Titel: | Zur Kenntniss der Mineralmaschinenöle; von Aug. Künkler. |
Autor: | Aug. Künkler |
Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 323 |
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Zur Kenntniſs der Mineralmaschinenöle; von Aug.
Künkler.
(Schluſs der Abhandlung S. 276 d. Bd.)
Künkler, zur Kenntniſs der Mineralschmieröle.
In Anbetracht dieser Ausführungen erscheint die übliche Beurtheilung der Schmieröle
nach specifischem Gewicht als unzutreffend, eine Scheidung in leichte, mittlere,
schwerere Maschinenöle und Cylinderöle unmöglich bei mangelnder Kenntniſs der
Abstammung. Und selbst an Hand dieser Kenntniſs gestattet auch die Bestimmung des
Flammpunktes bei amerikanischen Oelen eine sichere Eintheilung in Gruppen nicht,
noch weniger eine correcte qualitative Scheidung der Oele in den einzelnen Gruppen,
wohingegen bei russischen Oelen eine Scheidung in Gruppen möglich, eine solche in
den einzelnen Gruppen aber ebenfalls öicht möglich ist. Es zeigt z.B. das
amerikanische Spindelöl von 0,908 spec. Gew. einen höheren Flammpunkt als solches
von 0,911 spec. Gew., und der Flammpunkt des höheren Destillates von 0,920 spec.
Gew. zeigt gegen das von 0,911 nur eine Differenz von 6°, während zwischen den Oelen
von 0,908 und 0,911 spec. Gew. eine solche von 13° besteht, Es weisen ferner die
beiden amerikanischen Cylinderöle bei einer Differenz von 0,013 im specifischen
Gewichte gleiche Flammpunkte auf und dergleichen mehr.
Die vorliegenden Untersuchungen zeigen also, daſs Flammpunkt und Viscosität nicht in
direkter Beziehung stehen, daſs Oele derselben Herkunft, von gleichem Flammpunkte
und demselben Gebrauchszwecke dienend, verschiedene Viscosität zeigen und umgekehrt
bei gleicher Viscosität verschiedene Flammpunkte.
Betrachten wir die übrigen Eigenschaften der Oele!
Es erstarren sämmtliche amerikanischen Oele nahe dem Nullpunkte, und zwar die
Cylinderöle vor den Maschinenölen. Die russischen Oele sind sämmtlich, einige
Cylinderöle ausgeschlossen, bei –10° noch flüssig; auch bei diesen erstarren die
Cylinderöle vor den Maschinenölen.
Ferner scheiden die amerikanischen Oele, die hellen unter Trübwerden, in der Kälte
Paraffin aus, während die russischen Oele ohne Ausscheidung, insbesondere die hellen
Oele, zu einer klaren durchsichtigen Masse erstarren.
Wie oben erwähnt, bediente man sich dieser Eigenschaft zur Unterscheidung dieser
Oele.
Eigenthümlich ist ferner der Gehalt an bis 310° C. siedenden Bestandtheilen, indem
die Cylinderöle als die höchst siedenden Destillate einen weit gröſseren
Procentsatz, im Durchschnitte rund 23 Vol.-Proc. gegenüber den Maschinenölen mit
rund 7 Vol.-Proc. aufweisen. Dieses gilt annähernd für Oele beiderlei
Abstammung.
Die Farbe sämmtlicher Oele bietet geringe Verschiedenheiten. Die dunklen Oele zeigen
grünliche Fluorescenz, sind in dünnen Lagen schwarzbraun und durchsichtig, eine
homogene Masse bildend; den helleren Spindel- und Maschinenölen ist neben grünlicher
auch blaue Fluorescenz eigen, von denen die erstere bei den amerikanischen und die
letztere bei den russischen Oelen vorherrschend ist.
Die hellen Cylinderöle russischer Herkunft zeigen blauen Schimmer, diejenigen
amerikanischer nicht. Theils sind die hellen Cylinderöle durchscheinend, theils klar
durchsichtig. Dem Praktiker ist in vielen Fällen eine Unterscheidung der Oele nach
der äuſseren Beschaffenheit möglich, namentlich deshalb, da die amerikanischen Oele
weit besser raffinirt sind, wie sich durch Geruch, Geschmack, Reinheit der Farbe und
Unveränderlichkeit erkennen läſst. Die russischen hellen Maschinenöle von 0,903 bis
0,909 spec. Gew. geben fast ausnahmslos nach längerem Stehen flockenartige, das Oel
durchsetzende Ausscheidungen. Bei Zimmertemperatur noch klar und blank scheinende
Oele zeigten, in einen Raum mit einer Temperatur nahe unter + 10° C. gebracht, bald
Ausscheidungen. Ebenso ist das Aussehen vieler russischer Oele nicht blank und noch
ein unangenehm süſslicher Geruch vorhanden.
Die vollkommene Raffination bietet groſse Schwierigkeiten, die nur durch lange
Erfahrung in der Verarbeitung und Behandlung zu heben sind. Die Verunreinigungen
werden durch bei der Laugung entstehende, im Oele klar lösliche Natronverbindungen
verursacht.
Der Dampfentwickelungspunkt kann nur annähernde Bestimmung finden und soll nebst
Flamm- und Brennpunkt je nach dem geringeren oder gröſseren Abstande dieser Punkte
von einander den Grad der Neigung zur Verflüchtigung bezieh. die gröſsere oder
geringere Beständigkeit des Oeles bei der Schmierung beurtheilen lassen. Dieser
Abstand wächst mit steigendem Siedepunkte, während derselbe innerhalb der einzelnen
Gruppen für bestimmte Gebrauchszwecke sich in engen Grenzen bewegt, einer
einheitlichen Zahl sich nähernd. Für amerikanische Oele liegt der
Dampfentwickelungspunkt, sowie Flamm- und Brennpunkt höher, woraus für diese Oele
eine geringere Neigung zur Verflüchtigung bezieh. eine gröſsere Beständigkeit
folgt.
Folgende Zahlen geben für je zwei Oele die Dampfentwickelungspunkte, die Abstände
zwischen diesen und den Flammpunkten, sowie die Abstände zwischen den Flammpunkten und den
Brennpunkten der Reihenfolge nach in den weitesten Grenzen an:
Für russische Spindelöle 105/110°, 54/62°, 26/29°, für amerikanische 110/112°,
77/80°, 40/47°; in gleicher Reihenfolge für helle russische Maschinenöle 120/128°,
60/75°, 37/45° bezieh. amerikanische 125°, 81°, 39°; für russische Cylinderöle
110/142°, 76/108°, 27/58° bezieh. amerikanische 185/185°, 100/103°, 53/64°.
Der Abstand zwischen Flammpunkt und Brennpunkt zeigt weder für die Gruppen, noch für
die einzelnen Oele innerhalb der Gruppen charakteristische Zahlen.
Schlieſslich sei noch bezüglich der Viscosität, des für die qualitative
Unterscheidung wichtigsten Punktes, erwähnt, daſs der Vergleich der Zähflüssigkeit
der Maschinenöle und Cylinderöle bei 50° bezieh. 100° stattfand, da die bei der
Verwendung der Maschinenöle auftretende Temperatur derjenigen von 50° am nächsten
steht und die Cylinderöle zufolge der Construction des Apparates bei 150° eine zu
geringe Verschiedenheit in der Zähflüssigkeit zeigen.
Auf Grund der Viscositätsbestimmung lassen sich die einzelnen Gruppen dem
Gebrauchszwecke nach scheiden und die Destillate in den einzelnen Gruppen genau
ihrem Schmierwerthe nach bestimmen.
Wir sehen in einer Gruppe bei Oelen von gleichem specifischen Gewichte, gleichem
Flammpunkte und gleichen sonstigen Eigenschaften Wesentliche Unterschiede in der
Zähflüssigkeit; ebenso zeigen Oele von höherem specifischen Gewichte und Flammpunkte
gleiche oder sogar geringere Zähflüssigkeit als solche von geringerem specifischen
Gewichte und niedererem Flammpunkte. Trifft letzterer Umstand bei Oelen ein und
derselben Gruppe zu, so dürfte dies in der Mehrzahl der Fälle darauf zurückzuführen
sein, daſs einem höher siedenden Destillate ein geringer siedendes in kleinerem
Procentsatze beigemischt ist, was eine im Vergleiche zu der Abnahme des specifischen
Gewichtes und Flammpunktes gröſsere Abnahme der Viscosität zur Folge hat.
Mit Hilfe der Viscosität gelangen wir zur Sichtung des mannigfaltigen Materials,
gewinnen wir unter gleichzeitiger Beachtung der übrigen Beschaffenheit eine nutzbare
und genügende Kenntniſs der Qualität eines Schmieröles. Immer besitzt danach
dasjenige Oel, welches bei bestimmter, dem Zwecke entsprechender Temperatur eine
höhere Zähflüssigkeit hat, auch relativ gröſsere Schmierfähigkeit.
Inwieweit läſst sich nun aus der Viscosität der Oele auf ihre Herkunft
schlieſsen?
Die in der Tabelle gegebenen Zahlen ermöglichen unter Berücksichtigung des
specifischen Gewichtes die Beantwortung dieser Frage. Cylinderöle und dunkle
Maschinenöle russischer Herkunft zeigen bei höchstem Flammpunkte und höchstem
specifischen Gewichte auch höchste Zähflüssigkeit, diejenigen amerikanischer
Herkunft bei höchster Zähflüssigkeit und höchstem Flammpunkte niederes specifisches Gewicht.
Die russischen hellen Maschinenöle überragen bei gleichem specifischen Gewichte und
gleichem Flammpunkte ganz wesentlich die amerikanischen in der Viscosität.
Bei Vergleich des mir vorliegenden beschränkten Versuchsmaterials mit der groſsen
Menge von Fabrikaten ergeben sich aus den von den Producenten verzeichneten
Qualitätsangaben in keiner Weise Zahlen, die sich den angeführten Gesetzmäſsigkeiten
nicht anschlieſsen, und sind mir auch nur wenige Ausnahmefälle bekannt geworden, die
sich auf vereinzelt dastehende seltene Oele beziehen, z.B. ein russisches Cylinderöl
von 0,910 spec. Gew. und russisches dunkles Maschinenöl von 0,932 spec. Gew., die
ich unberücksichtigt lieſs.
Die Eigenschaften der deutschen Oele aus dem Elsaſs und von Oelheim (Hannover) seien
angesichts dieser Ausführungen noch kurz erwähnt. Zur Ergänzung des geringfügigen
und mangelhaften Versuchsmaterials beziehe ich mich auf die Resultate aus der
Preisarbeit von C. Engler, Ueber die deutschen Erdöle,
indem daselbst die Herstellung von überhaupt möglichen Producten berücksichtigt
ist.
Beide Sorten Oele schlieſsen sich dem russischen insofern an, als dem steigenden
specifischen Gewicht auch regelmäſsig steigender Flammpunkt und steigende Viscosität
entspricht. Dagegen unterscheiden sich die Elsässer Oele ganz wesentlich durch
geringere Zähflüssigkeit von den russischen Oelen für denselben Gebrauchszweck,
ferner durch früheres Erstarren, und stehen in beiden Eigenschaften den
amerikanischen näher. Die Zähflüssigkeit der letzteren steht indeſs noch gegen die
der Elsässer Oele zurück bei gleichem specifischen Gewichte, obschon den
amerikanischen Oelen ein höherer Flammpunkt eigen ist. So besitzen Elsässer und
amerikanische Oele von 0,920 spec. Gew. eine Zähflüssigkeit von 6,69 bezieh. 4,23
bei 50° C. und das Elsässer Oel von 0,905 spec. Gew. eine dem amerikanischen Oele
von 0,920 spec. Gew. fast gleiche Zähflüssigkeit, nämlich 3,59. Das Elsässer
Grubenöl von 0,905 entspricht allerdings dem amerikanischen von 0,908, doch ist hier
eine Unterscheidung durch den hohen Flammpunkt des amerikanischen Fabrikates und
andere Eigenschaften nicht ausgeschlossen. Fast unmöglich dürfte die Unterscheidung
Elsässer und Oelheimer Oele sein, deren Sorten von 0,906, 0,904, 0,905 spec. Gew.
fast gleichen Flammpunkt und gleiche Viscosität zeigen, wenn nicht der
Paraffingehalt und die Zähflüssigkeit bei niederer Temperatur, wie theilweise die
Zahlen in der Tabelle zeigen, einen Anhalt bieten würden.
Die Oelheimer hellen Oele stehen in Zähflüssigkeit unter den russischen und nahe den
amerikanischen Oelen, so daſs eine Unterscheidung möglich ist. Es besitzen die
Oelheimer Oele von 0,904/6 bei 50° C. einen Viscositätsgrad von 2,65 bis 3,44,
russische von 0,903 bis 0,909 spec. Gew. 5,86 bis 6,40, amerikanische von 0,908 bis
0,911 spec.
Gew. 3,32 bis 3,13. Eine Ausnahme macht das Oelheimer Cylinderöl, welches in seinen
Eigenschaften über den untersuchten russischen Oelen steht. Der Erstarrungspunkt der
russischen Oele liegt tiefer. Die untersuchten beiden dunklen Oele aus Oelheim
bieten wenig Anhalt zur Unterscheidung von russischen dunklen Oelen.
Hieraus ist schon zu ersehen, daſs bei der Frage nach der Herkunft eines Oeles die
richtige Erkennung desselben als ein Oel deutscher Herkunft nicht ausgeschlossen
ist.
Betreffs der Abnahme der Zähflüssigkeit von Oelen verschiedener Herkunft für den
gleichen Gebrauchszweck ist bemerkenswerth, daſs innerhalb bestimmter
Temperaturgrenzen die Viscosität der russischen Spindelöle, nämlich zwischen 20/50°
und 50/100°, rascher sinkt als diejenige amerikanischer Oele; ebenso verhalten sich
die hellen Maschinenöle. Dagegen nimmt umgekehrt die Viscosität amerikanischer
Cylinderöle zwischen 70/100° und 100/150° rascher ab als diejenige russischer
Cylinderöle.
Die Cylinderöle zeigen zwischen 70/100° eine verhältniſsmäſsig gröſsere Abnahme als
zwischen 100/150°, die Spindelöle in gleicher Weise zwischen 20/50° eine gröſsere
als zwischen 50/100°.
Die Ursache der ausnahmsweise höheren Zähflüssigkeit amerikanischer Cylinderöle
stellte ich bis jetzt nicht fest, indeſs habe ich durch Versuche nachgewiesen, daſs
dieselbe durch Paraffingehalt nicht bedingt sein kann. Paraffin kann nur bei
gewöhnlicher Temperatur als Verdickungsmittel dienen, bei höherer Temperatur bezieh.
in flüssigem Zustande ist demselben nur eine geringe Viscosität eigen, so daſs ein
Zusatz von 10 Proc. Paraffin zu einem russischen Cylinderöle dessen ursprüngliche
Zähflüssigkeit bei 60, 70 und 100° C. herunterdrückte von 7,13 auf 4,17, 5,67 auf
3,11 und 2,15 auf 1,76.
Wennschon diese Cylinderöle eine Aehnlichkeit dem sogen. natürlichen Vaselin zeigen,
ist dessen Viscosität nach den Versuchen von C. Engler
und J. Böhm (D. p. J. 1886 262 468) doch ganz wesentlich geringer.
Neben derjenigen der Mineralöle stellte ich die Zähflüssigkeit einiger der
gebräuchlichsten Thier- und Pflanzenöle fest. Mit Ausnahme des Ricinusöles besitzen
dieselben bei gleichem oder höherem specifischen Gewichte als dem der Mineralöle bei
50° C. sämmtlich eine geringere Zähflüssigkeit als diese, dagegen eine wesentlich
geringere Neigung zur Verdampfung und namentlich innerhalb der höheren
Temperaturgrenzen theilweise eine geringere Abnahme des Flüssigkeitsgrades. Auf
diese beiden letzten Eigenschaften und besonders auf ihre gröſsere Adhäsion
(Schlüpfrigkeit) dürfte der Vorzug dieser Oele vor den Mineralölen für gewisse
Schmierzwecke zurückzuführen sein.
Was nun den Gebrauch des Apparates anlangt, so stellte ich fest, daſs zur Erzielung
gleichmäſsiger Resultate bei höheren Temperaturen die Einhaltung gewisser Normen
geboten ist.
Zur Bestimmung bei 50° C. ist die Temperatur des Bades auf ungefähr 53° C. und die
des zu prüfenden bezieh. einzugieſsenden Oeles auf etwa 51° C. zu erhöhen; bei 100°
C. jeweils auf 1040 bezieh. 101 bis 102°, bei 150° C. auf etwa 154° bezieh. 152° C.
und dementsprechend bei zwischenliegenden Temperaturen. Auſserdem empfiehlt sich
gegen zu rasche Abkühlung das Umlegen eines Mantels aus Asbest und ebenso der
Abschluſs des Bades gegen die kalte Luft durch Auflegen eines Asbestringes o. dgl.;
für Bestimmungen von 50° und aufwärts erwärme man den leeren Apparat annähernd auf
diese Temperatur durch Einstellen in den Trockenschrank oder vorsichtiges Umspülen
mit der Flamme.
Die Handhabung vereinfachte ich dadurch, daſs ich den Verschluſsstift verlängerte und
in enger Führung durch den Deckel gehen lieſs, so daſs das Auslaufen ohne Abnahme
des Deckels veranlaſst werden kann. Zur bequemen und sicheren Einstellung des
Niveaus ist der ringförmige Kopf des Dreifuſses so groſs gewählt, daſs mit Rücksicht
auf die am Boden des Apparates befindlichen Füſschen ein hinreichendes Verschieben
des Apparates auf dem Ringe ermöglicht ist. Die das innere Gefäſs tragenden drei
seitlichen Stifte sind, anstatt wie bisher gelöthet, durch Gegenschraube an
demselben befestigt, um das bei höheren Temperaturen mitunter erfolgende Ablösen der
Stifte bezieh. des Lothes zu vermeiden.
Karlsruhe 1888, Chemisch-Technisches Laboratorium der
Technischen Hochschule.