Titel: | Neuerungen an Rotationsdruckpressen. |
Autor: | Kn. |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 341 |
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Neuerungen an Rotationsdruckpressen.
Patentklasse 15. Mit Abbildungen im Texte und auf
Tafel 18.
Neuerungen an Rotationsdruckpressen.
Die Rotationsdruckmaschinen, deren groſse Vortheile in der Verwendbarkeit endlosen
Papieres und stetigen Drehung der Druckcylinder liegen, sind bekanntlich
amerikanisch-englischen Ursprunges und verhältniſsmäſsig jungen Alters, haben aber
wohl von allen Druckmaschinen zufolge des groſsen Aufschwunges des Zeitungswesens
die bedeutendste Entwickelung durchgemacht. In Deutschland war die Augsburger Maschinenfabrik diejenige Firma, welche 1872
den Rotationsmaschinenbau zuerst in die Hand nahm (vgl. 1882 244 * 429), und diese Augsburger Maschinen sind auch insofern
bemerkenswerth, als sie die ersten Maschinen waren, die dauernd zum Werkdruck (Pierer's Lexikon und Meyer's Conversationslexikon) und ferner zum Illustrationsdrucke (Hallberger'sche Illustrirte Blätter) verwendet wurden.
Bald folgten auch Koenig und Bauer in Oberzell bei
Würzburg u.a.
Die Rotationsmaschine hat bekanntlich die Beschränkung an sich, daſs ein und dieselbe
Maschine stets das gleiche Format liefert und das Papier für dieselbe in
entsprechender Breite angefertigt werden muſs. Die Maschine kann daher immer nur zur
gleichen Arbeit bezieh. zu Arbeiten gleichen Formats verwendet werden, welcher
Nachtheil für Zeitungsdruck nicht hervortritt, da hier zu einem Wechsel des Formates
eine Veranlassung nicht vorliegt, hingegen bei Werkdruck bemerkbar wird. Diese
Einseitigkeit der Rotationsmaschine hat ihre unangenehme Seite für die liefernde
Maschinenfabrik, da diese bei der groſsen Verschiedenheit der Zeitungsformate selten
in der Lage sein wird, die betreffende Maschinengröſse in einer gröſseren Reihe von
Exemplaren auszuführen, sondern häufig zur Neubeschaffung von Modellen wird
schreiten müssen. Diese Verhältnisse haben naturgemäſs den Anlaſs
Textabbildung Bd. 273, S. 342
gegeben, auf den Bau von Rotationsmaschinen hinzuwirken,
welche die Benutzung verschiedener Formate bezieh.
einen Wechsel des Formates gestatten, und war es hier Jules
Derriey in Paris, welcher 1876 die Beschreibung einer derartigen Maschine
veröffentlichte. Die Maschine, welche auf der Pariser Ausstellung 1878 vertreten
war, bewirkte den Wechsel des Formates durch Schneiden des Papieres vor dem Drucke und mittels Einlaufwalzen mit
veränderlicher Geschwindigkeit, scheint indessen nur ein Ausstellungsdasein geführt
zu haben.
In neuerer Zeit haben nun Koenig und Bauer diese Frage
wieder aufgenommen, und ist es dieser Firma gelungen, eine Rotationsmaschine für
wechselnde Formate zu bauen, welche den an eine derartige Maschine zu stellenden
Anforderungen in der vollkommensten Weise entspricht. Der Wechsel des Formates wird
ebenfalls mittels Einlaufwalzen mit veränderbarer Geschwindigkeit erreicht, die
genaue Führung der abgeschnittenen Bogen beim Schön- und Widerdruck und zum Ausleger
aber erfolgt unter Vermeidung von Bändern oder Greifern auf pneumatischem Wege. Diese Einrichtungen sind der Firma unter Nr. 36459 vom
10. November 1885 patentirt.
Die Textfigur gibt eine perspectivische Ansicht der ganzen Maschine, an deren vom
Beschauer abgewendeten Gestellseite ganz rechts die für den Wechsel des Formates
getroffene Einrichtung angeordnet ist, welche in den Fig. 1 bis 4 Taf. 18 gesondert zur
Darstellung gebracht ist. Das zu bedruckende Papier wickelt sich in bekannter Weise
von der Papierrolle ab und wird zwischen Leitwalzen, den Einlaufwalzen EE1 und den
Schneidcylindern SS1
hindurchgeführt, wobei das Abschneiden der einzelnen Bogen bezieh. das Umstellen der
Maschine für ein anderes Format in folgender Weise bewirkt wird. Die
Schneidcylinder, von denen der eine S das Schneidmesser
oder vielmehr Perforirmesser, der andere S1 die Nuth enthält, werden durch Zwischenräder vom
Druckcylinder aus getrieben, haben somit dieselbe Umfangsgeschwindigkeit wie dieser,
und da auſserdem der das Schneidmesser enthaltende Cylinder S den gleichen Durchmesser wie der Druckcylinder hat, so wird bei jeder
Umdrehung des letzteren ein Bogen abgeschnitten. Würden die Einlaufwalzen EE1 dieselbe
Umfangsgeschwindigkeit haben wie SS1
, so müſsten selbstredend Bogen abgeschnitten werden,
welche in ihrer Länge genau dem Umfange des oberen Schneidcylinders S bezieh. des Druckcylinders entsprechen. Verringert
man dagegen die Geschwindigkeit der Walzen EE1, so daſs das Papier langsamer von der Rolle
abgewickelt und durch die sich nur im Moment des Schnittes berührenden
Schneidcylinder geführt wird, so werden, wie leicht ersichtlich, entsprechend
kleinere Bogen abgeschnitten. Man hat es sonach in der Hand, durch Aenderung der
Geschwindigkeit der Walzen EE1 beliebige Formate herzustellen, indem man die Walze E mit einem gröſseren oder kleineren Wechselrade W versieht.
Zu dem Zwecke ist auf den Zapfen des Cylinders S1 ein schwingender, mittels Schlitz g und Stift h in
verschiedenen Lagen festzustellender Arm f aufgesteckt,
welcher das auf einem Stifte sich drehende Zwischenrad Z trägt. Dieses doppelt breite Rad ist sowohl mit dem Rade des Cylinders
S als auch mit dem Wechselrade W in Eingriff und überträgt mithin die Bewegung von S1 auf E.
Fig. 1 stellt
die Vorrichtung für das gröſste Format dar. In diesem Falle ist das kleinste
Wechselrad W aufgesteckt und steht der Arm f in seiner äuſsersten Stellung rechts.
Um schnell den richtigen Eingriff der Zahnräder bei jedem Wechsel des Formates zu
linden, ist an der Seitenwand der Maschine eine Scala k
angebracht, welche so viele Stationslöcher enthält als Formate gedruckt werden
sollen. Durch Einstecken eines Stellstiftes i in das
entsprechende Loch ist der Arm f sofort in die für das
gewünschte Format erforderliche Lage gebracht.
Hat z.B. das Druckcylinderrad bezieh. das Rad an S 60
Zähne und das Rad an E 30 Zähne, so wird (wenn man den
halben Umfang des Druckcylinders als kleinstes Format annimmt) das Wechselrad W für diesen Fall 60 Zähne haben müssen, dagegen für
das gröſste Format, welches gleich dem Umfange des Druckcylinders weniger der
Aussparung l (Fig. 5) ist, ein
Wechselrad mit 32 Zähnen erforderlich sein. Man kann demnach durch abwechselndes
Einschalten von Wechselrädern, deren Zähnezahl von 32 bis 60 immer um 1 wächst, 29
verschiedene Längenformate herstellen.
Die Zuführung der einzelnen abgeschnittenen Bogen muſs selbstverständlich, um ein
genaues Register zu erzielen, eine durchaus exacte sein. Es wird dies dadurch
erreicht, daſs die gleichmäſsig gespannten Bänder zwischen Schneid- und
Druckcylinder mittels Walzen, welche durch Zwischenräder mit dem Druckcylinderrade
in Verbindung stehen, mit der Umfangsgeschwindigkeit des Druckcylinders getrieben
werden.
Auſserdem ist es für die registerhaltige Zuführung der Bogen nach dem Druckcylinder
erforderlich, bei dem Umstellen der Maschine für ein anderes Format jedesmal die
Schneidcylinder so einzustellen, daſs der abgeschnittene Bogen genau an der Stelle
eintrifft, wo er vom Druckcylinder übernommen wird. Um diese genaue und feine
Einstellung zu ermöglichen, sind die äuſseren Schneidcylinderräder SS1 nicht direkt auf
den Zapfen aufgekeilt, sondern sitzen jedes auf einem mit dem Zapfen fest
verbundenen Frictionsconus, auf welchem sie mittels Schraube fest aufgepreſst werden
können (Fig.
3). Nach Lösen dieser Schrauben kann man die Schneidcylinder mittels eines auf
der verlängerten Achse von S mit Nuth und Feder
sitzenden Schneckenrades r2 (Fig.
3 und 4) und einer am Rade S gelagerten Schnecke
r3, sowie der
inneren, auf den Achsen von S und S1 festsitzenden Räder
S2
S3 beliebig gegen die
hierbei still stehen bleibenden eigentlichen Triebräder SS1
verstellen. Fig. 3 und 4
veranschaulichen zugleich die eine genaue Einstellung sichernde Scala d und den Zeiger d1
, erstere am Triebrade S,
letzterer am Schneckenrade r2 angebracht.
Diese Einrichtung zum Wechseln des Formates hat bei der in der Reichsdruckerei in
Berlin aufgestellten, für Werk- und Tabellendruck bestimmten Maschinen insofern
später eine Abänderung erfahren, indem die Scala k in
Fig. 1 zu
einer Scalenplatte k1
ausgebildet und der Arm f in seiner Länge veränderbar
gemacht ist. Die Mannigfaltigkeit der möglichen Formate ist damit natürlich sehr
gesteigert.
Die Eingangs genannte pneumatische Führung der so
abgeschnittenen Bogen durch den Schön- und Widerdruck nach dem Falz- oder
Ablegeapparate, ohne Anwendung von Bändern oder Greifern, ist in Fig. 5 dargestellt. Die
Anordnung besteht im Wesentlichen erstens aus einem stetig wirkenden, ganz
unabhängig von dem Bewegungsmechanismus der Maschine betriebenen
Luftverdünnungsapparat, zweitens aus einem denselben mit den beiden Druckcylindern
verbindenden Rohrsysteme, in welchem durch ersteren eine dauernde Luftverdünnung
erzeugt wird, und drittens aus einer doppelten Hahnsteuerung, welche bewirkt, daſs
das Papier abwechselnd angesaugt und durch Unterbrechen des Saugens, sowie
gleichzeitige Luftzuführung wieder abgegeben wird.
Die Druckcylinder DD1,
welche in einer Wagerechtebene liegen, während die beiden Plattencylinder PP1 im Winkel zur
Centrallinie der Druckcylinder gestellt sind, tragen jeder in einer Vertiefung eine
um Zapfen drehbare Stange m bezieh. m1, welche,
gleichzeitig mittels eines Hebelarmes das Festklemmen des Druckfilzes bewirkend, das
Werkzeug zum Festhalten des Papierbogens auf dem Druckcylinder bildet. Dieselbe ist
mit einer der Breite des gröſsten Formates entsprechenden durchlaufenden Nuth n versehen, welche durch gleichmäſsig vertheilte Stege
in mehrere längliche Saugschlitze abgetheilt wird, um das Hineinsaugen des Papieres
zu verhüten. Unterhalb der Nuth n ist die Stange durch
den einen Zapfen hindurch bis zur Mitte ausgebohrt und an dieser Stelle diese
Bohrung o durch einen länglichen Schlitz mit der Nuth
n in Verbindung gesetzt. Die Bohrung o steht durch ein gebogenes Rohr p mit einer durch den Zapfen der Druckcylinderwelle
gehenden Bohrung q in Verbindung, an welche sich wieder
ein durch eine Stopfbüchse gestecktes, nach dem Steuerungshahne r führendes Rohr s
anschlieſst. Die beiden Hähne rr1 sind durch ein Rohr t
mit einander verbunden, in welches schlieſslich das von dem Luftverdünnungsapparate
abgeleitete Rohr u mündet.
Die Hahnkegel, welche, wie aus der Zeichnung deutlich erkennbar, mit einem gerade
durchgehenden und einem im Winkel in diesen mündenden Kanal versehen sind, werden
mittels der Excenter vv1 und der zweiarmigen Hebel ww1
, welche an ihrem oberen Ende eine Rolle und an ihrem
unteren ein in das Zahnrädchen z eingreifendes
Zahnsegment tragen (vgl.
auch die Textfigur), abwechselnd in eine kurze Drehung versetzt, wodurch einmal die
Verbindung der Stange m mit dem Saugrohre u hergestellt, das andere Mal dieselbe geschlossen und
dagegen bei y der äuſseren Luft Eintritt gewährt
wird.
Fig. 5 zeigt
die Stellung der Druckcylinder, bei welcher der von den Schneidcylindern kommende
Bogen an die obere, geschlitzte Fläche der Stange m
angesaugt wird, während der vorhergehende, bereits um D
und D1 herumgeführte
Bogen von m1
losgelassen bezieh. abgestoſsen und dem Ausgangsbändersysteme übergeben wird.
Diese Hahnsteuerung arbeitet sehr zuverlässig, so daſs die Ueberführung der Bogen von
dem einen Cylinder auf den anderen augenblicklich erfolgt und die Maschine mit einer
Geschwindigkeit laufen kann, welche die Herstellung von etwa 10000 auf beiden Seiten
bedruckten Exemplaren in der Stunde ermöglicht. – Eine wesentliche Bedingung für das
gute Arbeiten der pneumatischen Vorrichtung bildet dabei natürlich eine glatte,
faltenlose Papierrolle.
Auch dieser Theil der Rotationsmaschine hat in neuerer Zeit Verbesserungen erfahren,
und zwar betrifft dies den Steuerungsapparat, indem die Hähne rr1 durch Ventile ersetzt sind, deren Anbringungsstelle und
Antrieb im Wesentlichen gleichartig ist. Die Maschine der Reichsdruckerei besitzt
bereits eine derartige Ventilsteuerung, während unsere Textfigur noch eine Maschine
mit Hahnsteuerung zeigt.
Eine weitere Vervollkommnung hat die Maschine erfahren durch Anordnung einer Abschmutzrolle für Werk- und Illustrationsdruck,
welche, wie die Textfigur erkennen läſst, auf einem Wagen gelagert ist, der auf die
Grundplatte der Maschine ungefähr in die Mitte der letzteren hineingeschoben wird.
Das Papier wird über den Widerdruckcylinder geleitet und wickelt sich nachdem wieder
auf eine Achse auf, welche in Lagern eines gleichen Wagens am Ende der Maschine
(Textfigur links) ruht. Bei der Schnelligkeit, mit der die Maschine zu arbeiten
bestimmt ist, und welche zwischen 8000 bis 14000 Exemplaren in der Stunde
(gewöhnlich 12000) liegt, schien es für Werk- und Illustrationsdruck unerläſslich,
Vorkehrungen gegen das Abschmutzen zu treffen, die Schwierigkeit aber lag darin, da
der Bogen unmittelbar an den Druckcylinder angesaugt wird, das Abschmutzpapier
zwischen beiden hindurchzuführen ohne die Saugwirkung auf den Bogen zu
beeinträchtigen. Dem ist man dadurch begegnet, daſs das Abschmutzpapier, ehe es den
Widerdruckcylinder erreicht, durch eine Perforirvorrichtung geführt und an der
Ansaugstelle gelocht wird, so daſs für den mit dem Schöndrucke versehenen Bogen die
Verbindung mit dem Saugapparate hergestellt wird. Bei der Maschine der
Reichsdruckerei hat eine Benutzung der Abschmutzrolle bis jetzt nicht
stattgefunden.
Bei dieser für alle feineren Arbeiten bestimmten Maschine sind naturgemäſs auch
möglichst vollkommene Farbwerke vorgesehen, welche, wie die Textfigur zeigt,
unterhalb des Schöndruck- und oberhalb des Widerdruckcylinders liegen. Sie enthalten
je vier Auftragwalzen groſsen Durchmessers und fünf Nacktcylinder verschiedenen
Durchmessers mit seitlicher Bewegung, nebst allen dazu gehörigen Masse- und
Vertheilungswalzen.
Die fertig bedruckten Exemplare werden entweder zu fünf oder zehn Stück auf einer
Trommel gesammelt und dann packweise ausgelegt (Maschine der Reichsdruckerei), oder
zur Verhütung des Abschmierens durch einen pneumatischen
Ausleger einzeln ausgelegt, welcher eine vierte wesentliche Vervollkommnung
der Maschine bildet (Maschine von C. G. Naumann in
Leipzig). Dieser Ausleger ist auf der Textfigur ganz links unten, direkt über dem
Ausführungstuche, durch das Gestell hindurch sichtbar und besteht aus fünf schmalen,
mit Saugschlitzen versehenen Scheiben von dem doppelten Durchmesser der
Druckcylinder, die auf einer hohlen, mit den Schlitzen und der Luftpumpe in
Verbindung stehenden Welle sitzen, und zwar so, daſs die beiden äuſseren je nach der
Breite der Papierrolle enger zusammen oder weiter aus einander gerückt werden können
(Journal für Buchdruckerkunst, 1888 Nr. 34). Diesen
Scheiben werden die Bogen, sowie sie den Widerdruckcylinder verlassen, durch Bänder,
die nur im Mittelstege und an den Rändern doppelt laufen, zugeführt, und, sobald sie
dieselben berühren, an ihrem Vorderrande angesaugt und so lange festgehalten, bis
sich die Scheiben um ihren halben Umfang gedreht haben, worauf die Saugwirkung
aufhört und sie mittels leicht gebogener dünner Rundstäbe, die nur einen kleinen Weg
zwischen den Scheiben auf und nieder machen, auf ein unterhalb der letzteren
angebrachtes endloses Tuch ausgelegt werden. Haben sie sich hier in genügender Menge
angesammelt, so wird das Tuch mittels einer nur einen Handgriff erfordernden
übersetzten Kurbelbewegung rasch nach vorn geschoben und der Stoſs weggenommen.
Die im Vorstehenden beschriebene Maschine, welche zur Zeit ohne Nebenbuhlerin dasteht
und zur vollen Zufriedenheit ihrer Besitzer arbeitet, zeigt, in welch groſsartiger
Weise Koenig und Bauer die Aufgabe, eine
Rotationsmaschine für wechselnde Formate zu schaffen, gelöst haben. Die Maschine,
deren Preis alles in allem etwa 40000 M. beträgt, ist natürlich mit der Sorgfalt
ausgeführt, welche an Koenig und Bauer'schen Maschinen
bekannt ist, und ist bis jetzt in fünf Exemplaren in Arbeit bezieh. zur Ausführung
gelangt: die erste und fünfte für C. G. Naumann in
Leipzig und die übrigen drei für die deutsche Reichsdruckerei in Berlin, für die
österreichische Hof- und Staatsdruckerei in Wien und für die Druckerei des heiligen
Synods in St. Petersburg.
Eine Rotationsmaschine für wechselnde Formate ist auch von J. Missong in Höchst a. M. construirt worden (* D. R. P. Nr. 43544 vom 15.
December 1886). Dieser Construction scheint die genannte Koenig und Bauer'sche Maschine zum Ausgangspunkte gedient zu haben und soll auch dieselbe die
Einstellung des Schneidapparates beim Wechsel des Formates und die Führung der
abgeschnittenen Bogen zum Schöndruckcylinder mittels Bänder vermieden werden. Auch
würden damit eine Reihe von Zwischenrädern für den Antrieb der Band walzen
entbehrlich, wodurch das Geräusch der Maschine und auch die Länge der letzteren
verringert würde. Die Führung des Bogens erfolgt demgemäſs bei dieser Construction
in der Weise, daſs der Bogen unmittelbar nach dem Schnitte am hinteren Rande (vor der Schnittlinie) an den unteren
Schneidcylinder angesaugt und von diesem an den Schöndruckcylinder unmittelbar
übergeben wird.
Die Fig. 6 Taf.
18 zeigt ein schematisches Bild der ganzen Maschine. Das zu bedruckende endlose
Papier a wird von der Rolle R durch die Leitwalzen l1
l2 geführt, von den
Speisewalzen L1
L2, welche das Papier
ruckweise verschieben, erfaſst und entsprechend der Bogenlänge durch die einen
Zwischenraum lassenden Schneidcylinder C1
C2 geführt, und in die
in der Figur dargestellte senkrechte Lage gebracht. Nachdem so das Papier um die
Formatlänge zwischen den Schneidcylindern sowie dem unteren Schneidcylinder C1 und dem
Schöndruckcylinder S hindurchgeschoben ist, erfolgt das
Abschneiden des Papierbogens, und in demselben Augenblicke wird derselbe am hinteren
Rande (vor der Schnittlinie) an den unteren Schneidcylinder C1 angesaugt und so lange gehalten und
geführt, bis die Uebergabe an den Schöndruckcylinder S
erfolgt, während gleichzeitig der vordere Rand des endlosen Papieres mittels einer
gemeinsamen oder einer getrennten Saugvorrichtung ebenfalls angesaugt und zwischen
C1 und S eingeführt wird. In der gezeichneten Stellung wird
somit das Abschneiden des unbedruckten Bogens bewirkt, alsdann erfolgt die Uebergabe
des Bogens an den Schöndruckcylinder S, welcher ihn mit
dem Schöndruck versieht und dann dem Widerdruckcylinder W übergibt, wobei die Theile wieder die in der Fig. 6 gezeichnete
gegenseitige Stellung einnehmen. Nach dem Widerdrucke erfolgt das Loslassen des
beiderseitig bedruckten Bogens und Erfassen seitens des ebenfalls mit
Saugvorrichtung versehenen Führungscylinders f, worauf
der Bogen zwischen den Bändern xy nach dem Falz- oder
Auslegeapparate geführt wird.
Die obere Speisewalze L2
ist eine gewöhnliche cylindrische Walze, welche durch ihr Eigengewicht und eine
elastische Feder gegen die untere Speisewalze L1 gepreſst wird und im Berührungsfalle mit der
Arbeitsfläche der letzteren das Vorziehen des Papieres bewirkt. Die untere
Speisewalze L1 dagegen
besteht aus mehreren gegen einander verstellbaren Scheiben a1
a2 (Fig. 7 und 8), von denen
wechselsweise eine fest und die andere lose auf einer gemeinsamen Achse d sitzen. Die auf der Achse d festsitzenden Scheiben a1 sind mit einem Schlitze b und die losen Scheiben a2 mit einer Nabe c
(Fig. 7)
versehen, durch welche eine runde Stange e lose
hindurchgesteckt ist, auf welcher auf einer Seite ein Zahnrad z1 fest aufgekeilt ist, während auf deren anderen
Seite ein Zahnrad z3
sitzt, welches, durch Nuth und Feder gegen Drehung auf der Stange e gesichert, in achsialer Richtung verschiebbar
ist.
Die Zahnräder z1 und z3 stehen in Eingriff
mit den auf der Welle d festsitzenden Zahnrädern z2 und z4, und durch diese
beiden Räderpaare z1
und z2, und z3 und z4 wird die Verstellung
der Scheiben a1 und a2 gegen einander
bewirkt.
Das Feststellen der Stange e und mit dieser der Scheiben
a1 und a2 wird durch die
Mutter m bewirkt. Die Stange e ist an beiden Enden mit einem Vierecke für eine kleine Kurbel versehen.
Der Zeiger z zeigt auf einer Scala die Länge des von
der oberen Speisewalze L2 berührten Umfanges der unteren Speisewalze L1, d. i. die Länge des jeweiligen
Formates, an.
Beim Wechseln bezieh. Einstellen des Formates wird die Mutter m gelöst und mittels auf die Stange e
gesteckter Kurbeln die Scheiben a1 und a2 so gegen einander verstellt, bis der Zeiger z die gewünschte Formatlänge anzeigt, worauf die Mutter
m wieder angezogen wird.
Die Mantelfläche der gegen einander verstellbaren Scheiben a1
a2... der Speisewalze
L1 ist somit in
ihrem Umfange in zwei Hälften abgesetzt in der Weise, daſs die eine Hälfte mit dem
gröſseren Radius von der oberen gewöhnlichen Speisewalze L2 berührt und demnach das Papier je nach
der gegenseitigen Stellung der Scheiben a1
a2 mehr oder weniger
ruckweise vorgeschoben wird. Dieses ruckweise Vorschieben des Papieres ermöglicht,
daſs dasselbe mit der Umfangsgeschwindigkeit der Druck- und Schneidcylinder
zugeführt wird, und somit auch das Ansaugen des vorderen Papierbogenrandes an den
unteren Schneidcylinder. Die Formatlänge kann bis auf die Hälfte des Maximalformates
reducirt werden, und wenn die obere Speisewalze L2 durch die gleiche Walze wie L1 ersetzt wird, so
kann man die Formatlänge beliebig verringern.
Die Steuerung für die verschiedenen Luftzu- und Abführungen erfolgt mittels eines
Flachschiebers, welcher durch eine unrunde Scheibe bethätigt wird, wobei die
letztere auf einer Welle sitzt, welche die gleiche Anzahl Umdrehungen macht wie die
Druckcylinder.
Die beschriebene Führung des Papieres läſst sich mit entsprechenden Abänderungen auch
für Schön- und Widerdruckmaschinen mit hin und her gehendem Typenfundamente
verwenden (vgl. ferner 1889 271 * 566), wobei sich die
Einschaltung eines über dem Schöndruckcylinder liegenden Führungscylinders zwischen
dem unteren Schneidcylinder und dem Schöndruckcylinder nothwendig macht, um Platz
für den in die senkrechte Lage gebrachten Papierbogen zu gewinnen, weil bei
unmittelbarer Uebergabe an den Schöndruckcylinder die Höhe zwischen dem hin und her
gehenden Typenfundament und der Druckcylindermitte für das gröſste Format nicht
ausreicht.
Eine weitere Neuerung im Rotationsmaschinenbaue liegt von Seiten der bekannten Firma
J. H. Buxton, D. Braithwaite und M. Smith in
Manchester, England, vor, und zwar betreffs der Einfügung wichtiger Nachrichten,
wenn die cylindrischen Platten bereits gegossen und aufgeschraubt sind. Nach dem Archiv für Buchdruckerkunst, 1889 Heft 4, werden zu
diesem Zwecke in England und Amerika beispielsweise folgende Verfahren angewendet.
Handelt es sich darum, bei Wettrennen die Namen der Sieger nachträglich noch den
Stereotypplatten der Rotationsmaschinen einzuverleiben, so werden die Platten an den
betreffenden Stellen hochgegossen, so daſs sie hier schwarze Felder drucken. Sobald
nun die betreffenden Namen gemeldet werden, schlägt man sie mittels Stahlstempel
ein, so daſs dieselben weiſs auf schwarzem Grunde erscheinen. Zuweilen stellt man
die „Letzten Nachrichten“ auch wohl als schmale Stereotypleiste her, welche
in irgend einen Steg des Stereotypcylinders eingeschoben wird, falls man es nicht
vorzieht, in einen der geraden genutheten Stege des Stereotypcylinders einen mit der
gesetzten Zeile ausgestatteten Setzkasten einzuschieben.
Dieses Verfahren soll nach Printer's Register in der Druckerei der Midland Press in Wolverhampton in Anwendung sein, und ist der genannte
Setzkasten ein kleines flaches Kästchen, dessen dünner Boden der Rundung des
Schriftcylinders angepaſst und genau so stark ist, daſs das Bild der eingefügten
Schrift mit dem Bilde der Schrift der Stereotypplatte in ein und dieselbe
cylindrische Ebene fällt. Da die Dicke der gekrümmten Stereotypplatten nur 9 bis
12mm beträgt, also etwa halb so viel als die
Schrifthöhe, so müssen die zu solchem Satze bestimmten Lettern vorher durch Abhobeln
auf entsprechende Höhe gebracht werden. Es ist indeſs nicht immer zu erreichen, daſs
die Bildflächen der Lettern genau in die Druckfläche des Stereotypcylinders fallen,
so daſs deren Druck nicht immer regelmäſsig wird, wenn er auch deutlich und gut
lesbar bleibt.
Bei den lediglich von Typen gedruckten Zeitungen hat es sich als zu umständlich
erwiesen, späte Nachrichten dadurch einzufügen, daſs man eine ganze Columne vom
Cylinder abnimmt, in den Setzersaal bringt, daselbst aus einander nimmt, von Neuem
wieder setzt und dann auf die Maschine schraubt. Dieses Verfahren verlangt meist
mehr Zeit als wenn man nur eine Stereotypplatte auszuwechseln hätte.
Man ist daher in neuerer Zeit dazu übergegangen, noch einen besonderen kleinen
Nebenformencylinder in der Maschine anzuordnen, der, gewünschten Falles mit einem
besonderen Farbwerke ausgestattet, ermöglicht, die „Letzten Nachrichten“ in
anderer Farbe, z.B. in Roth, einzudrucken, wie das von Alauzet in Paris bewirkt wird. Dieses Verfahren, zu Reclamezwecken
einzelne Theile oder Annoncen der Zeitung farbig zu drucken, scheint überhaupt
neuerdings in Frankreich eine ausgedehntere Anwendung zu finden, und wird theilweise
auch der in einer
zweiten Farbe druckende Theil der Schriftform oder der Stereotypplatte in dieser
beweglich angeordnet, derart, daſs er mittels Curvenscheiben, Hebel u.s.w. über die
übrige Druckformfläche herausgehoben und besonders eingefärbt wird, worauf er in die
Druckform wieder zurücktritt und nun mit der ganzen Form wie sonst gedruckt
wird.
Die weiter oben genannte Neuerung von J. H. Buxton, D.
Braithwaite und M. Smith in Manchester betrifft nun ebenfalls die Anordnung
eines solchen Nebenformencylinders zum Eindrucken der
„Letzten Nachrichten“ (* D. R. P. Nr. 45850 vom 3. März 1888), und ist
dessen Anordnung, sowie Befestigung und Anordnung seiner Typen in Fig. 9 bis 13 zur
Darstellung gebracht. Dieser Nebenformcylinder B
ergänzt die auf dem Hauptcylinder A nicht ausgefüllten
Theile des Letternsatzes bezieh. der Zeitungsspalten und ist in der Rotationspresse,
wie Fig. 9 und
10
zeigen, angeordnet. C bezeichnet darin den Cylinder,
über den sich das Papier bewegt; E sind die Färb walzen
für den Nebenformen- und für den Hauptformencylinder A.
Das Farbwerk kann natürlich auch getrennt werden, so daſs der Nebenformcylinder ein
eigenes Farbwerk, eventuell in einer zweiten Farbe, erhält. Der Cylinder B wird mittels eines Excenters T an den Papiercylinder C entsprechend
angepreſst und mittels der Theile UI in der
Druckstellung festgestellt. Zur Aufnahme der Typenkästen besitzt der
Nebenformcylinder am Umfange parallel der Achse verlaufende schwalbenschwanzförmige
Ausschnitte, in welche die Kästen mit entsprechenden Ansätzen K eingeschoben werden.
Die Einrichtung dieser Typenkästen zeigen Fig. 11 und 12. Der Kasten
ist segmentförmig gestaltet und besteht aus dem Segmentringe F mit Schwalbenschwanzkörper K, aus den bei
M ausgeschnittenen Seitenwänden F und aus den schmalen Stirnwänden RR1, von denen die
letztere drehbar angeordnet ist und von der mit Hakennase n versehenen Feder P geschlossen gehalten
wird. Der Kasten ist ferner mit einer Ausbuchtung versehen, zur Aufnahme der Feder
P des auf dem Cylinder B ihm benachbarten Typenkastens, so daſs die einzelnen Typensegmente auf
dem Nebenformencylinder eine fortlaufend sich an einander schlieſsende Druckfläche
bilden können. Die einzelnen Typen sind natürlich keilförmig gestaltet und werden
durch eingelegte gekerbte Regletten H, deren Gestalt
aus Fig. 13 ersichtlich ist, in Linien gehalten. Die Regletten H greifen mit ihren Ansätzen S in die seitlichen Nuthen M der Wände F und sichern im Vereine mit den Ausfüllstücken N die Lage der Typen im Segmentkasten. Die Anordnung
macht natürlich ein sorgsames Schlieſsen des Satzes nöthig, wenn das bei der
schnellen Umdrehung stets drohende Herausfallen von Satztheilen verhütet werden
soll. Die Befestigung der Typensegmentkästen auf dem Nebenformencylinder erfolgt
einerseits mittels der Schwalbenschwänze K,
andererseits mittels einer ebenfalls mit schwalbenschwanzförmigen Ausschnitten
versehenen, am Cylinder B drehbaren Ringplatte. Sind
durch diese die Kästen
eingeschoben, so wird diese Ringdeckplatte entsprechend verdreht und mittels eines
Federstiftes in ihrer Lage gesichert.
Kn.