Titel: | Ueber Verwendung von Ferrosilicium in der Giesserei und die Jüngst'schen Schmelzversuche. |
Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 346 |
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Ueber Verwendung von Ferrosilicium in der
Gieſserei und die Jüngst'schen Schmelzversuche.
Ueber Verwendung von Ferrosilicium in der Gieſserei.
Schon seit längerer Zeit war von Seiten wissenschaftlich gebildeter Eisenhüttenleute
auf die gegenseitigen Beziehungen des Siliciums, des Kohlenstoffes und des Roheisens
aufmerksam gemacht worden, ohne daſs jedoch diese Bemerkungen von Seiten der in der
Praxis stehenden Gieſsereitechniker besonders beachtet worden wären. So findet sich
schon 1885 258 171 die Mittheilung, daſs nach Turner ein Siliciumgehalt bis zu 2,5 Proc. die
Festigkeit des Guſseisens erhöht, die Abscheidung des Kohlenstoffes als Graphit
begünstigt und zur Bildung glatter und schöner Güsse beiträgt. Von den deutschen
Hüttenleuten war es in erster Linie Bischof, welcher
für einen Siliciumgehalt des Gieſsereieisens eintrat, mit glücklichem Erfolge durch
Erhöhung des Siliciumgehaltes die Bildung grauen Gieſsereieisens bewirkte und die
Vorzüge bezüglich der Haltbarkeit dieses Eisens dem schottischen Gieſsereieisen
gegenüber nachwies. – Die Praktiker verhielten sich der Verwendung des
Ferrosiliciums zu Gieſsereizwecken gegenüber ablehnend, da die Ansicht allgemeine
Geltung hatte, daſs ein Siliciumgehalt dem Gieſsereieisen eher schade als nütze.
Lebhaft angeregt wurde die Frage durch den Vortrag Gautier's vor dem Iron and Steel Institut,
über welchen wir 1887 266 303 und 1889 274 166 eingehend berichteten.
Da sich nun an diesen Vortrag bald geschäftliche Reklamen anschlössen, so z.B. ein in
Basel von Sommer ausgegebenes Flugblatt behauptete, es
könne durch einen geringen Zusatz von Ferrosilicium Brucheisen und Brandeisen in
brauchbares Gieſsereieisen umgewandelt und das theure (schottische) Gieſsereieisen
entbehrlich gemacht werden, so nahm sich der Verein deutscher Gieſsereien der Sache
an und beschloſs, durch Schmelzversuche mit Ferrosilicium im Cupolofen der Sache
näher zu treten. Zu diesen Versuchen wurde seitens des Vereins eine Unterstützung
von 1000 M. bewilligt. Der Minister der öffentlichen Arbeiten in Preuſsen
unterstützte das Unternehmen dadurch, daſs er die Genehmigung zur Anstellung der
einschlägigen Versuche auf der Königlichen Eisengieſserei Gleiwitz ertheilte. Mit
den Versuchen wurde Herr
Jüngst beauftragt, der seine Aufgabe mit Geschick
und Erfolg gelöst hat. Ein ausführlicher, mit reichem Zahlenmaterial belegter
Bericht wurde in der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und
Salinenwesen, Bd. 38 Heft 1, veröffentlicht, den wir im Nachstehenden
seinem Hauptinhalte nach mittheilen, indem wir bezüglich der analytischen und
technisch-mechanischen Belegszahlen auf die Quelle verweisen.
Die Versuche waren darauf gerichtet, zu erforschen, ob die bislang von Turner, Ledebur, Wood und Gautier aufgestellten Behauptungen zutreffend sind? und wenn dies der
Fall, wie sich die Verwendung des Ferrosiliciums für deutsche Verhältnisse gestalten
müsse. Dann war noch die Menge des Ferrosiliciums, sowie die Einwirkung fremder
Bestandtheile des Roheisens als Mangan, Phosphor und Schwefel zu erforschen.
An Schmelzmaterialien kamen zur Verwendung: a) 3 Sorten Siliciumeisen von 5,3, 10,4
und 14,3 Proc. Silicium; ferner b) 3 Sorten weiſses Roheisen von 0,85, 0,35 und 0,33
Proc. Silicium bei entsprechend 3,54, 3,41 und 0,52 Proc. Mangangehalt, 3,93, 3,53
und 2,76 Proc. Kohlenstoff und 1,07, 1,08 und 0,91 Proc. Phosphor; c) 3 Sorten
Brucheisen von 3,38, 2,71 und 2,05 Proc. Silicium; d) 2 Sorten Brandeisen; e) 7
Sorten graues Gieſsereieisen, deren Siliciumgehalt von 3,02 bis 1,06, deren
Kohlenstoff von 3,52 bis 2,77, deren Mangan von 2,01 bis 0,44 und deren
Schwefelgehalt von 1,49 bis 0,1 Proc. wechselt; f) Schmiedeeisenabfälle mit nur
geringen Beimischungen.
Die Schmelzungen wurden in einem Ibrügger Cupolofen von
700mm Durchmesser, 3600mm Höhe ausgeführt, dessen Schmelzfähigkeit 4t in der Stunde beträgt, bei einem Sammelraum von
650mm Höhe und 800mm Durchmesser.
Bei Bestimmung der Gattirung wurde in erster Linie der Siliciumgehalt durch Rechnung
festgestellt, in zweiter Linie wurde der Gehalt an Mangan und Kohlenstoff
berücksichtigt, sowie der Verbindungszustand des letzteren. Es wurde nun zunächst
jede einzelne Waare für sich durchgeschmolzen und dann der Einfluſs derselben bei
den verschiedensten Zusammensetzungen mit Ferrosilicium und anderen Eisensorten
beobachtet.
Zur Erhaltung einer möglichst gleichen Temperatur wurde bei den Versuchsschmelzen
zunächst 1t,5 Roheisen für gewöhnliche
Betriebszwecke durchgeschmolzen, dann eine leere Gicht von 100k Koks und darauf die zu untersuchende Beschickung
in Gichten von 500k Roheisen, 45k Koks und 5k
Kalkstein gesetzt. Sobald das Eisen durchgeschmolzen war, wurde dasselbe in eine
1t,5 Roheisen fassende Pfanne abgestochen und
die Guſsstücke in folgender Reihenfolge abgegossen: Dachplatten, Bratofenplatten,
Falzplatten, Schüsselöfen, Achsbüchsenlager, Probestäbe zur Bestimmung der
Biegefestigkeit (heiſs gegossen), quadratische hatten in Herd- und Kastenguſs (zur
Ermittelung der Festigkeit gegen Schlag), Probestäbe (zur Ermittelung der Zugfestigkeit),
Keile (zur Beurtheilung des Abschreckens), Riemenscheiben und Räder (zur Bestimmung
der Festigkeit der Nabe gegen Sprengen und der Neigung zum Saugen), Kolbenringe,
Probestäbe zum Bestimmen der Biegungsfestigkeit (matt gegossen), Stopfbüchsen,
Cylinderdeckel und Winkel, welche zum Nachweis der Neigung zur Bildung von
Saugegestellen und Blasenräumen in den Ecken gesprengt wurden.
Es sind im Ganzen 53 Versuchsschmelzen zur Ausführung gelangt, und zwar:
8 Schmelzungen mit Ferrosilicium von 5,32 Proc. Silicium, 19 Schmelzungen mit
Ferrosilicium von 10,38 Proc. Silicium, 6 Schmelzungen mit Ferrosilicium von 14,32
Proc. Silicium, 11 vergleichende Schmelzungen mit weiſsem und grauem Koks- und
Holzkohlen-Roheisen, 5 Versuchsschmelzen mit Ferrosilicium von 10,38 Proc. Silicium
zur Darstellung groſser Maschinentheile, 4 vergleichende Schmelzversuche ohne Zusatz
von Ferrosilicium zur Darstellung von groſsen Maschinentheilen.
Drei Versuchsschmelzen hatten den Zweck, den Einfluſs des Ferrosiliciums auf weiſses
und graues Roheisen bei Gegenwart von Schmiedeeisen zu erkennen. Mit den Abgüssen im
Gewichte von 0,4 bis 4850k (Preſscylinder) wurden
viele Proben gemacht, um ihre Bearbeitungsfähigkeit auf Hobel-, Dreh- und Bohrbänken
festzustellen. Wesentliche Unterstützung leistete zu den Feststellungen der
Vorsteher der königl. Versuchsanstalt, Prof. Martens,
durch seine mikroskopischen Untersuchungen, über welche in der Quelle ausführlich
berichtet wird.
Eine Vergleichung der Analysen des Roheisens und des Guſseisens vor und nach dem
Umschmelzen zeigt, daſs der Siliciumgehalt in der Regel, jedoch
„ungleichmäſsig“ abnimmt, im Durchschnitt = 17 Proc. Der Gehalt an
gebundenem Kohlenstoff nimmt ab in dem Maſse, in welchem Silicium auf denselben
einwirken kann. Besonders deutlich tritt diese Einwirkung des Siliciums hervor in
den Fällen, in welchen weiſses Roheisen allein mit Ferrosilicium gattirt worden ist.
Eine Zunahme an gebundenem Kohlenstoff ist nur da zu verzeichnen, wo Brandeisen
verwendet und wo graues Roheisen mit sehr geringem Siliciumgehalte (1,06 Proc.)
verschmolzen worden ist. Bemerkenswerth ist der nahezu gleichbleibende Gehalt an
gebundenem Kohlenstoff im Guſseisen, wenn Brand-, Bruch- und Graueisen zur
Verwendung gelangt.
Der Gesammtgehalt an Kohlenstoff nimmt fast in allen Fällen zu, in welchen Silicium
und Mangan abnehmen. Diese Elemente schützen den Kohlenstoff vor der Oxydation. Der
Mangangehalt nimmt durchgehends, und zwar ganz bedeutend, ab, im Durchschnitt etwa
um 29 Proc. Der Gehalt an Phosphor ist nur geringfügigen Schwankungen
unterworfen.
Der Gehalt an Schwefel nimmt zu. Abweichungen sind durch auſserordentliche
Verhältniſse herbeigeführt. Die zum Theil sehr bedeutende Zunahme des Schwefels ist der
Einwirkung des Brennmaterials zuzuschreiben, dessen Schwefelgehalt von der sauer
gehaltenen Schlacke nicht vollständig aufgenommen worden ist.
Ein Siliciumgehalt von 1,55 bis 2,25 Proc. mindert die Neigung zum Saugen; ein
geringerer Gehalt dagegen verstärkt wiederum diese Neigung, und ein gröſserer Gehalt
führt zur Bildung von Hohlräumen. Das dichteste Guſseisen ist bei einem Gehalte von
2,24 Proc. Silicium gefallen. Steigender Siliciumgehalt mindert die Neigung des
Guſseisens zum Abschrecken und tritt gleichzeitig der nachtheiligen Wirkung des
Mangans entgegen. Da die Neigung zum Saugen und das Schwinden in genauer Beziehung
zu einander stehen, so ist es erklärlich, daſs Silicium in gleicher Weise die
Neigung des Guſseisens zum Schwinden ermäſsigt, indem es den gebundenen Kohlenstoff
als Graphit ausscheidet. Diese Einwirkung ist dadurch begründet, daſs der Graphit
einen viel gröſseren Raum einnimmt als das Eisen. Da das bei Zusatz von
Ferrosilicium dargestellte Guſseisen wenig saugt und wenig schwindet, so ist auch
die Anbringung groſser verlorener Köpfe nicht erforderlich.
Die Schmelz versuche haben unter den verschiedenen Resultaten ganz auſsergewöhnliche
Festigkeitsziffern des Guſseisens ergeben, welche auf die chemische Einwirkung des
Ferrosiliciums zurückzuführen sind. Eine nähere Untersuchung zeigt jedoch, daſs der
Härtegrad und die Festigkeit des Guſseisens nicht allein von der chemischen
Zusammensetzung, sondern vornehmlich von dem Gefüge desselben abhängig ist. Zwei
Guſseisensorten, welche annähernd dieselben chemischen Bestandtheile besitzen,
weisen oft ganz verschiedene physikalische Eigenschaften auf. So ist auch namentlich
das so auſserordentlich verschiedene Verhalten des Holzkohlen- und Koks-Roheisens
der verschiedenen Anordnung des Gefüges zuzuschreiben. Aus dem Gefüge läſst sich bei
einiger Uebung die Qualität des Guſseisens mit Sicherheit erkennen. Im frischen
Bruche eines guten, festen Guſseisens erscheint ein hellgraues, feinmaschiges,
feschen- oder korallenartiges Netzwerk, in welchem eine dunkelglänzende Masse
polsterartig eingelagert ist. Dieses Netzwerk hält Jüngst für ein stahlartiges Schmiedeeisen mit etwa 0,5 Proc. gebundenem
Kohlenstoff und die eingelagerte Masse für Graphit- und Siliciumverbindungen.
Ersterem schreibt er die hervorragende Festigkeit, letzterem die groſse
Widerstandsfähigkeit gegen Stoſs und die geringe Neigung zum Saugen zu. Diese
Eigenschaften ändern sich bei einer gewissen Zu- oder Abnahme des Siliciums,
Graphits, Mangans, Phosphors und Schwefels.
Ein sprödes, hartes Guſseisen zeigt eine langgestreckte, strahlenförmige Anordnung;
ein weiches, wenig haltbares Guſseisen ein in der hervortretenden dunklen Grundmasse
kaum bemerkbares, groſsmaschiges Netzwerk bei lockerem Gefüge der einzelnen
Bestandtheile.
Schleifstücke lassen das oben erwähnte Netzwerk unter dem Mikroskope recht klar
erkennen; die photographische Aufnahme desselben in 40- bis 50facher Vergröſserung
nicht minder deutlich dem unbewaffneten Auge.
Bezüglich der Biegungsfestigkeit weisen die Versuchsschmelzen nach, daſs die gröſste
Biegungsfestigkeit nicht von einem bestimmten Siliciumgehalte abhängig ist, sondern
daſs annähernd dieselben Festigkeitsziffern bei einem Gehalte von 1,22 bis 3,07
Proc. Silicium erreicht werden können. Ein Siliciumgehalt über 3 Proc. wirkt
abschwächend ein.
Zur Erreichung der gröſsten Biegungsfestigkeit ist neben einem gewissen Gehalte an
gebundenem Kohlenstoff, welcher zwischen 0,49 bis 0,69 Proc. schwankt, noch ein
solcher an Graphit von 1,49 bis 2,89 Proc. erforderlich. Letzterer macht das
Guſseisen dehnbar und wirkt auf die Gröſse der Durchbiegung fördernd ein. Ein
Mangangehalt über 1 Proe. mindert die Biegungsfestigkeit, ein Phosphorgehalt unter 1
Proc. und ein Schwefelgehalt unter 0,16 Proc. lassen wesentliche Nachtheile nicht
erkennen. Aehnliche Erscheinungen zeigen sich bei der Zug- und Druckfestigkeit.
Besonders beachtenswerth ist die auſserordentliche Erhöhung der Stoſsfestigkeit. Ein
Würfel von 30mm Seitenkante zerbrach erst nach dem
11. Schlage einer Arbeitsleistung von 113m/k für einen Schlag. Eine Platte von 1m im Quadrat und 20mm Stärke konnte erst nach dem 24. Stoſs eines 25k schweren Rammbärs aus zuletzt 5m,25 Fallhöhe zertrümmert werden. Die chemische
Zusammensetzung dieser Guſseisensorten zeigte einen Siliciumgehalt von 2,24, 2,57,
2,09 Proc., bei einem entsprechenden Gehalt an Graphit von 2,22, 2,52, 1,81 Proc.
und an Mangan von 0,45, 0,89, 0,55 Proc.
Aus dem durch die Versuche festgestellten Verhalten verschiedener Guſsstücke bei der
Bearbeitung mittels Maschinen ist der hervorragende Einfluſs des Ferrosiliciums zu
erkennen.
Während Schmelzen, bei welchen Graueisengattirungen verwendet, nur Guſsstücke mit
mehr oder weniger groſsen Fehlern und verhältniſsmäſsig geringen Festigkeitsziffern
lieferten, ist dieses bei den Guſsstücken der Schmelzen, welche aus weiſsem Roheisen
und Ferrosilicium dargestellt sind, nicht der Fall. Ein Pumpencylinder von 490mm Durchmesser und 2100k Gewicht war ein in jeder Beziehung
ausgezeichnetes Guſsstück; derselbe arbeitet gegenwärtig unter 190m Wasserdruck auf der Gottessegengrube in
Oberschlesien. Ein Preſscylinder von 160mm
Wandstärke und 4850k Gewicht zeigte sich bei einem
Wasserdruck von 280at vollständig dicht, bis auf
eine kleine Stelle, welche ganz unbedeutend schwitzte. Ein Ventilkasten für
Königsgrube, 1400k schwer, war tadellos;
desgleichen mehrere Dampfcylinder und andere groſse Guſsstücke. Acht Pumpencylinder
von 400mm Durchmesser und je 850k Gewicht sind für die staatliche Steinkohlengrube
Camphausen bei Saarbrücken gegossen, und sollen vier derselben unter 40at Wasserdruck arbeiten.
Für die Festigkeit dieser Guſsstücke sprechen besonders die bei der Bearbeitung
derselben gefallenen Drehspäne, deren Länge bekanntlich den besten Maſsstab für die
Zähigkeit des Guſs- und Schmiedeeisens gibt. Während nun die Späne des Guſseisens
aus Graueisengattirungen nur 2 bis 14mm messen,
weist das aus weiſsem Roheisen bei Zusatz von Ferrosilicium erzeugte Guſseisen
solche bis zu 550mm Länge auf; dazu muſs
ausdrücklich noch hervorgehoben werden, daſs sie nicht künstlich dargestellt,
sondern betriebsmäſsig gefallen sind.
Als Gesammtergebniſs führt Jüngst an:
Ein Rückblick auf die angeführten Schmelzversuche ergibt, daſs hochwichtige Resultate
erreicht worden sind. Insbesondere ist die gefundene Festigkeit des Guſseisens eine
ganz hervorragende und übertrifft die Ziffern, welche bis dahin im technischen Leben
zur Anwendung gelangten, um etwa 50 Proc. Während von dem aus den besten Marken
grauen Roheisens hergestellten Guſseisen eine Biegungsfestigkeit von 25k und eine Zugfestigkeit von 14k für 1qmm
verlangt wurde, haben die Schmelzversuche mit weiſsem Roheisen bei Zusatz von
Ferrosilicium Festigkeiten von bezieh. 37 und 23k
für 1qmm ergeben. Es steht demnach die
Biegungfestigkeit derjenigen des Schmiedeeisens nahe. Diese Erscheinung ist um so
wichtiger, als die versuchsweise Anwendung von Guſsstahl zur Darstellung von
Maschinenguſsstücken, an welche hohe Ansprüche hinsichtlich der Festigkeit,
Dichtigkeit und Weichheit gestellt Werden, wegen dessen Härte, Porosität und
Dehnbarkeit noch keine befriedigenden Erfolge gehabt hat.
Die zu Eingang gestellten Angaben sind nun auf Grund der bei den Schmelzversuchen
erhaltenen Ergebniſse in folgender Weise als gelöst zu betrachten:
1) Es ist nachgewiesen, daſs die von Turner, Ledebur,
Wood und Gautier aufgestellten Behauptungen
hinsichtlich der Einwirkung des Siliciums auf das Guſseisen im Allgemeinen begründet
sind.
Die Schmelzversuche lehren, in welchen Fällen das für sich allein nachtheilig auf die
Qualität des Eisens einwirkende Silicium zur Darstellung eines dichten, festen
Guſseisens beiträgt; sie zeigen ferner, daſs die Anwendung des Ferrosiliciums mit
groſsem Erfolge ohne Schwierigkeit durchgeführt werden kann, sobald das
Schmelzmaterial in seiner chemischen Zusammensetzung nur annähernd bekannt ist.
Geringe Abweichungen wirken nicht in hohem Maſse schädlich ein; die Hauptsache ist,
daſs nicht Ferrosilicium zu lediglich grauem, bereits siliciumhaltigem Roheisen
zugesetzt wird, sondern daſs die Höhe des Zusatzes in erster Linie unter
Berücksichtigung des vorhandenen gebundenen Kohlenstoffs und Graphits bestimmt wird.
Es sind daher die in den Flugblättern des Herrn Sommer
(Basel) empfohlenen Gattirungen mit Vorsicht zu behandeln. Dieselben können nur als
Anhalt dienen. Unter Zugrundelegung der im Berichte enthaltenen Angaben sind ohne
groſse Mühe diejenigen
Gattirungen zusammenzustellen, welche den jedesmal vorliegenden Verhältnissen
entsprechen.
2) Aus den Schmelzversuchen geht hervor, daſs neben der chemischen Zusammensetzung
des Guſseisens das Gefüge desselben einen hervorragenden Einfluſs auf die Festigkeit
ausübt. Dieses Gefüge nun, welches die groſse Festigkeit des Guſseisens bedingt,
kann sowohl durch Umschmelzen grauer Roheisensorten, als auch durch
Zusammenschmelzen mit Ferrosilicium erlangt werden.
Bei der Verwendung von grauem Roheisen wirken viele Zufälligkeiten, welche nicht
immer zu übersehen sind, ein und machen das Gelingen der Guſsstücke fraglich.
Besonders ist dieses der Fall bei Darstellung von Guſsstücken, an welche groſse
Festigkeitsansprüche gestellt werden und welche groſse Wandstärken besitzen, da bei
wachsenden Wandstärken auch die Neigung des Guſseisens zunimmt, Hohlräume zu bilden,
in Folge dessen das Gefüge locker wird und das Eisen an Festigkeit verliert.
Bei der Verwendung von weiſsem Roheisen mit Zusatz von Ferrosilicium fallen diese
Zufälligkeiten gröſstentheils weg, und ist bei einiger Aufmerksamkeit mit groſser
Sicherheit die Darstellung eines Guſsstückes von hervorragenden Eigenschaften zu
erreichen.
Es ist daher das bisher wohl allgemein in Deutschland übliche Verfahren, Guſsstücke,
an welche groſse Festigkeitsansprüche gestellt werden, durch Zusammenschmelzen
grauer Roheisenmarken darzustellen, nicht das richtige, und ist in dieser Beziehung
sowohl vom technischen, wie vom pekuniären Standpunkte aus auch für Deutschland die
Darstellung solcher Guſsstücke aus weiſsem Roheisen bei Zusatz von Ferrosilicium zu
empfehlen. Da jedoch gegenwärtig die Verkaufspreise des Ferrosiliciums sehr hoch
gehalten werden, so ist vorläufig noch die Verwendung von grauem Roheisen zur
Darstellung von Guſsstücken gewöhnlicher Art in pekuniärer Richtung vortheilhafter.
Sollten jedoch, wie zu erwarten, die Verkaufspreise des Ferrosiliciums bedeutend
sinken, so wird die Frage zu verfolgen sein, ob nicht bei Darstellung auch dieser
Guſsstücke die Verwendung von weiſsem Roheisen vorzuziehen ist, zumal die Erblasung
von weiſem Roheisen sich billiger stellt als diejenige Von grauem Roheisen.
Oertliche Verhältnisse müssen hier den Ausschlag geben.
3) Die Frage, ob der Verwendung von minder-, mittel- oder hochwerthigem Ferrosilicium
der Vorzug zu geben sei, kann nur unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse
beantwortet werden.
Zur Zeit der Ausführung der Schmelzversuche wurden für 1t Ferrosilicium gefordert bei einem Gehalte von
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Proc. Silicium
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
58
65
70
80
90
105
110
117
125
148
160
M.
frei Waggon Erzeugungsstelle.
Die auf der Gleiwitzer Hütte durchgeführten Schmelzversuche haben ergeben, daſs bei
Verwendung von mittelwerthigem Ferrosilicium (10,38 Proc. Si) durchgehends die
besten Ergebnisse erlangt worden sind. Bei dem Zusatz von minderwerthigem
Ferrosilicium (5,32 Proc. Si) sind allerdings auch recht hohe Festigkeitsziffern
erreicht worden, doch lieſs das Guſseisen nach anderer Richtung hin recht viel zu
wünschen übrig. Der Grund lag wohl vornehmlich darin, daſs in dem verwendeten
Ferrosilicium ein hoher Gehalt an Mangan vorhanden war, und daſs zur Erlangung der
erforderlichen Menge freien Siliciums groſse Mengen dieses Ferrosiliciums zugesetzt
werden muſsten, wodurch die an und für sich schlechten Eigenschaften dieses
Materials auf das Enderzeugniſs nachtheilig einwirkten. Da nun von schädlichen
Begleitern freies Ferrosilicium mit geringem Siliciumgehalte verhältniſsmäſsig
theuer herzustellen ist, so dürfte dessen Verwendung im Allgemeinen nicht als
vortheilhaft zu bezeichnen sein.
Ferrosilicium mit hohem Siliciumgehalte (14,32 Proc. Si) wirkt sehr kräftig ein, und
ist dessen Verwendung in erster Linie zu empfehlen, zumal dasselbe nur geringe
Mengen schädlicher Begleiter enthalten kann. Es liegt nur die Gefahr vor, daſs bei
der verhältniſsmäſsig geringen Menge, welche dem Roheisen zugesetzt wird, nur ein
örtliches Einwirken stattfindet, was dann leicht ein Erzeugniſs von ungleichmäſsigen
Eigenschaften zur Folge hat. Die Versuchsschmelzen auf der Gleiwitzer Hütte haben in
dieser Beziehung sehr verschiedenartige Erscheinungen in ein und demselben
Guſsstücke ergeben. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, muſs Fürsorge getroffen
werden, daſs ein vollständiges Mischen des ganzen Metallbades, etwa durch Umrühren,
erreicht wird.
4) Nach den Versuchsschmelzen läſst ein Mangangehalt und ein Phosphorgehalt bis zu 1
Proc., sowie ein Schwefelgehalt bis zu 0,16 Proc. im Guſseisen nachtheilige
Einwirkungen auf das Produkt nicht erkennen. Es ist daher bei der Zusammenstellung
der Gattirung darauf zu achten, daſs vorstehende Zahlen nicht überschritten werden.
Besonders ist hierbei auf den Mangangehalt Rücksicht zu nehmen.
Die ausgeführten Schmelzversuche berechtigen zu der Annahme, daſs das weitere Studium
der Eigenschaften des Siliciums und des diesem verwandten Aluminiums dahin führen
wird, daſs aus rein deutschem Materiale mit groſser Sicherheit die zu den
verschiedensten Zwecken erforderlichen Guſsstücke bei verhältniſsmäſsig geringen
Abmessungen in hervorragender Güte dargestellt werden. Auf der Königlichen
Eisengieſserei Gleiwitz werden solche Guſsstücke unter Anwendung von Ferrosilicium
bereits fabrikmäſsig gegossen.
In Stahl und Eisen Nr. 4 1890 bemerkt Ledebur am Ende seines Berichtes über die Jüngst'schen Untersuchungen, daſs durch die angebellten
Versuche erwiesen sei, daſs durch Zusatz von Siliciumeisen zu anderen Eisensorten,
insbesondere zu weiſsem Roheisen, sofern dieses nicht etwa reich an Mangan ist,
ein für die Gieſserei vorzüglich brauchbares Material, ausgezeichnet durch hohe
Festigkeit, geringe Schwindung, geringe Neigung zum Abschrecken und andere gute
Eigenschaften erzielt werden kann; wenn auch Jüngst
diesen Erfolg einer Einwirkung des Siliciumeisens zuschreibe, so sei er selbst der
Ansicht, daſs das Siliciumeisen hierbei nur mittelbar einwirke, indem es die
Möglichkeit gibt, solches Eisen zu benutzen, welches geringere Mengen von
Fremdkörpern als graues Roheisen enthält. Weiſses Roheisen, bei niedrigerer
Temperatur erblasen, nimmt, wie Ledebur sagt,
verschiedene fremde Körper gar nicht oder jedenfalls in geringerer Menge auf als
graues. Gibt man nun dem weiſsen Roheisen Gelegenheit, Silicium aufzunehmen, ohne
die Menge der sonstigen Fremdkörper zu vermehren, so verwandelt es sich in graues
Roheisen, welches sich vor den meisten übrigen Sorten Graueisen vortheilhaft
auszeichnen wird. Daſs ein Zusatz von reinem Silicium statt des Siliciumeisens den
gleichen, vielleicht einen noch günstigeren Erfolg haben würde, kann nicht
zweifelhaft sein.
Im Uebrigen dürfe man nicht auſser Acht lassen, daſs die sehr günstigen Ergebnisse
der Festigkeitsprüfungen, welche mit den unter Zusatz von Siliciumeisen bereiteten
Guſseisensorten erhalten wurden, doch nicht ganz vereinzelt dastehen. Jüngst selbst erzeugte bei früheren Schmelz versuchen
durch wiederholtes Umschmelzen Gleiwitzer Roheisens ein Guſseisen mit 37k,09 Biegungsfestigkeit; Meterplatten von 20mm Stärke, aus diesem Eisen gegossen, wurden erst
nach 22 Schlägen der aus 5m,75 Höhe geworfenen
25k schweren Fallkugel zertrümmert.
Holzkohlenroheisen von Reschitza, in rechtwinkligen Stäben von 100 × 200mm Querschnitt durch Prof. Bauschinger geprüft,A. v. Kerpely,„Eisen und Stahl auf der Weltausstellung in Paris 1879“ S.
155. zeigte eine Biegungsfestigkeit von 34k,0 und bei Zusatz von 20 Proc. Bessemerstahl
steigerte sich diese Festigkeit auf 43k,8, während
die Zugfestigkeit des nämlichen Guſseisens ohne Stahlzusatz 25k,40, mit Stahlzusatz 26k,9 betrug.
Immerhin sei aber durch die Versuche jedem Gieſsereipraktiker ein verhältniſsmäſsig
einfaches Mittel gezeigt worden, durch welches er im Stande sein wird, sich ein für
zahlreiche Verwendungen vorzüglich geeignetes Guſsmaterial zu verschaffen.
Bezüglich der Kosten gibt die Jüngst'sche Arbeit für
verschiedene Mischungen den Selbstkostenpreis an, wobei als Grundlagen die in
Gleiwitz zur Zeit der Versuche geltenden Preise dienten. Es ergeben sich hierbei die
Kosten für je 100k:
1) einer Gattirung grauen, für gewöhnliche Zwecke brauchbaren Gieſsereieisens ohne
Anwendung von Siliciumeisen (70 Theile einheimischen Roheisens, 10 Theile
Brandeisens, 20 Theile Brucheisens) = 5,26 M.;
2) einer Gattirung von 30 Theilen 5,32 Proc. Siliciumeisens mit 70 Theilen weiſsen
Koksroheisens, für dieselben Verwendungen als 1 brauchbar, = 6,10 M.;
3) einer Gattirung von 34 Theilen schottischen Roheisens mit 66 Theilen Brucheisens
für Maschinentheile = 6,98 M.;
4) einer Gattirung von 20 Theilen 10,38 Proc. Siliciumeisens mit 80 Theilen
Weiſseisens, für den nämlichen Zweck als 3 brauchbar, = 7,70 M.;
5) einer Gattirung von 18 bis 20 Theilen 10,38 Proc. Siliciumeisens mit weiſsem
Holzkohlenroheisen, für Maschinenguſs von auſsergewohnlich hoher Festigkeit
geeignet, = 9,27 M.
Wenngleich örtliche Verhältnisse hierbei den Ausschlag geben, so läſst sich doch
erkennen, daſs die Anwendung von Siliciumeisen bei Darstellung gewöhnlicher
Guſswaaren weniger am Platze sein wird als in Fällen, wo es sich um Erzielung
gröſserer Festigkeit handelt und wo man bisher wohl graues Holzkohlenroheisen
verwendete oder Stahl beim Schmelzen zusetzte. Die Versuche lassen ferner
schlieſsen, daſs es zweckmäſsiger sein wird, mittelreiches Siliciumeisen (10 Proc.
Silicium) als ärmeres oder sehr reiches für Gieſsereizwecke zu benutzen.