Titel: | Zur Kenntniss der Mineralmaschinenöle; von Aug. Künkler. |
Autor: | Aug. Künkler |
Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 277 |
Download: | XML |
Zur Kenntniſs der Mineralmaschinenöle; von Aug.
Künkler.
Künkler, zur Kenntniſs der Mineralschmieröle.
Da es einer einfachen Methode für die Qualitätsbestimmung der Mineralmaschinenöle
ermangelte, so fehlte bei der übergroſsen Menge der Fabrikate und der
Verschiedenheit ihrer Eigenschaften das aus ihren Untersuchungen sich ergebende
Material zum Vergleiche ihrer Qualitäten. Die übliche Beurtheilung aus dem Grade der
Verflüchtigung oder Entzündlichkeit, dem specifischen Gewichte, dem
Erstarrungspunkte und der Consistenz bei gewöhnlicher Temperatur, sowie der Farbe
erwies sich in praxi als nicht ausreichend und ermöglichte nur ein Specificiren von
Oelen gleicher Herkunft in leichte, mittlere und schwerere Maschinenöle und
Cylinderöle. Daſs aber diese Möglichkeit eine sehr beschränkte ist und erst unter
Berücksichtigung der specifischen Zähflüssigkeit eine sichere wird, geht, wie später
näher ausgeführt wird, aus meinen Versuchen hervor. Da also die Bestimmung genannter
Eigenschaften die Qualität der Oele nur annähernd erkennen lieſs, so versuchte man
die Frage der genauen Qualitätsbestimmung dadurch zu lösen, daſs man die direkte
Prüfung der Oele auf Schmierfähigkeit in einer Weise vornahm, wie sie der Verwendung
in der Praxis möglichst entsprach, indem man die Oele auf eigens zu diesem Zwecke
construirten Maschinen unter möglichster Berücksichtigung der in der Praxis
auftretenden Umstände prüfte. Die mit den verschiedenen Maschinen erzielten
Resultate sind indeſs vollständig abweichend, zu Vergleichen unter einander nicht
verwendbar, da man bei der Construction jeder dieser Maschinen von anderen
Gesichtspunkten ausging. Und selbst die auf ein und demselben Apparate vorgenommenen
Prüfungen liefern nur dann zum Vergleiche unter einander brauchbare Resultate, wenn
sie mit gröſster Sorgfalt und Sachkenntniſs durchgeführt werden. Bei keiner dieser
Maschinen aber sind alle die Punkte berücksichtigt, die nothwendiger Weise bei einer
Prüfung für die Praxis in Betracht kommen. Der Natur der Sache nach bleiben
derartige Prüfungen in Ermangelung eines absoluten Maſses für die Schmierfähigkeit
begrenzt auf einen Vergleich mit durch die Praxis als thatsächlich brauchbar
anerkannten Oelen. Durch langjährige und verschiedenartigste Verwendung in der
Praxis begründete erst die Erfahrung das Urtheil über die Schmierfähigkeit bezieh. Brauchbarkeit
bestimmter Oele zu bestimmten Zwecken, gab also den Maſsstab für die
Schmierfähigkeit der jetzt in der Schmierölfabrikation als Norm geltenden Oele.
Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daſs die Oelprobirmaschinen nur
beschränkte Verwendung finden und da eine einfache, richtige Methode zur Prüfung der
Oele noch fehlt, wird das Geschäft in Schmiermittel zur Zeit noch als eine
Vertrauenssache behandelt, denn nur die jedesmal meist mit Opfer an Zeit und Geld
praktisch gewonnene Erfahrung kann über die Qualität bezieh. Zweckmäſsigkeit eines
Oeles entscheiden. Letzterer Umstand hat seinen Grund in der verschiedenen
Beschaffenheit der Maschinen bezieh. ihrer Construction, Leistungsfähigkeit und
Material, sowie in der mannigfaltigen Art und Weise der Schmierung. Daſs nun die
Praxis in dem verhältniſsmäſsig leichten Eigenschaftsnachweise eine wesentliche
Stütze bei Beurtheilung der Oele finden kann, und zwar mit Umgehung der
Oelprobirmaschinen, sollen die nachfolgenden Untersuchungen zeigen.
Erst im Laufe der letzten Jahre erkannte man die Bedeutung der
Zähflüssigkeitsbestimmung für die Beurtheilung der Qualität der Mineralöle, und in
kürzester Zeit sind eine Reihe von Apparaten zu diesem Zwecke construirt worden.
Versuche und Erfahrung zeigten, daſs die Zähflüssigkeit in engster Beziehung zur
Schmierfähigkeit steht. Die Zähflüssigkeit bestimmt jedoch niemals die absolute
Schmierfähigkeit, sondern deren relatives Maſs gegenüber der Zähflüssigkeit eines
erprobten Oeles. Damit erfüllt aber die Feststellung der Zähflüssigkeit unter
gleichzeitiger Beobachtung der übrigen Eigenschaften eigentlich annähernd denselben
Zweck, wie die zu diesem Behufe construirten Oelprobirmaschinen, und wird in den
meisten Fällen ausreichen. Man ist daher mit Recht dazu übergegangen, die Qualität
der Oele in erster Linie nach ihrer Zähflüssigkeit zu beurtheilen und von diesem
Gesichtspunkte aus habe ich eine Reihe Oele verschiedenster Herkunft untersucht, um
so das zum Vergleiche ihrer Qualitäten nöthige, in der Tabelle angegebene Material
zu gewinnen.
Da bisher unter den Eigenschaften der mineralischen Schmieröle nur die Bestimmung des
Paraffingehaltes, des specifischen Gewichtes gleichsiedender Fractionen, sowie deren
Lichtbrechungsexponent zur Erkennung der Abstammung eines Oeles dienten, veranlaſste
mich dieses, eingehende Versuche vorzunehmen, ob und inwieweit etwa die specifische
Zähflüssigkeit der Oele diese bis jetzt schwierige Unterscheidung erleichtern
könnte. Die vorliegende Arbeit soll die Belege für die Bedeutung dieser Eigenschaft
auch in der angegebenen Richtung liefern.
Ich bediente mich bei meinen Untersuchungen des Engler'schen Viscosimeters, betreffs dessen ich auf Chemiker-Zeitung, 1885 S. 189, verweise. Als Versuchsmaterial bezog ich in
der Praxis hauptsächlich Verwendung findende, anerkannt gute Mineralschmieröle
direkt von den Producenten, so daſs diese Oele als Normalöle betrachtet werden können, und
verdanke deren Erhalt der freundlichen Vermittelung des Herrn Prof. Dr. C. Engler hierselbst.
Die Bestimmung der Zähflüssigkeit ist, der Verschiedenheit der Destillate und somit
auch dem Verwendungszwecke entsprechend, bei verschiedenen Temperaturen für ein und
dasselbe Oel vorgenommen worden. Aus diesen Bestimmungen ist gleichzeitig zu
ersehen, in welchem Maſse die Zähflüssigkeit von Oelen verschiedener Herkunft
mitzunehmender Temperatur verschieden abnimmt.
Neben der Viscosität sind noch, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, die übrigen
maſsgebenden Eigenschaften der betreffenden Oele des Vergleiches halber untersucht
worden.
Das specifische Gewicht ist meist mittels Pyknometer, in wenigen Fällen mit einer
hydrostatischen Wage von Westphal ermittelt.
Der Beginn des Verdampfens, sowie Flamm- und Brennpunkt sind in üblicher Weise in
einem kleinen Porzellantiegel, der Erstarrungspunkt in Reagenzgläsern gewöhnlicher
Gröſse beobachtet. Die Destillationsprobe (Siedeanalyse) vollzog ich nach der von
C. Engler (Chemiker-Zeitung, 1886 S. 1238) für
Brennöl mitgetheilten Methode, nur benutzte ich, um allzu starke Condensation der
Dämpfe zu verhüten, ein Fractionskölbchen mit weniger hohem Steigrohre.
Die untersuchten Oele sind amerikanischer, russischer und deutscher Herkunft; von
einer Untersuchung der ebenfalls im deutschen Verkehre befindlichen englischen
Schieferöle sah ich ab. Im Vordergrunde der Untersuchung stehen die russischen und
amerikanischen Oele, die auch für die Praxis das wesentlichste Interesse
beanspruchen. Die sächsischen Braunkohlentheeröle, denen die genannten englischen
Schieferöle sehr nahe stehen, finden als Schmiermittel für sich kaum Verwendung,
theils ihrer Natur und theils der Art der Verarbeitung wegen. Dieselben dienen als
Surrogate zum Verschneiden von zähflüssigen Oelen, bei Herstellung von Fetten und
Schmieren und zur Denaturirung von Pflanzenölen in Anbetracht des billigen Preises.
Die englischen Oele verdienen vor den sächsischen den Vorzug, auch bezüglich
Qualität der sogen. Mischöle stehen Ruſsland und Amerika hinter England zurück. Die
Oele von Hannover und Elsaſs nehmen an der Gesammtproduction von Schmierölen nur
untergeordneteren Antheil. (S. Tabellen S. 280 bis 283.)
Wir unterscheiden im Allgemeinen zwischen Maschinenölen und Cylinderölen; die
letzteren umfassen die höchst siedenden Destillate, während erstere sämmtliche
Destillate, von dem Solaröle bezieh. Mischöle bis zu dem des Cylinderöles steigend,
einschlieſsen. Die Cylinderöle bilden eigentlich nur eine abgegrenzte Gruppe für ein
und denselben Gebrauchszweck, während die Maschinenöle, die mannigfaltigsten
Verwendungen findend, sich demgemäſs in verschiedene Gruppen eintheilen lassen. Wie aus der Tabelle
ersichtlich, steigen die specifischen Gewichte der untersuchten Cylinderöle
russischer Herkunft von 0,911 bis 0,923, deren Flammpunkte von 188 bis 238° C.; die
specifischen Gewichte der Maschinenöle eben solcher Herkunft von 0,893 bis 0,920,
deren Flammpunkte von 138 bis 197° C. Für die untersuchten Maschinenöle
amerikanischer Abstammung schwankt das specifische Gewicht von 0,884 bis 0,920,
deren Flammpunkte von 187 bis 206° C., für Cylinderöle das specifische Gewicht von
0,886 bis 0,899, deren Flammpunkte von 280 bis 2830 C.
Betrachten wir nun die Cohärenz der Oele mit Rücksicht auf ihren Verwendungszweck, so
zeigt sich, daſs sich thatsächlich alle für denselben Zweck bestimmten Fabrikate
einem einheitlichen Flüssigkeitsgrade bei einer bestimmten Temperatur nähern und
daſs die Viscosität in engster Beziehung zur Schmierfähigkeit steht, somit sich
letztere aus ersterer hinreichend beurtheilen läſst.
So besitzen von Oelen russischer Herkunft die Spindelöle bei einem specifischen
Gewichte von 0,893 bis 0,895 eine specifische Zähflüssigkeit von 3,15 bis 3,44 bei
50° C., die hellen Oele für Dampfmaschinen als Ersatz von Rüböl, Olivenöl u.s.w. bei
einem specifischen Gewichte von 0,903 bis 0,909 eine solche von 5,86 bis 6,34, die
Cylinderöle bei einem specifischen Gewichte von 0,911 bis 0,923 diejenige von 2,07
bis 2,88 bei 100° C. Dunkle Oele für ein und denselben Verwendungszweck lagen mir
nicht vor, es sei jedoch bemerkt, daſs solche meist gewöhnlichen Schmierzwecken
dienen, also für Achsen, Transmissionen, gewöhnlichere Maschinen, und daſs die
Eigenschaften dieser Oele in Folge entsprechender mäſsiger Preislage derart
beeinfluſst sind, daſs mit Ausnahme weniger Fälle auf gleichmäſsiges Material kaum
zu rechnen sein dürfte. Zu diesen Oelen sind in erster Linie die Brennölrückstände,
sogen. Residuen, zu rechnen. Von den Oelen amerikanischer Herkunft zeigen die
Spindelöle bei 0,908 bis 0,911 spec. Gew. einen Viscositätsgrad von 3,13 bis 3,32
bei 50° C., helle amerikanische Oele für Dampfmaschinen und als Ersatz von Rüböl
u.s.w. sind mir nicht bekannt geworden. Das einzige mir vorliegende helle Oel dieser
Art zeigt 0,920 spec. Gew. bei einem Viscositätsgrade von 4,23 bei 50° C. und ist
nur in beschränktem Maſse für genannte Zwecke zu verwenden. Für diese Zwecke sind
also aus amerikanischem Rohöle helle Oele nicht oder doch nur unvortheilhaft
herzustellen. Die Cylinderöle zeigen bei einem specifischen Gewichte von 0,886 bis
0,899 einen Viscositätsgrad von 4,17 bis 4,82 bei 100° C.
Bei Vergleich der amerikanischen und russischen Oele mit einander für die berührten
Gebrauchszwecke ergibt sich betreffs ihrer Zähflüssigkeit ferner, daſs den
Maschinenölen russischer Abstammung wesentlich höhere Schmierfähigkeit eigen ist
gegenüber denjenigen amerikanischer, steht doch das amerikanische Oel von 0,920
spec. Gew. für Maschinenschmierung
Textabbildung Bd. 274, S. 280–281
Herkunft und Gebrauchszweck; Spec.
Gewicht bei 17½° C.; Beginn der Dampfentwicklung; Flammpunkt; Brennpunkt;
Erstarrt schmalzartig bei; Bis 310° übergehende Anthelle in Vol.-Proc.;
Ruſsland; Für Spindeln und ähnliche Masch.; Für Dampfmaschinen, als Ersatz für
Rüböl, Olivenöl u.s.w.; Für Dampfcylinder; Für Achsen, Transmissionen,
gewöhnliche Zwecke; Für Maschinen, Locomotiven u.s.w.; Für schwerste Belastung;
Für Achsen, Transmissionen; Für gewöhnlichere Schmierzwecke Für Maschinen,
Transmissionen.; Für Achsen; Für Gasmotoren und leichteren Betrieb; Amerika; Für
Spindeln u.s.w. und zum Mischen mit fetten Oelen; Für Spindeln; Für Maschinen;
Farbe bei durchfallendem und auffallendem Lichte; Viscositatsgrad Wasser =
1
Textabbildung Bd. 274, S. 282
Herkunft und Gebrauchszweck; Spec.
Gewicht bei 17½° C.; Beginn der Dampfentwicklung; Flammpunkt; Brennpunkt;
Erstarrt schmalzartig bei; Bis 310° übergehende Anthelle in Vol.-Proc.;
Deutschland.; Hannover.; Für gewöhnlichere Schmierzwecke; Elsaſs.; Für
Mischzwecke und leichteste Maschinen; Sachsen; Für Mischzwecke; Pflanzen- und
Thieröle; Rüböl, roh; Rüböl raffinirt; Erdnuſsöl; Sesamöl; Olivenöl; Ricinusöl;
Leinöl; Robbenthran; Klauenöl; Talg
mit 4,23 um 1,63 hinter dem tiefst stehenden russischen hellen
Maschinenöle mit 5,86 zurück. Im Gegensatze hierzu sind die amerikanischen
Cylinderöle den russischen bezüglich ihrer Zähflüssigkeit wesentlich überlegen. In
Ergänzung dieser Eigenthümlichkeiten sei bemerkt, daſs nach den Versuchen von C. Engler (Das Erdöl von Baku, 1886 S. 76) wiederum bei
den leichteren Destillaten der Rohöle, dem Brennöle, das Verhältniſs umgekehrt ist,
indem die amerikanischen Brennöle eine höhere Viscosität als die russischen
besitzen.
Verfolgen wir ferner das Verhalten des specifischen Gewichtes bei steigendem
Siedepunkte, so nimmt dasselbe bei den russischen Oelen stetig zu, für die
Spindelöle von 0,893 bis 0,895, für helle Maschinenöle von 0,903 bis 0,909, dunkle
Maschinenöle von 0,900 bis 0,920 und für Cylinderöle 0,911 bis 0,923. Ganz anders verhalten sich in
dieser Beziehung die amerikanischen Oele, welche zeigen: für Spindelöle 0,908 bis
0,911, helles Maschinenöl 0,920, dunkles Maschinenöl 0,884 und endlich für
Cylinderöle 0,886 bis 0,899 spec. Gew. Es zeigen also die Cylinderöle als höchst
siedende Destillate ein weit niedrigeres specifisches Gewicht als die vorhergehenden
leichteren Antheile. Die Dichte der Cylinderöle liegt innerhalb derjenigen der
dunklen Maschinenöle und Mischöle und erreicht nicht einmal diejenige der
Spindelöle.
Die wechselseitige Stellung gestaltet sich bei steigendem Siedepunkte derart, daſs
die amerikanischen Oele von 0,908 bis 0,920 spec. Gewicht in Zähflüssigkeit und
somit auch Gebrauchszweck den russischen von 0,893 bis 0,900 spec. Gew. entsprechen,
dagegen diejenigen amerikanischer Herkunft von 0,884 bis 0,899 spec. Gew. denjenigen
russischer Herkunft von 0,900 bis 0,923 spec. Gew. Es differirt also für Oele
gleicher Zähflüssigkeit das specifische Gewicht um 0,015 bis 0,020 bezieh. 0,016 bis
0,024.
Diese Zahlen lassen aber noch weiter erkennen, daſs die amerikanischen Cylinderöle in
Zähflüssigkeit und Flammpunkt und somit Schmierfähigkeit denjenigen russischer
Herkunft überlegen sind und umgekehrt die russischen Maschinenöle denjenigen
amerikanischer Herkunft.
Daſs dies thatsächlich der Fall ist, hat sich auch in der Praxis bei versuchter
Einführung russischer Cylinderöle gezeigt. Der Vorzug amerikanischer Spindelöle vor
den russischen ist, wie aus unseren Versuchen hervorgeht, keineswegs der Viscosität
zuzuschreiben; hier kommt vielmehr auſser Farbe, Geruch und absoluter Reinheit in
erster Linie die höhere Preislage der russischen Spindelöle in Betracht.
Um irrigen Auffassungen zu begegnen, sei bemerkt, daſs in die für amerikanische Oele
angezogenen Grenzen von 0,884 bis 0,899 spec. Gew. auch die Mischöle fallen, die
jedoch eine Berücksichtigung nicht fanden und ebenso, wie die russischen Mischöle
von 0,870 bis 0,885 spec. Gew., denen sie entsprechen, in der Tabelle fehlen.
(Schluſs folgt.)