Titel: | Beiträge zur Kenntniss der leichtest flüchtigen Antheile des Steinkohlentheers; von Dr. Joachim Biehringer, |
Autor: | Joachim Biehringer |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 78 |
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Beiträge zur Kenntniſs der leichtest flüchtigen
Antheile des Steinkohlentheers; von Dr. Joachim Biehringer,
Assistenten am chemischen Institute der
Universität Erlangen.
Leichtflüchtige Antheile des Steinkohlentheers.
Die Untersuchung der leichtest flüchtigen Antheile des Steinkohlentheers hat sich bis
jetzt einzig und allein auf den Vorlauf beschränkt, welcher bei der endgültigen
Fractionirung der gereinigten Benzolkohlenwasserstoffe erhalten wird, mithin auf ein
Erzeugniſs, das bereits der Einwirkung von Säure und Alkali ausgesetzt gewesen war.
Wir können aus dem Grunde selbstredend nicht erwarten, in den einzelnen Fractionen
des gereinigten Productes alle die Körper wiederzufinden, welche die gleichen
Antheile des rohen, noch unberührten Theers enthielten; wir werden auf neue Körper
stoſsen, die aus jenen durch den Einfluſs der beiden Agentien entstanden sind und
ursprünglich vorhanden gewesene Substanzen vermissen. Andererseits wird aber nicht
nur die Art, sondern auch die Concentration und die Dauer der Einwirkung von Säure
und Alkali eine mehr oder minder weitgehende Veränderung in der schlief suchen
Zusammensetzung des Destillats erzeugen. Diesem Umstände ist es wohl neben der
primär vorhandenen Verschiedenheit der einzelnen Theersorten hauptsächlich
zuzuschreiben, daſs wir in den wenigen Arbeiten, die sich mit diesem Theile des
flüssigen Steinkohlendestillats beschäftigen, Angaben über Vorhandensein und
Nichtvorhandensein einzelner Körper und ganzer Körpergruppen finden, welche einander
schnurstracks widersprechen.
Neben diesen mehr nur ein theoretisches Interesse besitzenden Fragen hat auch die
Verwendbarkeit dieses bislang noch ziemlich werthlosen Productes der
Theerdestillation ihre gewisse Bedeutung. Es ist dies jedoch eine Aufgabe, welcher
wir erst dann näher zu treten vermögen, wenn man die wichtigeren Bestandtheile
desselben genauer kennt und vor Allem durch einfache quantitative Methoden bestimmen
kann. In dieser Richtung bewegt sich denn auch der Haupttheil der Untersuchung, über
welche ich auf den nachfolgenden Seiten zu berichten gedenke.
Dieselbe ist anfangs an einem zwischen 30 und 80° siedenden Antheile eines
90procentigen englischen Benzols ausgeführt worden, welcher aus der chemischen
Fabrik Grieſsheim stammte und Herrn Prof. Dr. Otto
Fischer von Herrn Dr. Häuſsermann zur
Verfügung gestellt worden war. Die Menge dieses Vorlaufs beträgt nach gütiger
Mittheilung des letztgenannten Herrn etwa 1½ Proc. des Benzols. Als dann weiterhin
im Verlaufe der Arbeit verschiedene Anzeichen darauf hindeuteten, daſs sich
besonders die zwischen 50 bis 60° und die zwischen 60 und 70° siedenden Fractionen
in Folge besonderer hier nicht weiter zu erörternder Reactionen der Beachtung
empfehlen dürften, hatte Herr Dr. Häuſsermann die Güte,
dieselben aus gröſseren Massen des Vorlaufs abzuscheiden und mir in ausreichender Menge
zu überlassen. Ich erlaube mir, ihm für seine Freundlichkeit auch meinerseits an
dieser Stelle meinen besten Dank auszudrücken.
Die Fraction 50 bis 60° war mir unter der Marke L1, die Fraction 60 bis 70° unter der
Marke L2 zugesandt worden. Ich habe beide Bezeichnungen auch in meiner Arbeit
beibehalten, um dieselben von den gleichen Fractionen, die ich selbst durch
Destillation aus ihnen und aus dem ganzen rohen Vorlauf abgeordnet habe, in
einfacher Weise zu unterscheiden.
Der rohe Vorlauf, wie die beiden genannten Fractionen L1 und L2 sind wasserhelle, bei
längerem Stehen sich gelblich färbende, leicht bewegliche und das Licht stark
brechende Flüssigkeiten, deren sehr unangenehmer und durchdringender Geruch bei
längerem Einathmen Kopfweh und leichten Schwindel verursacht und damit eine
Verwendung dieses Products ähnlich derjenigen des Petroläthers fast ausschliefst.
Wir werden später nochmals darauf zurückzukommen haben. Der Geschmack ist ätzend.
Auf empfindlichen Stellen der Haut rufen sie ein schwaches Jucken hervor. Blaues
Lackmus wird etwas geröthet. Angezündet brennen sie mit leuchtender, sehr stark
qualmender Flamme und häſslichem Gerüche. Bei langem Stehen scheiden sie ein
dunkelbraun gefärbtes, dickliches Oel ab.
Selbstredend wurde zunächst eine Trennung des rohen Vorlaufs durch fractionirte
Destillation versucht, wobei als Dephlegmator der Le
Bel-Henninger'sche Aufsatz, sowie besonders eine in 6 Kugeln aufgeblasene
und mit Glasperlen gefüllte Glasröhre zur Verwendung kam. Es gelang jedoch auch
durch oftmaliges Umfractioniren nicht direkt aus dem Rohmateriale irgend welche
Körper zu fassen, ein Ergebniſs, zu dem ja auch frühere Untersucher derartiger
natürlich vorkommender oder künstlich erzeugter Stoffgemische gekommen sind. Welch
geringe Aussicht sich bietet, auf diesem Wege zu einem Ziele zu gelangen, beweist
schon der Umstand, daſs die gleichen Gewichtsmengen des Vorlaufs bei ihrer
Fractionirung niemals auch bloſs annähernd gleiche Gewichtsmengen der einzelnen
Fractionen liefern, sondern daſs innerhalb der letzteren Schwankungen beobachtet
wurden, die sich bis auf 10 Proc. der angewandten Menge erstreckten.
Wie der rohe Vorlauf, so wurden auch die beiden in der Fabrik dargestellten
Fractionen L1 und L2 einer erneuten, mehrmaligen Fractionirung unterworfen, nachdem
Vorversuche gezeigt hatten, daſs der Siedepunkt derselben sich durchaus nicht in den
oben angegebenen Grenzen bewegt. So ging z.B. von der Fraction L1 wohl die
Hauptmenge, d.h. etwa ⅔ zwischen den Graden 50 und 60 über; allein die Flüssigkeit
begann bereits bei 40° zu sieden und lieſs auch einen sehr beträchtlichen Rückstand,
welcher über 60° siedete. Durch öfteres Fractioniren der einzelnen von 5 zu 5°
aufgefangenen Antheile vermehrte sich hierbei das vor 50° siedende Product stetig auf Kosten der
anderen, zumal des Antheils 50 bis 55°, indem es allmählich gelang, den
Schwefelkohlenstoff mehr auf ersteres zu concentriren. Ein Ziel war jedoch damit
nicht zu erreichen. Es scheint fast, als ob es nicht allein die Besonderheit der
fractionirten Destillation sei, welche diese Unregelmäſsigkeiten bewirke, sondern
als ob noch während der Destillation Umsetzungen und Umwandelungen in dem Gemische
eintreten, die den Siedepunkt desselben in erheblichem Maſse beeinflussen.
Schon bei ruhigem Stehen scheidet sich der rohe Vorlauf, beim Fractioniren desselben
hauptsächlich die niedriger siedenden Antheile in einen unteren, das Licht sehr
stark brechenden und vornehmlich aus Schwefelkohlenstoff bestehenden Theil und in
eine obere, weit schwächere Schicht. Beide sind scharf von einander geschieden und
lassen sich selbst durch gelindes Schütteln nicht mehr vollständig mit einander
mischen. Eine getrennte Untersuchung derselben, wie sie Vincent und Delachanal, welche die gleiche Beobachtung machten, ausgeführt
habenCompt. rend., Bd. 86 S. 340. Chemisches Centralblatt, 1878 3. Folge 9.
Jahrg. S. 235., bietet keinen Vortheil, da sowohl die obere, wie
die untere Schicht die sämmtlichen, später zu beschreibenden Reactionen, wenn auch
vielleicht zum Theil mit verschiedener Schärfe gibt. Jedenfalls habe ich keine
Reaction gefunden, die einer von beiden eigenthümlich gewesen wäre.
Nachdem das Mittel der Trennung durch Fractioniren versagt hatte, blieben für die
Untersuchung des mir vorliegenden Körpergemisches nur zwei Wege übrig. Man muſste
einmal die bisher bekannten Bestandtheile auf irgend welche Weise entfernen und in
der von ihnen befreiten Flüssigkeit nach neuen Körpern fahnden, eine unendlich
schwierige und zeitraubende Arbeit, die um so verwickelter wird, als ja die zur
Entfernung benutzten Reagentien auch auf die noch unbekannten Stoffe mehr oder
minder verändernd einwirken werden. Zweitens bot sich in der Anwendung der bisher
bekannten Gruppenreagentien Gelegenheit, den Vorlauf auf An- und Abwesenheit
gewisser Körperklassen zu prüfen. Doch ist auch dies Verfahren wegen der
Nebenreactionen, die andere bekannte und unbekannte Körper des Vorlaufs bewirken,
nur mit Vorsicht zu gebrauchen, ganz abgesehen davon, daſs die Zahl der
Gruppenreagentien in der organischen Chemie heutzutage noch eine recht beschränkte
ist.
Bei den Versuchen, die ich in diesen beiden Richtungen anstellte, gelangte ich nun
dazu, neben anderem auch die oben erwähnten quantitativen Bestimmungen einer Anzahl
bekannter Bestandtheile des Theervorlaufs, wie der beiden Fractionen L1 und L2
auszuführen. Können auch die hierbei erhaltenen Zahlen keine allgemeine Gültigkeit
beanspruchen, so geben sie doch einen Fingerzeig, in welcher Weise sich die
Verwerthung des Products bethätigen lieſse, und auf welche Reactionen bei einer diesbezüglichen
Prüfung desselben besondere Rücksieht zu nehmen wäre.
I. Der Schwefelkohlenstoff.
Der Schwefelkohlenstoff wurde von Vincent und DelachanalA. a. O. in den leichtest
siedenden Antheilen des Rohbenzols gefunden.
Zur Prüfung auf diesen Körper versetzt man den Vorlauf oder das unreine Benzol mit
etwas weingeistigem Ammoniak und läſst einige Zeit stehen. Ist die Menge des
Schwefelkohlenstoffs nur irgend bedeutend, so scheidet sich das entstehende
Rhodanammon in Krystallen ab. Man schüttelt sodann das Ganze mit Wasser aus und
weist im wässerigen Auszuge das Rhodanammon nach dem Ansäuern mittels Eisenchlorids
nach.
Auch die zur quantitativen Bestimmung des Schwefelkohlenstoffs angewandte Methode,
die Ueberführbarkeit desselben in ein Alkalisalz der Xanthogensäure läſst sich zu
obigem Zwecke gebrauchen.Luch in Zeitschrift für
analytische Chemie von Fresenius, 11.
Jahrg. S. 410. Man setzt der zu prüfenden Flüssigkeit eine
concentrirte Lösung von Aetzkali in absolutem Alkohol zu, schüttelt kräftig und
erwärmt gelinde, zieht dann mit Wasser aus, neutralisirt die wässerige Lösung mit
Essigsäure und setzt etwas Kupfervitriollösung zu, worauf gelbes xanthogensaures
Kupferoxydul ausfällt.
Der Schwefelkohlenstoff ist für die weitere Untersuchung des Benzolvorlaufs, zumal
der Kohlenwasserstoffe desselben ungemein hinderlich, da er mit einer Reihe dieser
die Eigenschaft theilt, durch concentrirte Säuren und Alkalien nicht verändert zu
werden, weshalb denn auch das Benzol des Handels meistens damit verunreinigt
ist.
Ich versuchte zuerst ihn, wie erwähnt, mit Hilfe der fractionirten Destillation auf
die zwischen 45 und 50° übergehenden Antheile des Theervorlaufs zu concentriren,
erreichte jedoch meinen Zweck auch nach mehrmaligem Umdestilliren nur in sehr
unvollkommenem Maſse. Denn in Folge der groſsen Dampfspannung, welche den
Schwefelkohlenstoff auszeichnet, und der Besonderheiten der fractionirten
Destillation gehen, wie auch HelbingAnnalen der
Chemie, Bd. 172 S. 284. angibt, die ersten
Antheile des Körpers schon ziemlich tief unter dem wahren Siedepunkte über, während
andererseits die zwischen 50 und 60°, ja selbst noch die zwischen 60 und 70°
siedenden Antheile ihn mit aller Schärfe nachzuweisen gestatten. Es möchte fast
scheinen, als ob sich derselbe in irgend welcher lockeren Verbindung mit anderen
Körpern des Vorlaufs befände, die bei der Destillation erst nach und nach zersetzt
würde.
Aus der groſsen Dampfspannung des Schwefelkohlenstoffs erklärt sich auch folgende
Beobachtung. Mehrmals erhielt ich bei rascherem Abdestilliren einzelner Fractionen des Vorlaufs, die
behufs Bestimmung des genannten Körpers in eine mit weingeistigem Kali beschickte
Volhard'sche Vorlage geleitet wurden, kleine Mengen
eines Gases, das über Wasser aufgefangen werden konnte, mit blauer Flamme brannte
und dabei schweflige Säure bildete. Dieses Gas war, wie die Untersuchung ergab,
nichts anderes als Schwefelkohlenstoffdampf, welcher durch das weingeistige Kali
hindurchgestrichen war, ohne absorbirt worden zu sein.
Quantitative Bestimmung des
Schwefelkohlenstoffs.
Die Frage der quantitativen Bestimmung des Schwefelkohlenstoffs hat im letzten
Jahrzehnt, als man nach Thénard's Vorschlag anfing
denselben als Vertilgungsmittel der Reblaus anzuwenden und in den Boden der
verseuchten Weingärten einzuführen, eine erhöhte Bedeutung erhalten. In Rücksicht
auf diese Verwendung sind denn auch die Mehrzahl der weiter unten zu besprechenden
Vorschriften gegeben worden.
1) Durch
Triäthylphosphin.
Eine Bestimmungsweise desselben, die A. W. Hofmann
gelegentlich der Untersuchung eines Senföls des Handels veröffentlicht hat,
gründet sich auf die leichte Verbindbarkeit des Schwefelkohlenstoffs mit
Triäthylphosphin zu einem schön krystallisirenden rothen Additionsproducte.Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft, 13. Jahrg. S. 1735; vgl. Annalen 1. Suppl. S. 26 ff. Ich
habe die Methode nur an reinem Schwefelkohlenstoffe vom Siedepunkte 46,8°
versucht und dabei folgendes Verfahren eingeschlagen. Eine abgemessene Menge
desselben wurde in absolutem Aether gelöst und eine ätherische Lösung von
Triäthylphosphin im Ueberschuſs zugefügt. Das Gemisch färbt sich nach kurzer
Zeit roth und beginnt bald kleine Krystallnadeln abzuscheiden. Ich lieſs das
Ganze stehen, bis völlige Entfärbung eingetreten war, filtrirte auf ein
gewogenes Filter, wobei ich so lange als möglich die Mutterlauge zum Nachspülen
verwandte und erst ganz zuletzt reinen Aether folgen lieſs, trocknete dann im
Vacuum und wog. Das hierbei erhaltene Ergebniſs fiel jedoch aus mir nicht
bekannten Gründen um ein gutes Theil zu gering aus.
2) Als xanthogensaures
Salz.
Die übrigen Vorschriften zur Bestimmung des Schwefelkohlenstoffe beruhen
insgesammt auf der Thatsache, daſs sich derselbe durch Zusammenbringen mit
weingeistigem Kali glatt in das Kalisalz der Xanthogensäure überführen läſst.
Man bethätigt dies in der Weise, daſs man eine abgemessene Menge des
Schwefelkohlenstoffs oder der ihn enthaltenden Flüssigkeit tropfenweise in eine
concentrirte Lösung von Aetzkali in starkem Weingeist, oder besser in absolutem
Alkohol unter Umrühren einträgt. Bei nur einigermaſsen erheblichen Mengen wird sich das Salz
sofort als dichter Krystallfilz abscheiden, der jedoch gewöhnlich noch
unveränderten Schwefelkohlenstoff einschlieſst und so vor der Einwirkung des
alkoholischen Kalis schützt. Setzt man dann Wasser hinzu, um das Salz zu lösen,
so sammelt sich derselbe in kleinen Tröpfchen am Boden. Es ist darum gerathen,
die Krystallmasse zu zerkleinern und ganz gelinde zu erwärmen.
Die Bestimmung des so erhaltenen Xanthogenats geschieht durch Maſsanalyse in
zweierlei Weise, entweder mittels Kupferlösung oder mit Hilfe einer Jodlösung
von bekanntem Gehalte.
α) Mittels
Kupferlösung.
Für diese Form sind Methoden von Grete und von
Macagno angegeben worden, die sich nur in
der Wahl der Maſsflüssigkeit unterscheiden.
Da die Kupferlösung als Kupferoxydsalz zur Anwendung kommt, der Niederschlag
aber ein Kupferoxydulsalz ist, so sind für jedes Molekül Kupfersalz zwei
Moleküle Xanthogenat nothwendig, von denen eines der Reduction der
Kupferlösung, das andere der Salzbildung dient. Versuche, das Kupfersalz
durch ein Bleisalz zu ersetzen, welches sich mit dem xanthogensauren Kali in
viel glatterer Weise umsetzen müſste, sintemal hierbei die Reduction
wegfällt, führten nicht zum Ziele. Auch die Xanthogenate der anderen
Schwermetalle, soweit sie in Betracht kommen können, erwiesen sich als
ungeeignet.
Wählt man für die Bestimmung des Xanthogenats 1/10-Normal-Kupfervitriollösung,
so wird jeder Cubikcentimeter derselben, der 0g,0063 Kupfer enthält, 0g,03202
Xanthogenat umsetzen, die wiederum 0g,0152
CS2 entsprechen. Stellt man auf
Aequivalente ein, wie dies Macagno that, so ist
die Lösung selbstredend nur halb so stark zu nehmen, so daſs 1cc nur 0g,0076 CS2 anzeigt,
Grete führt die Titrirung in neutraler Lösung
aus, da er bei stärkerem Säurezusatze eine schädliche Einwirkung auf die
frei werdende Xanthogensäure fürchtet. Die hierzu nöthige Maſsflüssigkeit
stellt er in der Art her, daſs er die berechnete Menge Kupfervitriol bei
Gegenwart von Seignettesalz in Wasser löst und so viel kohlensaures Natron
zufügt, als gerade nothwendig ist, eine tiefblaue Flüssigkeit zu erzeugen.
Aetzendes Alkali statt des Carbonats zu verwenden, ist gleichfalls
unstatthaft.Annalen, Bd. 190 S. 211.
Mit dieser Lösung titrirt Grete das Xanthogenat,
nachdem er den Ueberschuſs des diesem beigemischten, unverbraucht
gebliebenen Alkalis durch Weinstein neutralisirt hat. Der entstehende
Niederschlag setzt sich bei gehörigem Rühren und Schlagen in groſsen Flocken
ab, wodurch die Flüssigkeit genügend hell werden soll, um beobachten zu können, ob ein
erneuter Zusatz von Kupferlösung noch eine leichte Trübung hervorruft oder
nicht. Ich habe diese Versuche mehrere Male wiederholt und stets gefunden,
daſs dieser Punkt durchaus nicht mit der Schärfe eintritt, wie Grete dies angibt; ich konnte bereits keine
leichte Trübungdmehr wahrnehmen, wenn noch 1 bis 2cc an der theoretisch geforderten Menge
von Kupferlösung fehlten. Es gelang auch nicht die Methode zu einer
Tüpfelanalyse umzugestalten, da die überstehende Flüssigkeit mit Essigsäure
und gelbem Blutlaugensalz erst bei Zusatz eines gröſseren Ueberschusses der
Kupferlösung reagirte.
J. Macagno hingegen neutralisirt die Lösung des
xanthogensauren Alkalis mit Essigsäure und titrirt mit 1/10-Normal-Kupfersulfatlösung so lange, als noch eine Trübung bemerkbar
ist; dann stellt er durch Tüpfelversuche mit gelbem Blutlaugensalz den
Endpunkt der Reaction fest.Chemisches Centralblatt, 1881 3. Folge
12. Jahrg. S. 156. Zeitschrift für
analytische Chemie, 21. Jahrg. S. 133. Da der
Niederschlag die Deutlichkeit der Tüpfelprobe stark beeinfluſst, so kann man
sich hierbei des von Hehner und Carpenter
mitgetheilten Kunstgriffes bedienen, einen Tropfen der Flüssigkeit auf eine
doppelte Lage Flieſspapier zu bringen und die in das untere Papier
durchsickernde Lösung mit dem Blutlaugensalz zu betupfen.Jahresbericht über die Fortschritte der
Chemie für 1883 S. 1557.
Diese Bestimmungsweise ward zunächst an reinem Schwefelkohlenstoff vom
Siedepunkte 46,8° geprüft: 5cc desselben =
6g,2964 wurden in der oben
beschriebenen Weise mittels alkoholischen Kalis in das Xanthogenat
übergeführt. Die entstandene dicke Masse wurde in Wasser gelöst und auf ein
bestimmtes Volumen (100cc) verdünnt. 5cc dieser Lösung wurden schwach mit
Essigsäure angesäuert und dann titrirt.
Es wurden zwei durchaus getrennte Bestimmungen, selbst mit verschiedenen
Kupferlösungen ausgeführt und dabei für die 5cc verbraucht:
1) 20cc,5 = 410cc2) 20cc,7 = 414cc
fürs„
Ganze„
im Mittel 412cc.
Da nun 1cc der Kupferlösung 0g,0152 CS2
anzeigt, so ergab die Titrirung bei einem Verbrauche von 412cc eine Schwefelkohlenstoffmenge von 6g,2624, mithin einen Fehlbetrag von 0g,034 = 0,54 Proc.
Eine mit der gleichen Xanthogenatlösung vorgenommene Titrirung durch Grete's Maſsflüssigkeit ergab einen Verbrauch
von nur
19cc,8 = 396cc fürs Ganze.
Auf den Vorlauf angewandt ergab Macagno's
Methode folgende Verhältnisse: 5cc des
rohen Theervorlaufs, wie der beiden Fractionen L1 und L2 wurden mit einem
Ueberschusse alkoholischen Kalis zusammengebracht, wobei sich im rohen
Vorlaufe sofort, dann in den beiden Fractionen ein dichter Filz von
Krystallen abschied, der fast die ganze Flüssigkeit erfüllte. Derselbe
wurde, wie oben angegeben, behandelt und dann in Wasser gelöst, dem etwas
Weingeist zugesetzt war, um die entstehende milchige Trübung möglichst zu
mindern. Die so erhaltene Lösung wurde auf ein bestimmtes Maſs (100cc) verdünnt und eine Probe derselben
(5cc) in der oben beschriebenen Weise
titrirt.
5cc des rohen Theerlaufs = 4g,7864 verbrauchten in Xanthogenat
verwandelt: 180cc,5 Kupferlösung. Diese
entsprechen 2g,7436 = 57,3 Proc. CS2.Die Zahl ist wohl in Folge der Abscheidung des bereits
erwähnten braunen Oeles aus dem Vorlaufe etwas zu
hoch.
5cc der Fraction L1 = 3g,9926 verbrauchten als Xanthogenat: 52cc Kupferlösung. Diese entsprechen: 0g,7904 = 19,8 Proc. CS2.
5cc der Fraction L2 = 4g,2172 verbrauchten als Xanthogenat: 53cc,2 Kupferlösung. Diese entsprechen 0g,80864 = 19,17 Proc. CS2.
Der geringe Unterschied im CS2-Gehalt,
welcher zwischen den Fractionen L1 und L2 obwaltet, bestätigt die schon oben
mitgetheilte Thatsache, daſs es durch fractionirte Destillation nicht
gelingt, den Schwefelkohlenstoff auf einen bestimmten Antheil zu
concentriren, wie er auch für die Ansicht spricht, daſs sich derselbe nicht
im freien Zustande, sondern locker an andere Körper gebunden im Vorlaufe
finde.
Helbing berechnete aus dem Schwefelgehalte des
ihm vorliegenden Benzol Vorlaufs die Menge des Schwefelkohlenstoffs auf
16,28 Proc.;A. a. O. S.
284.
Thiophen ist dabei, falls es überhaupt in dem
Vorlaufe vorhanden war, als CS2 berechnet
worden. K. E. Schulze erwähnt in seiner Notiz denselbendasselbe überhaupt nicht.Berichte, 20. Jahrg. S.
411.
β) Mittels Jodlösung.
Die andere Methode zur Bestimmung des xanthogensauren Salzes gründet sich auf
die von DesainsAnnales de
chimie, 1847 3. série Bd. 20 S. 496.
entdeckte Thatsache, daſs dasselbe mit Jodlösung unter Bildung von
Xanthogendisulfid, dem Aethyldioxysulfocarbonat von Debus, reagirt. Sie ist von Delachanal und
Mermet angegebenVincent, Note sur les sulfocarbonates.
Annales de chimie, 1881 5. sér. Bd. 22 S. 547.,
später auch von GastineComptes
rendus, 1884 Bd. 98 S. 1588. angewandt
worden.
Zu dem Ende neutralisirt man die Xanthogenatlösung zunächst genau mit
Essigsäure, was Gastine dadurch bewirkt, daſs
er schwach ansäuert und sodann saures kohlensaures Natron im Ueberschusse
zufügt. Ich habe hierin keinen Vortheil vor der direkten Neutralisation
finden können.
Eine vollständig neutrale Lösung ist unbedingt herzustellen, da die
Essigsäure sofort, wenn sie in freiem Zustande vorhanden ist, aus dem Salze
Xanthogensäure in öligen Tropfen ausscheidet, welche nur schwer von der
Jodlösung angegriffen werden sollen.
Der so erhaltenen Flüssigkeit fügt man etwas Stärkekleister hinzu und titrirt
nun mit Jodlösung von bekanntem Gehalte, wobei eine milchige Trübung durch
das in feinen Tröpfchen sich abscheidende Xanthogendisulfid entsteht, die
indessen die Blaufärbung der Stärke nicht beeinträchtigt oder verbirgt.
Ich habe die Versuche in der Weise wiederholt, daſs ich zweimal je 1cc reinen CS2 = 1g,2593 in mehr als der
genügenden Menge absolut alkoholischen Kalis löste, die Lösung auf 100cc verdünnte und 10cc der. so erhaltenen Flüssigkeit mit 1/20-Normal-Jodlösung, die im Cubikcentimeter 0g,00641 J enthielt, titrirte. Es wurden
verbraucht bei je zwei Bestimmungen
im Xanthogenat 1
31cc,7
=
317cc
fürs
Ganze
32cc
=
320cc
„
„
im Xanthogenat 2
31cc,8
=
318cc
fürs
Ganze
31cc,5
=
315cc
„
„
Da zwei Moleküle xanthogensauren Alkalis zweier Atome Jod bedürfen, um in
Xanthogendisulfid übergehen zu können, so entsprechen 160g des ersteren 127g Jod, d.h. 1g Xanthogenat verbraucht bei der Reaction 0g,79375 Jod.
1cc CS2 =
1g,2593 gibt 2g,651 Xanthogenat, die ihrerseits 2g,104 J entsprechen.
Da nun 1/20-Normal-Jodlösung zur Anwendung kam, die im Cubikcentimeter 0g,00641 J enthielt, so hätten theoretisch
verbraucht werden sollen
32cc,82 = 328,2 fürs
Ganze.
Der Fehlbetrag schwankt also im obigen Falle zwischen 1,32 und 0cc,82, also zwischen 13cc,2 und 8cc,2, aufs Ganze berechnet. Selbst im letzteren günstigsten Falle
zeigt die verbrauchte Jodmenge nur einen Gehalt von 1g,2274 CS2
an, d.h. einen Fehlbetrag von 0g,0319 oder
von 2,53 Proc.
Die jodometrische Methode steht also an Genauigkeit der Bestimmungsweise
mittels Kupferlösung ganz erheblich nach.
3) Andere Methoden:
Zum Schlusse möchte ich noch einiger Versuche Erwähnung thun, die ich gemacht
habe, um eine Bestimmung auf anderem Wege anzustreben:
Der eine derselben gründet sich auf die Angabe von Millon, daſs bei dem Vermischen von Schwefelkohlenstoff mit
überschüssiger weingeistiger Ammoniaklösung eine der angewandten CS2-Menge nahezu gleiche Gewichtsmenge
Schwefelcyanammon entstehe.Jahresbericht über die Fortschritte der
Chemie für 1860 S. 237.
Zur Prüfung dieser Angabe wurden 5cc CS2 vom Siedepunkte 46,8° = 6g,2964 in einem Kochkolben, der ein Kühlrohr
trug, mit 95cc weingeistigen Ammoniaks von 6,7
Proc. Gehalt versetzt und sich selbst überlassen. Die Mischung färbte sich rasch
gelb und lieſs nach wenig Minuten einen gelben pulverigen Niederschlag fallen.
Nach vierthalbtägigem Stehen wurde das Ganze abgedampft, wobei groſse Massen von
Schwefelwasserstoff und Schwefelammonium entwichen, dann mit heiſsem Wasser
aufgenommen, vom abgeschiedenen Schwefel abfiltrirt und auf ein bestimmtes
Volumen (180cc) verdünnt. Eine abgemessene
Menge der so erhaltenen Rhodanammonlösung wurde mit 1/10-Normal-Silberlösung im
Ueberschuſs gefällt und letzterer durch 1/10-Normal-Rhodanammonlösung unter Zusatz von
Eisenammoniakalaun bestimmt.
10cc der Lösung enthielten 0g,274, das Ganze mithin 4g,932 Rhodanammon, welche Menge der gleichen
Gewichtsmenge CS2 entspricht, da beide
Verbindungen das gleiche Molekulargewicht besitzen. Es waren demnach nur 78,3
Proc. des angewandten Schwefelkohlenstoffs in Rhodanammon übergeführt
worden.
Ein zweiter Versuch gründet sich auf die Thatsache, daſs Schwefelkohlenstoff beim
Erwärmen mit Anilin und schwefelwasserstoffentziehenden Mitteln leicht in
Diphenylthioharnstoff übergeführt wird, einen Körper, welcher alle an eine
Wägeform zu stellenden Eigenschaften besitzt.
20cc Schwefelkohlenstoff vom Siedepunkte 46,8°
= 25g,1856 wurden mit 70g Anilin, 60g Weingeist und der entsprechenden Menge Kalilauge an einem sehr
langen Rückfluſskühler mehrere Tage lang gelinde erwärmt, Der entstandene
Krystallbrei ward abfiltrirt, zur Entfernung des überschüssigen Anilins mit
essigsäurehaltigem Wasser ausgelaugt und am Ofen getrocknet. Es wurden erhalten
46g,3 Thiocarbanilid, welche 15g,4 Schwefelkohlenstoff entsprechen. Mithin
waren bloſs 61 Proc. des angewandten Schwefelkohlenstoffs in das
Harnstoffderivat übergegangen.
Entfernung des Schwefelkohlenstoffs
aus dem Vorlaufe.
Der Schwefelkohlenstoff muſs selbstredend aus dem Vorlaufe entfernt werden, ehe an
eine Untersuchung der Kohlenwasserstoffe gedacht werden kann, eine Forderung, welche
bei seiner bekannten Widerstandsfähigkeit gegen Reagentien aller Art nur schwer zu
erfüllen ist. Wird doch, wie ich höre, der mit englischer Schwefelsäure gereinigte
Vorlauf geradezu als „Schwefelkohlenstoff“ verwerthet.
Helbing versuchte denselben durch Behandlung des
Vorlaufs mit weingeistigem Kali und Lösung des gebildeten Xanthogenats in Wasser
abzuscheiden.A. a. O.
Allein er fand, daſs die obere, in Wasser unlösliche Schicht selbst Dach sechsmaligem
Versetzen mit der Kalilösung immer wieder zu einem festen Brei erstarrte, und zwar
aus dem schon oben erwähnten Grunde, weil das gebildete Xanthogenat die noch
unveränderten Schwefelkohlenstofftheilchen umhüllte und so vor der weiteren
Einwirkung der Lauge schützte. Dazu kam noch, daſs bei dem Schütteln, Umgieſsen
u.s.w. viel an leicht flüchtigen Bestandtheilen verloren ging.
Auch eine zweite von Helbing versuchte Entfernungsweise,
Schütteln des Vorlaufs mit wässerigem Schwefelkalium, führte nicht zum Ziel.
Vincent und Delachanal erhitzten zu dem Zwecke den
Vorlauf mit Weingeist und Ammoniak im geschlossenen Rohre auf Wasserbadtemperatur
und gelangten so in der That zu einem schwefelkohlenstofffreien Producte.A. a. O.
Ich versuchte zunächst denselben durch die bereits oben beschriebene Ueberführung in
Diphenylharnstoff zu binden, kam aber dabei zu keinem Ende, sintemal die Umsetzung
ziemlich träge verläuft, also sehr langes Erwärmen erfordert und dabei doch niemals
eine vollständige wird: wenigstens gelang es mir nicht, den Vorlauf auf diese Weise
gänzlich vom Schwefelkohlenstoff zu befreien.
Weit besser eignet sich hierzu das Verhalten desselben zu weingeistigem Ammoniak,
ohne daſs man indeſs zu dem umständlichen Verfahren von Vincent und Delachanal seine Zuflucht nehmen müſste.
In einem Kolben, der mit einem aufsteigenden Kühler in Verbindung, gebracht ist,
werden 1000 bis 1200g des Vorlaufs oder der vom
CS2 zu befreienden Fraction mit dem fünften bis
sechsten Theile ihres Gewichts an gewöhnlichem Weingeist versetzt und das Ganze, um
die Verdampfung der leichtest flüchtigen Essenzen möglichst zu beschränken, in eine
Kältemischung gestellt. In die so vorbereitete Lösung wird nun durch ein weites
Glasrohr ein stetiger Strom trockenen Ammoniaks eingeleitet. Sie färbt sich darauf
hin rasch gelb, wird trübe und beginnt krystallische Massen abzuscheiden, die mehr
und mehr zunehmen und schlieſslich einen festen dichten Kuchen bilden. Es ist daher
Sorge zu tragen, daſs sich das Zuleitungsrohr nicht verstopfe.
Zu gleicher Zeit scheidet sich auch die ganze Flüssigkeit in zwei Theile. Die
schwächere untere Schicht, die sich durch ihre rothe Farbe auszeichnet und mit
leuchtender Flamme brennt, besteht aus Weingeist und etwas Wasser, die eine geringe
Menge des Vorlaufs, sowie die mannigfachen geschwefelten Producte, welche die
Einwirkung des Ammoniaks auf den Schwefelkohlenstoff erzeugt, gelöst enthalten. Die
obere mit stark ruſsender Flamme brennende Schicht ist der unverändert gebliebene
Vorlauf.
Ist die ganze Flüssigkeit von den abgeschiedenen festen Körpern erfüllt, so wird sie
rasch durch ein Leinwandfilter in einen Scheidetrichter gegossen und abgepreſst. In
letzterem trennt sie sich sofort in die beiden genannten Schichten, von denen die
untere abgelassen und mit Wasser geschüttelt wird, um die in ihr gelöst gewesenen
Theile des Vorlaufs abzuscheiden. Die obere Schicht wird mit et3as Weingeist
versetzt und sammt dem eben genannten aus der unteren Schicht erhaltenen Antheile
abermals mit Ammoniak behandelt.
Man wird gut thun, nach einiger Zeit, wenn sich wiederum ein solcher Kuchen gebildet
hat, das gleiche Verfahren noch einmal durchzuführen. Dann aber werden sich
gewöhnlich bei weiterem Einleiten von Ammoniak nur noch wenige Krystalle abscheiden,
ein Zeichen, daſs aller Schwefelkohlenstoff entfernt ist. Doch ist es nöthig, sich
davon noch durch eine besondere Prüfung zu überzeugen.
Der ganze Versuch nahm in den von mir untersuchten Fällen etwa 8 bis 10 Stunden, je
nach der Menge des Schwefelkohlenstoffs, in Anspruch.
Man schüttelt nun den Vorlauf, der ja nicht bloſs Weingeist, sondern auch einen Theil
der geschwefelten Verbindungen enthält, so oft mit Wasser aus, als in diesem
Eisenchlorid noch einen Niederschlag oder eine Färbung erzeugt, und erhält so
zuletzt eine Flüssigkeit von gelblicher Farbe, welche keine Reaction auf
Schwefelkohlenstoff mehr zeigt. Ja, der so behandelte Vorlauf ist überhaupt ganz
schwefelfrei geworden.Thiophen enthielt
derselbe in dem von mir untersuchten Falle nicht.
Dann wird derselbe mit einem Entwässerungsmittel, geglühter Potasche, wasserfreiem
Kupfervitriol, vielleicht am besten mit Chlorcalcium, das auch etwa noch vorhandenen
Weingeist wegnimmt, behandelt und destillirt, worauf man eine wasserklare leicht
bewegliche Flüssigkeit von eigenthümlichem, an Schirling gemahnendem Geruch erhält,
über die ich bald Näheres mitzutheilen hoffe.
Die bei der Behandlung des Vorlaufs erhaltenen geschwefelten Verbindungen, die nach
ihren Reactionen ein buntes Gemisch aller möglichen Körper darstellen, besitzen eine
rothgelbe bis rothe Farbe. Sie stoſsen fortwährend Ammoniakdämpfe aus und besitzen
einen äuſserst unangenehmen, lange anhaftenden Geruch. Möglicherweise lieſse sich
ihre wässerige Lösung, selbstredend in angemessener Verdünnung, als
Vertilgungsmittel für schädliche Insekten, insonderheit für die Reblaus, verwenden.
Doch muſs ich es hier einstweilen bei dem bloſsen Vorschlage bewenden lassen, da die
gegenwärtige Jahreszeit zu derartigen Versuchen nicht angethan ist.
Die Entfernung des Schwefelkohlenstoffs vermindert das specifische Gewicht des
Vorlaufs um ein Bedeutendes. So fällt es in der Fraction L1 von 0,8148 auf
0,7401.
Auch die freiwillige Scheidung des Ganzen in zwei Schichten, von der ich bereits in
der Einleitung berichtete, hat nunmehr aufgehört.
Der Zusatz von Weingeist ist bei der Entfernung des Schwefelkohlenstoffs mittels
Ammoniaks nothwendig. Läſst man ihn weg, so geht die Reaction zwar ebenfalls von
statten, allein bei weitem langsamer und auch unvollständiger.
Daſs übrigens durch das Einleiten des Ammoniaks nicht bloſs der Schwefelkohlenstoff,
sondern neben ihm noch andere Bestandtheile des Vorlaufs ausgeschieden werden, ist
wohl als sicher anzunehmen. Es geht dies aus verschiedenen Anzeichen hervor. So löst
z.B. der unberührte Vorlauf Resorcin leicht, der vom Schwefelkohlenstoff befreite
Vorlauf schwer, während dasselbe bekanntermaſsen gerade in Schwefelkohlenstoff
unlöslich ist.
(Schluſs folgt.)