Titel: | Neues über die Kraftvertheilung mittels Pressluft. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 108 |
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Neues über die Kraftvertheilung mittels
Preſsluft.
Neues über die Kraftvertheilung mittels Preſsluft.
Die Arbeiten Riedler's und Radinger's über die Pariser Druckluftanlage, welche auch in D. p. J., 1889 273 * 481. *
492 eingehend gewürdigt wurden, haben in der Fachpresse die verschiedenartigste
Behandlung erfahren. Während der gröſsere Theil der Fachpresse die Vortheile der
Vertheilung von Druckluft für die Zwecke der Krafterzeugung unumwunden anerkannte
und sich höchstens mit der Frage beschäftigte, ob man denn thatsächlich von einem
System Popp sprechen dürfe und ob man nicht
richtiger System Meyerhofer sagen müsse, lehnte sich
ein kleiner Theil der Presse und zwar wohl ausschlieſslich die elektrotechnische
Fachpresse gegen die Zweckmäſsigkeit der Druckluftvertheilung überhaupt auf. Ganz
besonders traten diese Beurtheilungen auf, als seitens der Diskonto-Gesellschaft in Berlin eine Actiengesellschaft mit einem Kapital
von 30 Millionen Mark zur Anlage von Druckluftanlagen gegründet wurde (Internationale Popp'sche Druckluft- und Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin) und die bestehenden
Elektricitäts-Gesellschaften dadurch eine Concurrenz auch bezüglich ihres Absatzes
an Strom zur Beleuchtung befürchten muſsten.
Im Allgemeinen ist die Zweckmäſsigkeit der Druckluftvertheilung lebhaft anerkannt und
besonders auch die in Paris getroffenen technischen Einrichtungen sind als
ausgezeichnet hingestellt. Eine sehr interessante Kennzeichnung der über die
Druckluftvertheilung herrschenden Meinungen und Ausstellungen gibt Riedler in der Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure, 1890 Heft 6.
Riedler hebt gegenüber dem Hinweise auf frühere Anlagen
dieser Art zu Gunsten der Pariser Druckluftanlage hervor: die Centralisirung der
Krafterzeugung und die Vorwärmung der Druckluft. Keine der bisherigen, auch der
groſsartigsten, Druckluftanlagen machte von diesen wesentlichen Neuerungen richtigen
Gebrauch; im Gegentheile arbeiteten selbst die gröſsten bisherigen Druckluftanlagen
mit höchst unvollkommenen Maschinen für Lufterzeugung und noch unvollkommeneren für
Luftverwerthung. Die wesentlichste Neuerung, die Vorwärmung der Druckluft, wurde
bisher nur in technisch unvollkommenster Weise durchgeführt, und zwar wurde auf
einigen Gruben nur die Eisbildung bekämpft durch Erhitzen des Auspuffrohres,
Einspritzen von warmem Wasser in die Luftcylinder u. dgl. unvollkommene
Einrichtungen. Selbst dort, wo bisher die technischen Einrichtungen für Erzeugung und Ausnutzung der
Druckluft für Bergbauzwecke am besten durchgeführt wurden, d. s. die Anlagen von Cornet, sind sie, mit den Popp'schen Einrichtungen verglichen, höchst unvollkommen und für den
Groſsbetrieb durchaus nicht lebensfähig.
Für die praktische Durchführung der erwähnten Neuerungen, welche die Druckluft
lebensfähig machten, muſs die Pariser Anlage als bahnbrechend angesehen werden;
hieran ändert sich gar nichts, wenn nachher, wenn die Erfahrung vorliegt, gesagt
wird, das sei nichts Neues. Das ist gerade das Kennzeichen des Einfachen und
Zweckmäſsigen. Der in elektrotechnischen Journalen und auch von sehr vielen
Elektrotechnikern ausgesprochene oder vermuthete Gegensatz zwischen Druckluft und
Elektrotechnik besteht nach Riedler's Ansicht nicht. In
der ganzen Geschichte der Erfindungen ist kein Beispiel bekannt, daſs je eine
groſsartige, weittragende Erfindung an die ausführende Technik in so hohem Maſse die
Anforderung nach Kraftlieferung gestellt hätte, wie dies von Seiten der elektrischen
Beleuchtung thatsächlich der Fall ist. In der elektrischen Beleuchtung liegt
unzweifelhaft ein Hauptfeld der Elektrotechnik; dieses Hauptfeld ist aber undenkbar
ohne die ausgiebigste Versorgung der Städte mit Kraft. Ob diese Kraftversorgung nun
durch Centralstationen in unmittelbarer Nähe der Dynamomaschinen erfolgt oder durch
andere Motoren, das ist, meiner Auffassung nach, im Zusammenhange mit der
Elektrotechnik nur ein technisches Detail.
Jede technische Einrichtung, jede Neuerung, welche in Städten Betriebskraft in
ausreichender Menge zur Verfügung stellt, muſs der Elektrotechnik hochwillkommen
sein. Das Popp'sche Druckluft verfahren ist zu dieser
Kraftversorgung und insbesondere auch für die Zwecke der Elektrotechnik
unzweifelhaft in hohem Maſse geeignet und berufen. Es ist unerfindlich, wie hieraus
ein Gegensatz abgeleitet werden kann, da die eigentlichen elektrotechnischen
Einrichtungen durch das genannte Verfahren in nichts beeinträchtigt werden, im
Gegentheil, im höchsten Maſse gefördert werden müssen. Dieser Auffassung nach kann
es gar keine innigere Interessengemeinschaft geben, als sie naturgemäſs bestehen
muſs zwischen Elektrotechnik und Kraftlieferung. Ein Gegensatz kann nur künstlich
dadurch hervorgerufen werden, daſs Elektrotechnik, d. i. das eigentliche Fach,
verwechselt wird mit elektrotechnischen Unternehmungen.
Die „Elektrotechnische Zeitschrift“
veröffentlicht an der Spitze ihres ersten diesjährigen Heftes einen Aufsatz, der die
ersten von Riedler bezieh. Radinger gegebenen Zahlen über die Nutzwirkung der Pariser Anlage stark
kritisirt. Riedler gibt a. a. O. nun eine Vertheidigung
seines Urtheils, aus welchem wir nur folgende besonders wichtige Punkte
wiederbringen wollen.
Der Compressordruck ist in der „Elektrotechnischen
Zeitschrift“ mit 7at, der Druck in der
Leitung mit 6at, der Arbeitsdruck in der Stadt mit
4at angegeben, und zwar in solcher Weise, daſs
der Glaube erweckt wird, diese Pressungsunterschiede seien Verluste. Dies ist
selbstverständlich nicht der Fall. Der Compressordruck ist nur deshalb in Paris
höher als der Leitungsdruck, weil die Compressoren schlecht sind. Der
Druckunterschied von 7 auf 6at kann durch richtige
Compressorbauart vermieden werden. Der Arbeitsdruck in der Stadt muſs nicht 4at sein; er ist in Paris mit 4at,5 gewählt, um die Steigerungsfähigkeit der
Luftmaschinen zu ermöglichen. Es besteht kein Hinderniſs, die Luftmaschinen in der
Stadt mit beliebig höherer Luftpressung zu betreiben, einfach durch Aenderung der
Belastung des Druckreglers.
Die „Elektrotechnische Zeitschrift“ gibt weiter
die von Prof. Radinger durch seine Versuche
festgestellten Zahlen für den Luftverbrauch der Luftmaschine an, und zwar: bei
Betrieb mit kalter Luft 38cbm, mit vorgewärmter
Luft 22cbm, mit vorgewärmter Luft bei
Wassereinspritzung 14cbm,8 für die gebremste
Stundenpferdekraft der Luftmaschine; diese Zahlen entsprechen dem
Gesammtwirkungsgrade von 22,6, 39 bezieh. 58 Proc. Nicht hervorgehoben wird hierbei,
daſs diese Zahlen alle Verluste in sich schlieſsen, ausschlieſslich eines etwaigen
Verlustes durch Undichtheit der Rohrleitung, alle übrigen Verluste aber sind
inbegriffen, wie dies aus der Controle der Versuche erkenntlich ist. Zu diesen
Versuchszahlen ist zu bemerken, daſs sie gewonnen wurden mit sehr unvollkommen
ausgeführten Maschinen (alte Dampfmaschinenmodelle), die selbstverständlich einen
höheren Luftverbrauch ergeben müssen, der ganz wesentlich ermäſsigt werden kann
durch Verwendung besserer Maschinen.
Riedler hatte seither gemeinsam mit Prof. Gutermuth Gelegenheit, bessere Luftmaschinen in Bezug
auf ihren Luftverbrauch zu erproben. Hierbei hat sich für Luftmaschinen von 2 bis 4
geringerer Luftverbrauch ergeben als bei den von Radinger untersuchten schlechten 10pferdigen Maschinen. Die Radinger'schen Ergebnisse bedeuten keineswegs die
Grenze des Wirkungsgrades, welcher durch Luftmaschinen erreicht werden kann.
Die „Elektrotechnische Zeitschrift“ sagt, die
Pariser Anlage arbeite „nach Riedler“ mit 2500
und leiste „nach Radinger“ 180000cbm Luft, Hieraus wird gefolgert, daſs die für die
Luftcompression aufzuwendende Arbeit um 20 Proc. gröſser sei, als angegeben. Nach
dieser Ziffer wird der Wirkungsgrad der gesammten Anlage herunter von 58 Proc. auf
48,5, von 39 Proc. auf 32,8 und von 22,6 Proc. auf 19 Proc. gesetzt. Diese
Berechnung stützt sich auf folgende Unterlagen:
Zunächst wird behauptet, die Undichtheit der Luftleitung betrage 7 Proc., und
dementsprechend werden die erwähnten Wirkungsgrade weiter herunter auf 45 Proc.,
30,5 und 17,7 Proc. herabgesetzt. Demgegenüber ist zu erwähnen, daſs für die Pariser
Druckluftleitung durch Versuche nachgewiesen ist, daſs eine nennenswerthe Undichtheit überhaupt nicht
vorkommt, wenigstens durch ganze Procente nicht ausgedrückt werden kann.
Weiter kritisirt und verpönt der Aufsatz in der „Elektrotechnischen Zeitschrift“ die Vorwärmung der Druckluft nach
dem Popp'schen System. Thatsachen werden hierbei gar
nicht erwähnt, sondern nur der Umstand angeführt, daſs die Brennstoffkosten bei
dieser Vorwärmung erhöht werden, wenn Gasheizung angewandt wird.
Bezüglich des Brennstoffaufwandes für die Wasserverdampfung bezieh. Vorwärmung wird
der Koksverbrauch auf 3/10k für 1 -Stunde angegeben. Bei
den Dampfkesseln verbrauche man 5/10k Koks für die
Wasser Verdampfung, folglich müſsten für die Beurtheilung des Popp'schen Verfahrens statt der (durch Versuche
nachgewiesenen) 3/10k 6/10k Koks für die Vorwärmung der Luft
gerechnet werden! Daſs die Wärmeübertragung im Popp'schen Vorwärmeofen ganz anders, bei anderen Temperaturunterschieden,
anderer Wirkung der Heizflächen und der Wärmeübertragung erfolgt, als in einem
Dampfkessel bei der Wasserverdampfung, ist hierbei unbeachtet gelassen. Die
Wärmezuführung kann mit sehr geringem Brennstoffaufwande erfolgen und muſs in Folge
der günstigen physikalischen Eigenschaften der Luft erfolgen.
Theoretisch steht nichts im Wege, die Vorwärmung der Druckluft so weit zu treiben,
daſs für eine bestimmte Arbeitsleistung der Luftmaschinen gar keine Energie aus der
Druckluftleitung gebraucht wird. Bis zur Heiſsluftmaschine oder Dampfmaschine ist
aber dann noch ein weiter Weg, der keine Vortheile bieten kann. Während die
Druckluft selbst in diesem extremsten Falle noch immer den groſsen Vorzug bietet,
daſs die Luftmaschine mit hoher Spannung arbeitet, können Heiſsluftmaschinen
bekanntlich nur mit niedriger Pressung arbeiten, sind in Folge dessen noch nie
lebensfähig geworden, während andererseits die Druckluft als Kraftträger es
ermöglicht, die Wärmezuführung mit viel niedrigeren Kosten zu bewirken, als dies im
Wärmeprozesse der Dampfmaschine möglich ist.
Also selbst dann, wenn auf die extreme Ansicht eingegangen wird, bietet die Druckluft
noch immer Vortheile, und zwar so groſse, daſs ihre Lebensfähigkeit in keiner Weise
beeinträchtigt wird. Daſs aber die physikalischen und theoretischen Grundlagen der
Druckluft bei mäſsiger Vorwärmung Vortheile ermöglichen, die bisher durch keine
andere Uebertragungsart ausgenützt werden konnten, ist in der Kritik nicht weiter
berührt.
Bessere 2pferdige Luftmotoren ergeben geringeren Luftverbrauch als die von Radinger untersuchten 10pferdigen Maschinen; technisch
steht nichts im Wege, durch bessere Ausführung der Luftmaschinen als die in Paris
verwendeten, für welche brauchbare Vorbilder bisher nicht vorlagen, den
Luftverbrauch noch weiter herabzusetzen und den Wirkungsgrad weit über die von Radinger gefundenen Zahlen zu erhöhen. Nach Riedler können Luftmaschinen mit Vorwärmung allein mit
einem Luftverbrauche unter 15cbm für die gebremste
Pferdekraftstunde arbeiten mit einem Gesammtnutzeffecte über 60 Proc., wobei die
weiter noch mögliche Verminderung des Luftverbrauches noch nicht berücksichtigt
ist.
Zu den Angaben über die Rohrleitung und deren Kosten sagt Riedler, daſs der Umstand, daſs in Paris ein Theil der Rohrleitung in die
Abzugskanäle eingebaut ist, hinsichtlich des Kostenpunktes vielfach miſsverständlich
aufgefaſst wird.
Bei der bestehenden Pariser Anlage ist ein erheblicher Theil der Rohrleitung nicht in
die Kanäle eingebaut, sondern als gewöhnliche Erdleitung ausgeführt; die Kosten der
letzteren sind nicht bedeutender, als die der Kanalleitung. Für die in diesem Jahre
zur Ausführung gelangende 16000pferdige Centralanlage wird der gröſste Theil der
Rohrleitung als Erdleitung mit geschweiſsten Schmiedeeisenröhren ausgeführt. Es ist
vielleicht erwünscht, diese Thatsache hervorzuheben, weil die Art der Ausführung der
bisherigen Rohrleitung in Paris vielfach zu einseitiger Beurtheilung des
Kostenpunktes Veranlassung gegeben hat.
Der Schluſs des Aufsatzes in der „Elektrotechnischen
Zeitschrift“ spricht sich dahin aus, daſs der Luftbetrieb „sich
wohl für die Zwecke des Uhrenbetriebes nützlich erweisen kann, für die
Vertheilung motorischer Kraft wird er nicht in der Lage sein, mit dem
elektrischen Betriebe zu concurriren“.
Demgegenüber wird bemerkt, daſs bisher die Verhältnisse umgekehrt liegen, daſs die
Druckluft in Paris einen groſsen Kraftvertheilungsbetrieb seit zwei Jahren mit dem
gröſsten Erfolge aufzuweisen hat, was bei der Elektricität bisher nicht bekannt ist.
Es sind bisher nur elektrische Kraftübertragungen
bekannt geworden, Kraftvertheilungen in groſsem
Maſsstabe sind bisher unbekannt, und zwischen Kraftübertragung von einem Punkte zu
einem zweiten und Kraftvertheilung von einem Punkte zu Hunderten von
Verbrauchsstellen, bei ganz unregelmäſsigen Anforderungen an die Kraftlieferung, ist
noch ein weiter Weg.
Interessant sind die durch verschiedene Veröffentlichungen bekannt werdenden weiteren
Anwendungen der Druckluft in Paris.
Es sind Installationen für die verschiedensten Betriebe ausgeführt worden und zwar
für Nähmaschinen 15, Stickmaschinen 3, Zuschneidemaschinen 25, Fleischhackmaschinen
8, Schleifsteine 11, Pressen und Druckmaschinen 37, Sägen und Fräsen 55, Drehbänke
aller Art 70; auſserdem für Blechscheren, Kaffeemühlen, Kaffeebrenner, zahnärztliche
Apparate u.s.w.
Am 1. Juli 1889 waren 401 Motoren mit zusammen 1837 und 1108kgm im Betriebe, darunter 75 kleinste Motoren zu
6kgm und 18 gröſste Motoren zu 50 ; am
meisten verbreitet sind die mittleren Motoren und zwar
58
zu
½
62
„
1
56
„
2
57
„
4 zusammen
––––
233
mittlere Motoren.
Die Preise, welche heute in Paris gefordert werden – der Cubikmeter zu 1½ Cent.
gerechnet – sind für den Abnehmer folgende, und zwar bei:
1 Nähmaschinenmotor (von 6kgm) 7½ Cent, die Stunde;
1 Manneskraft (12kgm) 12 Cent. die Stunde; 24kgm 22 Cent., ½ 30 Cent. die Stunde; 1
bis 2 35, 2 bis 4 30, 5 bis 10 25, 10 und darüber 20
Cent. für die Stunde und Pferd.
Es werden aber auch Pauschalsummen für die Benutzung der comprimirten Luft gezahlt,
und zwar für 3000 Arbeitsstunden im Jahr für Kräfte unter 1 700 Francs für
1 ; für Kräfte von 1 bis 10 600 Francs, für Kräfte von 10 und
darüber 500 Francs für 1 .
Für die Einspritzung von Wasser in die Luftmaschinen bezieh. zur Erhitzung des so
hergestellten Treibmittels bringt V. Popp in Paris (* D. R. P. Kl. 46
Nr. 49092 vom 9. Dec. 1888) die in Fig. 16 und 17 Taf. 5
dargestellte Einrichtung in Vorschlag. Dieselbe verfolgt den Zweck, die Wirkung
bezieh. die Leistungsfähigkeit comprimirter Luft dadurch zu erhöhen, daſs nach
vorheriger Heizung der gepreſsten Luft mit derselben ein weiteres Fluidum vermischt
wird, welches durch seine Spannkraft in Verbindung mit der Luftspannung einen sehr
bedeutenden summarischen Druck herstellt. Dieses zusätzliche Fluidum ist
vorzugsweise Wasserdampf, welcher sich aber erst in der Preſsluft selbst entwickelt,
nachdem er unter Form von Wasserstaub in dieselbe eingespritzt worden ist. Zu diesem
Zwecke wird das einzuspritzende Wasser vorher geheizt und die Preſsluft auf hohe
Temperatur gebracht, wobei durch Einspritzen von Heiſswasserstaub die Luft
hygrometrisch gesättigt wird, die Feuchtigkeit aber sich durch den hohen
Caloriengehalt der Preſsluft augenblicklich in überhitzten Dampf umbildet, wodurch
also nicht allein eine hohe combinirte Spannung, sondern auch eine wirksamere
Expansion für den Motor erzielt und auf die Organe desselben noch eine schmierende
Wirkung ausgeübt wird.
Es sei a die Preſsluftleitung, welche von irgend einem
Hauptpresser durch einen entsprechend wirkenden Druckregler mit Luft unter
beständigem Druck beschickt wird und mittels des Ventils b den Motor ebenfalls unter beständigem Drucke speist, indem sich das
Ventil je nach dem mehr oder weniger groſsen Kraftaufwande bezieh. schnellen Gang
des Motors mehr oder weniger öffnet oder schlieſst. Das einzuspritzende Wasser ist
in dem mit Wasserstandszeiger e ausgestatteten
Reservoir d enthalten und befindet sich letzteres durch
seine Rohrverbindung f unter demselben beständigen
Drucke wie Rohr a, indem Rohr f vor dem Ventil b in dasselbe einmündet. Das
Reservoir ist mit einem Schraubenverschlusse versehen, welcher durch einen Aufsatz
ersetzt werden kann, behufs Verbindung mit dem Druckrohre einer kleinen Pumpe, deren
Wirkung und Bestimmung später erklärt wird. Reservoir d
ist mit dem zum Heizen der Preſsluft bestimmten Ofen durch ein Rohr m verbunden. Der Heizofen nimmt die Preſsluft auf, ehe
dieselbe in den Motor eintritt, und sie gelangt durch ein Rohr 1 in eine innere Kanalisation oder einen
Durchgangskreis, welcher mit lothrechten Fängen ausgestattet ist, so daſs die Luft
den ganzen Weg im Ofen abwechselnd von oben nach unten und von unten nach oben
zurücklegen muſs, um durch das Speiserohr 3 nach dem
Motor abzugehen. Die Hitze der Hülle 4, welche besagte
Fänge einschlieſst, sowie diejenige der nach dem Kamin abziehenden Verbrennungsgase
wird zum Heizen des Spritzwassers im Reservoir d
benutzt. Zu diesem Zwecke ist zwischen der Hülle 4 und
dem äuſseren Mantel 5 des Ofens ein Schlangenrohr 6 angeordnet, dessen Durchmesser und Länge nach der dem
Wasser am vortheilhaftesten zu gebenden Temperatur berechnet ist.
Das Wasser im Reservoir d wird in das Schlangenrohr
getrieben durch den Druckunterschied, welcher zwischen dem beständigen Drucke im
Rohre a vor dem Ventil b
und dem wechselnden Drucke hinter Ventil b im Rohre 1 herrscht, und folgt hieraus, daſs das Wasser mit um
so mehr Kraft in das Schlangenrohr eintritt, als die Druckverschiedenheit gröſser
ist.
Die dadurch im Schlangenrohre geheizte Flüssigkeit ist am Ende desselben durch Rohr
g in ein kleines gepanzertes Gefäſs i mit sichtbarem Ausflusse gedrückt und tritt aus
demselben die heiſse Flüssigkeit durch ein kleines Injections- bezieh.
Zerstäubungsrohr j in das nach dem Ofen führende
Preſsluftspeiserohr 1, wo die zerstäubte Flüssigkeit
bei k von der Preſsluft mitgenommen und letztere vor
ihrem Eintritte in den Ofen hygrometrisch gesättigt wird. Im Inneren des Ofens
verwandelt sich die Feuchtigkeit durch die hohe Temperatur sofort in überhitzten
Dampf, wodurch dann die Spannung bedeutend erhöht und der Luftverbrauch bedeutend
vermindert wird.
Durch den Umstand, daſs der Druckunterschied, welcher das Wasser in das Schlangenrohr
treibt, veränderlich ist, indem der Druck an der einen Seite stets beständig und an
der anderen unbeständig ist, ist auch die Wassereinspritzung veränderlich, so daſs
sich also dieselbe selbsthätig regulirt.
Ungeachtet dessen kommt aber noch eine besondere Construction zur Anwendung, mittels
welcher die Regulirung so genau ist, daſs nur die eben erforderliche Quantität
Flüssigkeit, welche genau der im Motor verbrauchten Luftmenge proportional ist,
mitgerissen wird.
Der Hebel n, welcher einen wesentlichen Theil des
Ventils bildet und mit dem Gewichte o belastet ist,
wird nach p verlängert. Der Hebel p ist an den senkrechten Hebel q gelenkt,
welcher seinerseits an das Ende eines Hebels r gelenkt
ist, wobei letzterer an dem in das Rohr eingeschalteten Hahn s befestigt ist Hieraus folgt, daſs, wenn sich das Ventil b zum Durchlaſs einer gröſseren Menge Druckluft hebt,
der Hebel r den Hahn s
öffnet, wodurch eine gröſsere Menge Wasser in das Schlangenrohr eintritt.
Ein vor dem Ventil b auf Rohr a angebrachtes Manometer bezeichnet den beständigen Druck, während ein
Manometer und ein Thermometer hinter dem Ventil auf Rohr 1 den Druck und die Temperatur der mit Wasser vermischten Preſsluft
anzeigen. Reservoir d ist ebenfalls mit einem Manometer
ausgestattet, welches stets mit dem auf Rohr a
übereinstimmend sein muſs, und endlich bezeichnet ein Thermometer auf Rohr 3, welches das Gemisch von comprimirter Luft und Dampf
nach dem Motor leitet, die Temperatur des Gemisches.
Um die beschriebene Anordnung vollständig zu machen, ist es erforderlich, daſs das
Wasser im Reservoir d während des Vorganges erneuert
werden kann, ohne dadurch die verschiedenen Arbeiten zu beeinträchtigen. Zu diesem
Zwecke taucht das Entweichungsrohr des Motors in ein mit Wasser gefülltes Gefäſs, so
daſs der mit der comprimirten Luft vermischte Dampf nach ausgeübter Wirkung sich in
diesem Gefäſse condensirt, wobei eine vorhin erwähnte kleine Pumpe das eingespritzte
Wasser wieder an Reservoir d abgibt, so daſs also stets
dasselbe Wasser zum Einspritzen benutzt wird und nur der absolut verdampfte Theil
ersetzt werden muſs.