Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | C. J. Lintner |
Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 274 |
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Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
Ueber mehlige und glasige Gerste von L. Just und H. Heine (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S.
410. Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 962).
Die glasige Gerste ist bekanntlich in der Brauerei weniger geschätzt als die
mehlige. Man hält sie für eiweiſsreicher und stärkeärmer, schreibt den glasigen
Körnern eine geringere Keimungsenergie zu und spricht denselben endlich die
Fähigkeit theilweise oder gänzlich ab, sich gut aufzulösen und ein mürbes Malz zu
liefern. In wie weit diese Annahmen berechtigt sind, ist zur Zeit noch nicht
festgestellt. Bei vergleichenden Untersuchungen von mehligen und glasigen Gersten
kam man zu wenig übereinstimmenden Ergebnissen, da man Gersten von der
verschiedensten Herkunft in Vergleich zog, ohne die oft ganz ungleichartigen
Vegetationsverhältnisse, unter denen sie gewachsen sind, zu berücksichtigen. Der
Stickstoffgehalt der Gerste hängt in erster Linie von der Düngung ab bezieh. davon,
wie weit die Pflanzen unter den gegebenen Verhältnissen, bei denen die Witterung
eine wesentliche Rolle spielt, im Stande gewesen sind, die im Dünger gegebenen
Stickstoffmengen nutzbringend zur Producirung von Trockensubstanz zu verwerthen. Die
Ausbildung von glasigen und mehligen Körnern scheint nach den neueren Beobachtungen
von Grönlund hauptsächlich von Einwirkungen der
Feuchtigkeit und durch die Art und Weise des Trocknens beeinfluſst zu werden (siehe
unten). Daſs dabei auch die Zusammensetzung der Gerste in irgend einer Weise mit
betheiligt ist, kann man wohl annehmen, und so kommt es denn, daſs man in den
verschiedensten Faktoren: Boden, Klima, Düngung, Witterung, Sorte u.s.w., die
Ursachen für die groſse Verschiedenheit in der Ausbildung von glasigen und mehligen
Körnern gesucht hat.
Ebenso wenig herrscht Uebereinstimmung in der Erklärung des anatomischen Baues der
Glas- und Mehlkörner. Märcker glaubt, daſs in den
glasigen Körnern die Intercellularräume zwischen den einzelnen Endospermzellen enger
seien als bei den mürben Körnern; hierdurch soll das Eindringen des Wassers beim
Einweichen der Körner erschwert und die Keimung ungleichmäſsiger werden. Grönlund (vgl. 1887 263 145)
sucht den Unterschied darin, daſs bei mehligen Körnern die Zwischenräume zwischen
den Stärkekörnern mit Luft erfüllt seien, bei den glasigen dagegen mit Protoplasma.
Nach Lund sollen die Mehlkörner allerdings mehr Luft,
aber nicht zwischen den Stärkekörnern, sondern zwischen Zellwand und Zellinhalt
enthalten; einen absoluten Unterschied in der Protoplasmamenge fand derselbe nicht.
Harz endlich erklärt die Glasigkeit der
Gramineenfrüchte nicht durch einen höheren Eiweiſsgehalt, sondern durch die
Beschaffenheit derselben, die mechanische Verbindung mit den übrigen geformten
Bestandtheilen der Zellen. Je mehr die zwischen den Stärkekörnern vorhandenen Räume
mit Eiweiſsmassen ausgefüllt erscheinen, einen um so höheren Grad von Glasigkeit
erlangt das Korn. Von Adametz ist neuerdings der
Versuch gemacht worden, die mittels des Prinz'schen
Farinatoms erhaltenen Hälften von mehligen und glasigen Körnern derselben Sorte
getrennt auf ihren Stickstoffgehalt zu untersuchen. Adametz kommt hierbei zu dem Ergebnisse, daſs bei der gleichen Sorte die
mehlreichen Körner stets am wenigsten Stickstoffsubstanz enthalten. Diese
Unterschiede seien jedoch bei den einzelnen Sorten derart verschieden, daſs bei
manchen die mehligen Körner selbst mehr Stickstoff enthalten können als die glasigen
einer anderen Sorte.
L. Just und H. Heine haben
nun eine neue Untersuchung der Frage über die Unterschiede der mehligen und glasigen
Gerste vorgenommen und sich zur Erkennung und Trennung der mehligen und glasigen
Körner eines von Rimpau-Schlanstädt angegebenen
einfachen Apparates bedient. Derselbe besteht aus einer Blechröhre von etwa 20cm Länge und 8cm
Durchmesser mit einer am unteren Ende seitlich angebrachten runden Oeffnung, hinter
welcher im Inneren der Röhre ein um 45° geneigter Spiegel angebracht ist. In das
obere Ende der Röhre kann ein passendes Becherglas eingeschoben werden, dessen Boden
mit Seidenpapier beklebt ist, um eine matte, halbdurchsichtige Fläche zu erhalten.
Mit Hilfe dieses einfachen Apparates konnte die Trennung der glasigen und mehligen
Körner leicht vorgenommen werden. Die Körner wurden in einer einfachen Schicht auf
den Boden des Becherglases gebracht und nun durch eine seitliche Lampe, deren Licht
durch eine groſse Glaslinse concentrirt war, mit Hilfe des schrägen Spiegels von
unten – unter Abhaltung des Seitenlichts – möglichst intensiv beleuchtet. Hierbei
sind die rein glasigen Körner vollkommen durchscheinend, die rein mehligen
erscheinen ganz dunkel, während die übergehenden Körner auch betreffs der
Durchlässigkeit für Licht irgend welche Zwischenstadien erkennen lassen. Oft sieht
man z.B. rein durchscheinende Körner, welche an einer Stelle des Inneren inselartig
einen kleineren oder gröſseren Fleck zeigen, eine Parthie von mehliger Ausbildung
u.s.w. In zweifelhaften Fällen gibt eine Lageveränderung der Körner oder etwas seitliche Beleuchtung
schnell Aufschluſs. Es gelang so nach einiger Uebung, aus jeder Probe eine genügende
Anzahl (je 800) von rein mehligen und rein glasigen Körnern auszulesen.
Untersucht wurden 7 Gerstensorten und zwar erstreckte sich die Untersuchung auf
absolutes Gewicht, Volumen, specifisches Gewicht, Wassergehalt, Gehalt an Asche und
Stickstoff, Keimfähigkeit und Keimenergie, für jede einzelne Probe die rein mehligen
und rein glasigen getrennt. Die Ergebnisse der Untersuchung sind folgende:
1) Absolutes Gewicht. Das mittlere Gewicht der glasigen Körner in sämmtlichen Sorten
ist geringer als dasjenige der mehligen.
2) Volumen und specifisches Gewicht. Das Volumen der glasigen Körner ist entsprechend
ihrem geringeren absoluten Gewichte ebenfalls kleiner als das der Mehlkörner. Das
specifische Gewicht dagegen ist innerhalb derselben Sorte bei den Glaskörnern
durchgehends etwas höher als bei den mehligen. Für Weizen hatten Wollny und Nowacki ein
analoges Verhalten festgestellt.
3) Wassergehalt. Der Wassergehalt der Glas- und Mehlkörner ist bei derselben Sorte
derselbe. Die glasigen Körner wiesen den mehligen gegenüber nur ein unbedeutendes
Plus auf.
4) Aschengehalt. Bei den meisten Sorten war der Aschengehalt absolut in den glasigen
– entsprechend ihrem geringeren Trockengewichte – etwas geringer als in den
mehligen. Auf 100 Th. Trockensubstanz berechnet, zeigen dagegen die glasigen Körner
fast durchgehends einen etwas höheren Aschengehalt, wenn auch bei einigen Sorten in
unbedeutendem Grade.
5) Die stickstoffhaltigen Bestandtheile. Die Glaskörner wiesen durchgehends einen
höheren Gehalt an Stickstoffverbindungen auf als die Mehlkörner; bei einzelnen
Sorten in höherem, bei anderen in geringerem Grade – aber nur innerhalb derselben
Sorte –. Vergleicht man dagegen Sorten verschiedener Art und Herkunft mit einander,
so sind keine Beziehungen mehr vorhanden. Wenn in der That innerhalb einer und
derselben Probe, welche auf demselben Felde und unter gleichen
Vegetationsverhältnissen gewachsen ist, die glasigen Körner relativ mehr
Stickstoffverbindungen enthalten als die mehligen, so läſst sich doch aus der Anzahl
der Mehl- bezieh. Glaskörner selbst ein direkter Schluſs auf den absoluten
Stickstoffgehalt nicht ableiten; einfach glasige Gerste kann absolut stickstoffärmer
sein als eine andere Sorte von fast vollkommen mürber und mehliger Ausbildung.
Ob nun aber an diesem vermehrten Stickstoffgehalte der glasigen Körner das Endosperm
derselben allein betheiligt ist, bleibt eine noch zu erörternde Frage. Schon von Kreusler und Kern wird
darauf hingewiesen, daſs sich die eiweiſsartigen Verbindungen nicht auf das
Endosperm beschränken, sondern ein ziemlicher Theil derselben sich in den Spelzen,
die ja ursprünglich blattartige Anlagen sind, enthalten ist. Andererseits haben die
Untersuchungen von Wollny u.a. festgestellt, daſs bei
kleineren Körnern der Spelzenantheil, ebenso wie der Stickstoffgehalt gröſser zu
sein pflegt als bei den gröſseren. In den vorliegenden Fällen waren nun die glasigen
Körner durchgehends kleiner als die mehligen und es fragt sich daher, ob der höhere
Stickstoffgehalt derselben hiervon herrührt oder mit der glasigen Beschaffenheit
zusammenhängt. Die Verfasser wollen diese Frage zum Gegenstande einer neuen
Untersuchung machen.
6) Keimungsenergie und Keimfähigkeit. Mit Ausnahme von zwei Proben war die
Keimungsenergie der glasigen Körner durchgehends zum Theil nicht unbeträchtlich
geringer als die der mehligen Körner derselben Sorte. Allein dieser Mangel wurde im
Laufe des vierten und fünften Tages wieder ausgeglichen; die glasigen Körner holten
das Versäumte nach, so daſs die Gesammtkeimfähigkeit der letzteren die der
Mehlkörner mindestens erreichte, in einigen Fällen sie sogar noch um ein Geringes
übertraf. Auſserdem aber zeigten die nicht gekeimten Mehlkörner sehr bald theilweise
starke Schimmelbildung, während die ungekeimten glasigen Körner noch mehrere Tage im
Keimapparate lagen, ohne zu schimmeln.
Analysen von Gersten der 1889er Ernte veröffentlicht
Gronow in der Wochenschrift für Brauerei, 1889
Bd. 6 S. 983 und 1049. Es wurden 98 Gersten verschiedener Herkunft untersucht auf
Wasser, Trockensubstanz, Stickstoff und Mehligkeit; auſserdem finden sich Angaben
über Preis und Farbe, ferner – unter Bemerkungen – solche über äuſsere Erscheinung
des Kornes, Düngung und Bodenverhältnisse. Der Durchschnittsgehalt an Protein war
unverhältniſsmäſsig hoch; derselbe betrug im Mittel 11,50 Proc. Das Gesammtbild der
Analyse zeigte einen auffallenden Mangel an feiner Braugerste. Bezüglich der
einzelnen Angaben müssen wir hier auf den Originalbericht verweisen.
Ueber die Entstehung glasiger Gerstenkörner (s. o.)
macht Holzner (Zeitschrift für
das gesammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S. 400) folgende vorläufige
Mittheilung: Die Wanderung der Inhaltsstoffe in das Endosperm der Gerstenkörner
geschieht durch das garbenförmige Gewebe. Von diesem treten sie in der tief in den
Mehlkörper hineinreichenden Furche in den Embryosack über. Die wandernde Substanz
ist eine Verbindung (oder ein Gemenge) von gelösten Proteïnsubstanzen und
Kohlenhydraten. Ist zur Zeit der Gelbreife Vegetationswasser in hinreichender Menge
vorhanden, so tritt in den Endospermzellen eine weitergehendere Scheidung dieser
Substanz in Plasma und Stärke ein, als bei Mangel an Vegetationswasser. In letzterem
Falle erhärtet dieselbe beim Trocknen der Körner nach nur theilweiser Zerlegung. Die
erhärtete Substanz ist in Wasser schwer löslich, leicht löslich in Alkalien und
Säuren. Werden glasige Körner erweicht, so kann bekanntlich auch nachträglich eine
Ausscheidung in Plasma und Stärke erfolgen, worauf die Körner mehr oder minder mürbe werden. Wenn
Gerstenkörner, in welchen bei der Keimung die Auflösung der Stärke begonnen hat,
wieder getrocknet werden., so können umgekehrt mehlige Körner glasig werden (vgl.
1887 263 410).
Nach Holzner läſst sich nun die Entstehung glasiger und
mehliger Körner folgendermaſsen erklären: Sobald die Blätter der Gerstenpflanze
anfangen gelblich zu werden, hört das Wachsthum der Würzelchen, somit auch die
Bildung der Wurzelhaare und die Wasseraufnahme aus dem Boden nach und nach auf. Bei
trockener Witterung nimmt der Wassergehalt in der Pflanze rasch ab. Die Wanderung
der Stärke ist nur bei Vorhandensein von Plasma und Stärke denkbar; das wandernde
Gemenge enthält anfangs relativ mehr Kohlenhydrate, zuletzt mehr Proteinstoffe und
Asche. Die mittleren Körner derjenigen Aehren, welche auf den schon im ungekeimten
Keimlinge angelegten Halmen stehen, reifen zuerst. Während des Reifens dieser Körner
ist verhältniſsmäſsig noch mehr Vegetationswasser vorhanden, als beim Reifen der
oberen und unteren Körner – die mittleren Körner sind darum in gröſserer Anzahl
mehlig. Die mittleren Körner sind die am besten ausgebildeten – sie haben daher auch
ein verhältniſsmäſsig gröſseres Volumen. Dieselben reifen zuerst – sie haben weniger
Proteïnstoffe, weniger Asche und ein geringeres specifisches Gewicht.
Herrscht zur Zeit der Ernte und des Reifens starke Trockenheit, so gibt es beinahe
nur glasige Gersten. Fallen dagegen zur Zeit der Ernte viele Niederschläge (1888),
so werden die Gersten im Allgemeinen mürbe.
Mechanisch-pneumatische Mälzerei von J. W. Turek und August Deininger in Berlin (D. R. P. Nr. 49327 vom 19.
Januar 1889). Der neue Apparat gehört in die Kategorie der Trommelsysteme. In der
Trommel soll die Gerste gewaschen, geweicht, der Keimung unterworfen und
schlieſslich geschwelkt und vorgedarrt werden. Bei diesem Apparate kommt die
Handarbeit ganz in Wegfall und es soll ein stets gleichmäſsiges Product erzielt
werden. Die Keimung erfolgt bei einer Temperatur bis zu 15° C. und bei
entsprechendem Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Der Apparat ist in der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S.
2163, ausführlich beschrieben.
Malzdarre von A. Rack (D. R. P. Nr. 49369 vom 22.
Februar 1889), Firma A. Rack und Comp. in Wien. Bei der
Rack'schen Darre können die über einander
angeordneten Horden (zwei oder drei Horden) entweder wie bisher üblich arbeiten,
indem die Luft von unten nach oben die Horden direkt durchzieht, oder es können die
über der Abdarrhorde gelegenen Horden von dieser durch Abschluſsvorrichtungen
theilweise oder ganz unabhängig gemacht werden. Auch die Heizapparate sind so
eingerichtet, daſs man durch mehrere Rauchabsperrungen die Heizgase verschiedene
Wege leiten kann, um die Wärme, der oben erwähnten Abschluſsvorrichtung
entsprechend, reguliren und auf der Abdarrhorde Malz von beliebiger Röstung erzeugen
zu können (Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1889
Bd. 29 S. 2134).
Untersuchungen über Hopfen veröffentlicht Prof. Gustav Marek (Mittheilungen aus
dem landwirthschaftlich-physiologischen Laboratorium des landw. bot an. Gartens
der Universität Königsberg, II. Heft, Königsberg, Beyer, 1889; ref. Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1889 Bd. 12 S. 405).
Ueber Hopfenconservirung und Hopfenproduction hielt Dr.
H. Stockmeier im Gewerbeverein zu Hersbruck einen
interessanten Vortrag, auf welchen wir hier indessen lediglich verweisen können.
Derselbe ist veröffentlicht in der Allgemeinen Brauer- und
Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S. 2195.
Ueber Hopfentrockenversuche mit dem Ryder'schen
Dörrapparate berichtet Prof. Strebel-Hohenheim
in der Allgemeinen Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd.
29 S. 1691 und 2211. Verfasser faſst die gemachten Erfahrungen dahin zusammen, daſs
der Ryder'sche Apparat in der Ausführung wie er beim
Versuche verwandt wurde bei einiger Aufmerksamkeit eine schonende und sorgfältige
Trocknung des Hopfens recht wohl ermöglicht und ein schönes Darrproduct gewinnen
läſst, daſs jedoch die quantitative Leistung eine nicht genügende ist, wodurch sich
auch die Trockenkosten für den Centner zu hoch berechnen.
Ueber schleimige Gährungen von H. van Laer (Mémoires couronnés et autres Mémoires
publics par l'Academie royale de Belgique, 1889 tome XLIII; ref. in der Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 1006).
Die interessante Arbeit, welche aus dem chemisch-biologischen Laboratorium der
wissenschaftlichen Versuchsstation für Brauerei in Gent hervorgegangen, gibt
vorzugsweise eine Aufklärung jener in den belgischen obergährigen Bieren
auftretenden Krankheitserscheinung, welche unter dem Namen des langen fadenziehenden
Bieres bekannt ist.
Auſser zahlreichen eigenen Versuchen, über welche hier kurz berichtet werden soll,
enthält die Abhandlung eine Zusammenstellung der bisher in Bezug auf schleimige
Gährung gesammelten Thatsachen.
In den zahlreichen Proben von eingesandtem fadenziehenden Biere fand van Laer auſser Mikrokokken, die mehr oder weniger der
Pasteur'schen Beschreibung entsprechen, stets
kleine schlanke Stäbchen von 1,6 bis 2,4μ Länge und
0,8μ Breite. Gewöhnlich vereinzelt, kamen sie
jedoch auch paarweise zusammenliegend und durch eine schleimige Zwischensubstanz
verbunden vor. Reihen von drei oder vier Zellen waren selten. Bei Plattenkulturen
mit Koch'scher Nährgelatine wuchsen sowohl die
Mikrokokken als auch die Stäbchen. Nur die letzteren vermochten Bierwürze
fadenziehend zu machen, wobei gleichzeitig eine Trübung derselben eintrat. Bei
Verwendung von Würzegelatine zu den Plattenkulturen wurden Hefecolonien, Kahm und
Mikrokokken erhalten. Auſser in Bier wurden die oben beschriebenen Stäbchen auch in der Hefe, Würze und
in der Kellerluft solcher Brauereien, die während des Sommers von jener Krankheit
des Bieres befallen waren, aufgefunden. Auch in gährendem Brotteige wurden sie
nachgewiesen. Von dem von Laurent beschriebenen
Bacillus panificans, der an der Gährung des Brotes betheiligt sein soll, sind sie
jedoch verschieden. Das Verhalten der Stäbchen in den verschiedenen Nährmedien wurde
vom Verfasser eingehend studirt.
Die Kulturen der Stäbchencolonien in Würze führten zu einem überraschenden
Ergebnisse. Es erwiesen sich nämlich die Kulturen in Würze nur zum Theile als
identisch. Ein genaueres Studium dieser Erscheinung führte zur Feststellung der
interessanten Thatsache, daſs zwei physiologisch verschiedene Stäbchenbakterien
vorlagen, die auf Fleischsaftgelatine sich völlig gleich verhielten. Van Laer unterscheidet zwischen dem Bacillus viscosus
Nr. 1 und Bacillus viscosus Nr. 2. Ersterer macht sterile Bierwürze bei 27° C. in 24
Stunden schleimig: nach 48 Stunden ist die Zähflüssigkeit von Eiweiſs erreicht.
Gleichzeitig entweichen groſse Kohlensäuremengen. Nach 3 Tagen hat die Viscosität
derart zugenommen, daſs 50cc der betreifenden auf
18° C. abgekühlten Würze 180 Secunden brauchten, um aus der 3mm weiten Oeffnung des Viscosimeters
auszuflieſsen. Dieselbe Menge von der ursprünglichen Würze brauchte hierzu nur 19
Secunden. Mit der Zunahme der Viscosität der Würze verminderte sich die Entwicklung
von Kohlensäure; jedoch bleibt die Flüssigkeit trübe, in der Färbung cichorienartig
und im Gerüche so charakteristisch, daſs man daran schon die schleimige Gährung
leicht erkennen kann.
Die Oberfläche der Flüssigkeit ist auſserdem bedeckt mit gelblichweiſsen, schleimigen
Inseln, die nach abwärts Aeste entsenden. Durch diese Eigenthümlichkeit
unterscheidet sich der in Rede stehende Bacillus von dem Bacillus Nr. 2. In den
folgenden Tagen, nach Aufhören der Kohlensäurebildung., gleicht die Würze in der
Farbe einer Mischung von Milch und Kaffee; die auf der Oberfläche schwimmenden
Inseln haben sich über dieselbe vollständig verbreitet und halten viele Gasblasen
umschlossen.
Der Bacillus Nr. 2 erzeugt, denselben Bedingungen wie Nr. 1 ausgesetzt, eine
Viscosität, die sich der bei den Bieren in der Brauerei gewöhnlich vorkommenden
nähert – ungefähr 70. Die Kohlensäurebildung ist weniger kräftig. Die Deckenbildung
bleibt beinahe ganz aus. Noch schneller äuſsert sich die verschleimende Wirkung in
hermetisch verschlossenen Flaschen entsprechend der in der Praxis beobachteten
Thatsache, daſs Bier in Flaschen schneller fadenziehend wird als im Fasse.
Während der Bacillus Nr. 2 in verschlossenen Flaschen keine schleimige Flocken
erzeugt, entstehen dieselben durch den Bacillus Nr. 1. In diesen schleimigen Massen
entwickeln die Stäbchen auch Sporen, entweder nur eine, und dann liegt sie
gewöhnlich in der Mitte, oder auch zwei, die sich auf die beiden Enden
vertheilen.
Bezüglich der Zu- und Abnahme der Viscosität hat sich bei einem Versuche mit
Bierwürze, die mit einem Gemische von beiden Bacillen geimpft war, ergeben, daſs 4
Tage nach der Impfung die Viscosität am höchsten war, dann abnahm bis zum 21. Tage,
von welchem an keine merkliche Abnahme mehr stattfand.
Auf gelatinirter Bierwürze entwickeln sich beide Arten fast gar nicht.
In Pepton-Rohrzuckerlösung (3g Rohrzucker, 1g Pepton, 100g
Wasser) bewirkte Bacillus Nr. 1 zunächst Trübung, dann Kohlensäureentwickelung,
schlieſslich den schleimigen Zustand, der ungefähr dem von dem Bacillus Nr. 2 in der
Würze hervorgerufenen gleichkommt. Der Bacillus Nr. 2 verhielt sich wie Nr. 1, nur
blieb der fadenziehende Zustand aus. Wurde die an sich in Folge des Peptongehaltes
sauer reagirende Lösung neutralisirt, so traten die Wirkungen des Bacillus Nr. 1
viel intensiver auf, die Viscosität erreichte denselben Grad wie in der
Bierwürze.
Bacillus Nr. 2, der die saure Lösung nicht fadenziehend gemacht, vermochte dieses in
der neutralen Lösung. Die Viscosität verminderte sich jedoch allmählich und nach
ungefähr 17 Tagen war der ursprüngliche Zustand, abgesehen von der Trübung,
erreicht.
Wurde der in der neutralisirten Lösung vorhandene Zucker durch eine äquivalente Menge
Dextrin ersetzt, so verliefen die Gährungen ähnlich wie in Würze.
In Milch wird durch die Entwicklung der beiden Bakterien der Milchzucker angegriffen
und ein stark fadenziehender Zustand herbeigeführt.
Auf Kartoffelscheiben gedeihen die Bacillen sehr gut, nicht aber auf neutralisirtem
Brote und Stärkekleister.
Besonders bemerkenswerth ist der Umstand, daſs Pasteur'sche Nährflüssigkeit (100cc Wasser,
2g,25 milchsaurer Kalk, 0g,007 phosphorsaures Ammon, 0g,007 phosphorsaures Kali, 0g,004 schwefelsaure Magnesia. 0g,002 schwefelsaures Ammon), obwohl sie keinen
Zucker enthielt, so schleimig wurde, daſs sie nicht mehr ausgegossen werden
konnte.
Auch eine zuckerhaltige Harnstoff-Asparaginlösung und die zuckerfreie Mayer'sche Nährlösung wurden schleimig.
Wurde in der Pasteur'schen Nährlösung der milchsaure
Kalk ersetzt durch eine entsprechende Menge Glycerin, so trat keine Entwickelung
ein. Die Flüssigkeit zeigte nach 15 Tagen noch den ursprünglichen Charakter.
In einem weiteren Abschnitte seiner Arbeit begründet Verfasser die Verschiedenheit
der Bacillen Nr. 1 und Nr. 2 von den bisher beschriebenen, Schleimgährung
bewirkenden Arten, so von dem Bacillus mesentericus vulgatus Flügge, dem
Actinobacter polymorphus Duclaux, dem Bacillus panificans Laurent und dem
Micrococcus viscosus Pasteur und dem Micrococcus ureae.
Endlich studirte Verfasser den Einfluſs verschiedener Factoren auf die schleimige
Gährung.
Einfluſs der Temperatur. In Würze ist die Schleimbildung
erst bei einer Temperatur von 7° möglich; bei 33° vollzieht sie sich am raschesten;
bei 42° findet sie auch noch statt. In inficirten Würzen, welche 3 Minuten lang auf
100° C. erhitzt worden waren, blieb eine Entwicklung aus.
Einfluſs der Elektrizität. Ein elektrischer Strom von 50
Volt während einer halben Stunde durch 200cc Würze
geleitet verhinderte nicht die schleimige Gährung.
Einfluſs der Hefe. Wurde sterile Würze mit einer sehr
geringen Menge der Bakterien geimpft und nach 2 Stunden viel reine Hefe hinzugefügt,
so erhielt man nach der Gährung ein trübes, fadenziehendes, wie Milch und Kaffee
aussehendes Bier, das sich selbst, nach zweimonatlichem Lagern nicht verbesserte.
Wurde sterile Würze gleichzeitig mit den Bakterien und der Hefe geimpft, dann wurde
die Gährung um so mehr schädlich beeinfluſst, je gröſser die Bakterienmenge war.
Nach der Hauptgährung erfolgte Impfung mit Bakterien erwies sich vollkommen
unschädlich.
Die Lehren, die sich hieraus für die Praxis ziehen lassen, ergeben sich von selbst.
Zu vermeiden ist besonders ein langes Verweilen der Würze auf dem Kühlschiffe, da
die Infection aus der Luft hier leicht stattfinden kann, ferner die Verwendung von
Hefe, die bereits mit jenen Bakterien verunreinigt ist.
Einfluſs der stickstoffhaltigen Substanzen und ihrer
Menge. In einer Lösung von Zucker in destillirtem Wasser trat keine
Schleimgährung auf, wohl aber, wenn ein wenig Pepton zugesetzt wurde. Die
Krankheitserscheinung tritt um so schneller und intensiver auf, je gröſser die
vorhandene Menge von stickstoffhaltigen Substanzen ist. Verfasser knüpft hieran die
Bemerkung, daſs auch in der Praxis die Biere mit viel assimilationsfähigen
Stickstoffsubstanzen eine groſse Tendenz zur schleimigen Gährung haben werden.
Ferner hält er die ziemlich verbreitete Ansicht, daſs die nicht peptonisirten
Eiweiſskörper für den Brauer die Hauptgefahr bilden, für eine irrige, vielmehr seien
es besonders die Peptone, welche die schleimige Gährung begünstigen.
Einfluſs des Zuckergehaltes. In zuckerfreien Lösungen
zeigt sich die Schleimbildung viel rascher. Je zuckerärmer die peptonhaltigen
Nährlösungen sind, um so eher trat die schleimige Gährung ein. Das stimmt auch mit
den Erfahrungen der Praxis überein, nach welchen die Biere sich um so länger halten,
je weniger stark sie vergohren sind.
Einfluſs des Dextrins. Hier zeigt sich dasselbe
Verhältniſs wie beim Zucker.
Einfluſs der Säuerung. Geringe Säuremengen begünstigen
die Krankheit nicht, zumal wenn Stickstoffsubstanzen nicht in gröſserer Menge
vorhanden sind.
Einfluſs des Alkohols. Die Gährung tritt noch bei Würzen
mit 6 Vol.-Proc. Alkohol ein., bei geringeren Alkohol mengen tritt sie rascher ein
als bei höheren.
Einfluſs der Phosphate. Würze mit wechselnden Mengen von
phosphorsaurem Kali von 0,01 bis 1 Proc. ergab in allen Fällen die schleimige
Gährung, doch zeigte sich mit steigendem Salzgehalte eine abnehmende Tendenz der
Verschleimung. Bei 2 Proc. Salzgehalt unterblieb dieselbe.
Einfluſs des schwefelsauren Kalks. Nach der Ansicht
vieler Brauer soll gypshaltiges Wasser die Krankheit verhindern. Es stellte sich
jedoch heraus, daſs mit Gyps gesättigtes Wasser dieselbe eher begünstigte.
Einfluſs von Kochsalz. Ein Kochsalzgehalt von 0,1 bis 3
Proc. wirkt nicht hindernd. Bei höherem Gehalte als 1 Proc. trat jedoch der Beginn
der schleimigen Gährung etwas später ein.
Einfluſs der Salicylsäure. Die Krankheitserscheinung
tritt noch auf bei einem Gehalte der Würze von 0,2 Proc. Salicylsäure, wenn die
Bakterien in nicht geringer Menge ausgesäet sind. Es geht daraus hervor, daſs die
antiseptische Wirkung der Salicylsäure im Vergleiche zu der Milchsäure bedeutend
geringer ist.
Einfluſs der Kohlensäure. Würze, die unter Kohlensäure
gehalten wurde, zeigt kein anderes Verhalten als bei Gegenwart von Luft.
Einfluſs der schwefligen Säure. Holzstückchen, deren
Poren durch 24stündiges Liegen in einer schleimigen Nährlösung mit Bakterien erfüllt
waren, wurden 15 Minuten Dämpfen von Wasser und schwefliger Säure ausgesetzt. Die
später in Würze getauchten Holzstückchen bewirkten keine Gährung mehr. Verfasser
hält daher die Desinfection des Fasses mit schwefliger Säure für durchaus
gerechtfertigt und vortheilhaft.
Schlieſslich gibt Verfasser noch einige Aufklärung über die bei der schleimigen
Gährung sich bildenden Producte. Bei Gegenwart von Zucker findet stets
Kohlensäureentwickelung statt und gleichzeitig wird die Flüssigkeit sauer. Die
Säuerung nimmt besonders stark zu in der Periode, wo die Viscosität im Abnehmen
begriffen ist. Der bei der Gährung auftretende Geruch ist eigenartig und stellt sich
bei allen Nährlösungen ein. Der bei der Gährung gebildete Schleim besteht aus einer
in Wasser unlöslichen, stickstoffhaltigen Substanz und einer in Wasser löslichen
stickstofffreien. Letztere ist unlöslich in absolutem Alkohol und färbt sich durch
Jod gelb; concentrirte Kalilauge löst sie schon in der Kälte und gibt damit in der
Wärme eine gelbliche Färbung. Durch Gerbsäure wird sie nicht aus der Lösung
gefällt.
Weitere Mittheilungen über einen dritten Bacillus viscosus, welchen Verfasser fand,
als die vorliegende Arbeit bereits im Drucke war, stehen noch in Aussicht.
Studien über schleimige Gährung von Ernst Kramer (Monatshefte für
Chemie, Bd. 10 S. 467 bis 505). Die Abhandlung befaſst sich mit der
schleimigen Gährung im Allgemeinen, ohne deren Vorkommen im Biere speciell zu
berücksichtigen. Wir können uns daher im Anschlusse an die vorstehende Arbeit von
van Laer hier mit einigen Andeutungen begnügen.
Verfasser versteht unter schleimiger Gährung jenen Vorgang, bei welchem unter
gewissen Umständen Flüssigkeiten, welche Zucker (Saccharose, Glycose, Laktose
u.s.w.), sowie auch Lösungen anderweitiger Kohlenhydrate (Mannit, Stärke, Schleim),
die nöthigen Mengen Eiweiſssubstanzen und Mineralstoffe (phosphorsaures Kalium oder
Natrium sind dabei nothwendig) enthalten, in einen schleimigen Zustand übergehen.
Neben diesem Schleime, einem Kohlenhydrat von der Formel C6H10O5,
tritt stets Mannit und Kohlensäure auf, was jedoch bei schleimiger Milch noch nicht
behauptet werden kann. Hierbei auftretende Milchsäure, Buttersäure und freier
Wasserstoff haben mit der schleimigen Gährung nichts zu thun und sind auf
nebenherlaufende Gährprozesse unreiner Kulturen zurückzuführen. Hervorgerufen wird
die schleimige Gährung durch zu den Bakterien gehörende und je nach der Qualität der
zuckerhaltigen Flüssigkeit zugleich verschiedene Mikroorganismen. Nicht als
schleimige Gährung sind die auf Zuckerrübenscheiben oder auch im Zuckerrübensafte
auftretenden Gallertbildungen kugeliger Form aufzufassen.
Die Kohlenhydrat haltigen Flüssigkeiten können je nach der Natur ihres
Schleimigwerdens in drei Gruppen eingetheilt werden:
1) Neutrale, oder schwach alkalische Saccharose haltige Flüssigkeiten, welche aber
stets Eiweiſsstoffe und Salze in einer bestimmten Menge gelöst enthalten müssen
(Lösung von Saccharose mit Eiweiſsstoffen und Mineralstoffen, oder Abkochung von
Gerste, Reis, Weizen u.s.w. unter Zusatz von Saccharose, ferner der Saft von Möhren,
Zuckerrüben, Zwiebeln u.s.w.) lassen die Saccharose in schleimige Gährung übergehen,
was durch den Bacillus viscosus sacchari Kramer bewirkt wird.
2) Säure, Eiweiſs und Mineralsubstanzen enthaltende Glycoselösungen (z.B. Wein)
werden durch die Einwirkung des Bacillus viscosus vini Kramer schleimig.
3) Neutrale, schwachsaure oder schwachalkalische Lösungen des Milchzuckers bei
Gegenwart von Eiweiſs und Mineralsubstanzen, z.B. Milch, Mannitlösungen, erleiden
die schleimige Gährung durch einen ganz specifischen Mikroorganismus, welchen der
Verfasser noch nicht studirte, der indessen nach Schmidt-Mühlheim ein Kokkus von 1μ
Durchmesser ist.
Der Bacillus viscosus sacchari Kramer (1μ dicke, 2,5 bis
4μ lange an den Enden schwach abgerundete Stäbchen,
Ketten von 50 Gliedern bildend) zeigt nur die Brown'sche Molekularbewegung und entwickelt sich entweder als hyaliner Schleim
(Möhrenscheiben) oder als schmutzig weiſser Beleg (auf Kartoffeln) oder in
weiſslichen länglich runden Colonien (auf Agar-Gelatine) und vermehrt sich nicht auf
sauren Nährböden.
Der Bacillus viscosus vini Kramer (0,6 bis 0,8μ dicke
und 2 bis 6μ lange Stäbchen, oft 14μ lange Scheinfäden) gehört zu den anaeroben Bakterien,
kommt nur auf saurem Nährboden (Wein) vor. Der Schleim ist als ein Product der
Assimilation des Gährungserregers anzusehen und besteht aus umgewandelten äuſseren
Membranschichten. Mannit und Kohlensäure sind als Gährungsproducte bezieh. als
Producte der inneren Athmung, und zwar ersteres als secundäres, letztere neben
Wasserstoff als primäres Product anzusehen. Der Wasserstoff reducirt hierbei die
Glycose zu Mannit. Der Schleim wird durch Alkohol aus den zähen Flüssigkeiten als
amorphe, fadenziehende, in Wasser unlösliche und darin nur quellende Substanz
niedergeschlagen. Mit Jod wird derselbe nicht gefärbt, Alkalien lösen den Schleim
unter Gelbfärbung, aus welcher Lösung Alkohol denselben als feinschuppigen weiſsen
Niederschlag ausfällt. Fällungsmittel sind ebenfalls Barytwasser und basisch
essigsaures Blei. Sein speeifisches Drehungsvermögen beträgt [α]D = +
195.
Ueber Gährversuche mit centrifugirter Würze berichtet
Scenska Bryggarföreningens Monadesblad; ref. in Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 1009. Die
Versuche wurden in Bjerholm's Actienbrauerei in
Kopenhagen angestellt. Die in der Centrifuge befindliche Würze wurde mit filtrirter
Luft gelüftet und mittels der Centrifuge (ohne Pumpe) durch den höher stehenden
geschlossenen Gegenstromkühlapparat in den Gährbottich gedrückt. Die Luftzufuhr
konnte geregelt werden und der Versuch wurde theils mit centrifugirter, theils mit
einer Mischung von centrifugirter Würze und Kühlschiffwürze ausgeführt.
Der erste Versuch wurde mit etwa 7hl centrifugirter
Würze gemacht, welche mit einer direkt von einem Hansen-Kühle'schen Hefereinzuchtapparat entnommenen Hefe vergohren wurde.
Die resultirende Hefe wurde, ohne abgewässert zu werden, unmittelbar von dem ersten
Gährbottiche zu einem zweiten übergeführt und von diesem zu einem dritten u.s.f.
Daneben wurden Parallelversuche theils mit anderer Hefe, theils mit centrifugirter
Würze gemacht.
Den zahlreichen – tabellarisch angeordneten – Versuchsreihen ist zu entnehmen, daſs
der Brauer es in seiner Macht hat, hinsichtlich des Vergährungsgrades die
Unterschiede der Heferassen bedeutend auszugleichen, dadurch daſs er sie unter
veränderten Verhältnissen sich entwickeln läſst. Es zeigte sich dies besonders
deutlich bei einer mit D bezeichneten Hefe, deren Vergährungsgrad sich durch das Centrifugiren und Lüften
der Würze von 46,1 bis 64,5 erhöht hat. Augenscheinlich hat die intensive Lüftung
der heiſsen Würze kräftig bei dieser Veränderung mitgewirkt; die Flüssigkeit im
Gährbottiche zeigte noch nach Verlauf mehrerer Stunden ein ganz milchartiges,
undurchsichtiges Aussehen, in Folge der zahlreichen, eingemischten Luftbasen. In wie
hohem Grade die aus der warmen Würze nicht abgeschiedenen, aber beim Abkühlen
ausscheidenden Stoffe zu dem höheren Vergährungsgrade beitragen, hat sich nicht
ermitteln lassen.
Ein bemerkenswerthes Verhalten zeigte die Hefe mit der Erhöhung des
Vergährungsgrades. Während beide C- und D-Hefen in der nicht centrifugirten Würze
sich so fest absetzen, daſs sie gar nicht oder doch sehr schwer aus dem Spundloche
des Bottichs entnommen werden konnten, waren sie in der centrifugirten Würze ganz
lose und dünnflüssig. Diese Erscheinung galt bisher als constante eigenthümliche
Eigenschaft der Heferassen Carlsberg Nr. I und II, von denen die eine bei niedrigem
Vergährungsgrade sich fest absetzt, die andere bei hohem Vergährungsgrade
locker.
Sollte die Lüftung, wie es nach den vorliegenden Untersuchungen den Anschein hat, die
Hauptursache der wahrgenommenen Erhöhung des Vergährungsgrades sein, so hätte man
ein einfaches Mittel an der Hand, bei sonst niedrigen Vergährungsgraden
nachzuhelfen.
Das Bier, welches in Bjerholm's Actienbrauerei aus der
centrifugirten Würze hergestellt wurde, soll nach zweimonatlichem Lagern
krystallhell sein und einen reinen, abgelagerten Geschmack haben. Seine Haltbarkeit
konnte noch nicht festgestellt werden; aber erst nach 14 Tagen hatte sich in
Flaschen, welche bei Zimmertemperatur standen, ein Bodensatz gebildet.
Die vorliegenden Versuche würden indeſs zeigen, daſs Hansen's Lehre von der Constanz der Heferassen in Hinsicht auf den
Vergährungsgrad nur Giltigkeit hat für das noch übliche Verfahren der Bierbereitung.
Durchgreifende Veränderungen in der Bierindustrie können möglicherweise dazu führen,
daſs von ein und derselben Hefeart Biere mit verschiedenem Vergährungsgrade
hergestellt werden können, je nachdem man Faſs-, Flaschen-, Exportbier u.s.w.
wünscht, was den Vortheil haben würde, daſs eine Brauerei, welche mit Reinzucht
arbeitet, in der Lage wäre, stets nur mit einer bewährten Hefe zu arbeiten.
Neue Klärmethode für Bier, Wein und andere gährbare
Flüssigkeiten von Adolf Jeřička in Gottlieben
und August Eggimann in Ermatingen, Schweiz (Privilegium
vom 21. Februar 1889). Die Klärmethode besteht in dem Einlegen von poröser,
gebrannter Thon- oder Lehmerde oder von Bimstein in die zu klärende Flüssigkeit, und
sollen die genannten porösen anorganischen Producte,
welche an die Flüssigkeit nichts abgeben, als Ersatz für Klärspäne u. dgl.
dienen.
Die Form des Klärsteins kann eine beliebige sein; von wesentlichem Vortheile ist es
aber, recht poröse Formen und solche mit leicht zu reinigender verhältniſsmäſsig
groſser Oberfläche zu verwenden. Eine besonders vortheilhafte Form ist die Hohlform,
deren innere Fläche sowohl wie die äuſsere gezackt sind.
Um einen besonders porösen Klärstein zu erhalten, wird gebrannter Thon pulverisirt,
der zu diesem Zwecke eigens vorbereiteten feuchten Thon- oder Lehmerde beigemischt
und die Mischung in zweckentsprechender Weise geformt und gebrannt
Zum Gebrauche werden die Steine in die Flüssigkeiten eingelegt, bis sich die Klärung
vollzogen hat. Dieselbe verläuft wie bei der Anwendung von Spänen (Illustrirtes Oesterreichisch-Ungarisches
Patentblatt).
Ein Pasteurisirungsapparat, um gröſsere Quantitäten Bier
rasch und richtig zu pasteurisiren, wurde von W. Kuhn
in Frankreich construirt. Der Apparat, auf dessen Beschreibung hier lediglich
verwiesen werden soll (Wochenschrift für Brauerei, 1889
Bd. 6 S. 1111) wird von der Gesellschaft Pictet in
Paris ausgeführt. Die Wochenschrift bemerkt l. c. zu dem Apparate: „Für eine
Brauerei, die keinen Kälteerzeugungsapparat, auch keine überflüssigen
motorischen Kräfte zur Verfügung hat, dürfte der Apparat etwas theuer zu stehen
kommen; auch die Leistungsfähigkeit desselben ist Bedenken erregend. Eine
Brauerei, die sich mit Export in gröſserem Maſsstabe befaſst, müſste mehrere
solcher Apparate besitzen, da man annehmen kann, daſs Apparate mit geringerer
Füllung zum Zwecke der gleichmäſsigeren und schnelleren Erwärmung und Abkühlung
sich besser bewähren werden als groſse Apparate.
C. J. Lintner.