der Flüssigkeit als Traubenzucker wiederfanden. ThomsonJourn. f. prakt. Chem., 19 n. F.
116. löste aus dem Holze verschiedener Laubbäume mittels
kalter verdünnter Natronlauge wechselnde Mengen (8 bis 26 Proc.) einer der Cellulose
isomeren Substanz, welche er Holzgummi nennt; dasselbe wird durch verdünnte
Schwefelsäure nicht in Zucker übergeführt. Friedrich
KochBerl. Ber. R. 20, 145. Pharm. Zeitsch. f. Rußland,
25. erhält ein Holzgummi, das beim Kochen mit verdünnten Säuren
eine bisher unbekannte, leicht und schön krystallisirende, schwach rechts drehende
Zuckerart liefert, welche selbst der alkoholischen Gährung fähig ist und mit
Phenylhydrazin eine bei 160° schmelzende Verbindung liefert.
Als Kennzeichen des Vorhandenseins von inkrustirender Substanz im Holze oder im
Holzschliffpapiere oder der Holzcellulose dienen gewisse Farbenreactionen,
hervorgerufen durch salzsaures Anilin, nach Runge und
Hoffmann, schwefelsaures Anilin, Phloroglucin in
Verbindung mit Salzsäure nach Wiesner, durch Phenol in
Verbindung mit Salzsäure nach Höhnel, durch Orcin,
Resorcin u.s.w.
Nach Max SingerMonatshefte f. Chem., 1882,
396., der diese Holzstoffreactionen auf ihre Empfindlichkeit
prüfte, ist das sicherste und beste das Phloroglucin in Verbindung mit Salzsäure.
Später veröffentlichte IhlChem. Zeitg., 8, 457. mit
den Farbenreactionen der Phenole mit Kohlenhydraten eine ganze Reihe von Reagentien
auf holzinkrustirende Substanz. Er verwendet dazu alkoholische Lösungen von
Phenolen, bringt sie kalt oder erwärmt gleichzeitig mit Salz- oder Schwefelsäure auf
das Papier. So gibt dann Orcin mit Salzsäure auf Holz eine prachtvoll dunkelrothe
Färbung; reine Cellulose wird nicht verändert, Resorcin und Salzsäure färbt Holz und
Holzstoffpapier dunkelgrün, reines Cellulosepapier wird rothviolett, Pyrogallussäure
und Salzsäure färben blaugrün, Carbolsäure und Salzsäure gelbgrün. Phloroglucin und
Salzsäure färben Holz und Holzstoffpapier blauviolett, reine Cellulose wird nicht
gefärbt.
Aehnliche Reactionen geben diese Phenole auch mit Zuckerarten, so wird Phloroglucin
mit Rohrzucker bei schwachem Erwärmen intensiv gelbroth, ebenso Traubenzucker,
Dextrin wird gelb, Dextrose roth.
In einer nachfolgenden Mittheilung führt IhlChem. Zeitg., 87, 24. 77.
19. alle diese Reactionen auf Färbungen von Gummisubstanzen,
Zersetzungsproducte der Zuckerarten zurück. Die Färbungen sind nach SeliwanoffChem. Zeitg., 87, 24. 181.
wenig beständig; mit Ausnahme der Rohrzuckerfärbung verschwinden alle beim Verdünnen
mit Wasser.
In neuester Zeit schlägt WursterBerl. Ber., 87, 808. (selbst
zur quantitativen Bestimmung) als Reagens auf Holzschliffpapier das
Dimethylparaphenylendiamin vor, welches dabei fuchsroth gefärbt wird. – Als Ursache
der Färbungen mit Phenolen führt SingerMonatshefte, 1882, 396.
einen geringen Gehalt von Vanillin und Coniferin im Holze an. Durch Auskochen von
Fichtenholz mit destillirtem Wasser erhält er wässerige Extracte, die deutlich nach
Vanillin riechen und die alle Holzstoffreactionen zeigen. Doch lieſs sich in dem
rückständigen Holze trotz monatelangem Auskochen keine Abnahme der Färbung
wahrnehmen. Aehnlich wie Fichtenholz gibt auch Rothbuchenholz solche Auszüge. Singer erhielt mit reinem Vanillin alle die
Holzstoffreactionen, gibt aber an, daſs die Nuancen nicht immer übereinstimmen. So
gibt Vanillin mit Phloroglucin und Schwefelsäure eine ziegelrothe, mit Resorcin und
derselben Säure eine zinnoberrothe Färbung, während verholzte Gewebe mehr violett
bis blau violett gefärbt werden. Die Blaufärbung der Holzsubstanz mit Phenol führt
Singer auf einen Gehalt an Coniferin zurück, gibt
aber auch hier an, daſs die höchstempfindliche Reaction auf Coniferin nach Kübel, eine Rothviolettfärbung desselben mit
Schwefelsäure, weder im Holze noch im Cambium, das reichlich Coniferin enthält,
eintrat, und hat die Ansicht, daſs die Anwesenheit gewisser Körper jene
Coniferinreactionen bald zu verhindern, bald zu verändern im Stande ist.
Nachdem ich mich seit längerer Zeit schon damit beschäftigt habe, die aus einer
Fabrik stammenden Sulfitabfallslauge enthaltenen Körper zu studiren, habe ich dabei
die Beobachtung gemacht, daſs diese Laugen stets mit Phloroglucin und Salzsäure die
Reaction auf inkrustirende Substanzen zeigten, freilich nur dann, wenn ich reines
schwedisches Filtrirpapier mit der Lauge, oder besser mit einem ätherischen Auszuge
aus derselben tränkte und trocknete. Es trat dann jedesmal die violette Reaction
ein, wenn das Papier mit Phloroglucin und Salzsäure betupft wurde. Der weiteren
Untersuchung jedoch waren der Gehalt an Kalk und an schwefliger Säure sehr
hinderlich. Da durch Singer schon bekannt geworden,
daſs ein Kochen mit destillirtem Wasser ein theilweises Auslösen der inkrustirenden
Substanzen herbeiführt, so lag der Gedanke nahe, die lösende Wirkung des Wassers
durch höheren Druck zu verstärken.
Meine Versuche theilen sich nun wie folgt ein:
1) Auskochungen von reiner Cellulose und von Holz (Buchenholz und Fichtenholz) mit
destillirtem Wasser durch 3h bei gewöhnlichem
Drucke.
2) Auskochungen von reiner Cellulose und von Holz (Buchenholz und Fichtenholz) mit
destillirtem Wasser durch 3h bei höherem Drucke
von 5at.
3) Auskochungen von reiner Cellulose und von Holz (Buchenholz und Fichtenholz) mit
destillirtem Wasser durch 3h bei höherem Drucke
von 10at.
4) Auskochungen von reiner Cellulose und von Holz (Buchenholz und Fichtenholz) mit
destillirtem Wasser durch 3h bei höherem Drucke
von 20at.
Als Material verwendete ich einerseits reines schwedisches Filtrirpapier,
andererseits feine Späne von Buchenholz und Fichtenholz. Die Auskochungen bei
gewöhnlichem Drucke wurden in einem Glaskolben vorgenommen. Der höhere Druck wurde
erzielt in einem Hochdruckdigestor nach Müncke, worin
sehr leicht ein Druck von 22at erreicht werden
konnte.
Ich erhielt dabei stets eine mehr oder weniger gelblich gefärbte klare Lösung, welche
sich an der Luft, jedoch langsam, bräunte und beim Eindampfen einen schwarz
gefärbten, harzartigen, in Alkali leicht löslichen Körper ausschied.
Diese Lösungen wurden durch Filtriren, wiederholtes Auspressen mit Wasser vollkommen
vom Rückstande getrennt und dann weiter untersucht. Sie enthielten wechselnde Mengen
von Trockenrückstand, reducirten alle Fehling'schen
alkalischen Kupferlösungen, lieſsen mit Aether einen geringen Antheil ausschütteln;
derselbe zeigte mit Phloroglucin und Salzsäure wechselnde Farbenreactionen. Die
Menge des Trockenrückstandes erhielt ich durch Eindampfen, vorsichtiges Trocknen bei
100° durch 3h und Wägen. Der Gehalt an
Zuckerbestandtheilen wurde nach Fehling mit der Schwarz'schenAnn. Chem. Pharm., 84, 84. Abänderung
bestimmt und als Dextrose berechnet. Die Farbenreactionen mit den Phenolen wurden so
durchgeführt, wie ich schon früher erwähnte, oder ich lieſs einen Theil der
ätherischen Lösung in einem Porzellanschälchen eintrocknen, brachte die alkoholische
Lösung des Phenols dazu, vertrieb den Alkohol auf dem Wasserbade. Der Zusatz eines
Tropfens concentrirter Salzsäure, oder oft auch schon der Dampf derselben genügte,
um sofort die prachtvollsten Farbenreactionen hervorzurufen. Als Phenol benutzte ich
der gröſsten Mehrzahl nach das Phloroglucin.
Die auftretenden Farben zeigten dabei ganz charakteristische Nuancen. Während die
Auszüge der Cellulosekochungen stets rothe Färbungen ergaben, die der Ihl'schen Reaction auf Dextrose vollkommen
gleichenUm möglichst gleiche Verhältnisse zu haben, habe ich 10g reine Dextrose mit destillirtem Wasser
bei 5at durch 3h erhitzt; Lösung färbte sich gelb, lieft
mit Aether kleinen Antheil ausschütteln, der mit Phenol und HCl deutliche
schone Rothfärbung ergab., erhielt ich mit den Auszügen der
Holzauskochungen stets blauviolette Färbungen, in ihrer Nuance vollkommen mit der
direkten Reaction auf Holzspäne übereinstimmend.
Nach diesen Bemerkungen stellen sich nun meine Untersuchungsresultate wie folgt
zusammen:
I. Auskochung von Cellulose und Holz
bei normalem Drucke.
20g Cellulose, mit 1l destillirtem Wasser ausgekocht, ergaben sehr geringe, nicht wägbare
Mengen Extract, doch lieſs sich mit der concentrirten Lösung deutlich die
Kupferoxydulausscheidung aus Fehling'scher Lösung
erkennen. Phloroglucin und Salzsäure ergaben Rothfärbung. Mit der gleichen Substanz
wiederholt ausgeführte Kochungen ergaben dieselben Resultate.
20g Buchenholz, dreimal hinter einander durch je
3h mit 1l
destillirtem Wasser ausgekocht, ergaben:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
für
20g
0,760g
0,440g
0,250g
1,450g
„
100g
3,80g
2,20g
1,25g
7,25g
davon ist Zucker:
aus
20g
0,313g
0,140g
0,020g
0,473g
„
100g
1,565g
0,700g
0,100g
2,365g
Mit Phloroglucin und Salzsäure tritt deutliche Rothfärbung ein. 20g Fichtenholz mit 1l destillirtem Wasser durch 3h
ausgekocht, ergaben:Ich habe bei den Auskochungen von Fichtenholz die Wiederholungen nicht
ausgeführt, weil sie von keinem wesentlichen Einfluſs auf das Resultat
waren.
Trockenrückstand
1
für
je
20g
0,236g
„
„
100g
1,180g
davon ist Zucker:
aus
20g
0,035g
„
100g
0,175g
Reaction mit Phloroglucin und Salzsäure wie vorher.
Die Behandlung mit Wasser bei normalem Drucke ergab, daſs aus der reinen Cellulose
Spuren von Zucker ausgelöst werden können (selbst aus dem reinsten schwedischen
Filtrirpapiere); daſs aber eine, wenn auch oft nach längerem Warten erst auftretende
Rothfärbung des Papieres mit Phloroglucin und Salzsäure durchaus nicht maſsgebend
ist für das Vorhandensein von holzinkrustirenden Substanzen, sondern auf einen
geringen Zuckergehalt zurückzuführen ist.
Aus Buchenholz löst kochendes Wasser gröſsere Mengen 7,08 Proc. aus, wovon 2,37 Proc.
Zuckersubstanzen sind. Aus Fichtenholz wird viel weniger ausgelöst.
Die gesammten wässerigen Auszüge gaben mit Phloroglucin und Salzsäure rothe
Färbungen, gleich der Dextrosereaction.
II. Auskochungen von Cellulose und
Holz unter Druck von 5at.
20g Cellulose ergaben, mit 1l Wasser 3h
erhitzt:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
für
20g
0,148g
0,080g
0,049g
0,277g
„
100g
0,740g
0,400g
0,245g
1,385g
davon ist Zucker:
aus
20g
0,021g
0,0025g
0,0012g
0,0247g
„
100g
0,105g
0,0125g
0,0060g
0,1235g
Mit Phloroglucin und Salzsäure tritt deutliche Rothfärbung ein. 20g Buchenholz durch 3h mit 1l Wasser erhitzt, ergaben:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
für
20g
4,320g
0,800g
0,250g
5,35g
„
100g
21,60g
4,00g
1,25g
26,75g
davon ist Zucker:
aus
20g
1,971g
0,237g
0,030g
2,238g
„
100g
9,85g
1,185g
0,150g
11,190g
20g Fichtenholz ergaben unter den gleichen
Verhältnissen:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
von
20g
3,08g
0,613g
0,142g
3,835g
„
100g
15,40g
3,065g
0,710g
19,175g
davon ist Zucker:
aus
20g
1,60g
0,20g
0,015g
1,815g
„
100g
8,00g
1,00g
0,075g
9,075g
Mit Phloroglucin und Salzsäure treten blaue bis blauviolette Farben auf.
Die Behandlung von Cellulose und Holz unter Druck ergab, daſs die Cellulose bei 5at noch wenig angegriffen wird, selbst
wiederholtes Auskochen lieferte nur 1,38 Proc. des angewandten Materiales als
gelösten Antheil, daſs aber vom Buchen- wie vom Fichtenholze beträchtliche Mengen
ausgezogen werden, von ersterem 26,75 Proc., von letzterem 19,17 Proc. und daſs fast
die Hälfte des gelösten Antheiles als Zuckersubstanz enthalten ist, von Buchenholz
11,19 Proc., von Fichtenholz 9,072 Proc.
Durch diese Behandlung werden auch die, charakteristische Farbenreactionen gebenden,
inkrustirenden Substanzen gröſstentheils in die lösliche Form übergeführt. Die
Nuancen gleichen ganz denen bei der direkten Prüfung aus Holzbestandtheilen
erscheinenden.
Ich habe in diesem Falle nicht nur die Reaction mit Phloroglucin und Salzsäure,
sondern auch alle anderen früher angegebenen Phenole zur Prüfung verwendet. Es
ergaben alle die bezeichneten Farbenreactionen auf holzinkrustirende Substanzen.
III. Auskochungen von Cellulose und
Holz unter Druck von 10at.
10gUm die Zersetzung vollkommen zu machen, habe ich nur 10g Cellulose angewandt.
Cellulose mit 1l Wasser durch 3h erhitzt, ergaben:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
für
10g
0,944g
0,384g
0,020g
1,348g
„
100g
9,44g
3,84g
0,20g
13,48g
davon ist Zucker:
aus
10g
0,394g
0,145g
0,010g
0,549g
„
100g
3,94g
1,45g
0,10g
5,49g
Mit Phloroglucin und Salzsäure trat deutliche Dextrosereaction ein.
10g Buchenholz mit ll destillirtem Wasser durch 3h erhitzt,
ergaben:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
von
10g
1,368g
0,412g
0,061g
1,841g
„
100g
13,68g
4,12g
0,61g
18,41g
davon ist Zucker:
aus
10g,
0,424g
0,086g
0,021g
0,531g
„
100g
4,24g
0,86g
0,21g
5,31g
10g Fichtenholz unter denselben Verhältnissen
ergaben:
Trockenrückstand
1
2
3
Summe
von
10g
1,178g
0,312g
0,120g
1,610g
„
100g
11,78g
3,12g
1,20g
16,10g
davon ist Zucker:
aus
10g
0,340g
0,085g
–
0,425g
„
100g
3,40g
0,85g
–
4,25g
Mit Phloroglucin und Salzsäure erscheinen blauviolette Farben.
Bei der Behandlung unter Druck von 10at zeigte
sich, daſs die Cellulose sich ziemlich stark zersetzt, in der Lösung fanden sich
13,48 Proc., wovon 5,49 Proc. Zuckersubstanzen sind.
Auch aus dem Holze lösten sich noch beträchtliche Mengen, doch sinkt der
Zuckergehalt. Nur ¼ bis ⅓ der Gesammtmenge ist Zuckersubstanz.
IV. Auskochung von Cellulose und Bolz
unter Druck von 20at.
Dabei zeigte sich die Cellulose vollkommen verändert, sie wurde gallertig, trocknete
dann zu einer sehr harten Masse aus, die sich pulvern lieſs. Nachdem ich einen Theil
fein gerieben, gut gewaschen und bis zum constanten Gewichte getrocknet hatte,
unterwarf ich ihn der Elementaranalyse und erhielt, auf aschenfreie Substanz
gerechnet:
C
42,37
Proc.
H
6,30
„
O
51,33
„
–––––––––––
100,00
Proc.
Die Cellulose hatte Wasser aufgenommen; das hydratisirte Product ähnelte der
Zusammensetzung der Hydrocellulose, für welche GirardBerl. Ber., 9, 65. die
Formel C12H22O11 aufgestellt hat, entsprechend 42,10 Proc. C, 6,43
Proc. H, 51,47 Proc. O. Girard stellte dieselbe dar
durch längere Behandlung von reiner Cellulose mit Schwefelsäure. In der Lösung fand
sich nur ein sehr geringer Zuckergehalt. Mit Phloroglucin und HCl trat Rothfärbung
ein.
10g Buchenholz, dem sehr hohen Drucke unterworfen,
wurden ebenfalls braun und ergaben Lösungen mit dem Trockenrückstand:
für
10g
0,326
„
100g
3,336
davon ist Zucker:
aus
10g
0,14
„
100g
1,408
Mit Phloroglucin und Salzsäure zeigten sich blauviolette Farbennüancen.
Bei diesem hohen Druck tritt natürlich schon eine theilweise Zersetzung des
gebildeten Zuckers ein, daher die Menge desselben in der Lösung sehr gering ist.
Eine Hydratisirung der Cellulose im Holze unter gleichzeitigem Gallertigwerden
konnte hier nicht beobachtet werden.
–––––
Ich habe bei den Berechnungen der Zuckersubstanzen stets angenommen, daſs sich
Dextrose bildet. Aus der reinen Cellulose entsteht auch nach FlechsigZeitschr. f. physiol. Ch., 75, 23.
540. Dextrose. Der Zucker aus den Holzbestandtheilen,
welcher bei 5at Druck (und höherem Druck)
entsteht, zeigte aber von der Dextrose abweichende Farbenreactionen. Ich versuchte
gröſsere Mengen desselben darzustellen., indem ich die Behandlung von Holz unter
Druck von 5at öfter wiederholte, die
Extractlösungen eindampfte und auf Zucker verarbeitete. Durch Fällen mit Alkohol
wurde stets ein dextrinartiger Körper abgeschieden. Filtrirte ich, um zu entfärben,
über Knochenkohle, so erhielt ich eine ziemlich reine Zuckerlösung (Bestimmung des
Zuckers nach Fehling ergab die gesammte Menge
Trockensubstanz). Die Lösung zeigte nur schwache Rechtsdrehung; durch Phenylhydrazin
schied sich eine schöne gelbe Krystallverbindung ab, die den Schmelzpunkt 183°
zeigte, gegen 204° des von FischerBerl. Ber., 17, 579.
dargestellten Glucosazon. Der Zucker ist gährungsfähig. Es muſs nach diesem
angenommen werden, daſs neben der Dextrose noch eine andere Zuckerart entsteht.
Die Farbenerscheinungen, die Reactionen auf inkrustirende Substanzen wurden von Singer, wie schon erwähnt, auf einen minimalen Gehalt
an Vanillin und Coniferin zurückgeführt. Ich habe alle die wässerigen Auszüge auf
Vanillin untersucht. Ich konnte keinerlei Geruch wahrnehmen, selbst wenn ich sie
destillirte, wobei das Vanillin mit den Wasserdämpfen übergehen muſste. Weder die
ursprüngliche Lösung, noch das Destillat gaben an Aether Vanillin ab, obwohl der
ätherische Rückstand die prachtvollsten Farbenerscheinungen zeigte. Auch eine
Oxydation mit sauerm chromsaurem Kali und Schwefelsäure lieferte kein Vanillin.
Dafür gleichen diese Farbenreactionen ungemein den Ihl'schen Reactionen auf Kohlenhydrate, sind ebenso schön, auch ebenso
unbeständig gegen Wasser.
Ich bin durch diese Untersuchungen zu folgenden Resultaten gelangt:
Cellulosepapier, selbst reinstes Filtrirpapier, gibt beim Kochen mit destillirtem
Wasser unter gewöhnlichen Druckverhältnissen Spuren von Zucker ab. Durch höheren
Druck vermehrt sich der Zuckergehalt in der Lösung, aber erst bei 20at Druck hydratisirt sich die Cellulose vollkommen und geht in
Hydrocellulose C12H22O11 über.
Eine Rothfärbung des Papieres mit Phloroglucin und Salzsäure rührt von dem Zucker
her, ist aber kein Beweis für das Vorhandensein inkrustirender Substanzen.
Holz gibt beim Kochen mit destillirtem Wasser in offenen
Gefäſsen ziemlich beträchtliche Mengen lösbarer Körper an dasselbe ab. Bei
gesteigertem Drucke vermehrt sich die lösende Wirkung des Wassers bedeutend und
erreicht bei 5at Druck das Maximum. Ueber 5at verringert sie sich wieder. Unter den
günstigsten Verhältnissen werden dem Buchenholze 26,75 Proc., dem Fichtenholze 19,17
Proc. entzogen. Davon sind im ersteren Falle 11,19 Proc., im zweiten Falle 9,07
Proc. Zuckersubstanz. Diese ist nicht Dextrose allein. Neben dem Zucker finden sich
noch dextrinartige, durch Alkohol fällbare Bestandtheile in den Extracten. Aus allen
Auszügen des Holzes lassen sich durch Aether braun gefärbte Zersetzungsproducte
ausziehen, welche nach dem Verdunsten des Aethers mit Phenolen und Salzsäure
prachtvolle Farbenreactionen ergeben. Die Auszüge bei höherem Druck zeigen
Erscheinungen, die vollkommen mit jenen übereinstimmen, welche als Nachweisungen von
holzinkrustirender Substanz direkt auf der Holzfaser hervorgebracht werden können.
Die wässerigen wie die ätherischen Flüssigkeiten und Rückstände nach Eintrocknen
oder Verdunsten haben keinen Vanillingeruch, zeigen keine anderweitige Reaction auf
dasselbe. Dafür gleichen alle diese Farbenerscheinungen ungemein den Ihl'schen Reactionen der Phenole und Salzsäure mit den
Zersetzungsproducten von Kohlenhydraten; sie dürfen daher nicht auf einen Gehalt der
holzinkrustirenden Substanzen an Vanillin oder Coniferin, sondern müssen auf die
Umwandlung der Holzsubstanz in Kohlenhydrate und deren Zersetzungsproducte
zurückgeführt werden.