Titel: | Das elektrische Distanzsignal mit bedingter Einlösung (System Zetzsche) in der Station Duby. |
Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 116 |
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Das elektrische Distanzsignal mit bedingter
Einlösung (System Zetzsche) in der Station Duby.
Mit Abbildungen.
Das elektrische Distanzsignal mit bedingter Einlösung.
Die 1880 von Prof. Dr. Ed. Zetzsche angegebene Anordnung
für Eisenbahn-Distanzsignale ist in D. p. J. 1880 238 * 405 beschrieben worden. Sie erfordert nur eine einzige Betriebslinie, welche beständig von einem
Strome durchflössen ist und deshalb zugleich als Controllinie benutzt werden kann,
überdies für beide Signallagen verschiedene Controlsignale zu geben gestattet. Die
Ein- und Auslösung für beide Signallagen kann bei dieser Anordnung durch eine einzige Einlösevorrichtung bewirkt werden, welche
stets bei derselben Lage des Ankerhebels und des Auslösehebels wirksam wird. Vermöge ihrer
Einfachheit erfordert aber diese Anordnung, welche hauptsächlich in der eigenartigen
Stromführung beruht, weder eine bestimmte Form des Signalmittels, noch ist sie an
einen bestimmten Bewegungsmechanismus des Signales gebunden; es eignet sich dieselbe
daher auch ganz vorzüglich zur Vervollständigung und Vervollkommnung bezieh.
Vereinfachung schon vorhandener elektrischer Distanzsignale fast aller beliebigen
Systeme.
Eine solche Uebertragung der von Zetzsche angegebenen
Betriebsweise auf schon vorhandene Distanzsignale ist von dem Oberingenieur L. Kohlfürst in der Station Duby der Busehtehrader Bahn durchgeführt worden. Die ganze Anlage in
dieser Station ist in dem Civilingenieur, 1889 Bd. 35 *
S. 609, ausführlich beschrieben worden und besitzt eine Reihe von interessanten und
zweckmäſsigen Eigenthümlichkeiten, weshalb wir aus der angegebenen Quelle
nachfolgend das Wesentlichste über dieselbe mittheilen. Vorher sei jedoch noch daran
erinnert, daſs die von Zelzsche in Vorschlag gebrachte
Signaleinrichtung sich von anderen dadurch unterscheidet, daſs jede Auslösung und
dadurch die Umstellung des Signales durch eine Aenderung der Stromrichtung in der
Leitung vom Dienstzimmer aus mittels irgend eines Stromwenders bewirkt wird, daſs
aber auch im Signalapparate selbst ein Stromwender angewendet werden muſs, der nach
jeder Umstellung des Signales die Stromrichtung in dem Signalelektromagnete
umzukehren hat, und der in einer dies ermöglichenden Weise mit dem Signale oder dem
Triebwerke verbunden sein muſs; durch diese zweite Umkehrung der Stromrichtung wird
dann der polarisirte Anker des Elektromagnetes in jene Stellung zurückgebracht, in
welcher er die Wiedereinlösung des Triebwerkes vermittelt. Selbstverständlich wird
in der einen Stellung des im Signale befindlichen Stromwenders bezieh. des Signales
nur eingelöst, wenn der Stellende dauernd einen negativen Strom in die Leitung
sendet, in der anderen dagegen nur, wenn er einen positiven sendet.
Die Buschtéhrader Eisenbahn benutzt die Langié'schen
Distanzsignale, und es sind für die Signalanlage in Duby durch die Firma Siemens und Halske nach den ihnen darüber gegebenen
Weisungen zwei Langié'sche Signale für die Zetzsche'sche Betriebsform abgeändert worden.
In genannter Station mündeten 1880 zwei Kohlenbahnflügel. Die daselbst ursprünglich
zur Deckung der Station aufgestellt gewesenen Wendescheiben mit Drahtzügen erwiesen
sich nach einer im J. 1880 erfolgten Vergröſserung des Bahnhofes als nicht mehr
brauchbar. Die Distanzsignale wurden mit Rücksicht auf das starke Gefälle der
einmündenden Bahnflügel wesentlich weiter von der Station auf die Strecke
hinausgerückt, und zwar etwa 400 bis 500m vom
Einmündungswechsel. Dieser Umstand machte die Anlage mechanischer Drahtzüge um so
schwieriger, als in den Strecken sehr starke Krümmungen vorhanden sind. Man entschloſs sich also,
elektrische Distanzsignale, System Langié,
aufzustellen. Dieselben besitzen (ähnlich wie die Signale von Krizik, vgl. 1876 222 59)
als Signalmittel eine Blechscheibe von etwa 1m
Durchmesser, welche hinter einer runden Oeffnung in ihrer Mitte für das Nachtsignal
mit einer vierscheinigen Laterne ausgerüstet ist. Die lothrechte Achse der
Signalscheibe steckt in einer mit Holz verkleideten, auf einem gemauerten
Steinsockel stehenden Pyramide, deren Gerippe aus Winkeleisen besteht und in deren
Innerem das Triebwerk sammt der elektrischen Auslösung untergebracht ist.
Bekanntlich bedeutet die dem Zuge zugekehrte Breitseite der Scheibe, in welcher
Signalstellung bei Nacht das rothe Glas der Laterne
sich dem Zuge darbietet, „Halt“, die Schmalseite oder grünes Licht dagegen „erlaubte Einfahrt“. Das Hin- und Herstellen
der Signalscheibe besorgt ein durch ein starkes Gewicht getriebenes Laufwerk.
Wird das Triebwerk durch den Anker eines Elektromagnetes ausgelöst, so bewegt es die
Wendescheibe um 90° vorwärts, oder rückwärts, worauf es sich wieder selbst arretirt
und für die nächste Auslösung bereit ist. Ein entsprechend langer, an der
lothrechten Scheibenspindel befestigter Arm greift in ein auf eine wagerechte Achse
aufgestecktes breites Rad des Triebwerkes ein- die Mantelfläche dieses Rades ist
halbkreisförmig gekehlt und in die Mantelfläche ist eine zickzacklinienförmige Nuth
eingeschnitten; in diese Nuth nun greift der eben erwähnte Arm der Signalspindel.
Bei jeder Auslösung dreht sich das gekehlte Rad in lothrechter Ebene so weit, daſs
es einen halben Gang der Zickzack Windungen abläuft, und ertheilt dabei dem Arme
sammt der damit verbundenen Signalspindel und Scheibe eine Drehung um 90° in
wagerechter Ebene, und zwar abwechselnd bei einer Auslösung nach rechts, bei der
nächsten nach links, also wieder zurück.
Zwei solche Signale wurden auf Zetzsche's bedingte
Einlösung eingerichtet, so daſs die Freilage des Signales an einen positiven, die
Haltlage an einen negativen dauernden Strom gebunden wurden. In den zur Stellung der
beiden Distanzsignale im Dienstzimmer der Station als Stelltaster anzubringenden
Umschaltern sollte die Lage der Kurbel mit der Stellung des zugehörigen Signales
jederzeit übereinstimmen, d.h. wenn die Umschalterkurbel auf „Frei“ oder
„Halt“ zeigte, muſste das dazu gehörige Distanzsignal gleichfalls nur auf
„Frei“ und im zweiten Falle zuverlässig auf „Halt“ stehen.
Auſserdem waren noch folgende Forderungen gestellt:
1) Weil die beiden Kohlenbahnflügel in einen gemeinschaftlichen Wechsel der Station
zusammenliefen, sollten die zwei für die beiden Bahnflügel aufzustellenden
Distanzsignale unter einander in der Weise abhängig sein, daſs wohl beide
gleichzeitig auf „Halt“ stehen konnten, nie aber beide gleichzeitig auf
„Frei“. Wenn also eines der beiden Distanzsignale, die in der Regel beide auf „Halt“
zu stehen hatten, behufs Einlassung eines Zuges auf „Frei“ gestellt werden
sollte, so muſste das zweite schon unbedingt auf „Halt“ stehen und an diese
Stellung gebunden sein.
2) Falls die Batterie fehlerhaft werden oder die Leitung reissen würde, sollten die
Signalscheiben, wenn sie auf „Halt“ standen, in dieser Lage verbleiben; wenn
dagegen eine der Scheiben beim Eintritte einer solchen Störung auf „Frei“
stand, sollte sie sich selbsthätig auf „Halt“ zurückstellen. Ferner sollte
sich auch jede durch eine falsche oder eine unvollständige Einstellung der
Commutatorkurbel im Dienstzimmer hervorgerufene andauernde Unterbrechung des Stromes
unschädlich machen.
3) Signalfälschungen durch atmosphärische Ströme sollen unmöglich sein.
4) Die Signalstellung auf „Halt“ muſste, wie es die österreichische
Signalordnung fordert, durch das Läuten eines Weckers in der Station controlirt
werden; für diese Controle sollte wegen Platzmangels keine eigene Telegraphenleitung
hergestellt, sondern die Betriebslinie des Signales mit benutzt werden.
Diese Bedingungen sind durch die von Kohlfürst gewählte
Schaltung und sonstige Anordnung der ganzen Signalanlage erfüllt worden; Fig. 2 skizzirt die Einrichtung des Dienstzimmers,
Fig. 1 und 3 die
der beiden Signale I und II.
Im Telegraphendienstzimmer der Station befinden sich für jedes Signal je eine
Batterie B1 und B2 (Fig. 2), ein Scheiben- und Kurbelumschalter U1 und U2 nebst den nöthigen
Drahtverbindungen; auſserhalb des Zimmers am Bahnhofsperron sind zwei gewöhnliche
Wecker W1 und W2 an der Gebäudewand
befestigt. Je eine Telegraphenleitung L1 und L2 ist von der Station zu den beiden Distanzsignalen
I und II geführt. In der Pyramide jedes Signals (Fig.
1 und 3) befindet sich auſser dem in der
Zeichnung nicht angedeuteten Triebwerke nebst Auslösung ein Elektromagnet M1 bezieh. M2, dessen polarisirter
Anker die Auslösung des Triebwerkes zu besorgen hat, ferner. ein Umschalter u1 bezieh. u2, welcher durch zwei
in Fig. 1 und 3 neben
u1 und u2 mit angedeutete, an
jeder Signalspindel H befestigte Daumen so hin und her
gestellt wird, daſs das Stück d1 bezieh. d2 während der Haltlage der Signalscheibe (wie in
Fig. 3) die von dem Contactbügel abgehobene
Contactfeder b1 bezieh.
b2 metallisch
berührt, während die federnde Zunge a1 bezieh. a2 mit c1 bezieh. c2 in Contact bleibt, daſs hingegen während der Lage
des Signals auf „Frei“ (wie in Fig. 1) der
nunmehr herübergedrehte Messingarm d1 bezieh. d2 die Feder a1 bezieh. a2 berührt und von c1 bezieh. c2 abhebt und b1 bezieh. b2 mit c1 bezieh. c2 in Berührung steht. Die Richtung der
nächstfolgenden Drehung der Spindel H ist in Fig. 1 und 3 durch
einen beigesetzten Pfeil angedeutet; bei der einen Drehung um 90° wirkt der eine Daumen auf den
rechten der beiden Schnäpper an u1 bezieh. u2
, bei der nächsten Drehung der andere Daumen auf den
linken Schnäpper. Ein zweiter einfacherer Umschalter besteht aus den zwei
Contactfedern f1 und
F1 bezieh. f2 und F2; f1 und f2 sind an der
Signalspindel H1
bezieh. H2, F1 und F2 isolirt an dem
Triebwerksgestelle befestigt. Diese beiden Federn berühren sich (Fig. 1), so lange das Distanzsignal auf „Frei“
steht; bei der Signalumstellung auf „Halt“ hebt sich jedoch f1 von F1 bezieh. f2 von F2 ab (Fig. 3), weil f1 und f2 von den sich um 90° drehenden Spindeln mitgenommen
werden. Zwischen beiden Federn ist ein als Selbstunterbrecher arbeitender Wecker Q1 bezieh. Q2 eingeschaltet, der
bei dem einen Signale in der Pyramide selbst untergebracht ist, beim anderen aber
sich erst an der Hauswand des nächsten Bahnwärterhauses befindet, wo er als
Avertirungssignal für den Wächter dient.
Fig. 1–3., Bd. 275, S. 120
Das äuſserliche Ansehen jedes der Kurbel Umschalter U,
die im Stationszimmer auf dem Telegraphentische aufgeschraubt sind, ergibt sich aus
Fig. 2; er ist in ein Fuſsbrettchen eingesetzt,
in welchem alle Theile verdeckt liegen, mit Ausnahme der Kurbel C und des links liegenden Contactamboſses i. Auf dem Brettchen ist auch ein liegendes Galvanoskop
G angebracht; dessen Scheibe erscheint in vier
Felder getheilt, von welchen zwei gegenüberliegende rothe, die zwei anderen weiſse
Farbe haben. Die Farbenscheibe des Galvanoskopes wird natürlich ein für alle Mal so
eingelegt, daſs die Magnetnadel bei stromloser Leitung in der Trennungslinie der
ungleichfarbigen Felder sich befindet und bei dem Strome für die Haltstellung des
Distanzsignales in den rothen Feldern, bei der Signallage „Frei“ aber in den
weiſsen Feldern steht. Da die Signallage, wie schon früher gesagt, an eine bestimmte
Stromrichtung gebunden ist, gibt sonach das Galvanoskop jedes Umschalters nicht nur
über die Stromstärke und Richtung, sondern auch über die jeweilige Stellung des
zugehörigen Distanzsignales genaue Rechenschaft.
Jeder der beiden Umschalter U besteht aus einer
Ebonitscheibe, die auf die Kurbelachse fest aufgesteckt ist; in dieselbe sind zwei
metallene Randstücke eingesetzt. Fünf Contactfedern 1, 2, 3,
4 und 5 drücken nun je nach der Stellung der
Kurbel C gegen diese Randstücke oder lehnen sich an die
Ebonitscheibe. Die Drahtverbindungen zwischen der Batterie, den Contactfedern und
den zu den Distanzsignalen führenden Telegraphenleitungen sind in der Zeichnung
deutlich ersichtlich.
Die in den Fig. 1 bis 3
dargestellten Stellungen der Umschalter U und u entsprechen der Voraussetzung, daſs das Distanzsignal
I auf „Frei“, II dagegen auf „Halt“ stünde. In der Betriebsleitung L2 geht jetzt der
(positive) Strom von der Batterie B2 durch U2 über 2, 1, n2 und m in die Erde E und beim Signal II (Fig.
3) von E2 aus
über den Selbstunterbrecher Q2, ferner über u2, d2, b2, M2, a2 und c2 in die Drahtleitung
L2, von wo er durch
den Wecker W2 (Fig. 2) in das Galvanoskop G2 tritt und im Umschalter U2 über 3 und 4 den Weg zum
Zinkpole der Batterie B2 findet.
Steht hingegen das Distanzsignal auf „Frei“, wie es bei I (Fig. 1) der Fall ist, so gelangt der Batteriestrom
gleich vom positiven Pole der Batterie B1 über 2, 3 und G1 (Fig. 2) in die Leitung L1, geht beim Signale I (Fig. 1) über c1, b1 in den Elektromagnet M1, um über a1, d1, u1, F1, f1 in die Erdleitung E1 zu gelangen. Dieser Strom findet dann
in der Station (Fig. 2) seinen Weg von E über m, n2, C2
i2 und die
Contactfedern 5 und 4 des
Umschalters U1 zum
Zinkpole der Batterie B1 zurück.
Wie man sieht, ist in diesem Falle ein Stromschluſs, d.h. die Signalumstellung von
„Halt“ und „Frei“, überhaupt nur möglich, wenn im zweiten
Umschalter U2 die
Kurbel C2 auf i2, nämlich auf
„Halt“ liegt. Ebenso ist, wie das Schema zeigt, eine wirksame und für das
Signal II maſsgebende
Stellung des Umschalters U2 auf „Frei“ nur dann möglich, wenn C1 auf i1 liegt, also Signal I auf „Halt“ steht.
Wenn nun ein Signal umgestellt werden soll, so wird die Kurbel C des betreffenden Umschalters U im Dienstzimmer auf die andere Seite gelegt und dadurch
ersichtlichermaſsen die Richtung des Stromes in der Leitung L, sowie im Elektromagnete M umgekehrt.
Demzufolge wird der bisher angezogen gewesene, durch zwei stählerne Hufeisenmagnete
polarisirte Anker abgestoſsen, die Palettengabel, welche mit zwei nach innen
gerichteten, in ungleicher Höhe an den Gabelzinken sitzenden Schnäppern ausgerüstet
ist, zur Seite gerückt, so daſs das Prisma des Arretirungsarmes von dem etwas höher
stehenden Schnäpper frei gelassen wird, der Arm empor geht und also die Auslösung
des Triebwerkes erfolgt. Bei der auf diese Weise eingeleiteten Umstellung des
Signales wechselt die sich drehende Signalspindel durch den jetzt zur Wirkung
kommenden der beiden vorerwähnten, an der Signalspindel befestigten Daumen die Lage
des Umschalters ti, während zugleich der Contact f, F
geschlossen wird, sofern er bisher offen war, bezieh. geöffnet wird, sofern er
geschlossen war. Die Umstellung des Umschalters u
vollzieht sich dabei stets etwas früher, als sich die volle Umstellung des Signals
selbst vollzogen hat, und da bei der veränderten Lage von u der Strom nunmehr über c, b bezieh. über
c, a wieder – aber jetzt vom anderen Ende her – in
die Windungen des Elektromagnetes M gelangt, trifft der
indessen vom Laufwerke nach unten bewegte Arretirungsarm den Anker bereits wieder
angezogen bezieh. die höhere Palette der Gabel so gestellt, daſs sich das Prisma
unter derselben fangen kann und somit die Arretirung des Laufwerkes sich
bewerkstelligt.
Hier muſs eingefügt werden, daſs auch die Hebedaumen oder Stifte, welche aus einem
Rade des Laufwerkes seitlich vorstehen und die Aufgabe haben, die Selbstarretirung
des Triebwerkes zu besorgen, indem sie den Einlösehebel wieder unter die Paletten
herabdrücken, wechselsweise ungleich hoch stehen, d.h. abwechselnd auf zwei Kreisen
von verschiedenem Halbmesser angeordnet sind. Die zwei Paletten der Ankergabel sind
ferner nicht nur ungleich hoch, sondern dabei auch so gestellt, daſs die
höherstehende bei angezogenem Anker, die tieferstehende bei abgerissenem Anker in
der richtigen Hemmlage für das Prisma des Einlösehebels liegen. Da nun die Stifte
beim Durchgange durch die tiefste Stelle ihres Kreises einlösen und für die
Einlösungen von „Frei“ auf „Halt“ die niedrigeren (im gröſseren Kreise
stehenden) Einlösedaumen, für die Einlösungen von „Halt“ auf „Frei“
jedoch die höheren eingerichtet sind, so werden erstere in jedem der beiden Fälle
die Einlösung vollziehen, mag der Anker im Einlösungsmomente angezogen oder
abgerissen sein. Durch einen der Daumen des kleineren Kreises wird hingegen eine
Arretirung nur dann erfolgen, wenn der Anker angezogen ist. Würde also bei einer Signalumstellung
von „Halt“ auf „Frei“ der Anker im Einlösungsmomente nicht in der
normalen Stromlage sich befinden (d.h. nicht vom Elektromagnete angezogen sein), so
würde keine Arretirung des Triebwerkes erfolgen können, dasselbe würde vielmehr
weiter laufen und das Signal wieder auf „Halt“ zurückbringen, wonach erst der
nun an die Reihe kommende Einlösedaumen des gröſseren Kreises die Arretirung
vollbringt. Vermöge dieser Anordnung und da der polarisirte Anker des
Elektromagnetes noch mit einer Abreiſsfeder versehen ist, welche die magnetische
Kraft des Ankers, womit derselbe bei stromloser Linie an den Elektromagnetschenkeln
klebt, um ein Geringes überragt, wird sich jedes der beiden Distanzsignale
selbsthätig auf „Halt“ stellen, wenn während des Stehens auf „Frei“
die Batterien versagen oder die Leitung reiſst; dasselbe muſs geschehen, wenn durch
einen atmosphärischen Strom der Betriebsstrom aufgehoben oder gar umgekehrt, oder
endlich wenn die Kurbel C des Umschalters U im Bureau irrthümlich auf „Frei“ gelegt würde,
während das andere Signal noch auf „Frei“ stünde. Das auf „Halt“
stehende Signal stellt sich in dergleichen Fällen wohl momentan auf „Frei“,
jedoch unverzüglich wieder bleibend auf „Halt“ zurück.
Schlieſslich bleibt noch darauf hinzuweisen, daſs der Selbstunterbrecher Q2 in Fig. 3 zur Zeit in den Stromkreis geschaltet ist, weil
das Signal II auf „Halt“ steht, während Q1 (Fig. 1) in kurzem
Schlusse liegt und sonach unwirksam bleibt, so lange das Signal I auf „Frei“
steht. Nur im ersten Falle also läutet der Selbstunterbrecher und mit bezieh. durch
denselben auch der zugehörige gewöhnliche Wecker W2 am Perron des Bahnhofes. Hierdurch wird der
österreichischen Signalordnung entsprochen, welche für die Distanzsignale eine
solche akustische Controle vorschreibt. Die Einschaltung der Controlwecker in die
Signalleitung ist, was die Anordnung mit bedingter Auslösung nach dem Systeme Zetzsche anbelangt, ohne Weiteres ermöglicht; im
vorliegenden Falle jedoch, wo man auch noch die selbsthätige Einstellung des
Signales auf „Halt“ für jede längere Stromunterbrechung überhaupt unter
Ausschluſs der Anwendung eines zweiten Ankers zur Bedingung gemacht hatte, muſste
erst durch Versuche festgestellt werden, inwieweit die Einschaltung eines Weckers
mit Selbstunterbrechung zulässig sei. Hierbei stellte sich das interessante
Ergebniſs heraus, daſs die rasch auf einander folgenden kurzen Unterbrechungen eines
sogen. Rasselweckers offenbar zufolge des remanenten Magnetismus auch nicht die
geringste störende Rückwirkung auf den Anker des Elektromagnetes üben, und daſs die
Abreiſsfeder des Ankers erst nach einer Stromunterbrechungsdauer wirksam wird, die
mindestens 10- bis 20mal länger ist, als jene des Raſslers.
Die beschriebenen Signale und die ganze Signalanlage erfüllen somit alle nur immer
wünschenswerthen Bedingungen; die Apparate und die ganze Anlage haben in den Jahren
1880 bis 1886, während welchen Kohlfürst dienstlich in
der Lage war, sie fortlaufend zu beobachten, bei einem besonders im Winter sehr
lebhaften Bahnverkehre stets vortrefflich gearbeitet.