Titel: | Ueber die Herstellung des Synchronismus zwischen Präcisionsuhren. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 32 |
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Ueber die Herstellung des Synchronismus zwischen
Präcisionsuhren.
Mit Abbildung.
Herstellung des Synchronismus zwischen Präcisionsuhren.
Das Problem, zwischen den Schwingungen eines Pendels, Galvanometers oder ähnlichen
Systems und einer gegebenen periodischen Bewegung, wie die der Schläge einer
Uhrenhemmung oder eines Relais u.s.w., genauen Synchronismus herzustellen, ist der
Gegenstand einer ausführlichen Abhandlung, welche A. Cornu im Bulletin de la Société d'encouragement 1889 S. 592
veröffentlicht hat. Nachdem dieser Physiker die zu erfüllenden Bedingungen
theoretisch festgestellt, beschreibt er eine sehr einfache, auf Schwingungen jeder
Art anwendbare Anordnung, mit deren Hilfe ihm die praktische Lösung gelungen ist.
Seine Methode ist in der Textfigur schematisch veranschaulicht.
An der Stange des zu synchronisirenden Pendels wird unterhalb (ober auch oberhalb)
der Linse und in der Schwingungsebene ein concentrisch zum Aufhängungspunkte C gekrümmter Magnetstab A1
A2 transversal
befestigt. Zwei mit isolirtem Kupferdraht umwickelte feststehende Inductionsrollen
B1
B2, deren Achsen mit dem von der Magnetachse
beschriebenen Bogen zusammenfallen, umhüllen die beiden Enden des Magnetes. B1 empfängt den
synchronisirenden elektrischen Strom und wirkt auf den von ihr umhüllten Pol
anziehend, während B2, in deren Umwickelungsdraht ein geeigneter
Widerstand eingeschaltet ist, in Folge der inducirenden Wirkung der andern Poles die
zur Synchronisation erforderliche Dämpfung erzeugt. Wenn die Länge des Magnetstabes
und der Rollen bezüglich der Schwingungsweite der Pole groſs genug ist, so besitzen
die benützten Theile des magnetischen Feldes der Rollen eine unverkennbar
gleichmäſsige Stärke. Man verfügt also streng praktisch über drei zur Herstellung
der Gleichzeitigkeit taugliche Kräfte: nämlich über eine dem Pendelausschlag
proportionale Hauptkraft, eine der Geschwindigkeit proportionale dämpfende Kraft und
eine Hilfskraft von periodischer Stärke als Verbindungsmittel.
Textabbildung Bd. 276, S. 32
Die Uhr, welche den synchronisirenden Strom in gemessenen Intervallen entsendet muſs
man sich bei J in den Stromkreis der Batterie P eingeschaltet denken. Dieser Strom kann auf mehrerlei
Art regulirt werden: entweder durch die Anzahl und Gröſse der Elemente, oder durch seine
Emissionsdauer, oder auch durch die Zweigleitung R1, welche die
Drahtleitung der Rolle B1 verbindet. Die Batterie braucht nicht sehr stark zu sein, da die
elektromagnetische Wirkung der Inductionsrolle eine sehr kräftige ist und an dem
Ende eines langen Hebelarms in tangentialer Richtung sich äuſsert. Auch zeigt es
sich gleich bei den ersten Versuchen, daſs ein äuſserst schwacher Strom (einige
tausendstel Ampère) hinreicht, um ein mehrere Kilogramm schweres Pendel von der Ruhe
aus in Schwingungen zu setzen; und hierin besteht einer der werthvollsten Vortheile
dieser Anordnung, den sie folgenden zwei besonderen Umständen verdankt.
Die elektromagnetische Wirkung einer Inductionsrolle ist proportional dem Producte
aus der Stromstärke und der Masse des unter ihrem Einflüsse stehenden Magnetpoles.
Man verfügt also mittels der Wahl des Magnetes über einen Factor, welcher die
elektromagnetische Kraft mit einer ansehnlichen Zahl zu multipliciren gestattet;
aber auch noch über einen andern Factor, die Emissionsdauer des Stroms. Diese
braucht keine momentane zu sein; bei beträchtlicher Dämpfung kann sie sich mit
Vortheil auf eine halbe Periode erstrecken. Dank diesen beiden Multiplicatoren würde
man die Stromstärke so zu sagen ins Ungemessene vermindern können, wenn man nicht
durch gewisse secundäre Erscheinungen und durch die Nothwendigkeit eingeschränkt
wäre, der Stromstärke einen für die Function der Elektromagnete hinreichenden Werth
zu lassen.
Die Anwendung schwacher Ströme ist in mancherlei Hinsicht vortheilhaft. Einer der
wichtigsten Vortheile ist die Vermeidung der Unterbrechungsfunken der in B1 auftretenden
Extraströme, da sie mit der Zeit die Platincontacte des „Vertheilers“
verderben würden. Die Einschaltung eines Fizeau'schen
Condensators beugt diesem Uebelstande auf das wirksamste vor. Die Zweigleitung R1 ist gleichfalls ein
Milderungsmittel dieser Extraströme. Sie bietet auſserdem ein bequemes Mittel, die
elektromagnetische Wirkung unabhängig von derjenigen der Batterie und des
Vertheilers zu reguliren, ein sehr groſser Vortheil, wenn die stromsendende Uhr von
dem zu synchronisirenden Apparate weit entfernt ist. Man darf nicht vergessen, daſs
diese Zweigleitung den Stromkreis der Rolle B1 dauernd schlieſst und letztere gemeinschaftlich
mit B2 als
Dämpfungsmittel wirken läſst.
Der Werth der Dämpfung steht mit dem des elektrischen Stroms in einer
Wechselbeziehung: je schwächer die Dämpfung, um so weniger energisch braucht die
synchronisirende Kraft zu sein. Man könnte nun hieraus den Schluſs ziehen, daſs es
sich empfehle, Dämpfung und elektrischen Strom möglichst schwach anzuwenden, um an
Elementen zu sparen und die Contactstellen des Vertheilers zu schonen. Allein auf
der andern Seite ist zu erwägen: je stärker die Dämpfung, um so rascher,
vollkommener und von den unvermeidlichen Stromschwankungen unabhängiger ist die
Synchronisation. Das Criterium einer vollkommenen Gleichzeitigkeit ist, wie Cornu auf analytischem Wege nachweist, die
Beständigkeit der Amplitude des synchronisirten Pendels.
Das in Rede stehende System hat bereits unter sehr verschiedenen Umständen praktische
Anwendung gefunden und sich jederzeit vollständig bewährt. Cornu bedient sich desselben seit mehreren Jahren an der Ecole Polytechnique, um verschiedene Apparate,
insbesondere zwei Secundenuhren, zu synchronisiren. Denselben Erfolg hat er auf der
Sternwarte mit zwei Längenuhren erzielt. In Borrel's
Ateliers erhält ein und derselbe Strom seit zwei Jahren drei Pendel, im Gewichte von
bezieh. 250g, 1k
und 40k, ununterbrochen in synchronischem Gange.
Endlich wurden mit 4km von einander entfernten
Uhren Versuche für militärische Zwecke angestellt, welche ungeachtet der
unvollkommenen Leitung ein möglichst befriedigendes Resultat lieferten. Das Problem,
die Zeitbestimmung bis auf ungefähr 1/100 Secunden genau von einem Orte nach einem andern
zu übertragen, kann somit als vollständig gelöst betrachtet werden.