Titel: | Von der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin 1889. |
Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 108 |
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Von der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für
Unfallverhütung in Berlin 1889.
(Fortsetzung des Berichtes Bd. 273 S.
433.)
Mit Abbildungen auf Tafel
8.
Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung in
Berlin.
Die Dampfkessel und ihre Ausrüstung.
Die Dampfkessel und namentlich deren Ausrüstung haben eine verhältniſsmäſsig gute
Darstellung gefunden. Auſser zahlreichen Probestücken und Modellen sind im Betriebe
vorgeführt 20 Dampfkessel, welche in 11 Kesselhäusern Aufnahme gefunden haben.
Ferner ist hier der Ausstellung der vereinigten Dampfkessel-Untersuchungs- und
Ueberwachungsvereine Erwähnung zu thun, welche eine kleine, aber recht interessante
Sammlung explodirter und eingedrückter Rohre, Blechstücke mit Anrostungen und
Anfressungen (Corrosionen), Kesselsteinproben, sowie eine Anzahl Zeichnungen und
Modelle von Kesseln und Ausrüstungsstücken bietet.
Die Betriebskessel sind in der überwiegenden Mehrzahl Wasserröhrenkessel, einige
Locomobilkessel und ein Flammrohrkessel. Naturgemäſs befinden sich die erstgenannten
Kessel, welche jetzt im Mittelpunkte des Interesses stehen und neuerdings sicher die
meiste Anwendung finden, gerade auf einer Ausstellung für Unfallverhütung am
richtigen Platze, weil sie eben durch ihre Eigenart eine besondere Gewähr gegen
Unfälle durch Explosionen bieten.
Beiderseits der am nördlichen Rande des Ausstellungsplatzes gebauten groſsen
Maschinenhalle befindet sich je ein Kesselhaus, deren eines einen Heine-Kessel von der Borsig'schen Maschinenfabrik in Berlin-Moabit, sowie einen Kessel von Simonis und Lang in Frankfurt a. M. enthält. Beide
Kessel sind Wasserröhrenkessel gleicher Bauart.
Der Heine-Kessel, welcher bereits in D. p. J. 1885 257 * 82
beschrieben wurde, hat 98qm Heizfläche. Entgegen
seiner früheren Anordnung ist zu bemerken, daſs der unmittelbar über dem Roste
liegende Wasserröhrenkessel eine 6 procentige Steigung nach hinten erhalten hat,
ebenso wie der sehr groſse Oberkessel, dessen beide Enden mit den entsprechenden
Endkammern des Wasserröhrenkessels in Verbindung stehen. Die Speisung erfolgt im
Oberkessel. Das Speisewasser wird durch ein weites ovales Rohr im Oberkessel von
vorn nach hinten geführt, wo es von dem durch die hintere Endkammer aufsteigenden
Dampfwasserstrome nach vorn zu vertheilt wird. Dieses Speiserohr, welches mit dem
oberen Theile im Dampfraume liegt, soll zur Ablagerung des Schlammes dienen. Natürlich
muſs trotz dieser Vorrichtung wie bei allen Wasserröhrenkesseln ein thunlichst
reines, schlämm- und kesselsteinfreies Speisewasser unbedingt angewendet werden.
Die Dampfentnahme erfolgt durch ein im Dampfraume des Oberkessels liegendes und als
Wasserabscheider dienendes Rohr, welches auf seiner ganzen Länge geschlitzt ist.
Der Wasserröhren-Unterkessel besteht aus 68 Röhren von je 89mm äuſserem und 82mm innerem Durchmesser. Der Oberkessel, welcher die Armatur trägt, hat
1m,5 Durchmesser bei 5m,4 Länge. Die gesammte Höhe des Kessels, welcher
vollständig eingemauert ist, beträgt 4m,25. Die
Feuergase umspülen den Unterkessel vollständig und berühren den Oberkessel.
Der neben diesem Kessel liegende Wasserröhrenkessel von Simonis und Lang in Frankfurt a. M. hat im Wesentlichen gleiche Bauart.
Nur hat der Wasserrohr-Unterkessel eine gröſsere Neigung (etwa 1 : 5) von vorn nach
hinten, während der Oberkessel, der an beiden Enden auch hier mit den Endkammern des
Röhrenkessels verbunden ist, ziemlich wagerecht liegt.
Das Speisewasser wird auch hier dem Oberkessel von hinten her durch ein Rohr
zugeführt, welches an der Stirn des Oberkessels einmündet, um vom hier aufsteigenden
Dampfwasser nach hinten vertheilt und den Wasserröhren zugeführt zu werden. Im
Oberkesselboden sind mehrere Querwände angeordnet, welche als Schlammfänger dienen
sollen. Die Dampfentnahme findet durch einen aufgesetzten Dom statt.
Abschluſs und Abdichtung der Wasserröhren nach auſsen erfolgt durch Verschluſsdeckel,
welche von innen nach auſsen conisch abgedichtet sind und doch von auſsen
eingeschoben werden. Fig. 1 a und b erläutern die hier getroffene Anordnung. Der Durchmesser a ist gröſser als der Durchmesser b, so daſs der Deckel gemäſs Fig. 1 b leicht eingebracht werden kann, um nach Drehung in seiner
Achse um 90° die Rohröffnung abzuschlieſsen. Der Deckelbolzen wird dann im Bügel
verschraubt.
Der Kessel, welcher 80qm Heizfläche besitzt, ist
mit einer sogen. rauchverzehrenden Feuerung (Fig. 2) von H. Schomburg Söhne in Berlin ausgerüstet, welche aber
geradezu unerhört raucht. Die Feuerung besitzt einen Fülltrichter, aus welchem die
Kohlen allmählich auf eine schräge Rostfläche und dann auf einen Planrost fallen, um
auf ersterer zu vergasen und auf letzterem zu verbrennen. Die sich bildende
Stichflamme tritt durch einen Spalt im Gewölbe unter den Kessel.
Zwischen beiden Kesseln liegt der zur Reinigung des benutzten Kesselspeisewassers
dienende Apparat, welcher von der Maschinenbauanstalt
Humboldt in Kalk bei Köln gebaut und aufgestellt ist.
Das harte Wasser wird von einer Pumpe in den Zufluſsbehälter A (Fig.
3 und 4) geleitet.
Aus diesem flieſst so viel Wasser in den darunter stehenden Behälter B als die in diesem aufzulösenden Zusatzmittel
erfordern. Der Reagentienbehälter B ist durch eine
Scheidewand in zwei Hälften getheilt; bevor die eine Hälfte des Behälters von der
Reagenslösung entleert ist, wird die andere vorgerichtet, so daſs ein beständiger
Abfluſs stattfindet. Der selbsthätige Regulator C
regelt, dem Bedarfe entsprechend, mittels Schwimmer den Zufluſs, sowohl von hartem
Wasser aus A, als von Reagenslösung aus B, in den Setzkasten D;
dieser enthält in seinem Inneren eine Reihe flacher, geneigter Wände, um welche die
Flüssigkeit in vielfachen Windungen hindurchflieſst. Auf diesem Wege findet die
praktisch vollkommenste Ausscheidung der kalkhaltigen Salze des Wassers, des Gypses
sowohl als des kohlensauren Kalkes, statt: der ausgeschiedene Schlamm rutscht an den
geneigten Wänden abwärts in die Spitzkasten a, aus
denen derselbe von Zeit zu Zeit durch Hähne abgelassen wird. Das weichgemachte
Wasser hingegen tritt bei b stetig aus, nachdem es
zuvor noch durch eine Filterschicht c (Hobelspäne o.
dgl.) gegangen ist, welche etwa mechanisch mitgerissene feste Theile zurückhalten
soll und zur Regelung des Wasserstandes im Apparate dient.
Die Mengen der Zusätze an Soda und ungelöschtem Kalke richten sich naturgemäſs nach
der chemischen Zusammensetzung und der in der Stunde zu behandelnden Menge des
harten Wassers.
Zur Förderung des Kesselwassers in die Kessel dient eine Worthington-Pumpe (vgl. 1886 529259 478) der Worthington-Pumpen-Compagnie in Berlin. Die
Eigenthümlichkeit dieser Pumpe besteht in der Anordnung zweier direkt wirkender
Dampfpumpen neben einander, welche derart zu einander in Verbindung gesetzt sind,
daſs die eine den Dampfschieber der anderen regelt. Jeder arbeitende Kolben öffnet,
bevor er seinen Hub beendet, den Dampfzutritt der anderen Pumpe, bleibt dann stehen
und geht erst dann zurück, wenn sein eigener Schieber durch den anderen
Pumpenschieber geöffnet ist. Demnach ist ein stoſsfreier Gang ermöglicht und ein
Schwungrad überflüssig, weil kein todter Punkt vorhanden ist.
Der Hebel F (Fig. 5), welcher dem
Schieber E seine Bewegung ertheilt, nimmt am gesammten
Hube Theil. Für Druckhöhen bis 10at gelangt ein in
einer Metallbüchse geführter Plungerkolben B zur
Anwendung; Dampfkesselspeisepumpen erhalten massive Kolben. Die Pumpenventile sind
entweder Metallventile oder je nach Zweck Gummiventile, welche mittels einer
Messingfeder auf ihren Sitz gepreſst werden, und bei denen zur Erzielung
gleichmäſsiger Druckvertheilung zwischen Feder und Gummiplatte eine dünne
Messingplatte eingeschaltet ist. Die Hubzahl beträgt für jeden Plunger in der Minute
für kleinere Pumpen 75, für gröſsere 30 bis 50. Das Wasser tritt in die untere
Kammer C ein und geht durch die Saugventile um den
Pumpenkolben B herum; durch die Druckventile tritt es dann
in die Druckkammer D über; wie aus der Fig. 5 zu ersehen, ist
also der von der geförderten Flüssigkeit zurückzulegende Weg ein fast gerader. Für
hohe Pressungen, sowie bei Förderung unreinen Wassers werden Plunger mit
auſsenliegender Stopfbüchse angewendet. – Die Dampfcylinder der in obiger Figur
dargestellten Pumpenanordnung müssen stets mit voller Füllung, also mit geringem
Wirkungsgrade arbeiten. Um diesem Mangel an Oekonomie entgegenzutreten, wendet man
bei gröſseren Leistungen, besonders für Wasserwerke, Verbund- oder Compoundpumpen
an, indem die Zwillingspumpen mit zwei Paaren Woolf'scher Maschinen mit hinter einander liegenden Cylindern gekuppelt sind.
Da das hierdurch erzielte Expansionsverhältniſs auch nur höchstens 1 : 4 beträgt, so
werden die Worthington-Verbunddampfpumpen in neuester
Zeit mit einer eigenartigen Hilfsvorrichtung ausgestattet, welche in beiden
Dampfcylindern jede beliebige Expansion gestattet. Diese Vorrichtung besteht im
Wesentlichen aus zwei kleinen schwingenden Cylindern, deren Kolben mit der
Kolbenstange der Pumpe gelenkig verbunden sind und welche mit hoch gepreſstem Wasser
oder Glycerin gefüllt sind. Während der ersten Hälfte des Pumpenhubes wirken diese
kleinen schwingenden Cylinder als Widerstand und nehmen Arbeit auf, welche sie
während der zweiten Hälfte des Hubes wieder abgeben, so daſs sie ausgleichend wie
ein Schwungrad wirken.
In dem auf der anderen Seite der Maschinenhalle liegenden Kesselhause befindet sich
ein Mac-Nicol-Kessel von Petry-Dereux in Düren. Wie Fig. 6 erkennen läſst,
liegt über der Feuerung – hier ist eine Donnely'sche
Wasserrostfeuerung vorgesehen (vgl. 1886 259 * 155 und
1887 264 * 9) – ein schräger, ziemlich kurz gehaltener
Wasserrohrkessel, dessen vorderes Ende an den groſsen Oberkessel angeschlossen ist,
während er hinten in einen Unterkessel mündet, welcher an beiden Enden mit dem
Oberkessel verbunden ist. Der Wasserumlauf wird durch die eingezeichneten Pfeile
angegeben.
Die Speisung erfolgt durch das abgebogene Rohr a,
während der Dampf aus einem besonderen Dome entnommen wird.
Diesem Kessel, welcher eine gesammte Heizfläche von 100qm hat, liegt der Gedanke zu Grunde, durch das Röhrenbündel eine möglichst
groſse Heizfläche auf einem kleinen Raume zu vereinigen und doch alle Vortheile
eines Groſswasserraumkessels zu behalten.
Der Kessel hat eine Länge von 8m; der
Wasserröhrenkessel besitzt 69 Röhren von 95mm
Weite und ist 3m lang, der Hinterkessel hat 0m,750 Durchmesser bei 5m Länge, der Oberkessel 1m,300 Durchmesser bei 8m Länge. Zu beachten ist, daſs der ausgestellte
Kessel nur an seinem hinteren Ende fest gelagert, am vorderen Ende aber auf glatte
Unterlagen gelegt bezieh. aufgehängt ist, so daſs er sich ungehindert ausdehnen
kann.
Das Speisewasser wird von einer Hülsenberg'schen direkt
wirkenden Dampfpumpe (vgl. 1886 261 * 317) geliefert; das
Kesselwasser wird jedoch erst in einem Dervaux'schen
Speisewasserreiniger gereinigt, welcher von H. Reisen
in Köln geliefert ist.
Der Dervaux'sche Kesselreinigungsapparat (Fig. 7) besteht
aus einem, mit einem Rippenkopfe C versehenen
Schlammsammler D und einem zur Aufnahme von Soda und
Kalk oder kaustischer Soda oder Natronlauge dienenden Topf L. Der Schlammsammler, welcher stets über dem Kessel stehen muſs, ist mit
demselben durch die Rohre R und V verbunden, während der Topf L in die
Speiseleitung eingeschaltet ist. Der Topf L kann jedoch
fortbleiben, wenn die Einführung von Soda u.s.w. entweder durch Einbringen in den
etwa vorhandenen Speisebehälter oder in die Saugeleitung der Speisepumpe
bewerkstelligt werden kann. Im letzteren Falle stellt man an einen leicht
zugänglichen Ort der Saugeleitung der Speisepumpe ein Gefäſs, welches mittels eines
eintauchenden Röhrchens oder Schlauches mit dem Saugerohre zu verbinden ist, so daſs
während des Pumpens die in Lösung vorhandenen Chemikalien allmählich aufgesaugt
werden. Die Einführung kann durch ein eingeschaltetes Hähnchen so geregelt werden,
daſs sie auf den ganzen Tag gleichmäſsig vertheilt wird, was der zeitweiligen
Einführung vorzuziehen ist. Sämmtliche Röhren werden durch den Stutzen M in den Kessel eingeführt. Das Rohr V besitzt in der Höhe des mittleren Wasserstandes einen
Schlitz P und ist über dem Kessel von einem
Umhüllungsdampfrohre U, welches eine Wärmeausstrahlung
des Rohres V verhindert, centrisch umgeben. In den Topf
L bezieh. in die Speiseleitung oder den
Speisebehälter werden täglich einmal die vorher ungefähr bestimmten Chemikalien
eingeführt, welche durch das Speisewasser in den Kessel geführt werden. Im Kessel
geht die Ausscheidung der Stein bildenden Salze, kohlen- und schwefelsaurer Kalk,
kohlensaure Magnesia u.s.w. vor sich, welche zunächst als Schlamm und Schaum, theils
auf, theils in dem Wasser schwimmen, bevor sie zur Ablagerung gelangen können. Da
nun das Wasser so kräftig durch den Apparat umläuft, daſs die ganze Wassermenge des
Kessels in 10 Stunden 5 bis 10 mal durch denselben gelangt, so wird nach und nach
sämmtlich sich bildender Niederschlag in dem Schlammsammler D abgesetzt, von wo er täglich durch mehrmaliges, secundenlanges Oeffnen
des Reinigungshahnes N abgeführt wird. Durch Anordnung
des Apparates über dem Kessel ist der Druck im Rippenkopfe des Schlammsammlers um so
viel geringer gegenüber dem im Kessel selbst, als die Wassersäule zwischen dem
Wasserspiegel im Kessel und dem im Rippenkopfe ausmacht. Dieser Druckunterschied
genügt, um eine heftige Dampfentwickelung in der Wassersäule des Steigrohres V herbeizuführen, da das darin aufsteigende Wasser
verhindert ist, Wärme abzugeben, bis es über das Schutzrohr U heraustritt. Es ist also die aufsteigende Wassersäule stets leichter als
die sinkende im Rohre R. Im Rippenkörper wird der Dampf
condensirt; das Wasser gelangt in den stagnirenden Raum, wo es in Folge einiger
Abkühlung nicht mehr kocht und Gelegenheit findet, den Schlamm, da er schwerer ist
als Wasser, sinken zu lassen. Aus seiner verhältniſsmäſsigen Ruhe gelangt das Wasser
gereinigt durch das Rohr R in den Kessel zurück. Es
wirken beide Rohre also heberartig. Der Schlitz P im
Rohre V hat den Zweck, den auf der Oberfläche des
Wasserspiegels schwimmenden Schaum abzusaugen. Wenn bei sinkendem Wasserstande
dieser Schlitz auch zuweilen in den Dampfraum kommt, so wirkt der Dampfeintritt, so
lange ein gewisses Maſs nicht überschritten wird, noch fördernd auf den Umlauf;
dieser hört aber bei weiterem Sinken auf, um wieder bei steigendem Wasserstande zu
beginnen.
Zur Messung des dem Kessel zugeführten Speisewassers dient ein Schmid'scher Kolben-Wassermesser, welcher von Speyerer und Comp. in Berlin aufgestellt ist.
Wird die Steuerung einer eincylindrigen Wassersäulenmaschine durch einen
Muschelschieber mit Kurbelbewegung oder durch einen in ähnlicher Weise wirkenden
Steuerkolben besorgt, so muſs dieser Kolben dem Arbeitskolben gegenüber eine
Voreilung von 90° oder von 180 + 90 = 270° haben. Im zweiten Falle müssen aber die
Kanäle anders geführt sein als im ersten. Wird nun ein Kolben I (Fig. 8) durch einen um
270° voreilenden Kolben II gesteuert, so hat ersterer
dem letzteren gegenüber eine Voreilung von 90° und muſs also bei passender
Kanalführung auch im Stande sein, diesen, d.h. den Kolben II, zu steuern. Das Kolbenpaar würde sich mithin gegenseitig selbst
steuern, zusammen also eine Zwillingsmaschine ohne besonderen Steuermechnismus
bilden. Aus den Figuren ist ersichtlich, daſs jeder der beiden Kolben I und II mit vier Wegen
versehen ist, welche paarweise angeordnet sind, und zwar so, daſs das obere Paar im
Grundrisse ein Kreuz bildet, jeder Kanal also zwei einander diametral
gegenüberstehende Oeffnungen verbindet, während die unteren Kanäle je zwei im
rechten Winkel stehende Oeffnungen verbinden. Diese Kolben bewegen sich in je einem
Bronzecylinder, welcher in der Höhe der Zu- und Abfluſskanäle a und b mit viereckigen
Durchgangsöffnungen a1
b1
c1
d1 bezieh. a2
b2
d2c2 versehen ist. Bei der Stellung des
Kolbens I in Fig. 8 correspondirt a1 mit c1, sowie b1 mit d1
, während bei höherer Kolbenstellung, entsprechend dem
dargestellten Schnitte (Fig. 9), durch Kolben II die Verbindungen a1
d1, sowie c1
b1 hergestellt werden.
Ganz dasselbe gilt auch für den Kolben II. Um das Spiel
der Kolben zu verstehen, ist zu beachten, daſs die Oeffnungen a1
a2 mit dem Zufluſsrohre
a, – die Oeffnungen b1
b2 mit dem Abfluſsrohre
b in unmittelbarer, nie gehinderter Verbindung
stehen, während die Oeffnungen c1 und c2 ihre Fortsetzung in den Kanälen e1 und e2 finden, welche
aufsteigend in den Kurbelraum des jedesmaligen anderen Kolbens münden; endlich die Oeffnungen d1
d2 mit den
abwärtsführenden Kanälen f1
f2 verbunden sind,
deren Verlängerung unter den jedesmaligen anderen Kolben führt. Man erkennt nun
leicht, daſs die Kreuzverbindung des Kolbens I, wenn
sie zur Wirkung kommt (entsprechend der Zeichnung), auf dem Wege a1
c1
e1 Druckwasser über den
Kolben II gelangen läſst, dem unter dem Kolben II befindlichen Wasser aber auf dem Wege f1
d1
b1 Abfluſs gestattet,
die Kreuzverbindung bei I veranlaſst also, daſs Kolben
II sinkt. Durch Herstellung der Winkelverbindung
werden Aus- und Einströmung verwechselt. Es tritt durch a1
d1
f1 Wasser unter den
Kolben II, während das über demselben befindliche
Wasser durch e1
c1
b1 entweicht. Die.
Winkelverbindung bei I veranlaſst also, daſs der Kolben
II steigt. Die um 90° voreilende Kurbel I durchläuft ihren unteren Halbkreis, während der
Kolben II sinkt, ihren oberen, wenn II steigt. Die Hubwechsel von II entsprechen also jedesmal der Mittelstellung von I. In dieser sind aber alle Kanäle geschlossen, während
bei Stellung von I unter Mitte (unterer
Kurbelhalbkreis) die Kreuzverbindung, bei Stellung von I über Mitte (oberer Kurbelhalbkreis) die Winkelverbindung hergestellt
ist. Ganz ähnlich steuert nun der Kolben II den Kolben
I; nur sind die Kanalverbindungen hier umgekehrt,
da II um 270° gegen I
voreilt.
Durch die Kurbelbewegung werden die Kolben gezwungen, bestimmte Hublängen zu
durchmessen, so daſs also jeder Umdrehung der Kurbel eine bestimmte
Wasserdurchgangsmenge entspricht. – Das regelmäſsige Schmieren des Schmid'schen Wassermessers muſs sorgfältig beachtet
werden. Dasselbe sollte wiederholt während der Betriebszeit und insbesondere kurz
vor jeder längeren Betriebspause bewirkt werden. Man öffnet zu diesem Zwecke den
Schmierhahn und schraubt das Schmiergefäſs n kräftig
zwei bis drei ganze Umgänge herunter, wodurch eine genügende Menge Fett an alle
gleitenden Flächen gelangt.
In dem nun folgenden Kesselhause sind drei Schmid'sche
Wasserrohrkessel (vgl. 1886 261 * 2) von Huldschinsky Söhne in Gleiwitz ausgestellt, sowie zwei
Wasserrohrkessel von Breda und Comp. in
Schkeuditz-Leipzig (vgl. 1885 257 82 und 1888 269 * 483).
Zwei Schmid'sche Kessel haben je 62qm Heizfläche, der dritte 173qm. Die Breda-Kessel
haben je 84qm Heizfläche.
Die Kessel dienen zum Betriebe der Dampfmaschinen für den von Siemens und Halske angeordneten elektrischen Lichtbetrieb der gesammten
Ausstellung.
Der eine Breda-Kessel ist insofern bemerkenswerth, als
er einen nicht weniger als 3m langen Rost besitzt,
dessen Bedienung naturgemäſs ungewöhnliche Anstrengung des Heizers verlangt. Weshalb
diese wunderbare Anordnung getroffen wurde, konnte nicht ermittelt werden.
An dem Schmid'schen Kessel ist die patentirte neue
selbsthätige Speiseregulirung bemerkenswerth. Wie beigedruckte Textfigur erkennen
läſst, besteht der
Regulator aus einem mit dem Wasser- und dem Dampfraume des Kessels verbundenen
guſseisernen Gehäuse, in welchem in Höhe des mittleren Wasserstandes ein Schwimmer
sich befindet, der durch Hebelübersetzung ein entlastetes Kolbenventil bewegt. Der
Eingangsstutzen dieses Kolbenventiles ist mit dem Dampfraume des zu speisenden
Kessels, der Ausgangsstutzen dagegen mit der Dampfleitung zur Pumpe verbunden. Bei
der höchsten Stellung des Schwimmers ist der Dampfzutritt zur Pumpe abgeschlossen,
bei der tiefsten dagegen völlig geöffnet. Im ersteren Falle bleibt die Pumpe stehen,
im zweiten macht sie ihre gröſste Hubzahl. Bei gleichmäſsiger Dampfentnahme tritt
dementsprechend auch eine regelmäſsige Bewegung der Pumpe ein. Ist dagegen die
Dampfentnahme ungleichmäſsig, so richtet sich auch danach der Gang der Pumpe,
welcher schneller oder langsamer einen stets gleichmäſsigen Wasserstand aufrecht
erhält. Auf der Achse, um welche sich der vom Schwimmer bewegte Hebel dreht, sitzt
auſserhalb ein Zeiger, welcher gleichzeitig an einer Scala den Wasserstand im Kessel
markirt. Durch ein Gegengewicht, welches auf diesem Zeiger sitzt, wird das Gewicht
des Hebels ausbalancirt.
Textabbildung Bd. 274, S. 115
Die von dem Regulator an- und abgestellte Pumpe ist eine direktwirkende Dampfpumpe
ohne rotirende Bewegung, welche in jeder Stellung zuverlässig angeht und sowohl bei
schnellem wie bei langsamem Gange gleich sicher und vortheilhaft arbeitet.
Ziemlich versteckt liegt zwischen dem Hauptgebäude und der Brauerei das Kesselhaus
von Dürr und Comp. in Ratingen, welches den in Fig. 10
dargestellten Kessel enthält. Derselbe hat einen unteren Wasserrohrkessel, welcher
in eigenthümlicher Weise nur am vorderen Ende mit dem Oberkessel verbunden ist. Um
einen regen Wasserumlauf zu ermöglichen, sind die Wasserröhren nach Art der Field'schen Rohre durch Einsatzröhren getheilt, während
der Oberkessel selbst durch eine Längsscheidewand in zwei Theile getrennt ist.
Der Oberkessel steht durch geschweiſste Stutzen mit der sogen. Trennungskammer in
Verbindung. Letztere dient zur Aufnahme der Siederohre und zu der eigenthümlichen
Trennung des Speisewassers, der aufsteigenden Dämpfe und des dampfführenden Wassers.
Diese Trennung geschieht einerseits durch die in die Trennungskammer eingesetzten
Scheidewände, andererseits durch die in jedes einzelne Siederohr eingesetzten
Speiserohre. Die Einführung des Wassers geschieht vorn in dem Theile des
Oberkessels, in welchen auch vorn die aufsteigenden Dämpfe und das dampfführende
Wasser zuerst gelangen, und scheiden sich hier die Schlamm theile und die
kesselsteinbildenden Stoffe durch die plötzliche starke Erwärmung des Speisewassers
aus. Das Speisewasser durchzieht hiernach die beiden Theile des Oberkessels in ihrer
ganzen Länge, gelangt dann erst nach dem vorderen Theile der Trennungskammer und von
hier durch einzelne Speiserohre in die Siederohre. Hier beginnt die eigentliche
Dampfentwickelung, welche durch die dünnen Wandungen der Rohre und die senkrechte
Führung der Feuergase zu denselben wesentlich befördert wird. Die Dämpfe steigen in
dem hinteren Theile der Kammer nach dem Oberkessel, durchziehen denselben bis zu dem
Dome. Bei diesem langen Wege werden sämmtliche im Dampfe haftenden Wassertheile
ausgeschieden und somit der Dampf getrocknet.
Das aus dem Dampfe ausgeschiedene Wasser tritt mit dem Speisewasser auf dem vorher
beschriebenen Wege wieder nach den Siederohren. Dieser Umlauf des Wassers im Kessel
verhindert eine Ablagerung in den Siederohren, welche nur in den Oberkesseln
stattfinden kann, und zwar hauptsächlich in dem hinteren Theile derselben, da dieser
auſserhalb des Umlaufes liegt und dadurch einen natürlichen Schlammsack bildet. Am
tiefsten Punkte des Oberkessels und auſserhalb des Mauerwerkes befindet sich der
kegelförmige Ablaſsstutzen, welcher das Ausblasen des Schlammes jederzeit
vollständig und ohne jegliche Betriebsstörung ermöglicht.
Die Scheidewand in der Trennungskammer ist so angeordnet, daſs die Herausnahme der
Speise- und Heizrohre, sowie auch das vollständige Reinigen der letzteren mit
Leichtigkeit stattfinden kann. Die Siederohre sind an ihrem vorderen Ende mit einem
aufgeschweiſsten, conisch abgedrehten Ringe versehen und mit demselben in die
hintere Wand der Trennungskammer frei von Hand, ohne gerollt oder gewalzt zu werden,
eingesetzt und werden durch den Wasser- bezieh. Dampfdruck abgedichtet. Das
vollständige Freiliegen der hinteren Rohrenden ermöglicht ein ungehindertes
Ausdehnen der einzelnen Rohre, wodurch das bei anderen Systemen so lästige und so
oft beobachtete Krumm werden der Rohre vermieden ist. Die Verschlüsse sind in
Schmiedeeisen hergestellt und so bearbeitet, daſs sie, ohne Dichtungsmittel zu
gebrauchen, vollständig abdichten. Die Verschlüsse in der Trennungskammer werden
durch den Wasser- bezieh. Dampfdruck in den Kegel eingepreſst, so daſs ein
Nachziehen nie erforderlich, sogar ein Lösen der Schrauben während des Betriebes
gestattet ist.
Der aufgestellte Dürr-Kessel gehört zu den
angestrengtesten Kesseln der Ausstellung, da er viel zu kleine Abmessungen hat, um
die groſse Menge von ihm beanspruchten Dampfes liefern zu können.
Trotzdem der Kessel, wie gesagt, guten Wasserumlauf hat und der Schlamm sich zumeist
nur im Oberkessel absetzen wird, ist doch für das Kesselwasser eine
Reinigungsvorrichtung vorgesehen, welche von Dehne in
Halle a. d. S. ausgestellt ist.
Bei dieser Reinigungsvorrichtung, welche getrennt vom Kessel aufgestellt ist, wird
als Fällmittel für den Schlamm Aetznatron und Soda in einer gewissen Mischung
verwendet. Das zu reinigende Speisewasser wird zunächst durch einen Vorwärmer auf
die Temperatur von 70 bis 80° gebracht, in welcher es durch die Chemikalien am
leichtesten und zweckmäſsigsten angegriffen wird. Die Lauge aus Aetznatron und Soda
wird nun durch eine Speisepumpe, deren Hubzahl der der Speisepumpe für das
Kesselwasser genau angepaſst ist, in einen Mischkasten gebracht, in welchem die
Ausscheidung des Schlammes vor sich geht. Dieser wird beim Durchlaufen der
Flüssigkeit durch eine Filterpresse in dieser zurückgehalten und als Kuchen
gewonnen.
Ein ebenfalls zu klein gewählter, übermäſsig und namentlich sehr ungleichförmig in
kurzen Zwischenräumen angestrengter Kessel ist der im Theater aufgestellte
Wasserröhrenkessel von Büttner und Comp. in Uerdingen
(vgl. 1885 257 * 1. * 5). Dieser Kessel, welcher 76qm Heizfläche hat, besteht ausschlieſslich aus
Wasserröhren von 10cm Durchmesser ohne
Dampfsammler und Oberkessel. Derselbe gleicht vollständig einem Root'schen Röhrenkessel. Die schräg gelagerten
Wasserröhren werden von den im Zickzack geleiteten Feuergasen durchstrichen. Das
Speisewasser wird in beide Enden des unteren Querrohres eingeführt, um Verstopfungen
desselben zu vermeiden.
Der Kessel hat 90 Rohre von 2500mm Länge, welche in
einer Neigung von 1 : 4 liegen.
Interessant an der Kesselfeuerung ist die Anordnung eines Gebläses in Form eines
gewöhnlichen Ventilators von 600mm
Flügeldurchmesser, welches bei 600 Umläufen in der Minute 95cbm Luft in den Aschenraum der Feuerung einblasen
kann, um dieselbe zu forciren. Vor dem Oeffnen der Feuerthüren bei Beschickung des
Rostes tritt der Heizer auf eine Fuſsplatte und schlieſst hierdurch die
Luftzuführung, um ein Herausschlagen der Flamme zu verhindern.
Das Gebläse wird durch elektrische Uebertragung betrieben.
Zur Klasse der Wasserröhrenkessel müssen auch die Zwergkessel von Altmann und Comp. in Berlin, sowie von Lilienthal in Berlin gerechnet werden. Die erstere
Anordnung ist unter dem Namen Hoffnieister-Motor
bekannt. Der Kessel besteht aus einem flachen Oberkessel, aus welchem die
Wasserröhren nach unten durch die Feuerung abgebogen sind, so daſs sie mit beiden
Enden vom Boden des Oberkessels ausgehen. Der Oberkessel wird jetzt in einem Stücke durch
Schweiſsung hergestellt, so daſs unbequeme Dichtungen vermieden werden.
Der Lilienthal'sche neue Dampferzeuger dient zum
Betriebe der Maschinerie für ein groſses Nebelhorn, welches mittels verdichteter
Luft zum Ertönen gebracht wird. Die Luft wird durch eine Pumpmaschine bis auf 4at in einen Behälter verdichtet, welcher das
Nebelhorn – eine dreistimmige Sirene – auf 15 Minuten in Betrieb erhalten kann.
Während dieser Zeit muſs nun der Lilienthal'sche Kessel
im Stande sein, genügend Dampf zum Anlassen und zum Betriebe der Luftpumpe zu
liefern.
Der Dampferzeuger besteht aus mehreren mehrfach hin und her gewundenen über einander
liegenden Perkins-Röhren von 22mm lichter Weite, welche in Verbindung mit
einander stehen; die unteren Züge der Rohre umschlieſsen den Feuerraum, während
durch die oberen Züge die Feuergase mittels Lenkplatten durchzustreichen gezwungen
werden. Die Rohre sind so über einander gelegt, daſs sie nahezu ein Quadrat bilden,
welches etwa unter 45° schräg gestellt ist. Das Rohrviereck wird durch einen
guſseisernen Kasten eingeschlossen.
Das Speisewasser wird in das an der höchsten Stelle des Kessels liegende Rohr stetig
zugeführt, um nach den untersten Lagen über der Feuerung gedrängt und hier überhitzt
zu werden, so daſs es bei seinem nun erfolgenden Aufstiege allmählich verdampfen
kann.
Für einen normalen Betrieb dieses Dampferzeugers erscheint reines, kesselsteinfreies
Speisewasser Vorbedingung. Zu diesem Behufe ist eine Oberflächen-Condensation
angebracht, welche die Wiedergewinnung des Dampfwassers gestattet.
Modelle erläutern den Zwergkessel von Paul Preunicke und
Comp. in Berlin.
Dieser Dampferzeuger besteht aus vier einzelnen durch Kreuzstutzen, mit einander
verbundenen Kesseln, derart, daſs die beiden Seitenkessel an ihren Enden Vollkessel
sind, während in der Mitte ein Röhrenbündel liegt. Ist schon die Verbindung des
Vollkessels mit dem Wasserröhrenkessel eine glückliche zu nennen, so sind in der
gleichzeitigen Verbindung des Ober- und Unterkessels, ersterer als Dampfsammler,
letzterer als Vorwärmer, die Vortheile der verschiedensten Dampfkesselsysteme
vereinigt.
Der Kessel besitzt einen groſsen Wasserraum, so daſs bei veränderlicher Dampfentnahme
keine störenden Schwankungen in der Dampfspannung eintreten. Die Feuergase
bestreichen zunächst das Röhrenbündel, gehen über den hinteren Vollkessel weg,
vereinigen sich unter dem Dampfsammler, umspülen hierauf den Vorwärmer (Bouilleur)
und gehen sodann im Fuchse ab. Auſserdem erhalten die vorderen Enden der Vollkessel
und der Vorwärmer durch das hocherhitzte Mauerwerk noch indirekte Heizung. Durch die
Anwendung des Vorwärmers, in welchem sich die hauptsächlichsten schlechten
Wasserbestandtheile absetzen, kann nur reineres Wasser in den Röhrentheil gelangen,
welch letzterer ohnedem durch den starken Umlauf des Wassers in den Röhren nur
geringe Ablagerungen in denselben zuläſst. Das Wasser kann öfters und während des
Betriebes abgelassen werden. Der Dampfkessel ist gegen gefährliche Explosionen
gesichert, da bei zu hoher Spannung bezieh. bei Zerreissen eines oder mehrerer
Röhren, die Spannung langsam nach unten entweichen kann, während das gleichzeitig
ausströmende Wasser das Feuer auslöscht.
Die Ausführung dieses Kesselsystemes kann so bewerkstelligt werden, daſs die
einzelnen Kessel an den Kreuzstutzen entweder durch Umflanschungen mit Winkelringen,
oder Verschraubungen derart von einander getrennt werden, daſs die drei Unterkessel
gesondert sind, während die Kreuzstutzen an dem Oberkessel hängen bleiben. Hierdurch
wird möglich gemacht, daſs wenn z.B. der eine Röhrenkessel ausbesserungsbedürftig
werden sollte, der Betrieb mit dem anderen Röhrenkessel fortgesetzt werden könnte.
Auch dürfte diese Trennung für den Transport und die Aufstellung des Kessels
vortheilhaft sein. Bei Raummangel ist die Anordnung nur eines Seitenkessels
möglich.
Von der Berliner Maschinenbau-Gesellschaft vormals Schwartzkopff ist – allerdings nicht im Betriebe – ein
Kessel von 77qm Heizfläche nach dem Systeme Babcock-Wilcox (vgl. 1888 269 * 449) ausgestellt. Der Kessel besteht vollständig aus Schmiedeeisen,
ist ohne Stehbolzen und Versteifungen durchweg mit metallischen Verbindungen
ausgeführt. Die Wasserröhren liegen unter 30° nach hinten geneigt. Die einzelnen
senkrechten Reihen sind zu einander versetzt angeordnet, so daſs ein lebhafter
Wasserumlauf gewährleistet wird. Die Röhren münden an beiden Enden in schmale
Wasserkammern, denen eine eigenthümliche Zickzackform gegeben ist, um die
Wasserrohre in gedachter versetzter Weise anordnen zu können. Am tiefsten Punkte
liegt ein Schlammsammler. Natürlich besitzt auch dieser Kessel einen groſsen, als
Dampfsammler dienenden Oberkessel.
St. Leutner und Comp. in Breslau stellen einen Kessel
aus, welcher im Wesentlichen aus einem Ober- und einem Unterkessel besteht, die
beide durch senkrechte Siederohre mit einander verbunden sind (vgl. Fig. 11 und 12). Zwischen
beiden Kesseln streichen die Heizgase.
Ober- und Unterkessel sind liegende Cylinder, deren Länge durch die Gröſse des
Kessels bedingt ist; an diesen sind der Länge nach, möglichst dicht neben einander,
die eben besprochenen Stutzen angenietet, von denen jeder ein Rohrbündel von 12
Stück aufnimmt. Die Länge der Röhren beträgt etwa 3m und ermöglicht ein drei- bis viermaliges Bestreichen derselben durch die
Heizgase. Die sonstige Gesammtconstruction und die Art der Erneuerung ergibt sich
aus der Abbildung. Aus dem Speisewasser, welches in den Oberkessel mittels eines durchgehenden Rohres mit
vielen Oeffnungen eingeführt und dadurch auf den ganzen Wasserinhalt vertheilt wird,
scheiden sich durch die plötzliche Erwärmung die festen Bestandtheile aus und werden
mit dem Wasser in den Unterkessel geführt, wo sie sich auf dem Boden ablagern und
dadurch aus dem Bereiche des Feuers gebracht werden. Da die eine Hälfte der Röhren
bis in den Dampfraum durchgeführt ist, so kann das Speisewasser hier erst vom
Unterkessel aus eintreten, während durch die andere Hälfte der Röhren das
Speisewasser nach unten fallen muss. Es ergibt sich hieraus ein zuverlässiger und
lebhafter Umlauf, welcher das Ansetzen von Kesselstein verhindert. Kleine
Inkrustationen werden sich loslösen, aber in den Unterkessel fallen, wo sie nicht
mehr schaden können.
Der ganze Kessel ist nur oben aufgehängt, so daſs sich die Röhren mit dem
daranhängenden Unterkessel ungehindert ausdehnen und zusammenziehen können; es ist
also hier keine Veranlassung zum Undichtwerden der Verbindungsstellen zwischen
Röhren und Böden gegeben, wie dies bei den liegenden Röhrenkesseln häufig der Fall
ist. Auſser bei den Mannlochverschlüssen und Armaturen sind keinerlei
Dichtungsstellen vorhanden.
Sehr beachtenswerth ist die zur Beseitigung von Explosionsgefahren getroffene
Einrichtung, welche sich im Allgemeinen dadurch kennzeichnet, daſs bei übermäſsig
angestiegenem Innendrucke zwischen den Röhren und dem Oberkessel Oeffnungen
entstehen, welche den Druckausgleich herbeiführen und Dampf bezieh. Wasser in die
Feuerung schicken.
Zwei geschweiſste runde Stutzen von 600mm
Durchmesser besitzen jeder einen Boden von 30mm
Stärke, durch welchen die senkrechten Röhren hindurchgehen. Während nun die unteren
Rohrenden im Boden des unteren Stutzens unwandelbar befestigt sind, werden die
oberen Rohrenden mittels conischer abgedrehter Bunde in die entsprechend
bearbeiteten Oeffnungen des oberen Bodens von innen nach auſsen fest hineingesteckt,
so daſs sie einen dichten Abschluſs bilden. Die geraden Böden werden bei
Ueberschreitung eines bestimmten inneren Kesseldruckes (hier 16 bis 17at) sich durchbiegen; die Röhren können, da sie
sich nicht zusammenstauchen lassen, dieser Durchbiegung nicht folgen und müssen
deshalb mit ihren conisch eingesetzten oberen Enden aus dem oberen Boden sich
überall da herausheben, wo eine merkliche Durchbiegung der Böden eintritt. Hierdurch
entstehen ringförmige Oeffnungen am Umfange der Rohrenden, aus denen das Wasser
(oder auch der Dampf) entweicht, das Feuer auslöscht und die zu hohe Spannung auf
ihr zulässiges Maſs zurückführt. Dies veranlaſst die Böden in ihre frühere Lage
zurückzukehren und wieder einen dichten Abschluſs mit den Rohrenden zu bilden.
Die so gefährliche plötzliche Entlastung des Kessels kann hierbei nicht eintreten, da die
Oeffnungen zunächst sehr klein sind und auſserdem nach und nach bei den einzelnen
Röhren entstehen werden.
Es liegt demnach in der Construction des Kessels selbst eine vollkommene Sicherheit
gegen Explosionsgefahr, indem bei zu hoher Spannung langsam und ohne explosive
Wirkung Oeffnungen an den Verbindungsstellen zwischen Oberkessel und Röhren
entstehen, welche das Wasser entweichen lassen und dadurch den normalen Druck wieder
herstellen, während sich die Oeffnungen wieder schlieſsen.
Sollte in Folge von Wassermangel eine Explosionsgefahr eintreten, so werden die zum
Theil von Wasser entleerten Röhren sich erst recht aus ihrer Sitzfläche abheben,
indem sie sich stark ausdehnen und den Dampf entweichen lassen. Bei sehr energischer
und plötzlicher Dampfentwickelung könnten höchstens einige glühende Rohrstücke ohne
explosive Wirkung zerstört werden.
Es ist in der That überraschend, mit welcher Zuverlässigkeit bei dem ausgestellten
Versuchskessel der eben beschriebene Vorgang sich abspielt, und es wäre äuſserst
interessant, diese Versuche auch mittels Dampfdruck, d.h. durch Heizung des Kessels
vorzunehmen.
Zu den eigentlichen GroſswasserraumkesselnPreſswasserraumkesseln übergehend, haben wir zunächst den zum Betriebe der Brauerei dienenden
Zweiflammrohrkessel von H. Paucksch in Landsberg a. W.
zu erläutern, welcher 75qm Heizfläche bietet und
mit einer neuen Form der Tenbrink-Feuerung ausgerüstet
ist.
Die Flammrohre des Kessels sind besonders eigenthümlich, da sie aus einzelnen kurzen
Schüssen zusammengesetzt sind, welche verschieden groſse Durchmesser haben. So
besitzt z.B. der ausgestellte Kessel Flammrohre, deren Schüsse, an der Feuerung
angefangen, folgende Durchmesser haben: 800mm bei
1m Länge, 750mm, 700, 650, 700mm bei je 500mm Länge u.s.w. Man ersieht hieraus, daſs die
Verengungen und Erweiterungen des Flammrohrquerschnittes nicht unbeträchtlich sind.
Der Zweck dieser Anordnung geht dahin, Wirbelungen der Federgase hervorzubringen, um
eine bessere Ausnutzung und Verbrennung zu erzielen.
Die einzelnen Schüsse sind nach auſsen umgebördelt und hier durch einen
Versteifungsring verbunden. Diese Verbindung ist ungemein fest und sicher, wie zwei
ausgewechselte Flammrohre beweisen, welche in Folge Ausglühens ungeheuer eingebeult
sind, ohne daſs die Flanschen irgend welche Beschädigung erkennen lassen.
Die benutzte Tenbrink-Feuerung hat eine ungewöhnliche
Anordnung. Ueber dem durch Schüttfeuerung beschickten schräg liegenden Roste,
welcher nicht im Wassermantelrohre liegt, befinden sich zwei Wasserquerrohre, welche
die Feuergase nach vorn ablenken gegen ein drittes oberhalb gelagertes Querrohr,
welches die Gase dann in die Feuerrohre drängt.
Das Speisewasser wird in das unterste Querrohr von unten aus dem Hauptkessel
zugeleitet, so daſs es bereits ziemlich stark erhitzt, also möglichst schlammfrei in
den Tenbrink-Apparat gelangt, diesen also der Gefahr
der Verschlammung möglichst wenig aussetzt.
Eine eigenartige Verallgemeinerung der Galloway-Rohre
wird in einem Flammrohre von M. Jahr in Gera gezeigt.
Statt der kreuzweise in das Feuerrohr eingesetzten Galloway-Rohren sind in den Umfang des Feuerrohres Einbauchungen a (Fig. 13) hergestellt,
welche durch Klappen b so geschlossen werden, daſs
Oeffnungen cd frei bleiben, durch welche das Wasser
hindurch streichen kann.
Diese taschenartigen Wasserrohre bieten den Vortheil, daſs sie durch ihre seitliche
Lage im Feuerrohre leicht zugänglich sind, da die Deckel ohne Mühe gelöst und
abgenommen werden können.
In einem besonderen Kesselhause von Rich. Schwartzkopff
in Berlin befindet sich ein Feuerrohrkessel, der an sich keine besondere
Eigenthümlichkeiten bietet, aber jedenfalls zu den interessantesten
Ausstellungsgegenständen zu rechnen ist, weil er eine groſse Zahl hervorragender
Maſsregeln aufweist, welche die Sicherheit des Kesselbetriebes gewährleisten sollen.
Der Kessel hat ausschlieſslich den Zweck, die Schwartzkopff'schen Specialitäten im Betriebe vorzuführen und ihre
Anordnung und Wirkungsweise zu zeigen. Eine besondere Anziehung übt dieser Kessel
noch insofern aus, als derselbe innen elektrisch beleuchtet ist und durch den
Wasserstandszeiger dem Beschauer Einblick in den Kessel zur Beobachtung der
verschiedenen Vorgänge im Kessel gestattet. Die einzelnen Apparate werden später
besprochen werden, nachdem wir die ausgestellten Locomobilkessel erwähnt haben.
Diese Ausstellung findet nur ein schwaches Gegenstück in dem kalt ausgestellten,
gleichfalls alle möglichen Sicherungen zeigenden Seitrohrkessel in der Abtheilung
der königl. preuſsischen Eisenbahnen.
R. Wolf in Buckau-Magdeburg ist mit drei seiner
Locomobilen auf Tragfüſsen – oder wie diese Locomobilenart ebenso widersinnig wie
geschmacklos genannt wird, stationären Locomobilen – vertreten. Zwei dieser
Locomobilen von je 45qm Heizfläche sind ständig in
dem Maschinenhause von Siemens und Halske für die
elektrische Beleuchtung thätig und zeichnen sich diese durch ihre auſserordentliche
Leistungsfähigkeit aus, da sie mit nicht weniger als 70 angestrengt
sind.
Die eigentliche Ausstellungslocomobile von 50qm
Heizfläche dient zum Betriebe der Keſsler'schen Mühle
und ist in einem besonderen Gebäude aufgestellt. Die Locomobile ruht auf Tragfüſsen
und ist mit Compoundmaschinen versehen. Sie besitzt einen ausziehbaren Röhrenkessel
mit 95 Röhren von 51mm innerem Durchmesser. Die
Gesammtlänge des Kessels beträgt 5m bei 1m,5 Durchmesser. Der auſserordentliche Effect
dieser sehr verbreiteten Compoundlocomotive erklärt sich aus der günstigen Lage der
Dampfcylinder im Dampfraume des Kessels, so daſs hier der denkbar beste Schutz gegen
Dampf- bezieh. Abkühlungsverluste durch die Maschine und die Vermeidung jeder
Dampfleitung gegeben ist.
Kolbenführung, Kurbel, Schwungrad und Riemenscheibe sind auf dem Kessel befestigt.
Eine Abstellvorrichtung ist bereits früher beschrieben worden.
Mehrere ähnlich gebaute „fahrbare“ Locomobilen sind von H. Lanz in Mannheim ausgestellt. Dieselben sind nicht
im Betriebe vorgeführt, zeigen aber alle möglichen Sicherheitsvorrichtungen, wie sie
der Betrieb auf freiem Felde fordert. Die gröſste Locomobile kann 45
leisten.
Die von C. Beermann in Berlin, sowie von der
Actiengesellschaft H. F. Eckert in Berlin ausgestellten
Locomobilen lassen keine wesentlichen Abweichungen von der üblichen Bauart
erkennen.
Die merkwürdigerweise so wenig beachtete Ausführung der Locomobilen mit stehendem
Kessel ist nur von Petzold und Comp. in Berlin
ausgestellt. Diese Locomobilenart sollte wirklich seitens der Landwirthschaft mehr
gepflegt werden, da sie sehr viele Vortheile gegenüber den Locomobilen mit liegendem
Kessel zeigt. Zunächst ist die getrennte Aufstellung von Kessel und Maschine
durchgeführt, dann aber ist der verhältniſsmäſsig kleine Kessel mit groſser
Heizfläche auszurüsten und verlangt die geringe freie Wasseroberfläche keine
peinlich wagerechte Aufstellung im Felde.
Die Locomobile von Petzold und Comp. leistet 8 ;
sie besitzt einen stehenden Feuerbüchskessel von 10qm Heizfläche mit 24 engen Quersiederohren.
Von Scharrer und Groſs in Nürnberg sind ebenfalls
halblocomobile Maschinen mit stehendem Kessel nach dem Systeme Lachapelle zur Ausstellung gebracht. Die hohe, rings
von Wasser bespülte Feuerbüchse, in welcher sich wagerechte Sieder kreuzen,
schlieſst den Feuerherd ein. Die Sieder, durch welche das Wasser umläuft, werden von
der Flamme senkrecht getroffen und brechen dieselbe.