Titel: | Viscosimeter zur Prüfung von Oelen bei constanter Temperatur; von C. Engler und Alb. Künkler. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 42 |
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Viscosimeter zur Prüfung von Oelen bei constanter
Temperatur; von C. Engler
und Alb.
Künkler.
Mit Abbildungen.
Viscosimeter zur Prüfung von Oelen bei constanter
Temperatur.
Die Bestimmung der Zähflüssigkeit der Oele mittels des Engler'schen Viscosimeters bei höherer Temperatur hat den Nachtheil, daſs
die Temperatur des Oeles während des Auslaufens nicht constant bleibt und die Spitze
der Auslaufröhre sich zu sehr abkühlt. Wir haben daher schon vor Jahresfrist
Versuche darüber angestellt, durch Einstellen in ein Luftbad diesem Uebelstande
abzuhelfen. Hierbei zeigte sich die Schwierigkeit, ein Luftbad zu construiren, in
welchem, ohne daſs dasselbe allzu groſse Dimensionen hat, an allen Stellen dieselbe
Temperatur herrscht und welches die Manipulation und Beobachtung nicht allzusehr
erschwert. Nach eingehenden Versuchen mit Digestoren der verschiedensten Form kamen
wir schlieſslich zu der Form und Anordnung des in Fig.
1, 2 und 3
abgebildeten Apparates, von dem Fig. 1 den
senkrechten seitlichen Schnitt durch die Mitte zeigt und Fig. 2 den wagerechten Schnitt durch seinen oberen Theil, in welchem sich
das Viscosimeter befindet.
Fig. 1., Bd. 276, S. 42
Fig. 2., Bd. 276, S. 42
Fig. 3., Bd. 276, S. 42
Der Apparat, aus starkem Messingblech doppelwandig gearbeitet, ist achtseitig, 35cm hoch und 20cm
breit. Er steht mit seinen vier Füſsen a auf dem Ringe
eines Dreifuſses derart, daſs die schrägen Seiten der Füſse auf der inneren Kante
des Ringes aufsitzen, wodurch beim Verschieben des Kastens auf den Füſsen, die in
ihrer Richtung mit den Niveaumarken des eingesetzten Viscosimeters correspondiren, ein
leichtes Einstellen der Flüssigkeit ins Niveau ermöglicht ist. Auf dem Boden ist, um
die durch einen Bunsen-Brenner zugeführte Wärme
möglichst nach innen zu leiten, der kupferne Heizboden b mit einer starken Wölbung in der Mitte für die Bunsen-Flamme aufgeschraubt und durch dazwischen gelegte Asbestplatte
möglichst isolirt. Ueber der Wölbung des Bodens steht das Fuſsgestell c und auf diesem zwischen seitlichen Stützen d das Meſsgefäſs e,
welches durch die doppelte Asbestscheibe f vor direkter
Wärmestrahlung des Heizbodens geschützt ist. Ueber dem Meſsgefäſse liegt auf einem
schmalen Kranze der den Apparat in zwei Theile trennende Zwischenboden g mit der Oeffnung h für
den ausflieſsenden Flüssigkeitsstrahl und den vier ovalen Steigröhren i, welche bis an den oberen Rand des mit vier Füſsen
auf dem Zwischenboden g stehenden Viscosimeters k reichen. Durch die Oeffnung h und die Steigröhren i circulirt die Luft
zwischen dem unteren, gleichsam als Reservoir für heiſse Luft dienenden Theile des
Apparates und dem oberen Theile derart, daſs in dem letzteren um das Viscosimeter
herum überall gleiche Temperatur herrscht. Zwei lange, am unteren Theile einander
gegenüber liegende Fenster mit doppelten Scheiben l
lassen das Ausflieſsen der Flüssigkeit und die Füllung des Meſsgefäſses beobachten,
während zwei kleinere ebenfalls einander gegenüber, jedoch an anderen Seiten des
Apparates liegende Fenster m am oberen Theile einen
Einblick in das Viscosimeter zur Beobachtung der Niveaumarken gestatten. In der
Mitte des Deckels, in welchen zur Erhellung des oberen Theiles des Apparates
ebenfalls Scheiben eingesetzt sind, befindet sich ein Rührwerk, das heraufgezogen
und heruntergelassen werden kann. Dasselbe besteht aus der Röhre n, dem an ihrem oberen Ende befestigten Knopfe o zum Umdrehen und den an dem unteren Theile
befestigten drei Rührarmen p. Der untere Theil mit den
Rührarmen ist durch Nase und Schlitz mit dem oberen verbunden, so daſs beide Theile
zur Reinigung aus einander genommen werden können. Heruntergelassen liegt das
Rührwerk mit dem Knopfe o auf einer an dem Deckel
befestigten Scheibe q auf, aus welcher ein Drittel
ausgeschnitten ist. In diesen Ausschnitt hängt eine an dem Knopfe befestigte Nase
E herab, die beim Drehen des Knopfes an die Seiten
des Ausschnittes anschlägt, so daſs der Knopf bezieh. das Rührwerk nur etwa ⅓
Drehung machen und das zur Seite durch den Deckel gehende bis nahe auf den Boden des
Viscosimeters in das Oel tauchende Thermometer s mit
den Rührarmen nicht treffen kann (siehe Fig. 2). Eine
zweite an der Röhre n sitzende und beim Heraufziehen
und Herunterlassen des Rührwerks durch einen Schlitz des Deckels gehende Nase
verhindert, auf die an dem Deckel befestigte Scheibe q
aufgelegt, das Herabfallen des in die Höhe gezogenen Rührwerks. Durch das Rührwerk
hindurch geht der ebenfalls mit einem Holzknopfe versehene, die Ausfluſsöffnung des
Viscosimeters
verschlieſsende Stift t, so daſs sich das Rührwerk um
diesen Stift dreht. Ein zweites die Temperatur der Luft im oberen Theile des
Apparates anzeigendes Thermometer u geht ebenfalls
durch den Deckel und hängt mit seinem Quecksilbergefäſse zur Seite des
Viscosimeters. Ferner ist in den Deckel der doppelwandige Trichter v eingesetzt, der mit seinem unteren Ende bis in den
breiten Ausguſs w des Viscosimeters reicht. Trichter
und Rührwerk können zwecks Reinigung herausgenommen werden. Die Reinigung der
Fenster ist dadurch ermöglicht, daſs deren äuſsere Scheiben ausziehbar sind. Die an
dem Deckel angebrachten Handhaben dienen diesem zugleich als Füſse. Mittels eines an
der Seite des Apparates angebrachten Lothes stellt man diesen senkrecht bezieh. die
Flüssigkeit ins Niveau. Zum Erwärmen des in das Viscosimeter einzugieſsenden Oeles
dient die doppelwandige Kammer x (Fig. 3) mit in den Boden eingelegter Asbestscheibe und
Rührwerk ähnlich dem des Apparates, jedoch mit schräg gestellten Schaufeln, um das
von unten erwärmte Oel leicht nach oben zu bringen. Die Drehung erfolgt in der
Richtung eines auf den Knopf markirten Pfeiles. Durch das Rührwerk hindurch reicht
bis in die Flüssigkeit das sich mitdrehende Thermometer.
Angestellte Versuche ergaben, daſs bei Temperaturen bis zu 100° C. die
Wärmevertheilung im oberen Theile des Apparates um das Viscosimeter herum überall
die gleiche und nur die Temperatur der auf dem Boden des Viscosimeters befindlichen
stagnirenden Luftschicht um einige Grad niederer ist; letztere wird aber durch das
eingegossene Oel verdrängt. Bei Temperaturen über 100° C. ist die über dem
Viscosimeter bezieh. dem Oel stehende Luftschicht ebenfalls um einige Grad kälter.
Es erreicht diese Differenz, allmählich wachsend, bei 150° ein Maximum von 4°, ist
jedoch bei der geringen specifischen Wärme der Luft auf die Temperatur des Oeles,
mithin auf das Ergebniſs der Versuche überhaupt ohne Einfluſs.
Zur Controle wurde die Viscosität eines zähflüssigen Cylinderöles bestimmt, welches
in zwei Versuchen eine direkte Auslaufgeschwindigkeit von jedesmal 2 Minuten 28
Secunden bei 100° C. und bei 150° C. in ebenfalls zwei Versuchen eine solche von 1
Minute 22 Secunden zeigte. Die durch die höhere Temperatur im unteren Theile des
Apparates bewirkte Temperaturzunahme des Oeles im Meſsgefäſse (e) während dieser Versuche betrug etwa 12°, so daſs
also aus dem Viscosimeter, je nach dem gröſseren oder kleineren
Ausdehnungscoefficient des Oeles, bis zur Marke 200cc des Meſsgefäſses ungefähr 2cc Oel
weniger ausflieſsen, als wenn das Oel im Meſsgefäſse die gleiche Temperatur beibehielte wie oben im Viscosimeter. Da es sich
indessen lediglich um Gewinnung von Vergleichszahlen bei ein und derselben
Temperatur handelt, ist diesem Umstände weiter keine Bedeutung beizumessen.
Gebrauchsanweisung.
Man setzt das Fuſsgestell mit den Asbestscheiben auf den Boden des Apparates, auf
dieses das Meſsgefäſs, legt dann den Zwischenboden mit dem darauf stehenden
Viscosimeter ein und setzt den Deckel fest auf, wobei zu beachten ist, daſs
Zwischenboden, Viscosimeter und Deckel mit ihren Strichmarken nach der an ihrer
oberen Kante ebenfalls markirten Seite des Apparates gelegt werden. Das die
Temperatur der Luft anzeigende Thermometer läſst man so weit in den Apparat
hinabreichen, daſs sein Quecksilbergefäſs zur Seite des Viscosimeters steht, während
das in die Flüssigkeit tauchende Thermometer bis nahe auf den Boden des
Viscosimeters reichen soll. Den Trichter mit aufgesetztem Deckel setzt man ebenfalls
ein, das Rührwerk läſst man herunter, so daſs der Knopf auf der Scheibe nahe dem
Deckel aufliegt, und schlieſst dann mit dem durch das Rührwerk geführten
Verschluſsstift die Ausfluſsöffnung des Viscosimeters. Mittels des auf der Seite
angebrachten Lothes wird der Apparat hierauf senkrecht mit den schrägen Seiten
seiner Füſse auf die innere Kante des Kranzes eines genügend hohen Dreifuſses
gestellt und mit einer mitten unter die Wölbung des Heizbodens gestellten Flamme
geheizt. Man erwärmt zunächst mit stärkerer Flamme bis auf etwa ⅘ der gewünschten
Temperaturgrade, dann mit immer schwächerer Flamme, bis die betreffende Temperatur
allmählich erreicht ist und constant bleibt. Maſsgebend ist lediglich das äuſsere
zur Seite des Viscosimeters herabhängende Thermometer, nicht das für die Flüssigkeit
bestimmte. Inzwischen hat man das fast bis zu den Niveaumarken in die Kanne
eingefüllte Oel unter Drehen des Knopfes in der Richtung des darauf markirten
Pfeiles mit mäſsiger Flamme bis auf die gewünschte Temperatur erwärmt und dann so
viel Oel zu- oder abgegossen, daſs dasselbe gerade bis an die Niveaumarken reicht.
Ist dann die Temperatur im Kasten constant geworden, so erwärmt man wiederum das
durch die Manipulation mit der Kanne kälter gewordene Oel auf die betreffende
Temperatur, gieſst es rasch durch den Trichter ein, läſst gut auslaufen und
verschlieſst den Trichter wieder. Nun überzeugt man sich, ob das Oel im Niveau und
bis zu den Marken steht, dreht das Rührwerk um, wobei man, wie auch beim nachherigen
Aufziehen des Rührwerks, der Vorsicht halber den Verschluſsstift festhält, und
sieht, ob die Temperatur des Oeles die richtige ist. Alsdann zieht man das Rührwerk
in die Höhe, läſst die Nase auf der Scheibe, auf welcher der Knopf lag, aufsitzen,
so daſs das Rührwerk nicht herunterfallen kann, zieht den Verschluſsstift heraus,
verschlieſst den Knopf des Rührwerks durch einen beigegebenen Stift oder Kork und
beobachtet, in welcher Zeit, vom Herausziehen des Stifts an gerechnet, das
Meſsgefäſs bis zur Marke 200cc gefüllt wird. Das
Oel gieſst man zweckmäſsig mit einer um ¼ bis ½° höheren Temperatur in das
Viscosimeter. Die Kanne darf, damit sie nicht überhitzt wird, nur langsam erwärmt
werden, so daſs das Oel nur allmählich die gewünschte Temperatur erreicht; ebenso
wenig darf die Kanne durch Wegnahme der Flamme zu stark abgekühlt werden. In beiden
Fällen ändert sich sonst leicht die Temperatur des Oeles während des Eingieſsens.
Das Rührwerk der Kanne ist vor dem Eingieſsen bezieh. Ablesen der Temperatur
fleiſsig umzudrehen. Hat das bereits eingegossene Oel eine zu hohe oder zu niedere
Temperatur, so kann dieselbe durch Steigen- oder Sinkenlassen der Lufttemperatur im
Apparate regulirt werden.
Nachdem dieser Apparat bereits fertig gestellt war, erschien in den Mittheilungen aus den Königl. technischen Versuchsanstalten
zu Berlin, 1889 Ergänzungsheft V S. 6, die Beschreibung eines dem gleichen
Zwecke dienenden Apparates von A. Martens, die wir
nebst beistehender Skizze hier wiedergeben.
Textabbildung Bd. 276, S. 46
„Das Gefäſs A ist auf einem Dreifuſse in das Luftbad
gesetzt, welches durch den doppelwandigen Kasten B
mit einer festen hinteren D und einer vorderen
beweglichen Glaswand gebildet ist. Das Luftbad kann durch den Kranzbrenner E mittels der Seitenkammern F geheizt werden. Die Wärme im Luftbade zeigt das Thermometer J, diejenige im Oel das Thermometer H an. Mit Rührer K aus
Platindraht kann das Oel zur gleichmäſsigen Wärmevertheilung in Bewegung
gebracht werden. Gefäſs A und Kolben C haben die vorschriftsmäſsigen Abmessungen und
Einrichtungen; nur ist der Stöpsel G ebenfalls
durch die Decke des Luftbades geführt worden, um von auſsen abgezogen werden zu
können. Die Wärme läſst sich durch die Flammen E
und zeitweiliges Oeffnen der Glaswand leicht regeln. Man hat gegenüber dem
Apparate mit Oelbad den Vorzug, daſs das ausgeflossene Oel sich nicht abkühlt
und daſs der Apparat leicht gereinigt werden kann.“
Es hat somit unser Apparat mit dem Apparate von Martens
gemeinsam das Prinzip des Luftbades, unterscheidet sich aber wesentlich von
demselben einerseits durch die Anordnung zur Heizung des Luftbades, andererseits
dadurch, daſs bei unserem Apparate das Oel in einem besonderen Gefäſse erwärmt und
abgemessen und bei der gewünschten Temperatur in das Viscosimeter eingefüllt wird,
ohne daſs sich dadurch die Temperatur des Luftbades oder des Oeles selbst ändert.
Gerade der letzterwähnte Unterschied scheint uns aber ein wesentlicher Vortheil
gegenüber dem Martens'schen Apparate zu sein; denn bei
diesem erfordert ein Erwärmen des Oeles im Luftbade,
auch wenn das Oel vorgewärmt ist, zweifellos sehr lange Zeit. Nimmt man aber das Erwärmen des zu
prüfenden Oeles auf die gewünschte Temperatur auſserhalb des Luftbades vor, so wird eine Aenderung der Temperatur sowohl
des Luftbades, in Folge des nicht zu umgehenden Hebens der vorderen Glaswand, wie
auch des Oeles selbst während des Einbringens in den Apparat unvermeidlich sein.
Wir haben bei unserem Apparate absichtlich von der Anordnung eines ungetheilten
Luftbades nach Art des Apparates von Martens Abstand
genommen, weil zahlreiche Versuche uns lehrten, daſs in einem solchen Luftbade, wenn
man nicht zu allzu groſsen Dimensionen greifen will, eine gleichmäſsige Temperatur
rings um das Viscosimeter nicht zu erreichen ist Wir befürchten daher, daſs in dem
Martens'schen Apparate, obwohl derselbe erheblich
gröſser ist als der unsere, die Temperatur, namentlich wenn mittels der Glaswand
regulirt wird, dennoch eine nicht gleichmäſsige ist.
Karlsruhe,
Chemisches Laboratorium der technischen Hochschule, März 1890.