Titel: | Ueber die Untersuchung und das Verhalten von Cement. |
Autor: | R. Zsigmondy |
Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 587 |
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Ueber die Untersuchung und das Verhalten von
Cement.
(Schluſs des Berichtes S. 551 d. Bd.)
Ueber die Untersuchung und das Verhalten von Cement.
Dyckerhoff stellte Mörtelproben aus Portland-Cement,
Traſsmörtel, Cement-Kalkmörtel und Puzzolan-Cement her, und zwar der Einfachheit
halber bloſs Zugproben, welche 1) nur im Wasser erhärteten, 2) Proben, die nach 24
Stunden ins Freie kamen, und 3) Proben, die 1 Woche im Wasser erhärteten und dann
ins Freie gesetzt wurden. Die Festigkeitsergebnisse sind in Tabelle I (S. 588)
mitgetheilt.
Bei der Betrachtung der ersten Rubrik der Tabelle („Normenprobe“) fällt auf,
daſs Puzzolan-Cement bei fast gleicher Zugfestigkeit eine wesentlich geringere
Druckfestigkeit besitzt, als der Portland-Cement. Aus der zweiten Rubrik ersieht
man, daſs Portland-Cement nach 26 Wochen an Festigkeit weit mehr zugenommen hat, als
Puzzolan-Cement; Traſsmörtel nimmt an Festigkeit allmählich zu, so daſs nach 26
Wochen die Zugfestigkeit des Cement-Kalkmörtels erreicht wird, dagegen steht er in
der Druckfestigkeit hinter Portland-Cement zurück. Die dritte Rubrik erweist, daſs
beim Erhärten im Freien der Portland-Cement und der Cement-Kalkmörtel dem
Traſsmörtel und Puzzolan-Cement weit überlegen sind. Dasselbe ergibt sich auch aus der
vierten Rubrik. Während Portland-Cement beim Erhärten an der Luft eine höhere
Festigkeit erlangt als beim Erhärten im Wasser, verhält sich Traſs und
Puzzolan-Cement gerade umgekehrt.
Auch die folgende Versuchsreihe, bei welcher Rheinsand, der durch ein Sieb von fünf
Maschen auf den Quadratcentimeter gesiebt war, verwendet wurde, zeigt den
Unterschied der verschiedenen Mörtelarten.
Wenn man die Zahlen der Tabelle II bei Erhärtung an der Luft im Zimmer mit den Zahlen
der Tabelle I bei Erhärtung im Freien vergleicht, so ergibt sich, daſs nach 4 Wochen
bei Erhärtung im Zimmer die Festigkeit bei allen vier Mörtelarten höher ausfällt als
bei Erhärtung im Freien. Dies hat jedenfalls seinen Grund in dem langsamen und
gleichmäſsigen Austrocknen an der Zimmerluft.
Das Verhalten der Mörtel bei Festigkeitsprüfungen mit 3 Th.
Tabelle I.
Mörtelmischung in
Gewichtstheilen
Normenprobe
Zugfestigkeit in k für 1qcm
BindezeitStunden
Festigkeitnach 28 Tagenk für
1qc
Im Wasser erhärtet.Geprüft nach
Wochen
Nach 24 Stunden ins Freie.Geprüft
nach Wochen
1 Woche im Wasser, dannins
Freie.Geprüft nach Wochen
Zug
Druck
1
4
13
26
1
4
13
26
1
4
13
26
Portland-Cement A 1 : 3 Sand *Puzzolan- „ I 1 :
3 „Portland- „ A 1 : 6 „ + 1/2
Kalkhydrat
812–
21,420,8–
208,81105,6–
17,412,5 8,6
21,420,813,0
28,221,816,9
28,4123,919,8
16,8 4,9 8,9
29,111,015,5
28,312,218,4
33,516,322,3
18,112,2 9,0
24,014,114,8
33,320,223,3
32,719,326,4
Trassmörtel1 Vol. Trass, 1 Vol. Kalkhydrat1 „
Sand
–
–
–
1,8
10,7
14,8
19,3
1,8
6,5
12,1
14,8
2,0
7,1
12,4
13,9
Portland-Cement B** 1 : 3 SandPuzzolan- „ II 1 :
3 Sand
3 2,5
21,020,7
211,2136,8
17,514,4
21,020,7
22,722,3
28,2 23,41
16,1 6,1
27,612,2
25,510,6
35,4 15,91
17,613,7
22,112,6
30,317,6
33,919,0
Zu * und **. Die Probekörper derselben Versuchsreihe, welche für die Erhärtung im
Freien bestimmt waren, kamen gleichzeitig ins Freie und befanden sich daher bis zur
Prüfung stets unter gleichen Witterungsverhältnissen.
Sämmtliche Mörtelmischungen wurden mit Normalsand hergestellt, hatten gleiche normale
Consistenz und wurden mit dem Böhmischen Apparat eingeschlagen (150 Schläge mit dem
Hammer von 2k). – Die beobachteten vorübergehenden
Rückgänge in der Festigkeit sind die Folge von Regenwetter am Erhärtungstermin.
Tabelle II.
Mörtelmischung in Gewichtstheilen
4 Wochen in Wasser erhärtet
1 Woche in Wasser 3 Wochen Luft
Zug
Druck
Zug
Druck
Portland-Cement 1 : 3 Rheinsand
22,1
242,0
38,4
318,0
„ „ 1 : 6 „ + ½
Kalkhydrat
17,1
152,0
24,3
226,0
Puzzolan-Cement 1 : 3 Rheinsand
23,5
130,0
19,3
132,0
Traſsmörtel: 1 Vol. Traſs, 1 Vol. Kalk, 1 Vol.
Rheinsand
10,7
77,6
11,2
81,6
Sand läſst keinen Rückschluſs ziehen auf das Verhalten
fetterer Mischungen, z.B. mit 1 Th. Sand. Es ist charakteristisch, daſs die
specifisch leichteren Bindemittel (Roman-Cement, Traſsmörtel, Puzzolan-Cement
u.s.w.) bei gleichem Arbeitsaufwande und gleicher Consistenz der Mörtel mit 1 Th.
Sand beträchtlich weniger dichte Probestücke geben als mit 3 Th. Sand, während der
schwere Portland-Cement mit 1 Th. Sand gleich dichte, oder sogar dichtere
Probestücke liefert als mit 3 Th. Sand. In der folgenden Tabelle ist das Gewicht der
Würfel von 50qc Fläche angegeben, die mit dem Böhme'schen Hammerapparate bei 150 Schlägen hergestellt
wurden.
1 : 3 Sand
1 : 1 Sand
Portland-Cement I „ „
IIRoman- „
801g,0807g,5757g,5
811g,5807g,5716g,0
Puzzolan- „ I „ „ II
807g,5796g,0
750g,5740g,0
Traſsmörtel: ⅔ Traſs, ⅓ Kalk
759g,5
684g,5
In diesen Dichtigkeitsverhältnissen scheint der Grund zu liegen, warum die specifisch
leichteren Bindemittel in fetten Mischungen sich ungünstiger verhalten, als man nach
der Normenprobe mit 3 Th. Sand erwarten sollte. Die Erfahrung hat gezeigt, daſs die
leichteren Bindemittel in fetteren Mischungen, wie sie angewendet werden müssen,
wenn es sich um Wetterbeständigkeit handelt, sich weniger widerstandsfähig erweisen,
als man nach der Festigkeitsprobe glauben sollte.
Aus all diesen Thatsachen geht deutlich hervor, daſs die Normen für Portland-Cement
nicht dazu dienen können, andere hydraulische Bindemittel unter einander auf ihren
Werth zu vergleichen.
Dr. Schumann erinnert an seinen Bericht über Schlacken-
und Puzzolan-Cement (vgl. 1886 261 529) und bemerkt, daſs
die Fabrik Thale jetzt in eine Actiengesellschaft
umgewandelt worden ist und ihr Fabrikat unter dem Namen Victoria-Cement in den Handel bringt. Die Behauptung, Puzzolan-Cement von
Braunschweig übertreffe an Festigkeit bedeutend die Portland-Cemente, ist darauf
zurückzuführen, daſs besondere, sehr fein gemahlene Proben von Puzzolan-Cement mit
grob gemahlenen Portland-Cementen verglichen werden.
Schumann untersuchte daher sechs aus diesen Fabriken
bezogene Proben und fand die Zugfestigkeit von 20,4k/qc bis 24,8k/qc und die Druckfestigkeit in den
Grenzen von 105,6 bis 218k/qc. Da diese Resultate das ganze Verhalten der
Cemente nicht charakterisiren, wurden die Versuche weiter ausgedehnt. Die Prüfung
auf Festigkeit geschah mit Mischungen von 1 Cement : 1 Sand und 1 Cement : 3 Sand.
Alle Proben wurden normengemäſs eingeschlagen.
Tabelle I.
Cementsorte
1 Cement : 3 Sand
1 Cement: 1 Sand
4 WochenWasser
1 Woche Wasser3 Wochen Luft
4 WochenWasser
1 Woche Wasser3 Wochen Luft
Zug
Druck
Zug
Druck
Zug
Druck
Zug
Druck
Portland-Cement IPuzzolan- „ I
20,821,2
240,0142,0
31,315,0
306,0152,0
27,625,1
344,0184,0
47,820,9
428,0210,0
Portland-Cement IIPuzzolan- „ II
24,024,8
280,0218,0
33,822,1
360,0234,0
32,132,5
372,0274,0
51,232,3
500,0340,0
Aus dieser Tabelle sind folgende Schluſsfolgerungen zu ziehen: Bei den
Portland-Cementen I und II, welche in der Mischung 1 Cement : 3 Sand im Wasser
bezieh. die gleiche Zugfestigkeit haben wie die Puzzolan-Cemente I und II, ist die
Druckfestigkeit um 60 bis 100k höher, bei der
Mischung 1 Cement : 1 Sand aber um 100 bis 160k
als bei Puzzolan-Cementen. Beim Erhärten an der Luft ist der Portland-Cement
überlegen:
bei
1 : 3
im
Zug
um
11
bis
16k,
im
Druck
um
130
bis
150k
„
1 : 1
„
„
„
19
„
27k,
„
„
„
160
„
220k.
Es wurde ferner die Adhäsion und der Einfluſs des Frostes auf die beiden Cemente
geprüft. Die bei – 3° C. der Luft ausgesetzten Probekörper von Puzzolan-Cement
zeigten Risse. In der folgenden Tabelle sind die Resultate weiterer Versuche
zusammengestellt. Die Probekörper wurden nach 24 Stunden ins Freie gesetzt; erst
nach 3 Tagen fiel das Thermometer unter Null. Während der Erhärtung trat abwechselnd
Thau- und Frostwetter ein.
Mörtelmischung
inGewichtstheilen
Festigkeit nach 28 Tagen
Bemerkungen.
im Wasser
im Freien
Zug
Druck
Zug
Druck
Portland-Cement I1 : 3
RheinsandPuzzolan-Cement I1 : 3 Rheinsand
22,123,5
242,0130,0
21,812,7
250,6 82,6
Nach 4 Tagen tratder erste Frost ein.
Portland-Cement II1 : 3
RheinsandPuzzolan-Cement II1 : 3 Rheinsand
25,626,4
292,0210,0
22,915,7
224,0104,0
Nach 3 Tagen dererste Frost.
Verputze aus Puzzolan-Cement werden viel leichter rissig als solche aus
Portland-Cement, ebenso nützen sich Platten des ersteren Materials leichter ab als
die des letzteren. Schlacken- oder Puzzolan-Cement ist eben ein Gemisch aus Schlacke
und Kalk, in welchem die Kalkmoleküle neben den Schlackentheilchen liegen und erst
durch andauernde Berührung mit Wasser zur Wirkung gelangen, dagegen Portland-Cement
ein auf feurigem Wege gebildeter homogener Körper, der seine Erhärtungsfähigkeit
entwickelt, sobald er nur einmal den nöthigen Wasserzusatz erhält. Puzzolan-Mörtel
aus Schlacke und Kalk zeigt groſse Aehnlichkeit mit einem anderen Puzzolan-Mörtel,
nämlich dem Mörtel aus Traſs und Kalk. Vom Traſs-Mörtel ist es ja längst bekannt,
daſs er an der Luft schlechter erhärtet als im Wasser.
R. Bosse vertheidigt den Puzzolan-Cement (Thonindustrie-Zeitung, 1887 Nr. 33 und 34).
Volumenveränderung und Schäden.
Die Volumenbeständigkeit hydraulischer Bindemittel
bespricht L. Tetmajer (Bericht über die Nomenclatur und
Prüfungsbestimmungen hydraulischer Bindemittel). Absolut volumenbeständige
Bindemittel existiren überhaupt nicht. Alle dehnen sich im Wasser etwas aus und
contrahiren an der Luft. Nur solche Methoden der Prüfung, die diesem Umstände
Rechnung tragen, sind brauchbar, andere, wie z.B. die manchmal noch gebrauchten
Glasproben, bei welchen dickwandige Gefäſse mit einem entsprechend consistenten Brei
des Bindemittels angefüllt und bei Luft- oder Wasserlagerung beobachtet werden, zu
verwerfen. Die gröſsten Schäden werden durch das Treiben der Cemente veranlaſst. Man
unterscheidet das Lufttreiben und das Wassertreiben der Bindemittel.
Das Lufttreiben kommt bei scharf gebrannten Cementen vor und besteht in einem durch
Kohlensäureaufnahme begleiteten, von auſsen nach innen zunehmenden Zerfallen des
Materials.
Zwei Cemente, die sich ein Jahr lang unter Wasser gut gehalten hatten, nachher, der
Luft ausgesetzt, zu treiben begannen, hatten folgende Zusammensetzung:
A
B
SiO2
19,73
Proc.
20,16
Proc.
Al2O3
8,40
„
6,19
„
Fe2O3
3,42
„
2,90
„
CaO
61,63
„
62,28
„
CaCO3
Spur
„
–
CaSO4
3,16
„
–
MgO
1,95
„
3,76
„
H2O
1,63
„
H2OCO2
3,05
„
SO3
–
„
0,75
„
Eine Probe von A (Kuchen von 12 auf 12cm) war 2
Jahre nach der Verarbeitung mürbe und bröcklig geworden. Dr. Treadwell constatirte in den abgebröckelten Körnchen 8,75 Proc. CO2. – B, ein künstlicher Portland-Cement, erwies sich anfangs als
schwach, hatte aber nach 84 Tagen die Zugfestigkeit 22k/qc. Nach etwa 1½ Jahren begann ein an
der Luft gelassener Würfel abzusondern.
Ein nach 3 monatlicher Luftlagerung treibender Cement hat folgende Zusammensetzung:
SiO2 21,85 Proc., Al2O3 7,20, Fe2O3 2,82, CaO 60,42, MgO 0,83, CaSO4 1,93, CaCO3 1,34,
H2O 2,13 Proc. – Nach 3 monatlicher Lagerung im
Sack zeigte derselbe Cement die Zusammensetzung: SiO2 21,47, Al2O3 6,97, Fe2O3 2,73, CaO 54,93, MgO 0,81, CaSO4 1,85,
CaCO3 7,52, H2O
2,66 Proc. Der Cement war also degenerirt; aus solchem degenerirten Cemente
angefertigte Platten erwiesen sich volumbeständig. Unter Wasser zeigte auch der
nicht degenerirte Cement normales Verhalten.
Die über das Lufttreiben angebahnten Nachforschungen haben übereinstimmend dargethan,
daſs der Grund der Erscheinungen nicht in der chemischen Zusammensetzung, sondern in
der unvollkommenen Aufbereitung des Rohmaterials, in der ungenügenden Homogenität,
der ungenügend innigen Mischung der Rohmaterialien, verbunden mit unvollkommener
Aufschlieſsung des Silicats im Feuer zu suchen ist, wodurch Producte entstehen, die
in ihrem Verhalten mit den thonerdereichen, kalkarmen Portland-Cementen manche
Aehnlichkeit besitzen. – Macht man das Mehl solcher Cemente mit Wasser an, so tritt
eine Dissociation der im Feuer gebildeten Verbindungen ein, wobei sich
wahrscheinlich labile Hydrosilicate und Kalkaluminate bilden, die, wie Le Chatelier zeigte, schon bei einer relativ niedrigen
Temperatur einen Theil ihres Wassergehaltes verlieren, zerfallen und durch
Hinzutritt der Kohlensäure möglicher Weise auch zersetzt werden können. Unter Wasser
sind derartige Verbindungen ganz beständig. Aber auch der freie Aetzkalk übt
innerhalb gewisser Grenzen keinen schädlichen Einfluſs auf die Wassererhärtung; im
Gegentheil, die nur allmählich und unter gleichmäſsigem Gedeihen sich löschenden
todtgebrannten Aetzkalkpartikelchen werden zunächst eine intermolekulare Verdichtung
der colloidalen Stoffe des Bindemittels bewirken und dadurch nicht unwesentlich zur
Verfestigung desselben beitragen. Solche Cemente sind unter Wasser gewöhnlich
steinhart und erlangen eine ungewöhnliche Festigkeit. Nur wenn der Gehalt an freiem
Aetzkalk gewisse Grenzen überschreitet, treten in der in Versteinerung begriffenen
Cementmasse Spannungen auf, die, und zwar je nach Umständen, schon nach wenigen
Tagen der Wasserlagerung die gefürchteten Treibschäden
echter Kalktreiber erzeugen. (Ausgeruhte, d.h. degenerirte Cemente sind
meist sehr kräftige Mörtelbildner; bei ihrer Verwendung ist aber Vorsicht geboten.)
Aehnliche Wirkungen kann auch die freie Magnesia hervorrufen, nur löschen sich
todtgebrannte Magnesiatheilchen langsamer als die todtgebrannten Kalktheilchen. –
Die Lufttreiber werden, mit Wasser angemacht, tadellos erhärten. Ihre Grundmasse
verliert indessen nach einiger Zeit an der Luft zufolge Wasserverlust ihre Cohäsion, sie wird mürbe,
brüchig und schlieſslich auch rissig. Der nunmehr bloſsgelegte Kalk kann aus der
Luft Kohlensäure und Wasser aufnehmen, die Kohlensäure scheint aber keinen activen
Antheil an der Zersetzung zu nehmen. – Da viele Cemente in Wasser und an feuchter
Luft ein tadelloses Verhalten zeigen, an trockener Luft aber zerfallen, ist (nach
Tetmajer) die deutsche Plattenprobe einseitig und
unzulänglich.
Das Wassertreiben der hydraulischen Bindemittel kann
hervorgerufen werden:
a) Durch übermäſsigen Gehalt an Stoffen, die durch Oxydation und nachträgliche
Wasseraufnahme eine Volumenvergröſserung erfahren. Hierher gehören angeblich die
Sulfide, insbesondere das Sulfid des Kalkes, welches sich in ein basisches
Kalksulfat (Ca2SO5 +
7H2O) verwandeln soll. Sulfide können in
Portland- und Schlacken-Cement vorkommen. In hydraulischen Kalken und Roman-Cementen
reicht die Brandtemperatur in der Regel nicht auf die zur Bildung des Kalksulfids
CaS erforderliche Höhe. Bei Hochofenschlacken konnte selbst bei dreijähriger
Beobachtungsdauer eine schädliche Wirkung des Sulfids im Betrage bis auf + 5 Proc.
nicht beobachtet werden. In Portland-Cementen sollen die Sulfide schon bei 1 Proc.
Gehalt schädlich wirken.
b) Durch grobes Korn, ungenügende Homogenität und fehlerhaften Brand des
Rohmateriales oder mangelhafte Behandlung des gebrannten Materiales. Das treibende
Agens ist hier das freie, durch eine Haut von Kalkferrat umgebene Aetzkalkkorn,
welches sein Volumen vergröſsert.
c) Bei entsprechend feinem Korne, inniger Mischung und normalem Brande des
Rohmateriales durch überflüssigen Gehalt an quellungsfähigen Stoffen. Hierher gehört
der Kalk, die Magnesia, der wasserfreie Gyps, möglicher Weise auch andere
Colloidbildner. Schädliche Gypswirkungen kommen selten vor. Der überschüssige Kalk
wird durch die englische Darrprobe u.s.w. angezeigt, die Normenprobe gibt
gleichzeitig das Gypstreiben zu erkennen, während die beschleunigten Proben das
Gypstreiben nicht markiren, weil sie seine Wassersättigung hindern (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 11 S. 443 und 455).
Das Verhalten des Portland-Cementes am Stephans-Dome in
Wien wurde von Dr. W. Michaëlis im Bautechniker, 1889, besprochen. Der verwendete Cement
war vor etwa 30 Jahren aus zuverlässiger Quelle in England bezogen worden. Einzelne
Bruchstücke davon kamen dem Verfasser durch Vermittelung des Stadtbaudirektors Franz Berger in Wien zu. Das Material zeigte normalen
Habitus, einzelne Stücke waren bräunlich verfärbt, andere lieſsen weiſse
warzenförmige Efflorescenzen erkennen, die aus kohlensaurem und schwefelsaurem Kalke
bestanden. Alle Stücke hatten gute Steinhärte erlangt. Die Analyse der von
Gesteintheilen befreiten Stücke wurde in folgender Weise ausgeführt: Ein Theil der Stücke (a) wurde nur
auf Trockenverlust bei 100 bis 110° C. und auf den Glühverlust bei Gelbglut geprüft,
ein anderer Theil auf Trockengehalt, Glühverlust und Kohlensäuregehalt geprüft. Von
dem Muster a wurde nach dem Glühen (wodurch der Cement weich und mürbe wird) der
äuſsere Theil durch vorsichtiges Schaben abgetrennt und zur Analyse I verwendet: der
innerste Kern davon zur Analyse II, eine weitere Partie Stücke zur Pauschanalyse III
und der Rest zur Analyse IV verwendet.
a und b zeigten folgende Zusammensetzung:
a
b
Procente
Wasser bei 100 bis 110° C
3,113
2,916
Glühverlust bei etwa 800° C.
22,758
–
„ „ „ 1000° C.
5,889
5,69
CO2
–
25,65
SiO3
15,79
15,28
Unaufgeschlossener Rest
0,41
0,44
Al2O3
6,31
5,78
Fe2O3
2,29
2,21
CaO
41,24
39,81
MgO
0,68
0,65
SO3
0,82
0,81
MnO, K2O, Na2O
nicht best.
nicht best.
–––––––––––––––––––
99,115
99,252.
Die Theile I, II, III, IV hatten nach dem Glühen folgende
Zusammensetzung in Proc.
I
II
III
IV
SiO2Unaufgeschlossener
RestAl2O3Fe2O3CaOMgOSO3Mn, K2O
22,5 0,7 7,8 3,461,1 1,0 2,0nicht
best.
23,6 1,1 8,9 3,560,1 0,9 0,9nicht
best.
22,9 0,1 9,1 3,261,2 1,0 1,5nicht
best.
23,36 0,9 8,1 3,260,6 1,2 1,8nicht
best.
98,711
99,096
99,207
99,462
Der verwendete Cement hatte demnach auf 1 Gew.-Th. Silicate 1,71 Gew.-Th. Kalkerde.,
war also der chemischen Zusammensetzung nach kein
Treiber. Interessant ist die Erscheinung, daſs der Cement an der Luft
beinahe vollständig durch Kohlensäure zersetzt worden war. Der gefundenen
Kohlensäure entsprechen 31,7 Proc. Kalkerde, es bleiben demnach nur 7,5 Proc.
Kalkerde, oder nahe 20 Proc. des Kalkgehaltes an SiO2 und Al2O3 gebunden. Die durch die Einwirkung der Kohlensäure freigewordenen
Hydrate des Kalkes und der Kieselsäure werden nun durch Wasserverlust an der Luft
schwinden, zur Bildung von Rissen Veranlassung geben, in die Wasser und Eis
eindringen können, so daſs Gelegenheit zu weiterer Zerstörung geboten ist.
Nach Ansicht des Verfassers war der gröſste Fehler der, daſs zur Herstellung der
Güsse reiner Cement verwendet wurde. Auch Mörtel in fetter Mischung trägt den
Keim des Zerfallens in sich. Die Schwindung derartiger
Cemente oder Mörtel ist die Ursache des Zerfalles.
Auch in der letzten Versammlung des Vereins deutscher Portland-Cementfabrikanten 1889
sind die Cementschäden am Stephans-Dome einer Discussion unterworfen worden. R. Dyckerhoff hatte von Herrn Dombaumeister v. Schmidt zwei Werkstücke erhalten, die aus je zwei
durch Dübel verbundenen Theilen von ziemlich porösem Kalksteine bestanden. Die auf
wasser- und kohlensäurefreien Cement umgerechnete Analyse von R. Fresenius ergab im Wesentlichen dasselbe Resultat
wie die oben angeführten Analysen. Dyckerhoff spricht
sich über den Fall etwa folgender Weise aus: Der Cementmörtel zwischen den
Werkstücken und dem Dübel zeigt zwar Risse, aber nicht netzförmige Risse, wie sie
bei treibendem Cemente immer beobachtet werden. Die Risse waren wohl durch Einfluſs
der Witterung auf den Mörtel entstanden und konnten sich im Laufe der Zeit
erweitern, wie dies bei reinem Cement stets der Fall ist. Im vorliegenden Falle, wo
der Mörtel dünnflüssig vergossen wurde, ist die Neigung zum Schwinden besonders
stark, und es löste sich daher auch der Mörtel vom Steine los. In Folge dessen
konnte durch die Fugen und den porösen Stein Wasser in die Risse des Mörtels bis ins
Innere der Werkstücke eindringen, und der Frost sprengte dann mit der Zeit die
Steine. Wenn die Sprengung der Steine durch Ausdehnung des Portland-Cementes
hervorgerufen worden wäre, so wäre dies schon in der ersten Woche geschehen. Die
Zerstörung der Werkstücke würde nicht eingetreten sein, wenn man zum Vergieſsen
Mörtel aus 1 Th. Cement und 1 bis 2 Th. Sand genommen hätte. Portland-Cement ohne Sandzusatz darf nicht verarbeitet werden, wenn man
wetterbeständige Mörtel erhalten will.
Prof. Hauenschild in Aarau, der seiner Zeit die beim
Stephansthurme verwendeten Materialien geprüft hat, ist der Ansicht, daſs der Stein die Schuld an der Zerstörung trägt und nicht
der Cement. Dieser Stein ist nicht ein Sandstein, sondern weicher Nulliporenkalk der
sogen. Eggenburger Schichten, der eine Porosität von 17 Proc. und darüber besitzt.
Wenn derselbe nun eine Unterbrechung seiner Porosität erleidet, durch eine
Unterlage, bestehend aus einer Cementfuge, so kann folgender Fall eintreten: Bei
Durchnässung durch Regen kann das Wasser von der Fläche aus, die den Cement bildet,
schwerer verdunsten, es ist eine Durchfeuchtung der Cementfuge vorhanden. Tritt nun
während dieser Zeit Frost ein, so können sich dort sehr leicht Spalten bilden gerade
in Folge des Cementgusses. – Wäre der Cement nicht rein, sondern porös, mager
verwendet worden, so wäre eine derartige Schädigung vielleicht nicht
eingetreten.
Einfluſs fremder Bestandtheile auf Portland-Cement.
Die Plattenfabrikanten sind häufig mit dem ihnen gelieferten Cemente unzufrieden; die
Platten bekommen manchmal Risse und zeigen andere Defecte, selbst wenn der
gelieferte Cement nachweislich ein guter war. Nach F.
Kawalewski ist an diesen Uebelständen nicht immer der Cement, sondern
häufig die zur Verzierung der Platte zugesetzte Farbe schuld. Schädliche Einflüsse der Farbenzusätze bei der
Cementplattenfabrikation können z.B. hervorgerufen werden durch einen nicht
unbeträchtlichen Schwefelsäuregehalt der Farbe. Verfasser fand in einer rothen
Farbe, die bis zu 17 Proc. dem Plattensatze zugesetzt wurde, 22 Proc. Schwefelsäure.
Die damit hergestellten Platten waren bald unbrauchbar geworden, wodurch der Fabrik
ein groſser Schaden entstand. Der verwendete Cement, dem ursprünglich die Schuld an
dem Verderbnisse beigemessen wurde, war von vorzüglicher Qualität und bestand alle
damit angestellten Proben. Die Treibschäden sind auf die Bildung von Gyps
zurückzuführen.
Verfasser theilt hierauf seine langjährigen Erfahrungen über Gypstreiben mit. Das Gypstreiben äuſsert sich anders als das Kalktreiben.
Der starke Gypstreiber ist im Entstehen dem unschädlichen ganz gleich. Nach einigen
Tagen Wasserlagerung bildet sich ein Netz von Haarrissen, das aber nicht, wie beim
Kalktreiber, an der scharfen Kante seinen Anfang nimmt. Der unschädliche Gypstreiber
hat ganz feine Risse, die häufig erst kenntlich werden, wenn man die heiſs
getrocknete Platte in Wasser taucht. Nach dem Verdunsten des Wassers kommen die
Risse zum Vorscheine. Solche Proben mit feinem Haarnetze sind im Kerne gesund und
können hohe Festigkeit aufweisen. Bei den Normenproben (1 Cement : 3 Sand) treten
diese Erscheinungen nicht auf. Zur Unterscheidung der Kalktreiber von Gypstreibern
kocht oder glüht man die Proben je nach dem Alter derselben eine Zeitlang. Lag ein
Kalktreiben vor, so wird auch der innere, gesunde Theil mürbe, war es ein
Gypstreiben, so wird der Kern vollständig gesund erhalten bleiben. Solche Proben
sind nothwendig für diejenigen, welche Schwefelsäurebestimmungen nicht ausführen
können, wie die meisten Plattenfabrikanten.
Die schädlichen Wirkungen stark magnesiahaltiger Cemente
sind mehrmals Gegenstand eingehender Erörterungen geworden. In den Comptes rendues de l'Académie des Sciences vom Jahre
1886 theilt Lechartier mit, daſs bei einer Anzahl von
Cementarbeiten sehr spät eingetretenes Treiben seinen Grund in einem hohen
Magnesiagehalte des scharf gebrannten Cementes gehabt habe. Die betreffenden Cemente
dehnten sich bei sehr groſser Härte später so stark aus, daſs u.a. starke
Granitsteine gesprengt wurden. Die Zerstörung von drei im westlichen Frankreich
ausgeführten Eisenbahnbrücken, zu welchen Cement aus derselben Fabrik verwendet
wurde, ist ebenfalls auf den hohen Magnesiagehalt zurückzuführen; das Dehnen und
Treiben wurde erst nach Jahresfrist beobachtet (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 10 Nr. 44). Die Analysen ergaben einen Gehalt
von 16 bis 28 Proc. MgO.
Dyckerhoff berichtet ferner in der 10. Generalversammlung des Vereins deutscher
Cementfabrikanten über Mittheilungen des Ingenieurs Hayter in der Civil Institution, 1887. Hayter hatte eine Betonmauer von 25 Fuſs Höhe
ausgeführt, die sich nach einiger Zeit um 2½ Zoll gehoben hatte. Eine andere
Betonmauer von 16 Fuſs Dicke hatte sich um ½ bis 1¼ Zoll gehoben. Der Cement war vor
der Verarbeitung geprüft worden und hatte die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden.
Die chemische Untersuchung ergab, daſs der Cement gröſsere Mengen von Magnesia
enthielt; nach Angabe des Analytikers war wahrscheinlich dolomitischer Kalk zur
Herstellung verwendet worden.
Auf Veranlassung von Dyckerhoff wurden Proben der Mörtel, die am
Justizgebäude in Kassel so groſse Treibschäden verursacht hatten, und
solche von der groſsen Kirche in Kassel von Fresenius
analysirt. Die Analyse erweist, daſs der von Kohlensäure und Wasser freie Cement in
100 Theilen enthielt:
a) Justizgebäude
b) Groſse Kirche
Gesammt-Kieselsäure
24,3
Proc.
19,2
Proc.
Eisenoxyd und Thonerde
9,1
„
11,1
„
Kalk
39,4
„
41,1
„
Magnesia
27,1
„
28,4
„
Der an dem Justizgebäude in Kassel verwendete Cement, welcher zu dem bekannten
Ministerialerlasse vom 9. September 1885 Veranlassung gegeben hatte, war also gar
kein Portland-Cement gewesen! Dyckerhoff zeigt an
diesen und anderen Beispielen, daſs die Normenprobe nur für Portland-Cemente, nicht
aber für anders zusammengesetzte Cemente angewendet werden dürfe.
Dyckerhoff hat weitere Versuche über die Wirkung der
Magnesia in Cementen angestellt und darüber in der 11.
Generalversammlung des Vereins deutscher Cementfabrikanten am 24. und 25.
Februar 1888 berichtet. Ein Gemenge aus 62,15 Proc. kohlensaurem Kalke, 17,2 Proc.
kohlensaurer Magnesia und 20,65 Proc. thonigem Rückstände, entsprechend 12,9 Proc.
Magnesia im gebrannten Cemente, wurde zur Sinterung gebrannt, dann so fein gemahlen,
daſs ein 900-Maschensieb 3,7 Proc. Rückstand hinterlieſs, und mit 3 Th. Sand in
bekannter Weise geprüft. Die Zugfestigkeit betrug nach
1
4
13
26
52 Wochen
17,4
21,4
21,8
22,5
15,6k/qc.
Nach 4 Wochen hatte also der Cement normale Festigkeit erlangt, die von der 26. Woche
an continuirlich sank, so daſs nach einem Jahre die Festigkeit unter die
7-Tagefestigkeit zurückgegangen war. In dieser Zeit machte sich auch eine
auffallende Dehnung des Cementes bemerkbar. – Frühere Untersuchungen von Schumann hatten ergeben, daſs 10cm lange Prismen aus Portland-Cementmörtel (1 : 3)
sich allmählich Ausdehnen, und zwar in folgendem Maſse:
Portland-Cement
Magnesia-Cement
Von
0
bis
1
Woche
0,0123
0,0077
„
1
„
4
Wochen
0,0051
0,0081
„
4
„
13
„
0,0025
0,0103
„
13
„
26
„
0,0029
0,0123
„
26
„
52
„
0,0072
0,0597
Vergleicht man diese Ausdehnungen mit den Ergebnissen der bezieh. Untersuchungen mit
Magnesia-Cementmörtel, so ergibt sich, daſs die Dehnung des letzteren anfangs nicht
höher ist, als bei Portland-Cement, bald aber bedeutend mehr zunimmt, und nach einem
Jahre etwa das 13fache, der 7tägigen Ausdehnung erreicht. Auffallend ist die starke
Dehnung in der Zeit von 26 auf 52 Wochen, sie ist in diesem Zeitraume 8mal so stark
als bei Portland-Cement, und jedenfalls die Ursache der abnehmenden Zugfestigkeit. –
Durch Ersatz eines Theiles des kohlensauren Kalkes in der Rohmischung durch Dolomit
wurden ferner Cemente hergestellt, die 5 bis 28 Proc. Magnesia enthielten. Die nach
Normen mit diesen Cementen ausgeführten Versuche ergaben, daſs nach 4 Monaten weder
an den Luftproben noch an den Wasserproben Treiberscheinungen wahrzunehmen waren. Es
kann also die schädliche Wirkung der Magnesia selbst bei einem Gehalte bis zu 28
Proc. nach der Normenprobe nicht erkannt werden. Dieser gibt sich auch durch die
Darrprobe nicht zu erkennen. Die gesinterten Cemente mit hohem Magnesiagehalte sind
eben keine Portland-Cemente und können nach deren Prüfungsweisen nicht beurtheilt
werden. Es wäre daher zu empfehlen, einen bestimmten Höchstgehalt der
Portland-Cemente an Magnesia festzustellen; 2,9 Proc. MgO haben bis jetzt keine
schlechten Eigenschaften gezeigt. In nicht bis zur Sinterung gebrannten Cementen,
sogen. Roman-Cementen, scheint die Magnesia diese schädlichen Wirkungen nicht zu
haben.
Auch in Frankreich wurde der Einfluſs der Magnesia
eingehend studirt. Lechartier hat denselben durch 8
Jahre an verschiedenen Bauobjekten studirt.
Während bei 400° C. entwässerte Magnesia nach kurzer Zeit mit Wasser ein Hydrat
bildet, geschieht dies bei stark gebrannter Magnesia erst nach langer Zeit. Diese
Erscheinung erklärt die Verderbniſs der Mörtel; die Cemente sind Gemenge von
Portland mit Magnesia (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 12 S.
299 und 565).
Candlot, der Verfasser des Werkes über Portland-Cement,
kam bei seinen Studien über die verzögernde Wirkung des Meerwassers auf das Abbinden der Cemente zur Ueberzeugung, daſs die Kalksalze und insbesondere das Chlorcalcium die
Ursache des langsameren Abbindens sei. – Kochsalzauflösungen (1 bis 5 Proc.) zeigten
keinen bemerkenswerthen Einfluſs auf die Bindezeit. Chlormagnesium (10g auf 1l Wasser)
verlangsamt wie Meerwasser das Abbinden der Cemente; dieses Salz wird in Berührung
mit Cement sofort in Chlorcalcium und Magnesia umgesetzt. Mit Chlorcalcium hat sich Candlot eingehender beschäftigt. Wider Erwarten hat
sich gezeigt, daſs die Bindezeit des Cementes mit der Menge des Salzes bis zu einem
gewissen Höhepunkte zunimmt, dann aber rasch abnimmt.
Gehalt an CaCl2 in 1l
0
2
5
10
20
40
60
100
200
300g
Abbindezeit
0h25
1h
10h
10h
12
8
6
0h20'
9'
8'
Bei diesem Cemente zeigt sich ein Maximum im Anwachsen der Bindezeit bei 20g auf 1l, bei
anderen Cementen lag es zwischen 10 und 40g für
1l. Unter 60g sieht man die Bildung hexagonaler Tafeln von Kalkhydrat, die Reactionen
sind dieselben wie mit Süſswasser, die Chlorverbindung spielt keine chemische Rolle.
Ueber 100g sieht man aber die Bildung langer
Nadeln von Calciumoxychlorid; damit im Zusammenhange steht die schroffe
Beschleunigung im Abbinden zwischen 60 und 100g
von 6 Stunden auf 20 Minuten. Durch Löslichkeitsbestimmung des Kalkes im Wasser kam
Candlot zu folgenden Resultaten:
Gewicht d. CaCl2 in 1l
0
15
36
61
100
Gewicht d. CaO (gelöst) in 1l
1,298
1,003
1,032
1,121
1,312
Die Löslichkeit schwankt also in demselben Sinne wie die Abbindezeit.
Da diese Erscheinungen industrielle Verwerthung zulassen, wurde Candlot für seine Arbeiten von der Société d'encouragement pour l'industrie nationale
durch einen Preis ausgezeichnet (Thonindustrie-Zeitung,
1889 Bd. 13 S. 346).
C. Heinzel macht darauf aufmerksam, daſs er
hygroskopische Salze, besonders Chlorcalcium, schon seit einigen Jahren zum
Langsammachen der Cemente anwendet (Thonindustrie-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 373).
A. Rinne sucht die Wirkung des
Chlorcalciums auf Cement zu erklären (Thonindustrie-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 405). Die Erscheinung des Abbindens
kommt nur colloiden Körpern zu und besteht darin, daſs dieselben beim Niedersinken
im Wasser dank ihrer halbflüssigen Oberflächenbeschaffenheit und ihrer immensen
Feinheit, welche an die molekulare grenzt, sich ohne Zwischenräume zu einer harten,
festen Masse abzusetzen vermögen. Der colloide Zustand wird begünstigt durch
alkalische Reaction, aufgehoben durch saure, und die Gegenwart von Salzen. Ein
festes Absetzen beim Schlämmen des Ultramarins oder Thons, was weiter nichts als
Abbinden ist, ist bei Gegenwart von Salzen unmöglich. Setzt man zu aufgeschlämmtem
Ultramarin etwas Chlorcalcium, so setzt sich derselbe bald als flockiger
Niederschlag ab. In ähnlicher Weise wirkt nach Rinne,
den colloiden Zustand der Spaltungsproducte des Cementes mit Wasser aufhebend, das
Chlorcalcium auf Cement. Verfasser ist der Ansicht, daſs chemische Reactionen,
theilweise Aufhebung der alkalischen Reaction, vielleicht die Bildung von
Calciumoxychlorid, die schon Ditte und Candlot beobachtet haben, die Ursache dieser
Erscheinungen ist.
Die Beobachtung Candlot's,
daſs Chlorcalcium in concentrirterer Lösung eine Beschleunigung der Bindezeit
hervorruft, beruht nach Rinne auf einem Irrthume.
Verfasser vermuthet, daſs Candlot von den concentrirten
Lösungen beim Anrühren mit Cement zu wenig in Anwendung gebracht hat, indem z.B. ein
Cement, der 33 Proc. Wasser braucht, um einen nicht allzu dickflüssigen Brei
abzugeben, einen Zusatz von 40 Proc. einer 20 procentigen Chlorcalciumlösung bedarf,
um mit derselben Wassermenge versehen zu werden, abgesehen von der wasserbindenden
Eigenschaft des Calciumchlorids.
W. Michaëlis vertheidigt den Zusatz von richtig
gewählter, fein gemahlener Schlacke zu Portland-Cement. Portland-Cement von bester
Qualität, der jedwede Probe auf Volumenbeständigkeit u.s.w. bestand, wurde mit
Schlackencompositionen bis zu 25 Proc. versetzt und die Erhärtungsweise dieser
Gemische mit der des reinen Cementes verglichen. Die Beobachtungen erstreckten sich
auf die Zeitdauer von 5 Jahren. Die Zug- bezieh. Druckfestigkeit der Proben mit
gemischtem Cement übertrifft die des reinen Cementes. (Analysen des Schlacken- und
des Portland-Cementes, sowie Zahlenangaben siehe in der Originalabhandlung Wochenblatt für Baukunde, sowie Thonindustrie-Zeitung, 1888 S. 534.)
R. Zsigmondy.