Titel: | Das Entzinnungsverfahren der Weissblechabfälle; von Dr. B. Schultze zu Trotha. |
Autor: | B. Schultze |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 279 |
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Das Entzinnungsverfahren der Weiſsblechabfälle;
von Dr. B. Schultze zu
Trotha.D. R. P. Nr. 50718.
Das Entzinnungsverfahren der Weiſsblechabfälle.
Dieses neue Verfahren beruht darauf, daſs das Zinn in direkter oder indirekter Weise
mit Hilfe von Eisenoxyd oxydirt, in verdünnter Schwefelsäure (oder Salzsäure) gelöst
und aus der Lösung das Zinn durch metallisches Eisen ausgefällt wird.
Patentanspruch: Die Wiedergewinnung des Zinns aus Weiſsblechabfällen und anderen
zinnhaltigen Substanzen
1) durch Auflösung des metallischen Zinns
entweder a) mittels einer sauren oder neutralen Lösung von Eisenoxyd in irgend einer
Säure,
oder b) mittels Schwefelsäure oder Salzsäure, in der Eisenoxydhydrat oder Eisenoxyd
neben dem aufzulösenden Zinn suspendirt ist,
oder c) mittels Zinnoxydlösung, deren Herstellung durch Oxydation von
Zinnoxydullösung mittels Eisenoxydhydrats oder Eisenoxyds oder Eisenoxydlösung oder
durch Einleiten von Luft in dieselbe bewirkt wurde,
2) durch Fällung des Zinns aus der ad 1 erhaltenen Zinnauflösung mittels metallischen
Eisens, nachdem die Lösung in eine ganz neutrale Oxydullösung übergeführt ist.
Bekannt ist es, daſs in sauren Eisenoxydlösungen viele Metalle leicht löslich sind.
Eigenthümlicher Weise aber fand die Auflöslichkeit des Zinns in solchen keine
Beachtung. Unter den vielen für Weiſsblechabfälle-Entzinnung vorgeschlagenen
Methoden macht bis dahin nicht eine den Sauerstoffgehalt des Eisenoxyds nutzbar, und
doch bildet gerade er das billigste Mittel für diesen Zweck. Direkt als Lösemittel
verwendet B. Schultze entweder a) saure Eisenoxydlösung
oder b) saure Zinnoxydlösung (hergestellt durch Oxydation von Zinnoxydullösung durch
Eisenoxydlösung) oder c) verdünnte Schwefelsäure, in der neben und gemischt mit den
zu entzinnenden Abfällen stark angerostete Eisenschnitzel (nämlich früher entzinnte
und dann an der Oberfläche gerostete Blechabfälle) sich befinden.
Das Zinn aus seinen Lösungen in Säuren durch Eisen auszufällen, war bis jetzt
unmöglich. Vor Jahren von B. Schultze direkt
angestellte Versuche, bei der Fällung des Zinns das Zink durch Eisen zu ersetzen,
verliefen resultatlos, dagegen beobachtete er später bei anderer (mit diesen
Versuchen nur indirekt zusammenhängender) Gelegenheit, daſs aus einer Zinnlösung in
Schwefelsäure, in der ein Gemenge von Rost, metallischem Zinn und metallischem Eisen
befindlich war, auf dem Eisen ein graues Metallpulver sich ausschied, welches aus
reinem metallischem Zinn bestand. – Die Fällung durch Eisen tritt ein, sobald das
Zinn in völlig neutraler und nur Oxydul enthaltender Lösung vorhanden ist. Die
geringsten Spuren von überschüssiger Säure oder von höheren Oxyden verhindern sie.
Conform seiner ersten Beobachtung läſst B. Schultze
eine Mischung von Eisenrost, metallischem Zinn und metallischem Eisen (ein Gemenge
von frischen unentzinnten Weiſsblechabfällen und von entzinnten stark angerosteten
Eisenschnitzeln) auf die Zinnlösung einwirken, um sie in den für die Fällung durch
Eisen benöthigten Zustand überzuführen. Die noch freie Säure wird dabei bis auf die
letzten Spuren unter Bildung von Eisenmono- und Zinnbisulfat gebunden; letzteres
aber geht unter Aufnahme von Zinn wieder in Zinnmonosulfat über. Die Reaction
verläuft entsprechend den folgenden Gleichungen:
1) Fe2O3, 3H2O + SnOSO3 + 3SO3H2O = 2FeOSO3 +
SnO2, 2SO3 +
6H2O
2) SnO2, 2SO3 + Sn= 2SnOSO3.
Nur so weit die vorhandene freie Säure – entsprechend Gleichung 1 – zulangt, oxydirt
sich am Rost das gelöste Zinnoxydul zu Zinnoxyd. Ist die Säure zu neutralem Salz
gebunden, so bewirkt das Eisenoxydhydrat in der Lösung des Zinnoxyduls eine
Oxydation des letzteren nicht mehr. Der Zeitpunkt aber, zu dem alles nach Gleichung
1 entstandene Zinnbisulfat durch Aufnahme von Zinn nach Gleichung 2 in
Zinnmonosulfat übergegangen ist, kennzeichnet sich dadurch, daſs von da an auf neben
dem Rost und Zinn vorhandenen grauen Eisen (auch in den Ritzen zwischen dem Rost auf
den angerosteten Abfällen) ein allmählich wachsender Niederschlag erscheint, der theils ein graues,
schwammiges Pulver, theils schöne halb stahl-, halb silberfarbige glänzende,
mitunter mehrere Millimeter groſs werdende Krystallschuppen bildet und aus
metallischem Zinn besteht.
Die Fällung des Zinns durch Eisen erfordert tagelange Zeit, Sie geht also im
Vergleiche zu der durch Zink äuſserst langsam vor sich. Sie ist eine vollständige.
Nach ihrer Beendigung gibt Schwefelwasserstoff zu einer Probe der Flüssigkeit
gegeben, auch nicht Spuren eines Niederschlags.
Versuche, das Zinn durch Eisen zu fällen, nachdem die Zinnlösung in anderer Weise,
z.B. durch Zufügung von Na2CO3 oder NaHO u.a., möglichst genau neutralisirt ist,
haben fast stets ein negatives Ergebniſs.
Zur Ausführung der Arbeit sind nur einfache offene Holzbottiche und relativ geringe
Mengen der billigsten Chemicalien erforderlich. Der Bedarf an letzteren beschränkt
sich je nach der Art der Arbeit auf etwa 100 bis 600k Kammersäure im Werthe von 4 bis 24 M. für 100k gewonnenes Zinn im Werthe von 180 bis 200 M. und
für 2500 bis 4000k gewonnenes Eisen im Werthe von
75 bis 160 M., also auf eine Ausgabe von 4 bis 24 M. auf einen Zinn- und Eisenwerth
von 255 bis 360 M. Der Verbrauch an Kohlen ist unbedeutend.
Von den Hauptproducten erhält man das Zinn fast oder ganz chemisch rein in
Pulverform, vorzüglich geeignet zur Auflösung in Säuren oder Alkalien, zur
Darstellung aller Arten von Zinnpräparaten und ganz besonders zur bequemsten und
billigsten Erzeugung von fast und ganz chemisch reinem Zinnoxyd für
Emaildarstellung. Die Eisenrückstände sind so vollständig von Zinn befreit, wie nach
einer anderen Methode im Groſsen nie zuvor, und deshalb werthvoller, als dergleichen
mehr oder minder zinnhaltige. Sie gestatten eine Verwendung als reinstes
Schmiedeeisen.
Als Nebenproducte werden bester Eisenvitriol oder, will man die Enderzeugung von
solchem ganz oder zum Theil umgehen, Eisenbeize für Färbereien und rothe und braune
Eisenoxydfarben gewonnen; bei der Reinigung der Weiſsblechabfälle von den ihnen
gewöhnlich in geringer Menge beigemengten Zinkspänen auch Zinkvitriol oder
Chlorzink.
Alle angewandten Materialien werden in Producten erhalten, die ihre volle Verwerthung
zulassen. Nichts geht verloren.
Recht werthvoll für die Entzinnungsmethode der Weiſsblechabfälle durch Schwefelsäure
und Eisenoxyd ist auch die Beobachtung von B. Schultze,
daſs der Lack von der Oberfläche lackirten Weiſsblechs sich ablöst, wenn es kurze
Zeit mit Schwefelsäure von 1,5 bis 1,84 spec. Gew. bei etwa 100° C. digerirt wird.
Die hierauf basirende Entlackungsarbeit wird gegebenenfalls vor der Entzinnung
ausgeführt. Man taucht die in verbleite Eisenkörbe gefüllten lackirten Schnitzel
kurze Zeit in auf über 100° C. erwärmte Schwefelsäure von etwa 1,7 spec. Gew.
ein.
Sofort beginnen kleine Blasen zwischen Lackschicht und Metalloberfläche sich zu
bilden, zersprengen beim Gröſserwerden den Lacküberzug und trennen ihn in Form
kleiner Blättchen, im Uebrigen aber wohl erhalten und nicht etwa verkohlt, von der
Metalloberfläche. Die Ursache der Gasbildung zwischen Metall und Lackschicht ist
noch nicht festgestellt; sie kann ebenso wohl in einer Einwirkung der Säure auf das
unterliegende Metall, wie auf den deckenden Lack beruhen.
Bei der Wiedergewinnung des Zinnes aus den Weiſsblechabfällen lassen sich im
Groſsbetriebe drei Hauptvorgänge unterscheiden:
1) Die Auflösung des Zinns,
2) die Ausfällung des Zinns aus der Lösung,
3) die Verarbeitung der entzinnten Laugen.
Hierzu tritt für den Fall, daſs die Abfälle lackirt sind,
4) die Entlackung der lackirten Weiſsblechabfälle,
und für den Fall, daſs sie Zinkspäne beigemengt enthalten,
5) die Entzinkung der lackirten und unlackirten Abfälle.
1) Die Auflösung des
Zinns.
Als Lösungsmittel dienen entweder saure Eisenoxydlösung, oder saure
Zinnoxydlösung, oder verdünnte Schwefelsäure, oder Salzsäure.
Bei Anwendung saurer Eisenoxydlösung werden groſse eiserne Körbe mit den zu
entzinnenden blanken Weiſsblechabfällen angefüllt und mittels eines Krahnes in
groſse oben offene, verdünnte saure schwefelsaure Eisenoxydlösung enthaltende
Holzbottiche eingehängt. Unter Reduction des Eisenoxyds löst sich der
Zinnüberzug der Schnitzel in wenigen Stunden vollständig auf.
Nach völliger Entzinnung der Blechabfälle hebt man die Körbe aus der Lösung
heraus, taucht sie in einen Bottich mit Abspülwasser ein und kippt sie so aus,
daſs man einzelne etwa unentzinnt gebliebene Blechstreifen oder Partien solcher
aus den völlig entzinnten leicht herauslesen kann. Nachdem dies geschehen ist,
bildet man aus den nunmehr reinen Eisenblechspänen durch Einstampfen in
zweckmäſsig eingerichtete Blechformen Ballen, die an Eisenhütten abgegeben
werden.
Die ausgesuchten, nicht vollständig entzinnten Partien werden entweder den
frischen Weiſsblechabfällen zur Entzinnung zugegeben oder man bringt sie nach
dem möglichst frei liegenden Rostplatz und über-läſst sie hier, in gröſsere
Haufen gestürzt, der Rostung an der Luft. Die Einwirkung der Atmosphärilien
verwandelt die schwachen Eisenblechschnitzel zunächst oberflächlich,
schlieſslich ganz in Rost, der zur Darstellung von Eisenoxydlösung oder
Zinnoxydlösung oder zur Neutralisation verwendet werden kann.
In die Löseflüssigkeit der Bottiche werden so oft frische Weiſsblechabfälle
eingehängt, als ihr Zinnüberzug noch leicht und vollständig aufgelöst wird.
Geschieht dies nicht mehr, so enthält sie im Wesentlichen neben schwefelsaurem
Zinnoxydul und Eisenoxydul nur noch wenig freie Säure und vielleicht etwas
Zinnoxyd. Sie wird nun in die Neutralisirungsgefäſse abgezogen auf ein Gemenge
von metallischem Zinn und Rost. Die noch freie Säure sättigt sich mit
äquivalenten Mengen beider (unter Reduction des Eisenoxyds zu Oxydul und unter
Oxydation des Zinns); es entsteht eine ganz neutrale nur Oxydulsalze enthaltende
Lösung.
Bei Anwendung saurer Zinnoxydlösung wird in gleicher Weise, wie eben gezeigt,
verfahren. Der alleinige Unterschied liegt darin, daſs in den Lösebottichen als
Löseflüssigkeit sich an Stelle der sauren schwefelsauren Eisenoxydlösung saure
schwefelsaure Zinnoxydlösung befindet.
Verdünnte Schwefelsäure oder Salzsäure wird gewendet bei gleichzeitiger Gegenwart
von Eisenoxydhydrat oder Eisenoxyd. Die eisernen Körbe beschickt man mit einem
in passendem Verhältnisse hergestellten Gemenge aus frischen blanken
Weiſsblechabfällen und aus stark gerosteten (vor der Rostung entzinnten)
Schnitzeln, wie sie bei dem beschriebenen Rostvorgange erhalten werden und hängt
sie in die mit verdünnter, 15 bis 20procentiger Schwefelsäure angefüllten
Bottiche ein. Unter Reduction des Eisenoxyds zu Oxydul und gleichzeitiger
Oxydation des Zinns entsteht eine Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydul und
schwefelsaurem Zinnoxydul auch schwefelsaurem Zinnoxyd, so weit überschüssiger
Rost und überschüssige Säure dessen Bildung zuläſst.
Die Zinnauflösung geht in dieser Weise ebenso einfach, leicht und sicher vor
sich, wenn auch langsamer, als beim Einhängen in die vorher bereitete Eisenoxyd-
oder Zinnoxydlösung. Nach 6 bis 24stündiger Einwirkung – die Zeit richtet sich
je nach, der Temperatur und nach dem Gehalte der Lösung an freier Säure – ist
bei genügend vorhandenem Roste sowohl der weiſse glänzende Ueberzug der frischen
Weiſs-Wechabfälle, als der rothe matte der verrosteten Schnitzel verschwunden.
Alle Ueberbleibsel sind grau geworden, zeigen die Farbe des reinen Eisens.
Zweckmäſsig mischt man so, daſs etwas Rost im Ueberschusse vorhanden ist, von
dem dann nach vollendeter Zinnauflösung an einzelnen Stellen noch ungelöste
Theile sich vorfinden.
Das Herausheben der Körbe, Abwaschen mit Wasser, Ausschütten, Aussuchen und das
zu Ballen machen der entzinnten Abfälle, endlich das Rostenlassen der
unvollständig entzinnten Schnitzel geschieht wie früher beschrieben.
Das Einhängen von Körben mit weiterem Gemenge blanker Weiſsblechabfälle und
gerosteter Eisenschnitzel in die Säure wird so oft wiederholt, bis diese nichts
mehr löst. Sie ist dann ganz gesättigt und es sind nur noch Oxydule in Lösung.
Die Neutralisirung und die Bildung der nur Oxydule enthaltenden Lösung erfordert
hier keinen gesonderten Vorgang. Sie vollzieht sich direkt in den Lösebottichen bei
genügend oft wiederholtem Einhängen des Zinn- und Rost-Gemenges.
2) Die Ausfällung des Zinns aus
der Lösung.
Die bei den beschriebenen Vorgängen erzielte, ganz neutrale, nur Oxydule
enthaltende Lösung läſst man in Bottiche laufen, in denen sich reines,
metallisches Eisen (entzinnte Weiſsblechabfälle) befindet. Hier scheidet sich
unter gleichzeitiger Auflösung des Eisens das Zinn langsam als graues
Metallpulver und in silberglänzenden, schönen Krystallschuppen ab. Die
Ausfällung ist vollständig. In der übrigbleibenden Flüssigkeit sind selbst
Spuren von Zinn nicht mehr nachweisbar. Das Zinnpulver wird gesammelt, von
mechanisch anhängenden Eisentheilchen durch Schlämmen und durch Behandlung mit
etwas verdünnter Schwefelsäure befreit, mit Wasser gewaschen und eingeschmolzen
oder auf Zinnpräparate verarbeitet.
3) Die Verarbeitung der erhaltenen
Eisenvitriollaugen.
a) Die entzinnten Vitriollaugen läſst man in freier Luft über groſse Haufen von
entzinnten Eisenblechabfällen tröpfeln und erzielt hierdurch in leichtester,
billigster und bequemster Weise ihre Eindunstung. Sie werden nur in solcher
Menge über die Haufen gegossen, daſs keine oder nur wenig Lauge abflieſst,
sondern eine krystallinische Ausscheidung von rohem Eisenvitriol auf den
Schnitzeln entsteht.
b) Um letzteren zum Verkauf geeignet zu machen, wird er durch Umkrystallisation
raffinirt; direkt kann er zur Erzeugung der zur Auflösung des Zinns benöthigten
Eisenoxyd- bezieh. Zinnoxydlösungen Verwendung finden. Durch Röstung führt man
ihn dann in basisch schwefelsaures Eisenoxyd über, aus dem bei Behandlung mit
Schwefelsäure concentrirte schwefelsaure. Eisenoxydlösung hervorgeht. Durch
Zugabe von Zinnoxydullösung zu letzterer entsteht schwefelsaure
Zinnoxydlösung.
Als Zinnoxydullösung sind die bei der Auflösung des Zinns erhaltenen Lösungen
direkt verwendbar. Mischt man diese mit concentrirter neutraler Eisenoxydlösung,
so scheidet sich – gleichzeitig mit der Oxydation des Zinnoxyduls – als
Niederschlag Eisenvitriol krystallinisch aus, der durch Rösten wieder in basisch
schwefelsaures Eisenoxyd übergeführt wird.
Bei Digestion mit Wasser zerfällt der geröstete Vitriol in sich lösendes, weniger
basisches, schwefelsaures Eisenoxyd und in ungelöst bleibendes stärker
basisches. Vortheilhaft benutzt man nur das erstere zur Darstellung von
Zinnoxydlösung, während das letztere auf Eisenbeize und Eisenfarben oder anderes
verarbeitet wird.
Auch durch Auflösen von Rost, Brauneisenstein oder anderen Eisenoxydhydraten in
Schwefelsäure kann die benöthigte Eisenoxydlösung (bezieh. Zinnoxydlösung)
dargestellt werden.
4) Die Entlackung der lackirten
Weiſsblechabfälle.
Besitzen die Weiſsblechabfälle einen Lacküberzug, so müssen sie von ihm befreit
werden, ehe die Ablösung des Zinns möglich ist. Die lackirten Abfälle werden
deshalb vor der Entzinnung in eiserne, eventuell verbleite Körbe gefüllt und in
gut verbleite oder bleierne Gefäſse mittels eines Krahnes eingehängt, in denen
Schwefelsäure von 1,7 bis 1,84 spec. Gew. sich befindet, die durch indirekten
Dampf mittels auf dem Boden der Gefäſse liegender Bleischlangen stark, auf etwa
100°, erwärmt ist. Die Loslösung des Lackes beginnt fast sofort und ist binnen
kurzer Zeit vollendet. Nach völliger Entlackung hebt man die Körbe aus dem
Entlackungsgefäſse heraus und senkt sie sofort in die daneben stehenden
Zinnauflösungsbottiche ein.
5) Die Entzinkung der lackirten
und unlackirten Abfälle.
Gewöhnlich enthalten die Weiſsblechabfälle geringe Beimengungen von
Zinkblechspänen. Zweckmäſsig entfernt man auch diese aus den Abfällen vor der
Entzinnung, da erstens ihre Gegenwart beim Eintauchen in den
Zinnauflösungsbottich eine Ausscheidung des bei den früheren Operationen
gelösten Zinns als Metallpulver bewirken und für die Entzinnung einen dem
Zinkgehalte entsprechenden unnöthigen gröſseren Aufwand an Rost und
Schwefelsäure hervorrufen würde und zweitens der Werth des Zinks verloren
geht.
Bei Gegenwart von Zink hängt man deshalb die in die eisernen event. verbleiten
Körbe gefüllten lackirten oder unlackirten Abfälle zuerst in den mit 15- bis
20procentiger Schwefelsäure gefüllten Entzinkungsbottich ein und läſst sie darin
so lange, als Blasenbildung, Wasserstoffentwickelung, wahrgenommen wird. Hat
diese aufgehört, so ist die Entzinkung vollendet und die Körbe werden aus dem
Entzinkungsbottiche herausgehoben, die lackirten Abfälle zunächst in das
Entlackungsgefäſs und aus diesem in die Zinnauflösungsbottiche, die unlackirten
sofort in die letzteren gebracht.
Löst die angewandte Schwefelsäure – weil gesättigt – kein Zink mehr auf, so wird
die entstandene zinn- und eisenhaltige Zinksulfatlösung zunächst mit Zinkasche
oder anderen zinkoxydhaltigen Abfällen digerirt, dann über Zinkspäne oder
Zinkgranalien filtrirt und schlieſslich durch Gradirung über Zinkspanhaufen
eingedunstet. Durch die Digestion mit Zinkasche bildet sich ein wenig gelöstes
basisch schwefelsaures Zinkoxyd. Bei der Filtration über metallisches Zink wird
unter Lösung von Zink das Zinn metallisch abgeschieden, und bei der folgenden
Gradirung über Zinkspäne durch die weitgehendste Einwirkung der Luft auf die
feinst zertheilte Vitriollösung einerseits unter Mitwirkung des gelösten basisch
schwefelsauren Zinkoxyds schnelle Oxydation des verunreinigenden
Eisenoxydulsalzes zu basischem Eisenoxydsalz, andererseits starke Verdunstung
und in Folge dessen die Auskrystallisirung von rohem festen Zinkvitriol in
den Zinkspanhaufen herbeigeführt. Schlieſslich trennt man durch heiſse Lösung,
Klärung und Umkrystallisation des auf den Zinkspänen ausgeschiedenen rohen
Zinkvitriols das unlösliche, basisch schwefelsaure Eisenoxyd von dem reinen,
löslichen Zinksulfat.
Die Aufarbeitung und Nutzbarmachung anderer zinn- und zinkhaltiger Abfälle
geschieht in ähnlicher, je nach der Beschaffenheit der Abfälle und den Umständen
etwas abgeänderter Weise.
Auch aus geringen Mengen von Weiſsblechschnitzeln läſst sich nach diesem
Verfahren gleich durch den Kleinklempner das Zinn einfach und vortheilhaft
wieder gewinnen. Der ganze nöthige Arbeitsapparat besteht hier aus den beiden
Hälften einer durchsägten Erdöl-, Theer-, Herings- oder anderen noch kleineren
Tonne. Der Boden der einen Hälfte wird mit einem Abfluſsröhrchen versehen, sie
selbst aber auf einer alten Kiste derart aufgestellt, daſs die andere Faſshälfte
sich leicht unter das Abfluſsrohr schieben läſst. Durch einen unten etwas
conischen Holzstab schlieſst man dieses, füllt dann das obere Faſs mit den zu
entzinnenden Schnitzeln, bereitet im unteren so viel verdünnte, 10- bis
20procentige Schwefelsäure, daſs mit ihr die Abfälle vollständig bedeckt werden
können und gieſst oder schöpft die Säure auf die letzteren über. Nach einem Tage
läſst man die Flüssigkeit in das untergestellte zweite Faſs ablaufen und dann
bei offenem Abfluſsrohre die Luft mehrere Tage auf die mit Säure befeuchteten
Schnitzel einwirken. Während derselben oxydirt sich das Zinn oberflächlich. Zwei
bis sechs Tage nach dem Ablassen schlieſst man das Abfluſsrohr, füllt die Säure
aus dem unteren Faſs wieder in das obere über, läſst sie in einigen Stunden in
das untere zurücklaufen und abermals die Luft tagelang auf die Schnitzel
einwirken. Die Operationen werden so oft wiederholt, bis die Oberflächen der
Blechabfälle die graue Farbe des reinen Eisens zeigen. Alles Zinn ist dann in
der verdünnten Schwefelsäure gelöst enthalten. Mit derselben Löseflüssigkeit
werden so lange frische Weiſsblechschnitzel behandelt, bis sie ihre
Lösefähigkeit eingebüſst hat.
Mit Rücksicht darauf, daſs diese Operationen in der Praxis durch Leute ausgeführt
werden, deren Verständniſs für chemische Vorgänge und Arbeiten nur sehr gering
ist, wird aus der erhaltenen Lösung das Zinn nicht durch Eisen, sondern durch
Zinkblechschnitzel ausgefällt, da dies auch ohne Innehaltung besonderer Vorsicht
stets gelingt, und da der Werth der benöthigten geringen Mengen
Zinkblechschnitzel für den Kleinklempner gar nicht in Betracht kommt.
Bei fortgesetzter Entzinnungsarbeit kann die Zinnauflösung wesentlich vereinfacht
und beschleunigt werden, wenn man einen Theil der entzinnten Abfälle rosten
läſst und dann die unentzinnten Schnitzel im Gemenge mit gerosteten im oberen
Faſs mit verdünnter Schwefelsäure oder mit den aus ihr erhaltenen unvollständig
gesättigten Zinnlösungen behandelt. Dann löst sich in einmaliger Operation der
gesammte Zinnüberzug auf.
Den Weiſsblechschnitzeln beigemengte Zinkabfälle werden vor der Entzinnung
entweder mit der Hand mechanisch ausgelesen, oder durch eine besondere Operation
mit extra hierzu bestimmter verdünnter Schwefelsäure ausgelöst.
Das erhaltene Zinnpulver mengt man nach dem Trocknen mit etwas Soda-,
Colophonium- oder Holzkohlen-Pulver oder mit wenig Oel oder Talg und schmilzt es
im eisernen Schmelzlöffel ein.
Statt verdünnter Schwefelsäure kann auch verdünnte Salzsäure verwendet
werden.