Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 320 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 285
d. Bd.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
IV. Destillation und
Rectification.
Ueber die Reinigung des Spiritus, über die Gewinnung des
Spiritus direkt aus der Maische und über die Schädlichkeit der Verunreinigungen
des Spiritus wurden bei Gelegenheit der Referate über den Reinigungszwang
in chemischer, technischer und hygienischer Beziehung in der Generalversammlung des
Vereins der Spiritusfabrikanten (Bd. 12
Ergänzungsheft S. 31) Mittheilungen gemacht, denen wir hier das Folgende entnehmen.
Ueber den Gehalt des Spiritus an Fuselöl, Aldehyd und Säure berichtet Hayduck nach Untersuchungen von Gronow. Von 22 Proben erwies sich nur eine als aldehydfrei, alle anderen
zeigten mehr oder weniger starke Reaction. In allen Fällen zeigte der Rohspiritus
eine saure Reaction, jedoch betrug der Gehalt an Säure, auf Essigsäure bezogen,
ungefähr 0,01 Proc., nur in einem Falle 0,1 Proc. Die Säure erwies sich als
Ameisensäure, nicht, wie man vielfach annimmt, Essigsäure. Der Fuselölgehalt,
bezogen auf 100 Proc. Alkohol, schwankte bei 38 Proben Kartoffelspiritus zwischen
0,02 und 0,42 Proc., bei 8 Proben Kornspiritus zwischen 0,4 und 0,6 Proc.; eine
neunte Probe Kornspiritus von 94 Vol.-Proc. Alkohol enthielt nur 0,2 Proc. Fuselöl.
Bei der Untersuchung mehrerer aus einer Brennerei stammender Proben zeigte sich die
Gesetzmäſsigkeit, daſs der Spiritus um so weniger Fuselöl enthielt, je
hochprocentiger er war; bei Proben aus verschiedenen Brennereien traten hierin
jedoch vielfach Ausnahmen ein (vgl. hierüber auch 1889 272 87). Ueber die Entstehung des Fuselöles konnte nichts Sicheres
ermittelt werden. Theilweise bildet sich dasselbe bei der Gährung durch den Einfluſs
der Hefe (vgl. die Untersuchungen von Ordonneau und von
Claudon und Morin,
1887 265 330 und 1888 268
182), theilweise entstehen Verunreinigungen auch durch die Destillation, wie z.B.
das Furfurol und Acetal. Ein Einfluſs der Construction der Brennapparate auf den
Gehalt an Fuselöl konnte nicht festgestellt werden, in höherem Grade wie die
Construction scheint die Art und Weise, wie der Apparat geführt wird, von Einfluſs
zu sein. Eine Untersuchung von 2 Proben Maische auf Fuselöl ergab, auf 100 Proc.
Alkohol bezogen, einen Gehalt von 0,352 bezieh. von 0,305 Proc.; die aus denselben
Brennereien stammenden Rohspiritusproben enthielten 0,1 bis 0,2 Proc. Fuselöl. Es
scheint demnach ein groſser Theil des in der Maische enthaltenen Fuselöls nicht in
den Rohspiritus zu gelangen. Die Resultate der Rohspiritusuntersuchungen ergaben,
daſs derselbe schon durch richtig geleitete Destillation in einem sehr reinen
Zustande gewonnen werden kann; doch besitzt derselbe immer einen sehr unangenehmen,
wahrscheinlich von flüchtigen, aus den Rohstoffen stammenden Substanzen herrührenden
Geruch. Dieser schlechte Geruch kann fast vollständig durch Behandlung des Spiritus
mit Kohle beseitigt werden, so daſs man dann ein Product erhält, welches
wahrscheinlich allen Anforderungen der Reinheit, sowie auch des Geruches und
Geschmackes entspricht. Die Verwendung der Kohle zur Reinigung verdient daher
jedenfalls groſse Beachtung und dieses um so mehr, als die vielfach geäuſserte
Ansicht, daſs durch die Einwirkung der Kohle auf Spiritus Aldehyd gebildet wird,
sowie andererseits, daſs durch die Kohle das eigentliche Fuselöl nicht entfernt
wird, durch diesbezügliche Versuche nicht bestätigt wurde. Es zeigten diese Versuche
vielmehr bei Gemischen von Alkohol mit Bestandtheilen des Fuselöls nach der
Behandlung mit Kohle stets eine Abnahme des letzteren, allerdings kein gänzliches
Verschwinden desselben. Eine Bildung von Aldehyd konnte ebenfalls nicht constatirt
werden; es fand im Gegentheile eine bedeutende Verminderung daran statt. Verfasser
kritisirt nun einige der bekanntesten Reinigungsverfahren, mit welchen Versuche
angestellt wurden. Das Verfahren von Bang und Ruffin (vgl. 1889 272 34)
ist jedenfalls rationell; es fragt sich jedoch, ob dasselbe sich für den Betrieb
kleinerer Brennereien eignen würde. Durch das Verfahren von Grote und Pinette (vgl. 1888 269 329) gewonnener Spiritus zeigte zwar einen geringeren
Fuselgehalt, war aber keineswegs fuselfrei. Weiter wurden Proben untersucht, welche
nach dem Verfahren von Traube dargestellt waren (vgl.
1889 272 34). Die eine Probe aus Daber enthielt noch
0,37, eine andere aus Braunschweig 0,39 Proc. Fuselöl. Von einer vollständigen
Entfuselung war also hier keine Rede; doch waren beide Proben vollständig frei von
Aldehyd und zeichneten sich in sehr vortheilhafter Weise durch einen viel besseren
Geruch und Geschmack vor allen anderen Proben aus. Von den genannten
Reinigungsmethoden hat nach Ansicht des Verfassers wohl die meiste Aussicht auf
Anwendung im kleineren Betriebe die Verwendung der Kohle, da diese bereits seit
langer Zeit sich bewährt hat und noch den groſsen Vortheil besitzt, daſs sie keine
kostspieligen Betriebseinrichtungen erfordert. Doch glaubt der Verfasser bei den
günstigen Resultaten, die er bei der Untersuchung von Rohspiritusproben, welche doch nur einen
verhältniſsmäſsig geringen Fuselölgehalt besaſsen, erhielt, die Hoffnung aussprechen
zu können, daſs es mit einem brauchbaren Destillirapparate bei richtiger Leitung der
Destillation schon ohne weitere Reinigungsmittel gelingen wird, einen Spiritus in
der Brennerei zu erzeugen, welcher allen gesetzlichen Anforderungen der Reinheit
genügen wird.
Delbrück weist darauf hin, daſs es in erster Linie
darauf ankommen wird, in den Brennereien direkt Sprit aus der Maische zu gewinnen.
Daſs dieses möglich sein wird, unterliegt keinem Zweifel, denn die Versuche haben
gezeigt, daſs man mit guten Brennapparaten sehr wohl einen hochprocentigen und
fuselarmen Sprit erzeugen kann. Es wird aber weiter darauf ankommen, dem Sprit auch
den schlechten Geruch, der für den Consum das Ausschlaggebende ist, zu nehmen.
Hierzu dürfte die Filtration über Kohle, indem man an den Brennapparat ein
Kohlefilter anschlieſst, geeignet sein. Die Kohle, welche voraussichtlich schnell
unbrauchbar werden würde, könnte durch überhitzten Dampf wohl leicht regenerirt
werden.
Zuntz geht auf die Versuche über die Schädlichkeit des
Fuselöls näher ein und erwähnt besonders die Versuche von Straſsmann, über welche wir bereits berichtet haben (1889 272 89). Aus allen bisherigen Erfahrungen zieht er
vorläufig den Schluſs, daſs man nicht berechtigt ist, eine Fuselölmenge von 0,3 bis
0,4 Proc. auf 100 Proc. Alkohol für besonders schädlich zu halten.
Ueber das Entfuselungsverfahren von J. Traube (vgl. 1889 272 34)
liegen mehrere Aeuſserungen in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 7, 108, 116 und Ergänzungsheft 63, vor.
Zunächst berichtet v. Diest-Daber, über die Resultate
seiner Versuche mit diesem Verfahren, welche sehr günstig lauten. Veranlaſst durch
die Mittheilung Hayduck's,
daſs die Untersuchung zweier Proben von nach Träube's
Verfahren gereinigtem Spiritus noch 0,37 bis 0,39 Proc. Fuselöl ergeben habe,
behauptet Traube, daſs diese Verunreinigung nicht
eigentliches Fuselöl gewesen sein könne, und daſs das zur Prüfung benutzte Verfahren
von Röse auſser Fuselöl auch andere Verunreinigungen
angäbe. Er erklärt, im Stande zu sein, aus einem Gemische von reinem Alkohol und
einer bestimmten Menge Fuselöl das letztere nach seinem Verfahren vollständig wieder
abzuscheiden. Wenn die Versuche in Daber und in Braunschweig noch nicht ganz
befriedigende Resultate ergeben haben, so läge dieses daran, daſs einmal die ersten
Apparate nicht ganz nach Wunsch construirt, und daſs andererseits, wie dieses in
Braunschweig der Fall war, die Vorrichtungen noch nicht derart gewesen seien, um die
nöthige Zahl von Abhebungen, welche im Interesse der
absoluten Reinigung nothwendig sind, erzielen zu können. Hierzu würden vielleicht 20
bis 25 Abhebungen nothwendig sein. Nach dem Verfasser ist es möglich, 20 bis 30
Abhebungen innerhalb 1½ Stunden, bei vollkommener Construction sogar in noch
kürzerer Zeit, zu machen, so daſs es auch für kleinere Brennereien möglich sein
würde, auf diese Weise eine vollständige Entfuselung vorzunehmen. Verfasser ist
überzeugt, auch den ersten Ansprüchen der Raffineure durch den alleinigen Effect
seines Verfahrens genügen zu können, läſst es aber dahingestellt, ob dieses in allen
Fällen zweckmäſsig sein würde, oder ob nicht vielmehr die absolute Entfuselung durch
Combination seines Verfahrens mit anderen noch besser zu erreichen sein würde. In
Daber z.B. habe die Verbindung mit einer Rectificationscolonne eine ganz erhebliche
Verbesserung der Waare ergeben. Dieses bestätigt v.
Diest an einer anderen Stelle, indem er anführt, daſs eine in Regenwalde
von Birner untersuchte Probe als fuselfrei bezeichnet
wurde und daſs nach der neuerdings dem Apparate gegebenen Gestaltung ein völlig
fuselfreier Sprit von guter Qualität und zwar bis zu 95 Proc. von der angewandten
Rohwaare erhalten wurde. Die Redaction der Spirituszeitschrift bemerkt hierzu, daſs
der erzielte Reinheitsgrad auch der mit der Colonne bewirkten Rectification
zugeschrieben werden könne, worauf Traube an einer
anderen Stelle nochmals hervorhebt, daſs die Colonne nicht nothwendig ist, sondern
daſs es nach seinem Verfahren gelingt, selbst bei einer Füllung von nur wenigen
hundert Litern Rohspiritus bis etwa 95 Proc. der angewandten Rohwaare als völlig
fuselfreien Sprit von guter Qualität zu erhalten. – Faſst man alle diese
Ausführungen zusammen, so muſs man wohl die Frage nach der Brauchbarkeit des Traube'schen Verfahrens zur Zeit als eine noch nicht
vollständig gelöste bezeichnen.
Verfahren zur Reinigung von Rohalkoholen mit Hilfe der
Alkalibisulfite, allein oder im Gemische mit neutralen Alkalisulfiten; von
la société française des alcools purs in Paris (D.
R. P. Nr. 46627 vom 13. Mai 1888 ab). Das Verfahren ist gekennzeichnet durch: a) Die
Eliminirung des Gesammtgehaltes an Aldehyd und Aceton als Vorlauf und Umwandelung
desselben in Aldehydsulfite bezieh. Acetonsulfit mittels einer concentrirten
Bisulfitlösung; b) bei Gegenwart von Butylaldehyd im Rohalkohol in Aldehydsulfit
durch Zusatz von neutralem Sulfit zu dem Alkalibisulfit; c) die Destillation der
nach a) oder b) erhaltenen Gesammtmasse zur Trennung des Alkohols von den Aldehyd-
und Acetonsulfiten, welche im Rückstande verbleiben; d) nochmalige Destillation des
unter c) erhaltenen Destillates in Gegenwart einer Base, wie Natron, Kali, Kalk
behufs Bindung der unter c) mit übergegangenen schwefligen Säure und Gewinnung
chemisch reinen Alkohols im Destillat; e) die Destillation der bei der Fractionirung
verbleibenden, schwerer flüchtigen Fraction nach der einer bekannten Arbeitsweise.
(Die Verbindungen der Aldehyde und des Acetons können zur Gewinnung dieser Stoffe
benutzt werden.)
Zur Beurtheilung und Controle des Destillationsbetriebes
empfiehlt Carl Huber in den Berichten der österreichischen Gesellschaft zur Förderung
der chemischen Industrie, Bd. 10 S. 145, die Feststellung der Temperatur
an allen charakteristischen Stellen des Apparates. Aus diesen Daten kann man unter
Zuhilfenahme der latenten Wärme des Alkohols (210) und des Wassers (550), sowie der
specifischen Wärme des Alkohols (0,7) und derjenigen der Alkoholdämpfe (0,45) und
endlich aus der stündlichen Verarbeitung an Maische, sowie aus der stündlichen
Production von Spiritus durch Rechnung finden: a) den Verbrauch an Wasser, b) den
Verbrauch an Dampf, c) die Menge des gebildeten Lutterwassers, d) die Menge der
erzeugten Schlämpe.
V. Schlämpe.
Fütterungsversuche über die beste Verwerthung wasserreicher
Futtermittel, insbesondere der Schlämpe der Karloffelspiritus- und
Kornbranntwein-Brennereien.
Hierüber berichtet Prof. Märcker in der
Generalversammlung des Vereins deutscher Spiritusfabrikanten
(Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 Ergänzungsheft S. 42). Im Winter
1887 bis 1888 wurden umfangreiche Fütterungsversuche von praktischen Landwirthen
unter Mitwirkung der Versuchsstation Halle zur Ausführung gebracht. Die Versuche
erfolgten nach einem einheitlichen, von Prof. Märcker
entworfenen Plane und unter strenger, analytischer Controle durch die
Versuchsstation. Durch die Versuche sollten vor Allem zwei Fragen entschieden
werden, nämlich erstens, wie man die Schlämpe
verhältniſsmäſsig am besten ausnutzt, und zwar in der Richtung, daſs man
genau die Grenze festzustellen hat, bis zu welcher die Schlämpe von den Thieren noch
vortheilhaft verwerthet wird – zweitens, wie man bezüglich
des Gehaltes an Nährstoffen, sowohl stickstoffhaltigen wie stickstofffreien, die
Rationen einzurichten hat, um die höchste Rente und die beste Ausnutzung des
Grundfutters zu erzielen. Nachdem der Verfasser zunächst die Nachtheile,
welche ein Uebermaſs von Wasser in der Ration durch Schädigung der Production im
Gefolge hat, des Näheren dargelegt hat (vgl. hierüber unser Referat 1888 269 331), geht derselbe näher ein auf die Zusammensetzung
der Schlämpe. Die zu den Versuchen verwendete Kartoffelschlämpe enthielt im
Durchschnitt zahlreicher Analysen etwa 7 Proc. Trockensubstanz; diese besteht zu
etwa 25 Proc. aus stickstoffhaltigen und zu 50 Proc. aus stickstofffreien Stoffen,
so daſs sich einschlieſslich des Fettes, welches etwa 3 bis 4 Proc. der
Trockensubstanz ausmacht, ein Nährstoffverhältniſs von 1 : 2 berechnet, ein
Verhältniſs, wie es nur in Kraftfuttermitteln, z.B. den Oelkuchen, vorkommt. Es ist
also die Trockensubstanz der Schlämpe als ein sehr intensives Nährmittel zu
bezeichnen und die Erfolge, welche man mit derselben erreicht, entsprechen auch
denjenigen der Kraftfuttermittel vollständig. Dazu kommt noch die hohe
Verdaulichkeit der stickstoffhaltigen Stoffe, welche sich nach den zahlreich
ausgeführten Bestimmungen im Durchschnitt zu 82, in maximo zu 88 Proc. ergaben.
Die stickstofffreien Stoffe sind zu etwa 85 Proc. in Wasser löslich und dadurch für
die Production des Thierkörpers ausgezeichnet zu verwerthen. Eine der
interessantesten Erfahrungen, die bei den Versuchen gemacht wurden, ist die, daſs
man in Form von Schlämpe den Thieren weit gröſsere Wassermengen zuführen kann, ehe
die Production geschädigt wird, als in Form von anderen wasserreichen Futtermitteln,
in denen Wasser in kaltem Zustande oder auch in anderem Verhältnisse zu den
sonstigen Nährstoffen den Thieren geboten wird. Denn während z.B. bei Versuchen an
Mastthieren mit Diffusionsrückständen schon bei einer Gabe von 35 bis 40k Wasser für das Thier von etwa 600k Lebendgewicht eine Schädigung der Production
eintrat, mithin also 30 bis 40k Wasser als die
Grenze der Wassergabe bezeichnet werden müssen, konnten bei der Schlämpe 65k Wasser in der Ration gegeben werden, ehe ein
Sinken der Production hervortrat. Bei Verabreichung von Schlämpe kann man also den
Thieren sehr groſse Wassermengen zumuthen und erreicht damit doch eine
zufriedenstellende Production. Aber eine gewisse Grenze hat die Schlämpegabe auch,
und um diese festzustellen wurden Versuche mit verschiedenen Schlämpemengen, denen
in der Ration Wassergaben von 55 bis 72k,5
entsprachen, ausgeführt. Bei diesen Versuchen sind aus einander zu halten
diejenigen, welche mit Mastthieren und andererseits
diejenigen, welche mit Milchkühen ausgeführt wurden.
Bei einem Versuche mit Mastochsen, ausgeführt von
Amtsrath Wagner in Warmsdorf, wurden z.B. folgende
Resultate erhalten:
bei
55k
Wasser
in
der
Ration
= 0k,914
Lebendgewichtszunahme
„
65k
„
„
„
„
= 1k,141
„
„
72,k5
„
„
„
„
= 0k,845
„
Durch die hohe Schlämpegabe fand also eine sehr erhebliche, etwa 26 Proc. betragende
Verminderung in der Lebendgewichtsproduction statt und man muſs nach diesen
Erfahrungen sagen, daſs die äuſserste zulässige Schlämpegabe für Mastochsen bei
höchstens 70l liegt. Bis zu dieser Gabe wird die
Schlämpe noch in einer, ihrem Nährstoffgehalte entsprechenden Weise zur Wirkung
gelangen. Zwar erreicht man auch durch hohe Schlämpegaben noch einen hohen
Masterfolg, jedoch einen verhältniſsmäſsig geringeren und damit in Verbindung eine
Verringerung der Rente. So betrug z.B. in Warmsdorf bei der mittleren Schlämpegabe
die Rente 21,7 Pf. für Tag und Stück; durch die hohe Gabe sank dieselbe auf 8,2 Pf.
Ganz anders liegen die Verhältnisse bei den Milchkühen.
Hier gaben die höchsten Schlämpegaben das beste Resultat in Bezug auf den
Milchertrag und es fand durch die hohe Wassergabe auch nicht ein ungünstiger
Einfluſs auf die Beschaffenheit der Milch statt; denn es zeigte dieselbe den
gleichen Gehalt an Trockensubstanz und Fett wie bei der geringen Gabe. Während nun
aber durch die Erhöhung der Schlämpegabe eine Steigerung des Milchertrages von
beispielsweise 1k beobachtet wurde, fand in Bezug
auf das Lebendgewicht bei den Milchkühen genau dasselbe statt wie bei den Mastthieren; mit Erhöhung
der Schlämpegabe verminderte sich die Lebendgewichtszunahme, denn es betrug dieselbe
z.B. in einem Versuche bei der kleinsten Wassergabe 0k,586 Zunahme, bei der höchsten jedoch nur noch 0k,09. Die Anregung, welche durch groſse
Wassermengen für die Milchproduction gegeben wird, geschieht also auf Kosten des
Lebendgewichts. Gibt man gleiche Nährstoffmengen bei schwacher und bei starker
Schlämperation, so bekommt man durch die starke Gabe mehr Milch, aber weniger
Lebendgewicht, durch die schwache mehr Lebendgewicht und weniger Milch. Ob das Eine
oder das Andere vortheilhafter ist, muſs die Rechnung für den speciellen Fall
ergeben. Die günstigen Erfolge, welche hohe Schlämpegaben auf die Milchproduction
ausüben, treten jedoch nur dann zu Tage, wenn daneben hohe
Gaben an verdaulichen, stickstoffhaltigen Stoffen verabreicht werden. Es
zeigte sich dieses sehr deutlich bei einem von Amtsrath Oesterreich in Siegersleben ausgeführten Versuche, bei welchem durch einen
unbeabsichtigten Zufall neben der höchsten Schlämpegabe eine geringere Menge Proteïn
verabreicht wurde. Dies hatte im Gefolge, daſs der Milchertrag, welcher bei der
geringsten Schlämpegabe 14k,19 betrug und welcher
durch die höhere Gabe auf 14k,49 gesteigert wurde,
durch die höchste Schlämpegabe in Folge der unzureichenden Menge von Proteïn auf
12k,63 herabsank. Aus diesen Beobachtungen
folgt, daſs man die Rationen in den Brennerei-Wirthschaften
sehr stickstoffreich einrichten muſs, reicher als dies bisher geschehen ist,
wenn man rentabel arbeiten will.
Endlich richteten sich die Versuche darauf, festzustellen, wie groſs man die Gaben
von stickstoffhaltigen und stickstofffreien Nährstoffen bemessen müsse, um die
höchste Production zu erzielen. Nach den Wolff'schen
Normen werden für 500k Lebendgewicht 1k,25 verdauliche stickstoffhaltige Nährstoffe
erfordert, und auf dieser Grundlage hat man bisher allgemein die Rationen aufgebaut.
Es wurde nun versucht, die stickstoffhaltigen
Nährstoffe bis auf 2k zu steigern, und
das Resultat dieser Versuche war ein auſserordentlich günstiges, denn nicht in einem
einzigen Falle ist diese bedeutende Erhöhung ohne Erfolg gewesen. Ueberall ist die
extremste Stickstoffration die allerbilligste gewesen, sie hat sich gröſstentheils
durch die Production selbst bezahlt gemacht, und wo dieses nicht der Fall war, durch
die viel billigere Erzeugung des Düngers. Je stickstoffreicher die Ernährung, um so
billiger wird der Dünger producirt. Als Beleg für diese Schluſsfolgerungen möge aus
den vielen übereinstimmenden Versuchen nur der eine von Amtsrath Rimpan in Schlanstedt ausgeführte hier mitgetheilt
werden:
Stickstoffhaltige Nähr-stoffe in der
Ration
Lebendgewichtszunahmepro Tag und Stück
Rente pro Tag undStück
k
k
Pf.
1,60
1,196
4,4
1,85
1,279
12,6
2,09
1,303
16,7
In einer anderen Versuchsreihe fand nun eine einseitige Vermehrung der stickstofffreien Nährstoffe statt. Das Resultat war
hier das umgekehrte, indem auch nicht in einem einzigen Falle von allen 15 zur
Ausführung gelangten Versuchen durch eine Vermehrung der stickstofffreien Nährstoffe
über das jetzt gebräuchliche Maſs hinaus ein günstiger Erfolg erzielt wurde. Bei den
meisten Versuchen fand überhaupt keine Erhöhung der Production statt; aber auch bei
den Versuchen, bei welchen eine Mehrproduction an Milch oder Lebendgewicht erzielt
wurde, machte sich diese in keinem Falle bezahlt. Es ergibt sich aus diesen
Versuchen, daſs die Wolff'schen Zahlen über das Quantum
stickstofffreier Nährstoffe für die Praxis durchaus zutreffend sind, während die
Normen für die stickstoffhaltigen Stoffe, wenigstens bei sehr wasserreicher
Ernährung, zu gering bemessen sind. Als die wichtigsten Resultate aller Versuche
ergeben sich folgende Sätze: 1) Die Darreichung extremer Schlämpegaben ist weder
vortheilhaft für die Production, noch auch rentabel. 2) Die Thiere können in Form
von heiſser Schlämpe innerhalb gewisser Grenzen mehr Wasser vertragen als in Form
von anderen kalten, wasserreichen Futtermitteln. 3) Hierzu ist jedoch unerläſsliche
Voraussetzung, daſs beim Verfüttern wasserreicher Futtermittel die Ration einen sehr
hohen Stickstoffgehalt besitzen muſs. 4) Als zweckmäſsige Höhe der Gabe von
stickstoffhaltigen Nährstoffen ist zwar noch nicht die extremste zu empfehlen, wohl
aber ist zu erwarten, daſs 1k,5 stickstoffhaltige,
verdauliche Nährstoffe auf 500k Lebendgewicht
nicht zu viel sein werden, keinerlei Unzuträglichkeiten hervorrufen und die höchste
und billigste Production leisten werden. (Der Referent kann noch hinzufügen, daſs
die in noch gröſserem Umfange im Winter 1888 bis 1889 ausgeführten
Fütterungsversuche die Resultate der vorjährigen Versuche durchweg bestätigt
haben.)
In der an den Vortrag sich schlieſsenden Debatte bemerkt Professor Märcker auf eine Frage, bei welcher Temperatur man die
Schlämpe verfüttern solle, daſs er es für zweckmäſsig halte, dieselbe so heiſs wie
möglich zu verabreichen (Neuhauss-Selchow gibt 50 bis
60° als die geeignetste Temperatur an), v.
Bockelberg-Schönow berichtet über seine Erfahrungen, welche er bei der
Verfütterung der Süſsmaische oder Kunstschlämpe (vgl. 1888 269
332), einem Futtermittel, welches bei der jetzigen Steuergesetzgebung sehr an
Bedeutung gewinnt, gemacht hat. Er hat Anstoſs genommen an der dünnen Beschaffenheit
dieses Futters, hervorgerufen durch einen gröſseren Malzzusatz, und hält dasselbe
daher für geringwerthiger. Märcker macht auf das
Unzutreffende dieser Ansicht aufmerksam; durch das Malz wird die Stärke gelöst,
daher die Masse dünnflüssiger, die Nährstoffe bleiben natürlich dieselben, werden im
Gegentheile durch mehr Malz noch vermehrt. Im weiteren Verlaufe der Debatte wird
noch das Aufkochen der Süſsmaische, um dieselbe haltbar und bekömmlich zu machen,
als dringend nothwendig bezeichnet. (Der Referent möchte noch hinzufügen, daſs bei einem in
diesem Jahre ausgeführten Versuche an Milchkühen die Süſsmaische ein überraschend
günstiges Resultat ergeben hat. Als ein Theil der Diffusionsrückstände durch
Süſsmaische ersetzt wurde, fand bei gleichbleibenden Nährstoffmengen eine bedeutende
Steigerung im Milchertrage statt.)
In der Zeitschrift für Spiritusindustrie, S. 65, 72, 81,
werden noch andere Futtermischungen als Ersatz für die Schlämpe mitgetheilt,
veranlaſst dadurch, daſs die Verfütterung von Süſsmaische bei hohen Kartoffelpreisen
sich nicht rentiren soll.
Auf eine Verfälschung der getrockneten Schlämpe durch
Reishülsen, welche Prof. Schulze in letzter
Zeit mehrfach feststellen konnte, wird in der Zeitschrift
für Spiritus- und Preſshefeindustrie, Bd. 9 S. 501, aufmerksam gemacht.
Daſs durch die Beimengung der für die Ernährung ganz werthlosen Reishülsen eine
bedeutende Verringerung des Nährwerthes der getrockneten Schlämpe verursacht wird,
liegt auf der Hand.
Die Frage, ob eventuell im Futter des Milchviehs enthaltene
flüchtige Fettsäuren in die Milch übergehen, erörtert Prof. Weiske in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 8 (daselbst nach Der
Landwirth). Bekanntlich beobachtet man bei manchen Futtermitteln einen
ungünstigen Einfluſs auf den Geschmack der Milch. Zu diesen Futtermitteln gehören
unter anderen auch solche, welche Säuren enthalten, wie z.B. Schlämpe, Sauerfutter
u.s.w., und bei diesen will man auch vielfach gefunden haben, daſs die Milch der mit
ihnen ernährten Thiere leicht säuert. Dieses hat zu der Vermuthung geführt, daſs die
Säure dieser Futtermittel direkt in die Milch übergehe und das Säuern derselben,
sowie den schlechten Geschmack verursache. Exacte Versuche von Soxhlet haben jedoch gezeigt, daſs diese Ansicht
unrichtig ist und daſs die ungünstige Wirkung auf die Milch vielmehr darauf
zurückzuführen ist, daſs die genannten Futtermittel, welche reich an Spaltpilzen
sind, die Stallluft mit diesen stark inficiren, und daſs nun aus der Stallluft beim
Melken die Pilze in die Milch gelangen und die geringere Haltbarkeit derselben
verursachen. Aehnlich dürfte es sich nach Weiske's
Ansicht bezüglich des Geruchs und Geschmacks der Milch verhalten, denn wenn auch
manche Futtermittel sehr beträchtliche Mengen von Säuren, darunter auch
übelriechende, flüchtige Fettsäuren, enthalten (z.B. die gesäuerten
Diffusionsrückstände nach Untersuchungen des Referenten bis zu einem Drittel der
Trockensubstanz auf Milchsäure berechnet), so ist doch anzunehmen, daſs unter
normalen Verhältnissen diese Säuren im Thierkörper verbrannt werden und nichts davon
in die Milch gelangt. Diese Annahme fand Weiske durch
einen Versuch bestätigt. Er gab einer Ziege täglich 1g Buttersäure unter den nöthigen Vorsichtsmaſsregeln, so daſs nichts von
dem Buttersäuregeruche in die Stallluft gelangen konnte. Der Geruch und Geschmack
der Milch blieb vollständig rein und frei von Buttersäure. Auch die chemische
Prüfung der Milch ergab
in derselben keinen gröſseren Säuregehalt als bei normaler Fütterung. Verfasser
schlieſst daraus, daſs, sofern nicht zu groſse Quantitäten von organischen Säuren
zur Aufnahme gelangen und sofern durch die Säureaufnahme keine Verdauungsstörungen,
sowie andere der Gesundheit nachtheilige Folgen eintreten, ein Uebergang dieser
Säuren in die Milch nicht stattzufinden scheint, sondern vielmehr auch hier die
verunreinigte Stallluft als die Ursache der schlechten Beschaffenheit der Milch
anzusehen sein dürfte.
Ueber den Glyceringehalt der Branntweinschlämpe
veröffentlicht Hans Graf v.
Torring in den Landwirthschaftlichen
Versuchsstationen, 1889 Bd. 36 S. 23, eine umfangreiche Arbeit. Der
Verfasser prüfte nach einer von ihm ausgearbeiteten Methode (ähnlich der von Dietz, vgl. 1888 268 128) 7
Proben Schlämpe auf ihren Gehalt an Glycerin und fand im Durchschnitte auf 1l Schlämpe 2g,520 oder auf 100g Schlämpetrockensubstanz
3g,12 Glycerin. Diese Zahlen bleiben erheblich
unter denen, welche sich aus dem Alkoholgehalte der Maischen auf Grund der von Pasteur ermittelten Zahlen berechnen lassen. Diese
Differenz ist wohl dadurch zu erklären, daſs ein Theil des Glycerins durch
Nebengährungen wieder zerstört wird. Möglicherweise bildet sich durch diese
Zersetzung des Glycerins der im Rohspiritus enthaltene Propyl- und Butylalkohol. In
der getrockneten Schlämpe fand Verfasser, auf wasserfreie Substanz berechnet, nur
1,9 Proc. Glycerin, während 100 Th. Trockensubstanz der frischen Schlämpe 2,57 bis
3,92 Th. Glycerin enthielten. Es geht also beim Trocknen fast die Hälfte des
Glycerins verloren. Verfasser berechnet die Menge Glycerin, welche die Thiere in den
üblichen Schlämpegaben erhalten, und glaubt nach den bis jetzt vorliegenden
Beobachtungen über die Ausnutzung und Bekömmlichkeit des Glycerins, daſs diese
Mengen, besonders in der groſsen Verdünnung, nicht nur ohne Nachtheil für die
Gesundheit der Thiere sein werden, sondern auch voll zur Ausnutzung gelangen, d.h.
eine ihrem Verbrennungswerthe entsprechende Menge Wärme liefern werden. Da nun 100
Th. Glycerin dieselbe Wärmemenge liefern wie 110 Th. Stärke und da andererseits das
Glycerin leicht löslich und resorbirbar und vollständig verdaulich ist, so hält
Verfasser dasselbe für einen sehr werthvollen Bestandtheil der Schlämpe.
Andererseits macht Verfasser darauf aufmerksam, daſs in Folge des Gehaltes der
Schlämpe an Holzfaser und incrustirenden Substanzen die Annahme, daſs die gesammten
stickstofffreien Extractstoffe der Schlämpe den Werth der Stärke besitzen,
unzutreffend sei und eine ungerechtfertigte Ueberschätzung des wirklichen
Nährwerthes dieser Stoffe in sich schlieſsen. (So viel dem Referenten bekannt ist,
bringt man auch nur 85 Proc. der stickstofffreien Stoffe als verdaulich in
Rechnung.)
Die Frage, weshalb sich auf Maismaischen, welche mittels
Hochdruck hergestellt sind, kein Oel absondert, während bei Maischen, nach
altem Verfahren
bereitet, eine bedeutende Oelabsonderung stattfindet, wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 12 S. 144, von
Heinzelmann dahin beantwortet, daſs das Oel sich
hauptsächlich in den Zellen des Embryo vorfindet, und daſs durch das Zerkleinern des
Maiskorns durch Schroten der Embryo von den Umhüllungen befreit und dadurch das Oel
bloſsgelegt wird. Beim Dämpfen unter Hochdruck ohne Zerkleinerung findet eine solche
Freilegung der ölhaltigen Zellen wahrscheinlich nicht in dem Maſse statt. Jedenfalls
aber ist eine Zersetzung des Oeles, wie der Fragesteller sie vermuthet, nach den
Versuchen, welche Heinzelmann durch Erhitzen von Maisöl
mit Wasser unter hohem Drucke ausgeführt hat, nicht zu befürchten.
(Fortsetzung folgt.)