Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Autor: | C. J. Lintner |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 272 |
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Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
(Fortsetzung des Berichtes S. 228 d.
Bd.)
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
P. Lindner berichtet in der Wochenschrift für Brauerei, 1890 Bd. 7 S. 161, über neue von F. Goldiner ausgeführte Versuche zur Beantwortung der
Frage, ob „Sarcina im untergährigen Biere
Krankheitserscheinungen hervorruft oder nicht.“ Zu den Versuchen
wurden benutzt 1) eine Reinkultur eines Pediococcus aus einem untergährigen Biere
einer schlesischen Brauerei; 2) eine Reinkultur eines Pediococcus aus einem
Stockholmer untergährigen Biere; 3) eine Reinkultur des Pediococcus acidi lactici.
Mit diesen Organismen wurde sterilisirte und gehopfte Bierwürze von 12,28° Ball.
inficirt und mit abgepreſster reingezüchteter Hefe angestellt in Flaschen unter
Schwefelsäureverschluſs. Die Gährtemperatur war 4 bis 8° R., bei einer Probe 24° R.
Bezüglich der Einzelheiten in der Versuchsanstellung und der in einer ausführlichen
Tabelle niedergelegten Resultate müssen wir auf die Originalarbeit verweisen. Hier
mögen die wichtigsten Wahrnehmungen folgen:
Während der Hauptgährung zeigten sich die geimpften Flaschen immer eine Spur trüber
und gleichzeitig heller von Farbe als die ungeimpften. Beim Abfüllen der Biere auf
kleine Flaschen (nach etwa 4 Wochen) waren sie sämmtlich blank; das nicht geimpfte
und ein Dur mit einem Tropfen geimpftes konnte als feurig-blank bezeichnet werden. Nach etwa 4
wöchentlichem Stehen erwiesen sich die im Eisschranke aufbewahrten noch blank, von
den im Zimmer gestandenen waren die beiden bereits erwähnten blank, die Mehrzahl der
übrigen trübe. Am 7. Juni, nachdem sämmtliche Fläschchen vom 20. Mai ab im Zimmer
gestanden, traten die Unterschiede noch schärfer hervor.
In sämmtlichen geimpften Bieren mit Ausnahme der Impfung mit Pediococcus acidi
lactici war ein staubiger Bodensatz und damit ein Schleier im Biere aufgetreten. Im
Verlauf der Wochen und Monate wurden auch die schleierigen Biere allmählich wieder
blank, indem sich die Zellen zu Boden setzten. Es genügte dann allerdings ein
schwaches Schütteln, um den schleierigen Zustand wieder hervorzurufen. Derselbe
hielt dann auch längere Zeit wieder an. Im Vergleiche zu dem feurig-blanken nicht
geimpften Biere sahen jene auffallend heller bezieh. entfärbt aus.
In einigen zur mikroskopischen Untersuchung entnommenen Proben von den schleierig
gewordenen Bieren wurden nur die Zellen von Pediococcus vorgefunden.
Auffällig erschien, daſs in allen geimpften Flaschen im Bodensatze beträchtlich mehr
hopfenharzähnliche Ausscheidungen gefunden wurden als in dem des nicht geimpften
Bieres.
Die beim Oeffnen der Flaschen vorgenommene Geschmacksprüfung hat einen deutlichen
Unterschied bei dem nicht geimpften und dem geimpften (Nr. 2) ergeben. Ersteres
schmeckte alt, Porter ähnlich, sonst aber ganz gut und rein, Nr. 2 dagegen sehr
unangenehm, der Geruch war derart, wie man ihn sehr häufig bei Sarcinabieren
antrifft. Säurebestimmungen in den Bieren gaben keinen Anhalt.
In Bezug auf Auftreten des Geruchs und Geschmacks in einem durch zahllose
Sarcinazellen trüb gewordenen Biere weist Lindner auf
die Möglichkeit hin, daſs in einem solchen Biere eine erhöhte Lichteinwirkung
stattfinde, da die kleinen Zellen bezieh. Zellentäfelchen das Licht beständig nach
allen Richtungen hin reflectiren (diese Eigenschaft der Sarcinazellen dürfte
insofern kaum eine Rolle spielen, als das Bier auſser im Trinkglase nicht in
nennenswerthem Grade mit dem Lichte in Berührung kommt. D. Ref.).
Wenn auch von einer eigentlichen Lösung der Sarcinafrage noch lange nicht die Rede
sein kann, so ist doch als sicher anzunehmen daſs Sarcinaorganismen
Krankheitserscheinungen im Biere hervorrufen können.
Ueber die Conservirung gegohrener Getränke durch
Elektricität von Dr. Georg Foth (Wochenschrift für
Brauerei, 1890 Bd. 7 S. 51). In einer umfassenden Abhandlung schildert Foth eingehend die Versuche, welche er über die
Einwirkung der Elektricität auf gegohrene Getränke behufs deren Conservirung
ausgeführt. Wenn dieselben auch nicht zu einem praktisch verwerthbaren Ergebnisse
führten, so sind sie doch wegen ihrer exacten und streng wissenschaftlichen Durchführung wichtig und
interessant. Bezüglich der Versuchsanstellung auf das Original verweisend, theilen
wir hier die Ergebnisse mit, wie dieselben Foth kurz
zusammenfaſst:
1) Elektrische Wechselströme, welche durch eine Flüssigkeit geleitet diese nicht
zersetzen, vermögen darin suspendirte Hefe nicht zu tödten. Der elektrische Strom
übt daher als solcher auf Hefe einen schädlichen Einfluſs nicht aus.
2) Ein solcher wird erst ausgeübt, wenn die Flüssigkeit, in welcher die Hefe
suspendirt ist, durch den elektrischen Strom zersetzt wird.
3) Das in letzterem Falle auftretende Ozon ist, wenn nicht die alleinige Ursache, so
doch eine der hauptsächlichen, durch welche die Tödtung der Hefe bewirkt wird.
4) Es kann daher der elektrische Strom nicht dazu dienen, die Hefe in gegohrenen
Flüssigkeiten zu tödten, sofern deren chemische Beschaffenheit dieselbe bleiben
soll. Die Elektricität kann daher zur Conservirung gegohrener Getränke, wie Bier,
nicht dienen, falls nicht
5) nur ein Erwärmen mittels elektrischer Wechselströme auf höhere Temperatur, also
ein Pasteurisiren, beabsichtigt ist.
Ueber den Kuhn'schen Pasteurisirapparat (vgl. 1890 275 287) theilt
Fr. Chodounsky im Böhmischen Bierbrauer (vgl. Wochenschrift für
Brauerei, 1890 Bd. 7 S. 81. Allgemeine Brauer- und
Hopfenzeitung, 1890 Bd. 30 S. 226) seine bis jetzt gemachten Erfahrungen
mit. Chodounsky arbeitet mit einem Kuhn'schen Apparate, der sich von dem ursprünglichen
insofern unterscheidet, als in dem inneren, kupfernen Cylinder auf 12hl Bier eine doppelte Rohrspirale (Schlange)
angebracht ist. Bei der ersten Pasteurisirung, welche in Anwesenheit des Herrn Kuhn vorgenommen wurde, wurden einige unwesentliche
Aenderungen an dem Apparate gemacht; jetzt arbeitet derselbe zur vollen
Zufriedenheit, wie die Versuchsansteller bei Faſsbieren, die nach Spanien, Korsika,
Tunis u.s.w. gingen, feststellten. Nach Chodounsky hat
die Art des Pasteurisirens gar keinen Einfluſs auf die Zusammensetzung und fast
keinen auf den Geschmack des Bieres.
Zur Erwärmung der nöthigen Wassermenge – beiläufig 40 bis 45hl auf 12hl Bier
– benutzt Chodounsky den Retourdampf.
Die Temperatur des Wassers betrug ursprünglich 80°; jetzt genügt eine solche von
75°.
Die ganze Pasteurisirung dauert rund 2 Stunden:
Die Erwärmung 19 Minuten, das eigentliche Pasteurisiren 25 Minuten, das Abkühlen mit
Wasser 20 Minuten, die Abkühlung mit Kühlflüssigkeit 25 Minuten. Hierzu kommt noch
das Füllen der Apparate, so daſs die ganze Prozedur vom Füllen bis zum Abziehen des
Bieres in Fäſschen 4 Stunden in Anspruch nehmen kann. Durch Verbesserungen soll die
Zeit etwas gekürzt
werden können, so daſs mit Leichtigkeit in 12 Stunden 36hl pasteurisirt werden können.
Um über die Kosten der Arbeit mit dem Kuhn'schen
Apparate gegenüber den Kosten der Pasteurisirung in alter Weise einen vergleichenden
Anhalt zu geben, stellt der Verfasser die Auslagen der beiden
Pasteurisirungsmethoden neben einander (Wochenschrift für
Brauerei, S. 166). Er berechnet, daſs bei einem Absatze von 220000 Flaschen
(die er im Monat Juli 1889 absetzte) sich die Unkosten des Pasteurisirens nach der
alten Methode auf 2815 Francs, nach dem Kuhn'schen
Verfahren auf 1218 Francs stellten. Es wäre dies demnach für den einen Monat Juli
eine Ersparniſs von 1600 Francs = 1280 M.
Analyse eines Bieres aus dem letzten Jahrhundert von Horace Brown und Harris Morris
(Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1890 Bd. 30 S. 516 nach Transactions of the Laboratory Club, Bd. 3 S. 4). Die
betreffende Bierprobe wurde in Burton on Trent von Worthington und Co. um das Jahr 1798 gebraut und ist dem zu Folge jetzt
über 90 Jahre alt.
Das Bier ist ein starkes Ale und noch vollständig gesund, hat aber den allgemeinen
Biercharakter verloren und besitzt nun ein starkes genau dem alten Madeira ähnliches
Bouquet, welches zweifellos von zusammengesetzten Aethern herrührt. Der vorhandene
Bodensatz erscheint unter dem Mikroskop als eine fein vertheilte amorphe Masse mit
vereinzelten Hefezellen, die anscheinend sehr verschrumpft sind. Nur zweimal wurden
einige wenige lebende Zellen gefunden. Bakterienwachsthum konnte nicht beobachtet
werden. Die Analyse des Bieres im Vergleiche mit einem 18 Monate alten Ale ergab
folgendes:
Spec. Gew.bei 15° C.
Ursprüngl.spec. Gew.
Trocken-subst. pro
Alkohol-Gew.
Ges. Säureberechnetauf Essigs.
FlüchtigeSäure ber.als Essigs.
Flüchtigezus. ges.Aether ber.als
Essigs.
100 cc
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
Altes Ale 90 Jahre alt.
1030,45
1110,38
28,595
8,70
0,6095
0,1404
0,0598
Neues starkes Ale 18 Monate alt
1030,47
1103,58
26,782
7,85
0,3695
0,2095
0,0334
In Procenten der Trockensubstanz der ursprünglichen Würze, abgeleitet aus dem
ursprünglichen specifischen Gewichte mit dem Divisor 3,86:
VergohreneSubstanz
FreieMaltose
FreiesDextrin
Amyloine
AlbuminoideN × 6,25
Unbestimmt
Altes Ale
59,98
0,00
5,52
17,57
4,63
12,30
Neues Ale
50,04
0,00
14,04
17,08
–
10,86
Die flüchtigen Aether in obigen Analysen wurden nach L.
Berthelot's Methode bestimmt.
Unter Amyloinen verstehen Brown und Morris Spaltungs- bezieh.
Hydrationsproducte der Dextrine, welche als zusammengesetzt aus Maltose und einem
Dextrinrückstande erscheinen. Die Amyloine obiger Biere erscheinen zusammengesetzt
aus:
Altes Ale
14,58
Maltose
und
2,99
Dextrin
Neues Ale
10,81
„
„
6,27
„
Zu den Amyloinen gehören das Maltodextrin und das Amylodextrin. Beide beschrieben von
Brown und Morris
(Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1885 Bd. 8 S. 360. l. c. 1889 Bd.
12 S. 437 und 453).
Der unterscheidende Charakter dieser Substanzen ist folgender:
1) Sie liefern bei der Analyse Zahlen, welche gestatten, daſs man ihre
Zusammensetzung in Form einer Mischung von Maltose und Dextrin ausdrückt.
2) Daſs sie durch keines der bekannten Mittel (fractionirte Fällung mit Alkohol,
Vergährung mit Hefe u.s.w.) in Maltose und Dextrin gespalten werden können und
demnach einheitliche Körper sind.
3) Daſs sie durch Diastase vollständig in Maltose verwandelt werden.
4) Daſs sie während der Hauptgährung unvergährbar sind.
Nach Brown und Morris
existirt eine erhebliche Anzahl solcher Amyloine (die Bezeichnung Amyloine rührt von
Prof. Armstrong her). Die Verfasser betrachten das
Stärkemolekül als bestehend aus 5 Amylingruppen (C12H20O10)20. Eine dieser Amylingruppen
widersteht in höherem Grade der Einwirkung der Diastase als die anderen vier und
bildet hierdurch das stabile Dextrin. Die übrigen 4 Amylingruppen sind einer
fortscheitenden und schlieſslich vollständigen Hydrolyse zu Maltose fähig, wobei als
Zwischenstufen die Amyloine erscheinen. Folgende Formeln erläutern diesen Vorgang.
Es wird angenommen die erste Wirkung der Diastase bestehe darin, das Stärkemolekül
in stabiles Dextrin und rasch hydrolysirbare Amylingruppen zu spalten:
[(C12H20O10)20]5
=
(C12H20O10)20
+
4(C12H12O10)20
Stärkemolekül
Stabiles Dextrin
Rasch hydrolysirbareAmylingruppen.
Die rasch hydrolysirbaren Gruppen werden dann leicht angegriffen und in Lösung geht
eine Reihe von Amyloinen, bei welchen die Hydrolyse verschieden weit vorgeschritten
ist; z.B.:
(C12H20O10)20Rasch
hydrolysirbareAmylomgruppe
+ H2O =
C12H22O11(C12H20O10)19Amyioin mit dem
kleinstenVerhältniſs1 von M :
D.
1M bedeutet die Amylon(Maltose-)gruppe, D die Dextringruppen. Letzteres (D) wird als Einheit genommen.
(C12H20O10)20 + 19H2O =
(C12H22O11)19C12H20O10
Amyloin mit dem höchstenVerhältnisse von M
: D.
Beim Fortschreiten der Hydrolyse zerfallen die höheren Amyloingruppen in kleinere
Molekularaggregate, welche jedoch den ganzen Amyloincharakter bewahren und dies geht
so weiter bis die völlige Umwandelung in Maltose erreicht ist.
So werden die Amyloine, welch Brown und Morris als rein beschrieben und deren Molekulargewicht durch
Raoult's Methode bestimmt wurde, durch folgende
Formeln dargestellt:
(C12H22O11)(C12H20O10)2
(C12H22O11)(C12H20O10)6
MaltodextrinAmyloin M : D =
0,5 : 1
AmylodextrinAmyloin M : D = 0,166 :
1.
Bei einer Stärkeumwandelung, die bis zu einem gewissen Grade vorgeschritten, wie wir
dies z.B. in einem Maischbottich vor uns haben, bestehen die Producte der
Umwandelung demgemäſs aus freier Maltose, freiem Dextrin, das weiterhin nicht mehr
hydrolysirt wird und einer Reihe von Amyloinen von verschiedener Constitution. Wenn
ein Bier von normaler Vergährung zum Fassen reif ist, so finden wir bei der Prüfung,
daſs dasselbe wenig oder gar nicht mehr vergährt, obwohl dasselbe nach dem
Kupferreductionsvermögen noch erhebliche Maltosemengen besitzen sollte. Normales
Bier enthält nach Brown und Morris beim Fassen nur wenig oder ga6 keine freie Maltose, da die
scheinbare Maltose im Biere meistentheils aus Amyloinen besteht, welche erst
degradirt werden müssen, bevor sie gährungsfähig werden. Beim Lagern tritt diese
Degradation succesive ein unter dem Einflüsse der Nachgährungshefe. Es wird Maltose
frei gemacht und die Gährung hebt von vorn an.
Aus dem, was oben über die Eigenschaften der Amyloine gesagt ist, geht klar hervor,
daſs, wenn man im Stande ist, die freie Maltose aus dem Biere zu schaffen, dann die
zurückbleibende Maltose den Amylonbestandtheil des Amyloins ausmachen wird und
weiter, daſs, wenn das Bier unter günstigen Bedingungen mit Diastase degradirt wird,
der Zuwachs an so gebildeter Maltose als Maſsstab für die Amylinportion der Amyloine
dienen muſs.
Auf dem hier angedeuteten Prinzip beruht denn auch die von Brown und Morris ausgeführte Bestimmung der
Amyloine. Bezüglich der Einzelheiten dieser Methode und der Berechnungsweise muſs
auf das Original verwiesen werden.
Schlieſslich machen die Verfasser auf die ganz verschiedenen Typen von Amyloinen
aufmerksam, welche in drei von ihnen analysirten Bieren vorkamen. In dem alten
starken Ale war das mittlere Verhältniſs M : D = 4,9 : 1, in dem neuen starken Ale
1,7 : 1 und in einem in Gährung begriffenen Ale 2,4 : 1. Es ist wahrscheinlich, daſs
ein genaueres Studium dieses Verhältnisses in den Amyloinen des Bieres auf die
Bedingungen der Nachgährung mehr Licht werfen wird. Zweifellos spielen die Amyloine
bei der Bierbereitung eine groſse Rolle, indem sie die Kohlenhydratreserve bilden,
welche nur langsam für die Gährung verwerthbar wird durch allmähliche Hydrolyse. Die
Erkenntniſs ihrer Gegenwart erklärt uns auch manches, was bisher in den
Bierverhältnissen dunkel war; ja, man kann mit ziemlicher Sicherheit aussprechen,
daſs eine lang
dauernde Nachgährung überhaupt nur durch die Anwesenheit dieser Körper möglich
ist.
In den „Mittheilungen der Versuchsstation für Brauerei und
Mälzerei in Wien“, Wien 1890, Verlag der Oesterreichischen Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei, behandelt Dr.
W. Schultze mit der ihm eigenen Gründlichkeit die
Frage: „Warum Bier nicht aus Gläsern getrunken werden
soll“. Der umfassenden mit zahlreichen Abbildungen von
Trinkgefäſsen ausgestatteten AbhandlungSonderausgabe s. Schluſsseite dieses Heftes. sollen hier die
wichtigsten Ergebnisse entnommen werden. Ein Theil derselben findet sich schon in
den Kapitelüberschriften der Inhaltsübersicht, die wir hier wiedergeben:
I. Die Substanz der gebräuchlichen Biergläser verschlechtert rasch den Biergeschmack
und Geruch.
II. Die Substanz der gebräuchlichen Biergläser enthält in der Regel Bleioxyd. Diesem
Kapitel sind 46 Abbildungen von Biergläsern aus Wien, Dresden, München, Frankfurt
und Berlin beigegeben mit ihrem procentischen Gehalte an Bleioxyd. Der Gehalt an
Bleioxyd schwankte zwischen 0,08 bis 4,5 Proc. Sechs Gläser aus Berlin enthielten
nur Spuren von Bleioxyd.
III. Das Bleioxyd der Biergläser verschlechtert rasch den Biergeschmack und
Biergeruch.
IV. Auch bleifreie Biergläser verschlechtern den Biergeschmack und Geruch, nur nicht
so intensiv, wie bleihaltige es thun.
V. Bestätigung der von Schultze vorgenommenen Kostproben
durch etwa 100 Personen.
VI. Die Ursache der Verschlechterung des Biergeschmackes und Geruches ist eine
geringe Löslichkeit der bleihaltigen und bleifreien Biergläser in Bier.
VII. Die Glas- und die Bleioxydmengen, welche aus Biergläsern binnen 5 Minuten in
1cc Bier übergehen.
Schultze kommt hier auf Grund einer gröſseren Reihe
sorgfältiger Untersuchungen zu dem Schlusse, daſs die von ihm und ungefähr 100
Personen beglaubigte Verschlechterung des Biergeschmackes und Geruches, welche
bereits erkennbar, wenn Bier bei Abwesenheit von Licht nur 5 Minuten lang in
bleifreien oder bleihaltigen Gläsern steht, verursacht wird durch den Uebergang von
6 bis 26 Zehnmillionstel Milligramm Glassubstanz mit 0 bis 48 Tausendmillionstel
Milligramm Bleioxyd in 1cc Bier.
VIII. Schultze's Untersuchung liefert dem Physiologen
einen experimentellen Beitrag zur Lehre von der Schmeck- und Riechbarkeit kleinster,
hochverdünnter Stoffmengen.
IX. Sammlung von Erscheinungen, die durch die Löslichkeit des Glases im Wasser, in
Würze und Bier u.s.w. hervorgebracht werden.
X. Auszüge aus der Litteratur, betreffend die Löslichkeit des Glases in Wasser und in
sauer reagirenden Flüssigkeiten.
XI. Die bleihaltigen Biergläser gehören zu den genuſs- und gesundheitswidrigen
Gebrauchsgegenständen.
XII. Woher stammt das Bleioxyd des Glases? In welcher Form setzen die Glasfabrikanten
das Bleioxyd dem Glase zu? Warum setzen die Glasfabrikanten manchmal dem Glase
Bleioxyd zu?
Diese Fragen beantwortet Schultze an der Hand der
glastechnischen Litteratur dahin:
Eine auſserordentlich geringe Menge Bleioxyd geht aus dem Sulfat oder der Soda in die
Biergläser über.
Die von Schultze gefundenen auswägbaren Bleioxydmengen
(0,08 bis 4,57 Proc.) stammen daher aus der Hand des Glasfabrikanten.
Der Zusatz von Blei geschieht meist in der Gestalt von Mennige oder Minium, selten in
Gestalt von Bleiglätte, oder auch in Form von bleihaltigem Bruchglase.
Die Einführung von Bleioxyd durch die Glasfabrikanten in die Zusammensetzung der in
Formen erblasenen oder in Formen gepreſsten Gläser, wozu die Biergläser gehören,
geschieht im Interesse der besseren und leichteren Formengebung.
Nach den in dieser Abhandlung gesammelten eigenen und fremden Erfahrungen über das
Vorkommen von Blei in den verschiedensten Glasartikeln wird Jedermann, der
Glassachen braucht, für die Zukunft gut thun, jedes Glas bis zum erbrachten
Gegenbeweise als bleihaltig anzusehen.
XIII. Die bleihaltigen Biergläser vor dem Forum der deutschen und österreichischen
Sanitätsgesetzgebung.
XIV. Die Verabreichung von Faſsbier in Gläsern überhaupt, betrachtet vom
Interessenstandpunkte des zahlenden, zielbewuſsten Biertrinkers. Ersatz des
Bierglases durch den Steinkrug.
Nach Schultze ist Glas bierwidrig und Bier ist
glaswidrig; „beide passen nicht für einander; und weil dem nun einmal so ist, so
hat der zielbewuſste zahlende Biertrinker die Verabreichung von Faſsbier in
Gläsern prinzipiell abzulehnen. Daher muſs im gewöhnlichen Kleinverkehre mit
Bier an die Stelle des Glases der salzglasirte Steinkrug treten.“
XV. Ueber den Steinkrug als Biertrinkgefäſs.
XVI. Ueber den Holzkrug als Biertrinkgefäſs.
XVII. Ueber den inwendig vergoldeten Silberkrug als Biertrinkgefäſs.
XVIII. Ueber den Zinnkrug als Biertrinkgefäſs.
XIX. Stufenleiter der Wertigkeit der verschiedenen Biertrinkgefäſse vom Standpunkte
des zahlenden, zielbewuſsten Biertrinkers.
Der vom Biertrinker erwartete und bezahlte Genuſswerth eines Faſsbieres kommt auf
Grund vorliegender Untersuchung zum Vorscheine:
gut: in gedeckelten, salzglasirten Steinkrügen.
Bleiglasirte Krüge sind abzulehnen;
besser: in gedeckelten Zinnkrügen, wie sie
beispielsweise der Hofzinngieſser Jos. Lichtinger in
München anfertigt und verkauft;
am besten: in gedeckelten, inwendig vergoldeten
Silberkrügen;
schlecht: in bleifreien, geblasenen, harten Gläsern;
schlechter: in bleifreien, gepreſsten, weichen
Gläsern;
am schlechtesten: in bleihaltigen, gepreſsten oder in
Formen erblasenen Gläsern.
Porzellankrüge, selbst wenn sie aus Meissener Porzellan gefertigt sind nichts
nutz.
Holzkrüge sind wegen der Pechglasur immer fraglich.
In einem speciell für den Chemiker bestimmten Anhange wird dann noch behandelt:
A. Das Auskochen der Biergläser und der Bierkrüge mit 4procentigem Essig im Sinne des
Deutschen Reichsgesetzes vom 25. Juni 1887 betreffend den Verkehr mit blei- und
zinkhaltigen Gegenständen.
B. Die Ermittelung des Bleioxyds der Biergläser.
C. Das Auswägen der Biergläser.
C. J.
Lintner.