Titel: | Die Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury bei Birmingham. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 323 |
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Die Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury
bei Birmingham.Auszug aus einem Vortrage des Prof. H. Roscoe in
„the Royal Institution of Great Britain“ im Mai 1889.
Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury.
Es hat im Laufe dieses Jahrhunderts der Mühe und Arbeit zahlreicher Chemiker bedurft,
um das zu ermitteln und festzustellen, was man heute bezüglich des Metalles
„Aluminium“ kennt, und die Metallurgie desselben auf ihren heutigen Stand
zu erheben.
Schon im J. 1807 versuchte Davy mit Hilfe des
elektrischen Stromes Aluminiumoxyd zu reduciren; leider vergebens. Oerstedt, ein Däne, machte 1824 auf die Möglichkeit
aufmerksam, daſs das Metall durch Behandlung seines Chlorids mit einem Alkalimetalle
erzeugt werden könne; diesen Fingerzeig benutzte Wähler
1827 und noch vollständiger verfolgte er ihn 1845. Bunsen zeigte 1854 die Darstellung des Aluminiums auf elektrolytischem
Wege, aber erst Henry St. Claire Deville stellte
dasselbe so rein und in solcher Menge dar, daſs seine werthvollen Eigenschaften zu
erkennen und zu schätzen waren. Ein Block dieses silberweiſsen Thonmetalles gehörte
im J. 1855 zu den Wundern der Chemie in der Ausstellung zu Paris. Nach dieser Zeit
traten die Arbeiten englischer und amerikanischer Chemiker und Metallurgen in die
Erscheinung.
Der von Oerstedt erfundene, von Wähler benutzte und von Deville modificirte
Prozeſs blieb bis heute im Prinzipe unverändert: das Metall wird wie früher durch
Reduction des Doppelchlorids AlNaCl4 mit
metallischem Natrium unter Zusatz von Kryolith erzeugt. Es ist deshalb nicht gerade
eine neue Reaction, über die man heute sprechen kann, es sind vielmehr nur die
Verbesserungen gegen die altbekannte.
Um zu erkennen, wie groſs die Fortschritte gegen 1855, als das Pfund Aluminiummetall
für 48 Pfd. Sterl. verkauft wurde, sind, bedarf es nur zu erfahren, daſs dasselbe
heute von der Aluminium-Company in ihrer Fabrik zu
Oldbury, nahe Birmingham, tonnenweis producirt und zum Preise von 20 Schilling das
Pfund verkauft wird.
Die dem amerikanischen Metallurgen Castner zu
verdankenden Verbesserungen sind von höchster Wichtigkeit für die
Aluminiumdarstellung und man darf das ganze Verfahren daher jetzt mit Recht mit dem
Namen: Deville-Castner-Prozeſs belegen.
Bis zum Jahre 1887 überstieg die Jahresproduction an Aluminium wahrscheinlich 10000
Pfd. nicht. Zur Darstellung dieses Quantums muſsten etwa 100000 Pfd. Doppelchlorid
und 40000 Pfd. Natrium fabricirt werden. Diese Zahlen setzen die Bedeutung der von
der Aluminium-Company ins Leben gerufenen Unternehmung
ins hellste Licht: dieselbe vermag im Jahre 100000 Pfd. Aluminium zu produciren;
dazu aber sind erforderlich und von ihr zu erzeugen: 400000 Pfd. Natrium, 800000
Pfd. Chlor und 1000000 Pfd. Doppelchlorid, und zwar müssen diese Stoffe zu sehr
niedrigen Selbstkosten dargestellt werden, wenn die Compagnie beim Pfundpreise von
20 Schill, für das Aluminium mit Gewinn arbeiten soll.
Ihre Fabrikanlagen überdecken eine Fläche von 22000qm und zerfallen in fünf Abtheilungen: für Darstellung von Natrium, von
Chlor, von Doppelchlorid, von Aluminium und endlich für die Gieſserei, Walzerei,
Mühlen u.s.w.
Ein ganz verwickelter chemischer Prozeſs wird in dieser Fabrik auf eine Reihe ganz
einfacher Operationen zurückgeführt und jede derselben verläuft völlig unabhängig
von den anderen, bis zuletzt alle Materialien bei der Darstellung des Aluminiums
selbst zusammen gebracht werden.
Die erste, erfolgreichste Verbesserung – der Prozeſs Castner
– bezieht sich auf die Darstellung des Natriums: durch sie wurde erreicht,
das Natrium billiger und in groſser Menge nahezu ohne Gefahr herzustellen. Vom
praktischen Standpunkte aus betrachtet, besteht der Castner-Prozeſs in der Erhitzung geschmolzenen Natriumhydroxydes mit
Kohle, während dasselbe im völlig flüssigen Zustande
sich befindet. Vor Einführung des Castner-Prozesses
muſste man besondere Vorsichtsmaſsregeln beobachten, um sich gegen ein wirkliches
Schmelzen des Gemenges sicher zu stellen; fand ein solches statt, so trennten sich
das Alkali und der
reducirende Stoff von einander. Hatte man somit eine ungeschmolzene Masse zu
erhitzen, so erforderte deren Reduction die Anwendung einer viel gröſseren Hitze. Um
die erforderliche Temperatur bis in die Mitte der Masse vordringen zu lassen, ohne
den Behälter, in welchem sich dieselbe befand, zu schmelzen, durften letztere nur
kleine Abmessungen besitzen. Der neue Prozeſs umgeht dies, denn das Alkali gelangt
in völlig flüssiger Form in direkte Berührung mit der Kohle und in Folge dessen kann
die Reduction bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur und in groſsen Gefäſsen
bewerkstelligt werden.Die ältere Methode erforderte eine Temperatur von 1400 bis 1500° C, der Castner-Prozeſs nur 800 bis
1000°.
Die stattfindende Reaction kann wie folgt ausgedrückt werden: 3NaOH + C = Na2CO3 + 3H + Na.
Es sind eiförmige Gefäſse, in welchen das Gemenge von Alkali und reducirendem Stoff
erhitzt wird, im weitesten Theile 18 Zoll weit und 3 Fuſs hoch. Sie sind in zwei
Hälften getheilt: die untere hat die Form eines Tiegels, die obere aber einen
senkrechten Hals mit seitlich aus demselben hervortretendem hohlen Rohre. Diesen
oberen Theil nennt man die Haube. Beim Beginne der Operation werden diese Hauben aus
dem warmen Raume durch Oeffnungen im Boden in den erhitzten Ofen gebracht und in
solcher Stellung befestigt, daſs der hohle Arm (Rohr) aus dem Ofen hervorragt.
Unterhalb jeder Oeffnung im Ofenboden befindet sich eine hydraulische
Hebevorrichtung mit einer Platte, auf welche der in den Ofen zu bringende Tiegel
gestellt wird, und welche, gehoben, die Oeffnung im Boden des Ofens vollständig
schlieſst.
Mitsammt der Platte gehoben, treten Oberkante des Tiegels und Unterkante der Haube
dicht an einander, bilden einen luftdichten Verschluſs und es können nun Gas und
Dampf nur mehr durch den zu diesem Zweck angebrachten hohlen Arm der Haube
entweichen.
Reduction und Destillation – als erstmalige Operation betrachtet – erfordern etwa
zwei Stunden Zeit. Sind diese verlaufen, so senkt man die Tiegel herab, nimmt sie
mit Hilfe von Radzangen von den Platten, bringt sie zu einer Grube und legt sie um.
Das Residuum wird ausgeleert, der noch warme Tiegel zum Ofen zurückgebracht, nachdem
er auf dem Rückwege dahin mit Alkali und Reductionsmaterial aufs Neue gefüllt worden
ist, und mittels der hydraulischen Hebevorrichtung in seine vorherige Stellung und
in die Verbindung mit der Haube emporgehoben. Zu allen diesen Manipulationen werden
nur 7 Minuten verbraucht, nach ihrem Ablaufe hat jeder Ofen seine fünf Tiegel wieder
zurück und da diese den gröſsten Theil ihrer Wärme behielten, so erfordert nun jede
weitere Reduction und Destillation nur mehr 70 Minuten anstatt der erstmaligen 2
Stunden.
Die vorhandenen vier Oefen der ersten Fabrikabtheilung zu Oldbury werden wechselweise geleert und
wiederbesetzt, so daſs die Operation eine continuirliche ist.
An den aus dem Ofen hervorragenden Rohrarmen der Tiegelhauben sind Condensatoren
eigenthümlicher Form angebracht, die speciell für diesen Prozeſs construirt wurden
und die sich von den früher benutzten sehr wesentlich unterscheiden. Sie halten im
Durchmesser etwa 5 Zoll und sind nahezu 3 Fuſs lang; im Boden, bei 20 Zoll vom
Auslaufe, sind dieselben mit einer kleinen Oeffnung versehen und ihr Boden ist so
geneigt, daſs das aus dem Dampfe condensirte Metall in ein unmittelbar unter dieser
Oeffnung stehendes Gefäſs niederrinnt. Die nicht verdichteten Gase entweichen am
anderen Ende des Condensators, welcher efne mit Thürverschluſs versehene
Beobachtungsöffnung hat. Während der Herausnahme und Wiederbeschickung der Tiegel
werden auch jene Sammelgefäſse vom destillirten Metalle entleert bezieh. durch leere
ersetzt. Durchschnittlich enthält jedes derselben 6 Pfd. Natrium; man führt
dieselben zur Gieſserei, wo das Metall umgeschmolzen und in groſse Blöcke für die
Zwecke der Fabrikation oder in kleinere Stäbe gegossen wird.
Es wird besondere Sorgfalt darauf verwendet, die Temperatur in den Oefen auf etwa
1000° C. zu erhalten, und Gas- und Luftventile werden sorgsamst regulirt, damit die
Temperatur im Ofen eine möglichst gleichmäſsige bleibe. Die Hauben der Tiegel
verbleiben während der ganzen Woche im Ofen, die Tiegel bis sie verschlissen sind,
worauf sie durch andere ersetzt werden, ohne daſs der Ofenbetrieb dabei unterbrochen
würde. Der Ofen im Betriebe erfordert jede 70 Minuten 250 Pfd. Natriumhydroxyd,
liefert in derselben Zeit 30 Pfd. metallisches Natrium und gegen 240 Pfd. rohes
Natriumcarbonat. Letzteres ergibt, auf gewöhnliche Weise mit Kalk behandelt, zwei
Drittel des ursprünglichen Quantums Natriumhydroxyd. Das gegossene Natrium wird
unter Kerosinöl in groſsen Behältern aufbewahrt, welche mehrere Tonnen aufzunehmen
vermögen; dieselben sind in Räumen aufgestellt, die feuer- und wassersicher
sind.
Derjenige Theil der Oldbury-Fabrik, in welchem die Fabrikation von Chlor betrieben
wird, steht mit der anstoſsenden Fabrik der Herren Gebrüder
Chance durch ein groſses Guttapercharohr in Verbindung, durch welches in
Intervallen Chlorwasserstoffsäure in groſse Cisternen läuft, von denen sie nach
Erfordern der Fabrikation zugeführt wird. Die Erzeugung von Chlor ist zur
Darstellung des Chlorids nöthig, welche in bisher gewohnter Weise sich vollzieht.
Man erhitzt Chlorwasserstoffsäure und Manganhyperoxyd zusammen, wobei sich Chlorgas
unter Aufschäumen entwickelt. Dieses wird durch Bleirohre zu groſsen, innen mit Blei
ausgekleideten Gasometern geleitet und darin aufbewahrt.
Die Materialien zur Chlorerzeugung werden zusammen in groſse Behälter eingetragen,
die aus Sandsteinblöcken aufgeführt sind, deren Fugen mit Kautschuk ausgefüllt
wurden; die Erhitzung erfolgt durch Einleitung von Dampf.
Wegen der Schwierigkeit, einen regelmäſsigen Zulauf von Chlor unter constantem Druck
bei direkter Entnahme aus den Behältern einzuhalten, muſste man vier groſse
Gasometer aufführen, um die 30 Retorten, in welchen das Doppelchlorid hergestellt
wird, nach Bedarf regulirt, damit zu versehen. Jeder dieser Gasometer faſst 30000l und ist innen ganz mit Blei, dem einzigen
Metalle, welches dem Angriffe des Chlors widersteht, ausgekleidet. Die Gasometer
werden der Reihe nach aus den Behältern gefüllt und was man an Chlor braucht, wird
direkt unter gleichmäſsigem Druck vom Gasometer genommen. Ist derselbe geleert, so
erfolgt Umsteuerung der Ventile, man entnimmt von einem zweiten und füllt den eben
geleerten wieder aus den Chlorentwickelungsbehaltern.
Zwölf groſse Regenerativgasöfen, jeder besetzt mit fünf Thonretorten von etwa 3m Länge und wagerecht gelegt, dienen zur
Erhitzung. Die Retorten sind mit dem Gemenge geladen, aus welchem das Doppelchlorid
erzeugt wird.
Je sechs Oefen stehen auf den beiden Seiten eines mitten durch das Gebäude gelegten
freien Ganges von etwa 16m Breite und 80m Länge. Ueber diesem centralen Gange ist ein
Tragwerk für das groſse Bleirohr aufgeführt, welches das Chlorgas aus den Gasometern
den Retorten zuführt. Unmittelbar über jeder Retorte ist am Hauptrohre ein Ventil
angebracht, mittels dessen die Zuleitung des Gases durch ein Rohr zur Retorte
regulirt wird.
Diese Ventile sind von besonderer Form und so construirt, daſs das Chlor eine
Flüssigkeitssäule von bestimmter Höhe durchströmen muſs, die nicht allein unter
einem gewissen Drucke und in bestimmter Zeit eine bekannte Gasmenge durchgehen
läſst, sondern auch den Rücktritt des Gases aus der Retorte ins Rohr verhindert,
falls plötzlich eine Druckvergröſserung in der Retorte stattfinden sollte.
Die Retortenladung besteht aus zusammengemahlenem Aluminiumoxyd, Chlornatrium und
Holzkohle. Man feuchtet dieses Gemenge mit Wasser an, um eine partielle Lösung des
Chlornatriums herbeizuführen, und formt dieselbe unter Anwendung einer den
Drainrohrpressen ähnlichen Maschine in massive Cylinder, die in Stücken von etwa
8cm Länge geschnitten und über den Oefen zum
Trocknen aufgestapelt werden. Nach Verlauf einiger Stunden sind dieselben so
erhärtet, daſs man mit ihnen manipuliren kann, und nun sind sie für den Verbrauch in
den Retorten fertig.
Soll der Prozeſs gelingen, so müssen die Materialien im richtigen Verhältnisse zu
einander gemischt, muſs die Temperatur des Ofens, die Zufuhr von Chlor in gegebener
Zeit und die Construction der Retorten die richtige sein.
Haben die Retorten die passende Temperatur angenommen, so werden dieselben mit den
vorher beschriebenen Gemengestücken ganz gefüllt, die Oeffnungen an den Vorderseiten
werden geschlossen und man läſst sie etwa 4 Stunden in Ruhe, in welcher Zeit das
Wasser des Aluminiumoxyds völlig ausgetrieben ist. Man öffnet nun die Ventile am
Chlorrohre und läſst das Gas in die gefüllte Retorte eintreten.
Auf der Rückseite jeder Retorte und mit dieser durch ein Thonrohr verbunden ist ein
Verdichtungsraum aus Ziegelsteinen aufgeführt. Dieser Raum ist mit Oeffnungen oder
Thüren versehen und hart am Thonrohre mit einem kleinen Rauchfange verbunden, durch
welchen die nicht condensirten Gase zum groſsen Schornsteine abgeführt werden.
Anfänglich wird das gesammte Chlor absorbirt, welches der Retorte zugeführt wird,
und lediglich Kohlenoxyd entweicht aus dem offenen Verdichtungsraume.
Nach Verlauf einiger Zeit beginnt ein dichter Rauch sich hier zu entwickeln, nun
werden die Oeffnungen des Verdichtungsraumes geschlossen und das Verbindungsrohr
zwischen Verdichtungsraum und Rauchfang leitet den nicht verdichteten Rauch zum
Schornstein.
Die Reaction vollzieht sich nach der Gleichung:
6Cl + Al2O3 + 2NaCl + 3C = 2AlNaCl4 + 3CO.
Chlor wird in wechselnder Menge während etwa 72 Stunden eingeleitet und behufs
Controlle des Ganges der Destillation wird der Verdichtungsraum von Zeit zu Zeit
geöffnet. Nach Verlauf der genannten Zeit werden die Chlorventile geschlossen und
wird der Verdichtungsraum hinter dem Ofen geöffnet. Das rohe Doppelchlorid, welches
in den Retorten destillirt wird, verdichtet sich im Rohre und tropft in den
Verdichtungsraum hinab, wo es zu unregelmäſsigen Massen erstarrt.
Die Production einer Batterie von fünf Retorten beläuft sich auf 1600 bis 1800 Pfd.,
fast gleich dem theoretischen Quantum. Nach Entfernung des Chlorids aus dem
Verdichtungsraume werden die Retorten vorn geöffnet, vom Residuum entleert, welches
aus wenig Aluminiumoxyd, Kochsalz und Holzkohle besteht und zu neuem Gebrauch im
bestimmten Verhältnisse wieder dem neuen Materiale zugemischt wird, und wieder
geladen. Die wöchentliche Production eines Ofens an Chlorid beträgt gegen 3500 Pfd.
und mit zehn derselben, die stets im Betriebe stehen, können im Jahre 1500000 Pfd.
dargestellt werden. In Folge des Eisengehaltes der benutzten Materialien und des
Retortenthones enthält das destillirte Chlorid stets mehr oder weniger von diesem
Metalle in Form von Eisenchlorür oder Eisenchlorid. Da zur Reduction 10 Pfd. Chlorid
auf 1 Pfd. Aluminium erforderlich sind, so läſst sich wohl einsehen, welchen
wesentlichen Einfluſs ein kleiner Procentgehalt an Eisen im Chlorid auf die Qualität
des hergestellten Metalles ausübt: trotz gröſster Vorsicht kann man Chlorid in
groſser Menge nicht mit einem 0,3 Proc. untersteigenden Eisengehalt produciren.
Das rohe Doppelchlorid, wie man es jetzt in der Fabrik nennt, ist im hohen Grade
geneigt, zu zerflieſsen, und es wechselt in der Farbe von hellgelb bis dunkelroth.
Der Unterschied der Färbung wird nicht sowohl vom Eisengehalte an sich, als vom
Verhältniſs der Menge von Eisenchlorür und Eisenchlorid zu einander bedingt und
obschon eine Probe ganz dunkel oder sehr hell sein kann, wird sie doch nur wenig
Eisen enthalten, wenn es als Chlorid, aber viel, wenn es als Chlorür darin vorhanden
ist.
Auch bei aller Vorsicht enthält das rohe Doppelchlorid durchschnittlich 0,4 Proc.
Eisen; Metall daraus hergestellt, enthält nie unter etwa 5 Proc., und da diese
Verunreinigung die Eigenschaften des Aluminiums hochgradig beeinträchtigt, wenn es
zu Draht ausgezogen oder verwalzt werden soll, so muſs das Metall, welches auf diese
Weise erzeugt wird, raffinirt werden.
Dies wurde von Castner und seinem Assistenten Cullen mit Erfolg gethan soweit, daſs der Eisengehalt
bis auf etwa 2 Proc. herabgebracht wurde. Dieser Prozeſs war indessen schwierig und
erforderte aufmerksamste Behandlung; er wurde aber bald durch Castner ganz überflüssig gemacht, der eine Reinigung
des Doppelchlorids vor der Reduction erfand.
Das gereinigte oder reine Doppelchlorid ist von Farbe völlig weiſs und weit minder
geneigt zu zerflieſsen als das gefärbte, so daſs es wohl gestattet ist, zu
schlieſsen, daſs jene wenig angenehme Eigenschaft namentlich durch die Anwesenheit
von Eisenchlorid bedingt werde. Groſse Mengen von bis zu 1,5 Proc. Eisen oder 150
Pfd. in 10 000 Pfd. enthaltendem Chlorid werden in wenigen Minuten vollständig
eisenfrei gemacht, so daſs, während die Substanz vor der Reinigung zur Herstellung
von Aluminium wegen ihres Eisengehaltes ganz untauglich war, dieselbe nach derselben
nur noch 1 Pfd. Eisen auf 10000 Pfd. Chlorid, also 0,01 Proc. Eisen enthält. Das
Verfahren ist auſserordentlich einfach und vertheuert das Endproduct kaum merklich.
Nach der Behandlung wird das reine Chlorid in groſsen Eisentöpfen geschmolzen und in
Behälter entleert, welche denen gleichen, welche zur Aufbewahrung des Natriumoxydes
dienen.
Es wird allgemein für unmöglich gehalten, das Eisen aus dem wasserfreien
Doppelchlorid AlNaCl4 zu entfernen und wenige
Chemiker, wenn überhaupt solche, werden rein weiſses Doppelchlorid gesehen
haben.
Die Erzeugung des Aluminiums erfolgt in einem groſsen Reverberirofen mit schrägem
Herd von gegen 2m ins Geviert. Die Befeuerung
findet von der Vorderseite aus statt, in welcher mehrere Oeffnungen in verschiedener
Höhe angebracht sind. Das reine Chlorid wird mit Kryolith im Verhältnisse von 2 : 1
zusammen gemahlen und auf einem Gestelle über dem Ofen aufgehäuft. Das Natrium
gelangt in groſsen Blöcken in eine Maschine, welche einer Tabakschneide gleicht, und
wird auf ihr in
dünne Scheiben geschnitten, welche ebenfalls auf das Gestelle über dem
Reductionsofen kommen.
Beide Materialien werden nun behufs guter Mischung mit einander in eine rotirende
Trommel hinabgebracht, und diese wird alsdann in der Weise wieder entleert, daſs ihr
Inhalt in einen Wagen auf einer Schienenbahn gleich darunter fällt.
Hat der Ofen die verlangte Temperatur angenommen, so werden seine sämmtlichen Züge
verschlossen, um den Zutritt der Luft auszuschlieſsen und auch das Heizgas wird
abgesperrt. Der vorher erwähnte Wagen wird alsdann soweit auf das Gewölbe des Ofens
geschoben, bis er über dem Mittelpunkte des Herdes sich befindet. Das Ofengewölbe
ist mit groſsen Trichtern versehen, durch welche die Ladung des Wagens schnellst
möglich in den Ofen eingeführt wird. Die Reaction beginnt fast augenblicklich und
die ganze Masse kommt schnell in Fluſs. Nach Verlauf einer bestimmten Zeit läſst man
das Heizgas wieder zu und die Masse wird während etwa 2 Stunden in mäſsiger
Temperatur erhalten. Nach Ablauf dieser Zeit wird abgestochen und das flieſsende
Metall strömt silberweiſs in die Formen. Ist der Ofen von Metall und Schlacken
entleert, so wird er aufs Neue gefüllt; er faſst gegen 1200 Pfd. reines Chlorid, 600
Pfd. Kryolith und 350 Pfd. Natrium und man sticht daraus 115 bis 120 Pfd. Aluminium
ab.
Zur Fabrikation einer Tonne Aluminium sind erforderlich:
Metallisches Natrium
6300
Pfd.
AlNaCl4
22400
„
Kryolith
8000
„
Kohle
8t
Um 6300 Pfd. Natrium herzustellen, bedarf man:
NaOH
44000
Pfd.
Karbid
7000
„
Zum Tiegelguſs
7t,5 Kohlen
Kohle
75t
Das Karbid wird erzeugt durch Zusammenbrennen von Pech und Feilspähnen. Es hat sich
als vortheilhafter herausgestellt, das Natriumhydroxyd damit anstatt mit Kohle zu
mischen. Zu 7000 Pfd. Karbid werden 12000 Pfd. Pech und 1000 Pfd. Eisenfeilspähne
erfordert.
Zur Production von 22400 Pfd. AlNaCl4 sind
nöthig:
NaCl
8000
Pfd.
Aluminiumhydroxyd
11000
„
Chlorgas
15000
„
Kohle
180t
und zu der von 15000 Pfd. Chlorgas:
Chlorwasserstoffsäure
180000
Pfd.
Kalksteinmehl
45000
„
Ca(OH)2
30000
„
Verlust an Manganhyperoxyd
1000
„
(Vgl. 1889 271 * 129 und 272 * 391).
Dr. Leo.