Titel: | W. Schilling's Einzelradtaster zur Erhöhung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebes auf Bahnhöfen. |
Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 24 |
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W. Schilling's Einzelradtaster zur Erhöhung der
Sicherheit des Eisenbahnbetriebes auf Bahnhöfen.
Mit Abbildung.
Schilling's Einzelradtaster.
Für die Sicherheit des Betriebes bei der Einfahrt von Zügen in eine Station ist die
Beantwortung nachstehender drei Fragen für den Stationsbeamten von groſser
Bedeutung, nämlich ob der einfahrende Zug:
1) die Einfahrtsweiche schon ganz durchfahren hat, d.h. auch über den Distanzpfahl
eingefahren ist;
2) die Ausfahrtsweiche am anderen Bahnhoſsende bezieh. den Distanzpfahl derselben
noch nicht erreicht hat;
3) alle Wagenachsen, die er von der zuletzt verlassenen Station mitgenommen, auch
noch mit sich führt, oder ob vielleicht unterwegs eine Zugtrennung stattgefunden
hat?
Es sind wiederholt Vorschläge gemacht, durch welche der für die Sicherheit des
Betriebes verantwortliche Stationsbeamte über diese so bedeutungsvollen Fragen
unterrichtet werden soll. Indessen konnten erschöpfende Maſsnahmen, die besonders
auch unabhängig von Irrthum unterer Dienststellen sind, noch nicht empfohlen
werden.
Wir möchten mit diesen Zeilen Anregung zu Versuchen geben, die Beantwortung obiger
Fragen in einer jeden Irrthum ausschlieſsenden mechanischen Weise herbei zu
führen.
Stellt man nämlich auf einer Station an den Distanzpfählen der Einfahrts- und
Ausfahrtsweichen je einen Einzelradtaster mit je nach der Fahrrichtung verschiedenem
elektrischen Stromschluſs, d.h. einen Radtaster auf, welcher sowohl beim
Darüberrollen oder Darübergleiten eines jeden Radflansches einen besonderen
Stromschluſs bewirkt, als auch für einen einfahrenden Zug einen anderen Stromschluſs
bewirkt, wie für einen ausfahrenden, so könnte man mittels der verschiedenen
einzelnen Stromschlüsse unter Anwendung von, durch Elektromagnete in Bewegung
gesetzten Zeigern auf einer Ablesescheibe die drei Fragen mechanisch beantwortet
erhalten.1888 208 * 205. 269 *
478. 1889 273 * 214.
Die Scheibe, ähnlich dem Zifferblatt einer Uhr, wäre etwa auf einer Säule nahe dem
Stationsbureau auf dem Perron in für den Beamten sichtbarer Weise aufzustellen.
Dieselbe erhält zwei von einander unterscheid bare Zeiger, z.B. einen schwarzen und
einen rothen, welche sich über die auf dem Zifferblatt am Rande verzeichneten Zahlen
von 0 bis 170 (entsprechend der gröſsten Achsenzahl einschlieſslich Maschine)
rückwärts und vorwärts unter Einwirkung der Stromschlüsse bewegen können,
dergestalt, daſs einem jeden Stromschluſs die Bewegung eines Zeigers um je eine Zahl
rückwärts oder vorwärts entspricht. Der schwarze Zeiger erhält seine Bewegung durch
die an der Einfahrtsweiche bewirkten Stromschlüsse; jede über den Taster einfahrende
Achse läſst den Zeiger um eine Zahl vorspringen, jede über den Einzelradtaster
wieder zurück gehende Achse den Zeiger aber um eine Theilzahl zurück springen.
Ebenso wird der rothe Zeiger von dem an der Endweiche aufgestellten Einzelradtaster
beeinfluſst, wobei jede ausfahrende Achse den Zeiger um einen Theilstrich
vorspringen und jede
zurück, d.h. in die Station einfahrende Achse ihn zurück gehen läſst.
Wird nun dem Stationsbeamten von der vorher gehenden Station die Zahl der
einlaufenden Achsen telegraphisch gemeldet, so sieht er auf der Scheibe, nachdem
beide Zeiger auf Null gestellt sind, beim Einfahren des Zuges den schwarzen Zeiger
sprungweise vorgehen; gibt derselbe die Zahl der einlaufenden Achsen voll an, so ist
die Frage zu 1) und 3) mit „ja“ beantwortet. Die Frage 2) beantwortet der
rothe Zeiger, da, so lange derselbe auf Null stehen bleibt, keine Achse über den
Distanzpfahl der Ausfahrtsweiche hinaus gefahren ist. Zeigt dagegen der rothe Zeiger
irgend eine Achsenzahl an, so muſs der Zug so lange zurück setzen, bis der rothe
Zeiger wieder auf Null steht; das Zurücksetzen wäre aber zu weit geschehen, falls
der schwarze Zeiger sich dabei rückwärts bewegt.
Es erscheint zweifellos, daſs durch solche Anordnungen die oben erwähnten drei Fragen
mechanisch ihre Beantwortung finden können, wenngleich die technischen
Schwierigkeiten für Herstellung so sicher arbeitender Apparate nicht unterschätzt
werden dürfen.
Der Schwerpunkt der vorgeschlagenen Anlage dürfte in der richtigen Construction des
Einzelradtasters zu suchen sein, da derselbe auch dann richtige Stromschlüsse
bewirken muſs, wenn eine Achse auf demselben stehen bleibt und dann in derselben
Richtung wieder zurück kehrt.
Von diesen, in der Deutschen Bauzeitung, Nr. 651889,
veröffentlichten Gesichtspunkten ausgehend, ist von dem K. Reg.-Baumeister W. Schilling in Stettin der in der Textfigur dargestellte Einzelradtaster construirt (D. R. P. Nr. 49430 vom 17. März 1889).
Derselbe entspricht folgenden Bedingungen:
a) er bewirkt beim Ueberfahren von links nach rechts einen anderen Stromschluſs als
beim Fahren von rechts nach links;
b) jedes über ihn hinrollende oder hingleitende Rad bewirkt einen besonderen
Stromschluſs; er kann deshalb zum Achsenzählen benutzt werden, wenn man die
einzelnen Stromschlüsse, sei es auf einen sich rasch abrollenden Papierstreifen oder
Zeiger und Scala einwirken läſst;
c) fährt ein Zug von einer Seite her nur bis auf den
Taster und kehrt nach derselben Seite wieder zurück, so gibt derselbe dennoch durch
die beiderseitigen Stromschlüsse genau an, wie viele Achsen ein- und wieder zurück
gefahren sind.
Wie werden diese Bedingungen erfüllt?
Zu a) Die Contactstelle liegt (siehe die Zeichnung) links und rechts bei den
Isolirblöcken k, auf deren Seite bei p eine leitende Platte mit je einem Leitungskabel n in Verbindung steht, während die Seite q nicht stromleitend ist. Berührt die Stahlfeder m bei ihrer Bewegung die Platte bei p, so ist der Stromschluſs erfolgt. Kommt ein Rad von
links angefahren, so drückt der Radflansch zunächst den Knopf t1 herab, dadurch geht die Feder m1 nach rechts herüber
und trifft bei dem nun folgenden Herabgehen des Knopfes t2 den Isolirblock k an der nicht leitenden Fläche q, es
entsteht kein Stromschluſs links. Das weiter rollende Rad drückt dann den Knopf t3 (der durch den
Balancier h mit dem Knopfe t2 in starrer Verbindung ist und der
deshalb beim Herabgehen von t2 hoch gestellt wurde) herab; dadurch trifft die Feder m2 die leitende Platte
bei p und der Strom ist geschlossen; beim Weiterrollen
des Rades wird t4
herabgedrückt, wodurch wegen der elastischen Feder m2 ein Anpressen derselben an die Platte p stattfindet. Analog erzeugt ein von rechts
herankommendes Rad einen Stromschluſs links.
Textabbildung Bd. 274, S. 27
Zu b) Wenn über den Balancier h von links nach rechts
ein Rad hinwegrollt, so steht, nachdem das Rad hinübergerollt ist, t2 wieder hoch; es
stellt somit ein jedes Rad den Radtaster selbsthätig wieder so ein, wie ihn das
folgende Rad vorfinden muſs, wenn er richtig functioniren soll. Es wird daher ein
jedes Rad, das von links kommt, rechts bei k2 einen erneuten Stromschluſs bewirken. Für ein von
rechts nach links gehendes Rad ist der Vorgang analog der umgekehrte.
Zu c) Fährt ein Rad z.B. von links auf den Radtaster und bleibt über demselben
stehen, so ist klar, daſs es einen Stromschluſs überhaupt erst bewirkt, wenn es über
die Mitte heraus gelangt ist und wenn es an den Knopf t3 herankommt. Drückt der Radflansch den
Knopf t3 auch nur etwas
herab) wodurch vielleicht ein Stromschluſs bei k2 bereits entstehen könnte), so wird durch die
Drehung des Körpers W – der fest mit dem Balancier h verbunden ist – auf dessen Umfang die durch die Hebel
i mit Federn gegengepreſsten Rollen r rollen, t3 ganz herabgezogen und dadurch ein Stromschluſs
sicher herbeigeführt; hierdurch wird dann aber auch, weil Knopf t2 zugleich hoch
gegangen ist, beim Zurückgehen des Rades nach links der Stromschluſs bei k1 gesichert.
Zu bemerken ist noch: Die sehr kräftigen Federn e
bewirken ein sofortiges Zurückschnellen der Hebel s und
der Knöpfe t1 bezieh.
t4 in ihre hohe
Lage. Um beim Herüberrollen der Räder zu starke Stöſse der Hebel gegen die Decke und
dadurch Zertrümmerung des Tasters zu verhindern, sind unterhalb der Decke an den
getroffenen Stellen elastische Federn v eingeschaltet;
um Verdrehungen der Hebel s zu vermeiden, gleiten diese
zwischen den Führungsbacken g.