Titel: | Heizung mit Leuchtgas und der Karlsruher Schulofen. |
Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 410 |
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Heizung mit Leuchtgas und der Karlsruher
Schulofen.
Mit Abbildungen.
Heizung mit Leuchtgas.
Wegen der mitunter groſsen Menge des in Schulöfen befindlichen Brennmateriales ist
eine Regulirung der Wärme, die in Folge der natürlichen Wärmeabgabe einer gröſsern
Schülerzahl oft sehr wünschenswerth erscheint, erschwert. Zur Vermeidung der
genannten Unzuträglichkeiten stellte Prof. Meidinger
nach dem Journal für Gasbeleuchung und Wasserversorgung
Nr. 1, 1890 Versuche mit Gasöfen an und fand, daſs eine gute Ausnutzung der
Verbrennungsproducte stattfindet, wenn man dieselben einen sehr engen Zwischenraum
durchstreichen läſst. Unter der Zugrundelegung dieses Prinzips wurde durch das
städtische Gaswerk Karlsruhe der Ofen entworfen, wie er in der Zeichnung dargestellt
ist und von den Warsteiner Gruben- und Hüttenwerken in Warstein i. W. ausgeführt
wird. Als Brenner wurden Leuchtflammen gewählt, welche durch eine Zündflamme
entzündet werden. Durch im Sockel des Ofens angebrachte Micascheiben sind die
Flammen sichtbar und wird damit eine sichere Regulirung derselben ermöglicht; auſserdem
wird dadurch auch die angenehme Wirkung einer milden Strahlung in der Nähe des
Fuſsbodens erzielt.
Wenn bei Beginn des Winters die Heizleitung geöffnet wird, werden die
Zündflammenröhrchen in den Ofen gedreht und der Zündbrenner entzündet, nur bei der
Stellung in den Ofen hinein kann der Brennerhahn geöffnet werden. Hierauf wird der
mit rechteckigem Kopf versehene Anhaltstift quergestellt und in Folge dessen kann
die Zündflamme nicht mehr aus dem Ofen herausgedreht werden. Die Zündflamme bleibt
während der ganzen Betriebszeit mit Ausnahme der Ferien brennen und die ganze
Bedienung des Ofens beschränkt sich auf das Drehen des Brennerhahns, zu welchem die
Lehrer und der Diener Schlüssel besitzen. Dieser Sicherheitshahn, der in seinen
verschiedenen Stellungen in Fig. 4 bis 7 dargestellt
ist, ist eine Construction Eisele's.
Fig. 1., Bd. 275, S. 411
Die zur Erneuerung der Zimmerluft in Kanälen aus dem Freien zugeführte Luft wird in
das Innere des Ofens eingeleitet und strömt erwärmt oben aus. Die Zimmerluft
circulirt zwischen dem Mantel des Ofens und dem Heizkörper. Durch Drehung der
Verbindungsröhre zwischen Luftkanal und Ofen kann aber zu den Zeiten während welchen
das Zimmer nicht durch die Schüler besetzt ist, die Einströmung der äuſseren Luft
abgeschlossen und auch an der inneren Heizfläche eine Circulation und Erwärmung der
Zimmerluft stattfinden.
Das bei dem Anzünden der Oefen, an den noch kalten Abzugsrohren sich bildende
Condensationswasser sammelt sich in der unterhalb des Abzugsrohres befindlichen
Kapsel, aus der es leicht entleert werden kann.
Fig. 2., Bd. 275, S. 412
Fig. 3., Bd. 275, S. 412
Fig. 4., Bd. 275, S. 412
Fig. 5., Bd. 275, S. 412
Sollte durch Absperrung des Abzuges oder durch ungeeignete Brenner sich Ruſs im
Innern des Ofens gebildet haben, so ist dadurch, daſs der innere Mantel leicht aus
dem Ofen herausgezogen werden kann, eine Reinigung der von den Verbrennungsprodukten
bestrichenen Wandfläche leicht zu bewirken.
Der Ofen ermöglicht es, sofort beim Aufhören des Bedürfnisses zur Heizung, was
bekanntlich in den Schulen vielfach der Fall ist, auch den Verbrauch an Gas
aufzuheben. Selbst in den Lüftungspausen kann die Gasheizung ausgesetzt werden. Die
Kosten stellen sich, wegen des Wegfalles der zur Bedienung während der kälteren
Jahreszeit erforderlichen Hilfskraft erheblich niedriger.
Gegenüber den Centralheizungen sind die geringen Anlegekosten der Gasofenheizung in
Rechnung zu ziehen.
In Karlsruhe hat die Heizung der Schulen mit den beschriebenen Gasöfen so viel
Anklang gefunden, daſs, nachdem zuerst zwei Oefen im Winter 1887/88 im Betrieb
waren, im folgenden Winter zwei groſse Schulhäuser ausschlieſslich mit Gasheizung
versehen wurden und im Winter 1889/90 weitere zwei Schulgebäude damit eingerichtet
wurden. Bei letzteren Gebäuden, welche zu Kunst- und kunstgewerblichem Unterricht
dienen, war hauptsächlich bestimmend, daſs bei der Gasheizung jegliche
Staubentwicklung vermieden wird und daſs in den Zeichensälen bei Beginn der
Beleuchtung die Heizung eingestellt werden kann.