Titel: | Neuere Telephon-Einrichtungen von Mix und Genest. |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 363 |
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Neuere Telephon-Einrichtungen von Mix und
Genest.
Mit Abbildungen.
Mix und Genest's neuere Telephon-Einrichtungen.
In den letzten Jahren haben sich in Deutschland in den telephonischen
Sprecheinrichtungen mancherlei Aenderungen vollzogen; es sind namentlich handlichere
und weniger Raum einnehmende, dabei aber eher leistungsfähigere Apparate eingeführt
worden. Auch in den im Betrieb der Deutschen Reichs-Telegraphen Verwaltung stehenden
städtischen Telephonanlagen macht sich dies merkbar. Die vor einigen Jahren
ausschlieſslich benutzten, groſsen und schweren Telephone sind verdrängt worden; das
zum Sprechen benutzte durch Mikrophone, das zum Hören benutzte aber durch ein Paar
leichtere und Fig. 1 bequemere Telephone, die nach
ihrer Gestalt allgemein als Löffel-Telephone –
reichsamtlich als „Fernhörer“ – bezeichnet werden.
Fig. 1., Bd. 273, S. 363 Ein solches Löffel-Telephon, wie es von Mix und
Genest in Berlin ausgeführt wird, zeigt Fig.
1; dasselbe wird zweckmäſsig an dem am eigentlichen Telephon befindlichen
Haken aufgehängt und die Leitungsschnur tritt unten am Bug des Hufeisenmagnetes
heraus.Die umgekehrte Anordnung hatten Siemens und
Halske für ihre Löffel-Telephone gewählt. Die Löffel-Telephone von
Mix und Genest unterscheiden sich von den
Siemens'schen sonst nur noch durch die Art
und Weise, wie das die Sprechplatte tragende Mundstück auf den mit den
Drahtrollen und einem Schraubengewinde versehenen Hufeisenmagnet
aufgeschraubt, damit zugleich der Abstand zwischen Magnetkernen und
Sprechplatte bestimmt und dann die Theile in ihrer gegenseitigen Lage
festgehalten werden. Die Löffel-Telephone werden links und rechts
an dem Kasten angehängt, der jetzt eine wesentlich kleinere und gefälligere Form hat
erhalten können, selbst – z.B. auch von Mix und Genest
– als ein künstlerisch ausgestattetes Gehäuse ausgeführt worden ist,
besonders für Haustelephonanlagen.
Auſser den Löffel-Telephonen werden nicht selten auch solche mit stabförmigem Magnet
benutzt.
Wenn nun die Apparate in einem an der Wand hängenden Gehäuse untergebracht werden, so
bleibt immerhin eine gewisse Unbequemlichkeit im Gebrauche derselben, denn man muſs
sich von einem bequemen Sitze erheben, zu einem, wenn auch nur einige Schritte
entfernten Sprechapparate gehen und das Gespräch stehend, in einer mehr oder weniger
gezwungenen Stellung führen; darin liegt für jeden eine Unbequemlichkeit, für viele
ist es ein Opfer, für manchen, z.B. für Kranke, Gelähmte u. dgl., eine
Unmöglichkeit.
Daher schritt man zur Herstellung von Tischgehäusen, die mit den in ihnen
untergebrachten Apparaten auf dem Tische aufgestellt werden können. Damit war
indessen die Unbequemlichkeit nicht ganz beseitigt, da man meistens nahe an dem
Mikrophon sprechen und dieses an sich heranziehen oder lauter sprechen muſste.
Besser vermindert man die genannten Unzuträglichkeiten durch die seit einiger Zeit
in Gebrauch kommenden tragbaren Sprechapparate, welche namentlich auch in hübscher
Form und Ausstattung von der Aktiengesellschaft Mix und
Genest in Berlin in den Handel gebracht werden. Der Sprechapparat, den die
genannte Firma zuerst vor 3 Jahren zum Gebrauche in den Telephon-Vermittelungsämtern
baute, hat jetzt die aus Fig. 2a und b ersichtliche Anordnung; einen Durchschnitt der
älteren Ausführung zeigt Fig. 3.
Fig. 2a., Bd. 273, S. 364
Fig. 2b., Bd. 273, S. 364
Dieses tragbare Mikrotelephon besteht aus einem
Löffel-Telephon, an dessen Griff mittels eines gebogenen Metallrohres ein Mikrophon
von Mix und Genest (vgl. 1887 265 * 266. 1889 272 477) derart befestigt ist,
daſs, während man die Muschel des Telephons an das Ohr legt, das Mikrophon mit
seiner Sprechplatte sich unmittelbar vor dem Munde befindet. Das mit Umschalter ohne
Umschalter Löffel-Telephon unterscheidet sich nicht von dem oben erwähnten. Das
jetzige Mikrotelephon ist entweder nach Fig. 2b
angeordnet oder es ist nach Fig. 2a an der inneren
Seite des Griffes noch ein federnder Contact angebracht, der den Sprechapparat
einschaltet und die Mikrophonbatterie schlieſst Der aus dem Griffe heraustretende
Contacthebel schlieſst sich beim Halten des Telephons ganz mühelos von selbst. Das
Mikrophon ist bezüglich der Bewegung seiner Theile gegen einander etwas anders
eingerichtet als an den feststehenden Apparaten, wodurch es befähigt wird, in jeder
Lage – sogar während der Bewegung – ohne Nebengeräusche gut und klar zu sprechen.
Die Leitungsschnüre treten aus dem gebogenen Rohre heraus.
Fig. 3., Bd. 273, S. 365 In Fig. 3 ist das Mikrophon unten
verschiebbar in einem Schlitze des Messingbügels C
angeordnet. Die früher aus Tannenholz gefertigte, durch Lackanstrich gegen
Feuchtigkeit geschützte Sprechplatte m ist jetzt auf
beiden Seiten mit Glimmer belegt, und zwischen dem Mundstück F und der Messingdose D eingeklemmt. Auf der
Platte sind nur die beiden Kohlenlager b, b befestigt,
welche mit den Stromzuführungsdrähten in leitender Verbindung stehen. Zwischen
beiden war früher die Kohlenrolle K gelagert, welche
durch die Bremsfeder f gegen die Platten gedrückt
wurde; jetzt erhalten die Mikrophone drei Kohlenrollen. Die Fortsetzung des schon
erwähnten Messingwinkels C trägt das beim Hören zu
benützende Telephon, welches, dem besonderen Zwecke entsprechend, mit seitlicher
Höröffnung eingerichtet wurde.
Die conische Messingbüchse E, welche die
Eisenblechplatte N und das Mundstück O trägt, ist auf der Innenseite mit einem Muttergewinde
versehen und auf die Platte R aufgeschraubt. Vermittels
dieses Gewindes erfolgt zugleich die Regulirung des Telephons, d.h. die mehr oder
minder groſse Annäherung der Platte N an die
Magnetkerne. Ein bei s angebrachter kleiner Druckhebel
mit Schraube dient dazu, die Theile R und E in der einmal ermittelten günstigsten Stellung
festzuhalten. Den Hufeisenmagnet h und den Messingbügel
C umgibt ein aus Ebenholz hergestellter Handgriff
H; die Entfernung der Telephonöffnung O von dem Bügel C lieſs
sich früher nach Lüftung der Schraube S2 ändern, damit das Instrument jeder Kopfform
angepaſst werden kann. Neuerdings erscheint diese Verschiebbarkeit überflüssig.
Die vom Mikrotelephon ausgehende vierfache Leitungsschnur endet an einem
Verbindungsstöpsel, welcher mit seinem rechteckigen vorderen Ende in eine
entsprechend geformte Oeffnung des Stöpselkastens hinein gesteckt wird. Die weitere
Ausführung ist nun verschieden, insofern entweder Tischgehäuse angewendet werden,
welche sämmtliche zum Betrieb erforderliche Apparate enthalten, oder auf den Tisch
zu stellende Untersätze, welche nur einige der erforderlichen Apparate aufzunehmen
bestimmt sind. Einen Apparat ersterer Art zeigen die Fig.
4 bis 6 in perspektivischer Ansicht und in
zwei Durchschnitten. K ist ein reich ausgestatteter Kasten von Nuſsbaumholz
mit Bronzebeschlägen und Füſsen, aus dessen schmalen Seitentheilen unten zwei
halbkreisförmige, mit Tuch, Plüsch o. dgl. belegte Flächen A1 und A2 hervorragen, deren eine dem Mikrophon als Auflager
dient, während der Griff des Telephons nahe am oberen Ende auf den entsprechend
geformten Haken des Umschaltehebels h1 zu liegen kommt. Der Hebel h1 hat sein Lager in h2 und liegt entweder
im Ruhezustande auf dem Contacte c1 oder beim Sprechen auf dem Contacte c2.
Fig. 4., Bd. 273, S. 366 Im letzteren Falle schlieſst der Umschaltehebel zugleich bei m1, m2 die
Mikrophonbatterie; es kann demzufolge auch ein Sprechapparat angewendet werden,
welcher den federnden Contact an dem Griffe des Telephons (Fig. 2) nicht besitzt. G ist die Glocke; aus
ihr steht oben der Weckknopf T vor, dessen Schaft T1 durch den Ständer
der Glocke hindurchgeht; k, r, a sind die inneren
Theile der Taste, welche an dem Deckel D befestigt
sind.
Fig. 5., Bd. 273, S. 366
Fig. 6., Bd. 273, S. 366
An dem Deckel ist auch der Wecker w angebracht, der insofern eigenartig eingerichtet ist, als sich in einem
festen Metallstücke zwei Regulirschrauben s1 und s2 befinden, welche es gestatten, die Glocke entweder
als Wecker mit Selbstunterbrechung oder als Wecker mit Selbstausschaltung durch Nebenschluſs
einzuschalten. Im ersteren Falle kommt die Schraube s1 im zweiten dagegen die Schraube s2 zur Verwendung. Der
Deckel kann an dem Scharnier aufgeklappt werden, die drei Federn f2 dienen bei
verschlossenem Zustande des Kastens zur Verbindung der am Deckel befestigten
Klemmschrauben, deren Verbindung mit der Zimmerleitung durch Leitungsschnüre bewirkt
wird.
Fig. 7., Bd. 273, S. 367 Zwei andere Formen von Untersätzen zeigen Fig.
7 bis 9. Diese Untersätze besitzen an
Nebenapparaten nur die Anruftaste und dienen im Uebrigen nur dem Sprechapparate als
Auflager. Das Gestell (Fig. 7) besteht aus einem
Kästchen aus polirtem Nuſsbaumholz; der Knopf der Anruftaste sieht aus der
mittelsten von drei Rosetten hervor. Die beiden anderen Rosetten können ebenfalls zu
Tasten für eine zweite und dritte Leitung benutzt werden. Das mit Füſsen aus
vergoldeter Bronze versehene Kästchen trägt ein künstlerisch geformtes Gestell von
demselben Material. Die weiteren Zubehörstücke (Wecker, Inductionsrolle, Fig. 8. Mikrophonbatterie u.s.w.) befinden sich in
einem kleinen Wandkästchen, welches an einem unauffälligen Orte, z.B. hinter einem
Vorhange, in einem Möbel u. dgl. untergebracht werden kann.
Fig. 8., Bd. 273, S. 367Fig. 8. Obere Ansicht. Der in Fig. 8 und 9 abgebildete Untersatz besteht aus einem Rahmen aus vernickeltem
Eisenguſs, von Obere Ansicht. vergoldeter Bronze u.s.w., dessen mit grünem Plüsch u.
dgl. bezogene Holzfüllung dem Sprechapparate als Auflager dient. Von den drei auf
der Innenseite des Rahmens Fig. 9. befindlichen
Rosetten enthält wieder die mittlere den Druckknopf.
Fig. 9., Bd. 273, S. 367Fig. 9. Seiten-Ansicht. Die Metalltheile der Sprechapparate selbst sind entsprechend der
Ausstattung der Untersätze vernickelt oder vergoldet. Die Ausstattung aller Apparate ist eine
solche, daſs sie auch dem verwöhntesten Geschmacke genügen und den elegantesten
Räumen zur Zierde gereichen. Besonders hervorgehoben mag aber noch werden, daſs die
vorstehend beschriebenen Apparate selbst beim Sprechen auf die gröſsten Entfernungen
benutzt werden können, daſs sie daher nicht bloſs in der Telephonie für häusliche
Zwecke, sondern ebenso gut auch in den städtischen Telephonnetzen, etwa als zweite,
dritte u.s.w. Apparate benutzt werden können und beim Sprechen von einer Stadt zur
andern.